Am Himmel ein kleines metallisches Etwas, so groß wie ein Stecknadelkopf. Doch der wird schnell größer – und lauter:
"Diese Flugzeuge, die sind Lärmquellen, die unvermittelt auftauchen und aus allen Richtungen kommen. Das höre ich häufig bei den Kindern, die erschreckt nach oben schauen, weil ein Flieger besonders laut und aggressiv sich anhört und die dann auch mal sagen: Hoffentlich stürzt hier mal keiner ab. Und dann kommen sie wie an einer Perlenschnur über unser Haus. Das Fahrwerk ist schon ausgefahren. Und es macht jede Menge Lärm."
Hannelore Leister und Rosemarie Hartmann stehen auf der Terrasse eines Einfamilienhauses in der südbadischen Gemeinde Hohentengen. Missmutig schauen sie auf den nebelverhangenen bewaldeten Hügel gegenüber, hinter dem die Flugzeuge wieder verschwinden. Hinter dem Wald beginnt die Schweiz, dort landen die Flieger auf der Nordpiste des Großflughafens Zürich, über 100.000 Mal pro Jahr:
"Wenn eine Beerdigung auf dem Friedhof ist, muss der Pfarrer die Beerdigung mit dem Lautsprecher ausführen, weil es einfach zu laut ist und die Trauergemeinde sonst nichts verstehen kann."
Die beiden Frauen engagieren sich in den Anti-Fluglärm-Initiativen Hohentengen und Klettgau im Landkreis Waldshut. Denn 90 Prozent der Anflüge auf Zürich verlaufen über dem Süden Baden-Württembergs. Doch schon bald soll ein Staatsvertrag für eine gerechtere Verteilung des Fluglärms sorgen. Wichtigster Punkt: Ab 18 Uhr wird es keine Anflüge mehr über südbadisches Gebiet geben.
Bisher erlaubt eine deutsche Rechtsverordnung Landungen bis 21 Uhr. Tritt der Staatsvertrag in Kraft, wäre drei Stunden früher Ruhe als bisher – eigentlich ein Erfolg, sollte man glauben. Doch Hannelore Leister und Rosemarie Hartmann sagen: Der Teufel steckt im Detail.
"Was uns ganz viel Sorgen macht, ist, dass die Flughöhe herunter genommen wird. Das bedeutet noch mehr Lärm in den Zeiten, in denen sie fliegen können. Und es gibt keine zahlenmäßige Beschränkung. Diese 80.000, was ja die Position hier in der Region seit Jahren darstellt, ist nirgendwo niedergeschrieben."
Und das genau ist der Hauptkritikpunkt: Seit Jahren fordern die südbadischen Fluglärmgegner eine Beschränkung auf maximal 80.000 Anflüge pro Jahr über deutschem Gebiet, 20.000 weniger als bisher. Diese Forderung jedoch ist im Abkommen mit der Schweiz mit keinem Wort erwähnt.
"Das gibt mir die Gelegenheit, Sie herzlich zu begrüßen."
Landratsamt Waldshut, etwa 20 Kilometer von Hohentengen entfernt: Landrat Tilmann Bollacher hat zu einer Ausschusssitzung des Kreistages geladen. In einer Sitzungspause sprudelt es nur so aus ihm heraus – Argumente gegen den Staatsvertrag:
"Die Tinte war noch nicht trocken, da hat etwa die Schweiz behauptet, innerhalb der neuen Anflugzeiten seien bis zu 110.000 Anflüge möglich. Das wären bis zu 10.000 Anflüge mehr als bisher, also eine zusätzliche Belastung. In den Staatsvertragsverhandlungen selbst waren die Schweiz und Deutschland unisono davon ausgegangen, dass nur etwa 82.000 bis 85.000 Flüge in diesen Zeiten möglich sein sollen. Und da hat sich schnell die Frage gestellt, ob man da die Wahrheit gesagt bekommen hat."
Für Martin Benz, den Bürgermeister von Hohentengen, ist diese Frage längst beantwortet: In den Verhandlungen habe sich der auf deutscher Seite zuständige Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer von der Schweiz schlichtweg über den Tisch ziehen lassen.
"Dieser Vertrag würde, wenn er denn so käme, den Schutz unserer Menschen mit Füßen treten. Die Sperrzeiten werden nämlich konterkariert. Ich spreche jetzt von den sogenannten "gekröpften" oder "gekrümmten" Anflügen über die einzelnen Pisten."
