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Meeresspiegel steigt schneller

Wie wahrscheinlich ist es, dass der Mensch die wichtigste Ursache für den Klimawandel ist? Seit heute "äußerst wahrscheinlich", sagen die Experten des UN-Weltklimarats. Der neueste Bericht wurde heute in Schweden vorgestellt.

Von Dieter Nürnberger | 27.09.2013
    Aus deutscher Sicht - und hier stimmen Politik und Wissenschaft weitgehend überein - ist der neueste Bericht des Weltklimarats ein, so wörtlich, untrügliches Zeichen dafür, dass der Klimawandel voranschreitet. Nicht nur würden die Temperaturen der unteren Atmosphäre steigen, auch die Ozeane werden wärmer, Gletscher tauen, Permafrostböden würden sich erwärmen, Eisschilde an Masse verlieren und auch der Meeresspiegel steigen. Zwar habe es bei der globalen Erwärmung im vergangen Jahrzehnt Schwankungen gegeben, seit 2003 sogar eine Abflachung der Temperaturzunahme, doch sei eindeutig, dass die erste Dekade des 21. Jahrhunderts die wärmste seit Beginn der Messungen gewesen sei.

    Peter Lemke, Fachbereichsleiter Klimawissenschaften am Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung in Berlin, weist deshalb oft geäußerte Zweifel am Anstieg der Temperaturen und den Auswirkungen zurück.

    "Es ist auch ganz klar, dass die fehlende Erwärmung in der Atmosphäre woanders hingegangen ist - nämlich in die Ozeane und auch in das Schmelzen des Eises auf den Kontinenten. Im Wesentlichen hat sich die Lage in Grönland gegenüber dem letzten Bericht verschärft, das scheint wohl so weiterzugehen."

    Auch Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) betont, dass die Erkenntnisse über den Klimawandel inzwischen besser abgesichert seien. Deshalb müsse das Thema auf der politischen Agenda weit oben bleiben. Denn wenn die Emissionen nicht zurückgingen, dann werde die von Wissenschaftlern angemahnte Zwei-Grad-Grenze bei der Erderwärmung bereits Mitte des Jahrhunderts überschritten. Altmaier skizzierte deshalb einige Baustellen der künftigen deutschen und internationalen Energie- und Klimapolitik.

    "Im Augenblick haben wir jedenfalls eine Tendenz, dass bei der Zunahme des Anteiles der erneuerbaren Energien zunehmend hochmoderne Gaskraftwerke sozusagen aus dem Geld gehen und abgeschaltet werden. Und dass ältere Stein- und Braunkohlekraftwerke weiterlaufen. Darüber wird sicherlich zu reden sein."

    Deshalb müsse der Ausbau der erneuerbaren Energien beibehalten und auch Marktinstrumente wie der Zertifikate-Handel mit Verschmutzungsrechten für die Industrie effektiver gestaltet werden, so Altmaier.

    Mit den expliziten Kosten des Klimaschutzes wird sich erst ein noch folgender Bericht des Weltklimarats befassen. Der Präsident des Umweltbundesamtes, Jochen Flasbarth, weiß, dass Milliardensummen dafür aufgebracht werden müssen. Deshalb heute nur so viel.

    "Wir müssen in den Klimaschutz investieren. Wir bekommen aber auch etwas dafür - nämlich eine von Kohle oder Öl unabhängige Energieversorgung. Und ja, der Satz stimmt: Je länger wir im Klimaschutz zuwarten, national wie global, desto teurer wird es."

    Deutschland mit seiner Lage in einer gemäßigten, mitteleuropäischen Klimazone würde zwar nicht zu jenen Staaten gehören, die am schwersten von der Erderwärmung betroffen wären, doch Grund zu Entwarnung gebe es nicht. Extremwetterlagen würden hierzulande ebenso zunehmen und beispielsweise müsste auch der Küstenschutz verstärkt werden. Zudem zeigen Klimamodelle des Umweltbundesamtes, dass die Durchschnittstemperaturen in Deutschland bis zur Jahrhundertwende um bis zu 3,7 Grad Celsius nach oben gehen könnten.