Donnerstag, 28. März 2024

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Medienberichterstattung
"Alles ist nicht Klimawandel"

Der Wirbelsturm Katrina hatte nichts mit dem Klimawandel, sondern mit miserablem Küstenschutz in New Orleans zu tun, betonte der Klimaforscher Hans von Storch im DLF. Die Medienberichterstattung über den Klimawandel hält er für zuspitzend und übertrieben. Es sei dann an ihm und seinen Kollegen, das immer mal wieder richtigzustellen.

Hans von Storch im Gespräch mit Georg Ehring | 24.09.2015
    Hans von Storch, Klimawissenschaftler und Leiter des Instituts für Küstenforschung am Helmholtz-Zentrum, steht in einer Ausstellung in Hamburg. Auf dem "Holzzaun" sind die Sturmflutwasserstände in Hamburg im zeitlichen Verlauf dargestellt, gemessen am Pegel St. Pauli in Meter über Normalnull.
    Hans von Storch (picture alliance / dpa / Christian Charisius)
    Georg Ehring: Der Erwärmungstrend ist ungebrochen. So überschreibt die Deutsche Meteorologische Gesellschaft ihre jüngste Stellungnahme zum Klimawandel. Fünf renommierte Professoren haben für den Dachverband der Wetterkundler die neusten Erkenntnisse zum Klimawandel abgeglichen und sie kommen zum Ergebnis, dass es immer wärmer wird und der menschliche Einfluss auf das Klima immer deutlicher nachweisbar ist.
    Als Journalisten haben wir den Satz gelernt, "News is what’s different", ein Ereignis wird dadurch zur Nachricht, dass etwas anderes vielleicht Überraschendes passiert ist. Doch, dass der Mensch das Klima verändert, hat sich eigentlich ziemlich weit herumgesprochen. Über den Klimawandel und die öffentliche Diskussion darüber möchte ich jetzt sprechen mit Professor Hans von Storch. Er ist Küstenforscher und unter anderem Leiter des Instituts für Küstenforschung in Geesthacht, ein Klimaforscher. Herr von Storch, guten Tag erst mal.
    Hans von Storch: Guten Tag.
    Ehring: Herr von Storch, warum braucht man noch eine Stellungnahme zum Klimawandel? Der Weltklimarat IPCC ist ja vor ein, zwei Jahren zu genau dem gleichen Ergebnis gekommen.
    von Storch: Erst mal ist es ein, zwei Jahre her, dass es natürlich schon wieder Sinn macht nachzudenken, was ist denn in der Zwischenzeit geschehen, haben wir hier deutlich neue Erkenntnisse. Haben wir im Wesentlichen nicht, sondern es ist einfach nur eine Bestätigung, es geht tatsächlich weiter. Andererseits ist es aber auch nötig, dass man ab und zu mal ein begrenzendes Wort sagt, wenn zu viel Säue durchs Dorf getrieben werden, dass alles Mögliche am Klimawandel hängt und mit dem Klimawandel zu begründen sei. Dann ist es zwischendurch auch mal nötig zu sagen, haltet mal ein bisschen an euch, alles ist nicht Klimawandel. Es gibt auch noch andere Dinge und einige Dinge ändern sich durchaus nicht in einer klaren Weise als von Menschen verursacht.
    "Die Medien neigen immer zum Übertreiben"
    Ehring: Neigen die Medien zum Übertreiben beim Klimathema?
    von Storch: Ich glaube, die Medien neigen immer zum Übertreiben, nicht nur beim Klimathema, sondern bei allen Themen, weil es ja darum geht, eine Geschichte zu erzählen an Kunden, und eine etwas zugespitzte Geschichte ist immer ein bisschen besser als eine langweilige Geschichte. Insofern ist es normal, dass die Medien übertreiben, in beide Richtungen. Das wundert natürlich keinen.
    Ehring: Sie sagen, in beide Richtungen. Jubeln die Medien manchmal auch Skeptiker hoch, die sagen, den menschengemachten Klimawandel gibt es gar nicht, um Ausgewogenheit, sagen wir mal, zu simulieren, einer dafür, einer dagegen?
    von Storch: Das gibt es bei uns in Deutschland selten, aber ab und zu gibt es das schon. Aber grundsätzlich ist die Medienberichterstattung zuspitzend, und zwar entweder in die eine Richtung oder in die andere Richtung, und da kommt es für uns als Klimaprofis auch ein bisschen darauf an, ab und zu mal zu sagen, nun geht ihr mal ein bisschen zu weit, hört mal jetzt auf damit, bleibt mal ein bisschen an dem, was wir tatsächlich wissen.
    Nehmen wir einfach mal den Fall Katrina, den Wirbelsturm Katrina. Das ist so ein Beispiel, wo dann plötzlich behauptet wurde, das läge im Wesentlichen am Klimawandel. Das lag ganz maßgeblich daran, dass sie einen miserablen Küstenschutz in New Orleans hatten.
    Zwei-Grad-Ziel nicht erreichbar
    Ehring: Die Politik hält ja weiter das Zwei-Grad-Ziel hoch. Das ist im Moment die Geschichte beim Klimawandel. Ist das noch realistisch?
    von Storch: Darüber streitet sich die Wissenschaft. Es gibt Menschen, die sagen, ja, das geht noch, aber es ist immer mehr eine Neigung da zu sagen, es geht eigentlich nur noch, wenn wir im Laufe des Jahrhunderts, also in den nächsten Jahrzehnten sogenannte negative CO2-Emissionen hinkriegen. Das heißt, dass wir CO2 irgendwie in einem erheblichen Maße aus der Atmosphäre oder aus dem Klimasystem herausnehmen. Ich halte das für unrealistisch. Ich persönlich - aber andere Menschen haben sicher eine andere Meinung dazu -, ich persönlich halte das Zwei-Grad-Ziel für nicht erreichbar. Ich bin der Meinung, dass die Politik sich in eine Ecke gemalt hat und jetzt nicht mehr so richtig weiß, wie sie da rauskommen soll.
    Ehring: Hans von Storch war das, Klimaforscher und Leiter des Instituts für Küstenforschung in Geesthacht. Herzlichen Dank.
    von Storch: Bitte schön.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.