Der sogenannte "gekröpfte Nordanflug", der im Staatsvertrag nicht ausgeschlossen wird, ist in der Region längst zu einem Schreckensbegriff geworden. Denn es handelt sich dabei um Anflüge, die direkt über der deutsch-schweizerischen Grenze verlaufen, rein formal noch über Schweizer Hoheitsgebiet. Deshalb träfen die im Staatsvertrag festgelegten Sperrzeiten auf diese Anflüge nicht zu – mit, wie Bürgermeister Benz fürchtet, verhängnisvollen Folgen:
"Dieses Landeverfahren hätte vor allem bei uns riesige Belastungen durch zusätzlichen Lärm."
Dass all diese Argumente bei den Schweizern nicht gut ankommen, können die Südbadener noch nachvollziehen. Was ihnen aber überhaupt nicht in den Kopf will, ist die Reaktion ihres eigenen Ministers, Peter Ramsauer:
"Mir ist in meinem ganzen politischen Leben kein einziges politisches Projekt oder Problem in Erinnerung, bei der ich so angefeindet und bedroht wurde, wie das in diesem Fall, aus dieser dortigen Region, der Fall ist. Was ich hier erlebe, ist schlicht und einfach skandalös, diese Anfeindungen und Bedrohungen. Ich sage das in aller Offenheit. Auf deutscher Seite, ja","
so der CSU-Politiker in einem Interview mit dem Schweizer Radio DRS. Die Menschen vor Ort finden das skandalös. Ramsauer sei ihnen in den Rücken gefallen, schimpft der CDU-Bürgermeister aus Hohentengen:
""Es ist, glaube ich, einmalig in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland, dass sich ein deutscher Minister vor ausländischen Medien despektierlich über die eigene Bevölkerung äußert."
Für den kommenden Montag hat Ramsauer die Fluglärmgegner nach Berlin eingeladen. Der Minister hofft, sie bei einem persönlichen Treffen doch noch vom Staatsvertrag überzeugen zu können. Bürgermeister Martin Benz aber will nicht nach Berlin reisen. Er fände es besser, wenn der Minister an den Hochrhein käme.
"Er weigert sich ja bis zum jetzigen Zeitpunkt, zu uns in die Raumschaft zu kommen, mit uns Betroffenen zu reden, mit uns diese Dinge zu besprechen. Das findet nicht statt. Und wenn man nicht miteinander redet, dann kann man eben keine Lösung finden. Das geht halt nicht."
"Diese Flugzeuge, die sind Lärmquellen, die unvermittelt auftauchen und aus allen Richtungen kommen. Das höre ich häufig bei den Kindern, die erschreckt nach oben schauen, weil ein Flieger besonders laut und aggressiv sich anhört und die dann auch mal sagen: Hoffentlich stürzt hier mal keiner ab. Und dann kommen sie wie an einer Perlenschnur über unser Haus. Das Fahrwerk ist schon ausgefahren. Und es macht jede Menge Lärm."
Hannelore Leister und Rosemarie Hartmann stehen auf der Terrasse eines Einfamilienhauses in der südbadischen Gemeinde Hohentengen. Missmutig schauen sie auf den nebelverhangenen bewaldeten Hügel gegenüber, hinter dem die Flugzeuge wieder verschwinden. Hinter dem Wald beginnt die Schweiz, dort landen die Flieger auf der Nordpiste des Großflughafens Zürich, über 100.000 Mal pro Jahr:
"Wenn eine Beerdigung auf dem Friedhof ist, muss der Pfarrer die Beerdigung mit dem Lautsprecher ausführen, weil es einfach zu laut ist und die Trauergemeinde sonst nichts verstehen kann."
Die beiden Frauen engagieren sich in den Anti-Fluglärm-Initiativen Hohentengen und Klettgau im Landkreis Waldshut. Denn 90 Prozent der Anflüge auf Zürich verlaufen über dem Süden Baden-Württembergs. Doch schon bald soll ein Staatsvertrag für eine gerechtere Verteilung des Fluglärms sorgen. Wichtigster Punkt: Ab 18 Uhr wird es keine Anflüge mehr über südbadisches Gebiet geben.
Bisher erlaubt eine deutsche Rechtsverordnung Landungen bis 21 Uhr. Tritt der Staatsvertrag in Kraft, wäre drei Stunden früher Ruhe als bisher – eigentlich ein Erfolg, sollte man glauben. Doch Hannelore Leister und Rosemarie Hartmann sagen: Der Teufel steckt im Detail.
"Was uns ganz viel Sorgen macht, ist, dass die Flughöhe herunter genommen wird. Das bedeutet noch mehr Lärm in den Zeiten, in denen sie fliegen können. Und es gibt keine zahlenmäßige Beschränkung. Diese 80.000, was ja die Position hier in der Region seit Jahren darstellt, ist nirgendwo niedergeschrieben."
Und das genau ist der Hauptkritikpunkt: Seit Jahren fordern die südbadischen Fluglärmgegner eine Beschränkung auf maximal 80.000 Anflüge pro Jahr über deutschem Gebiet, 20.000 weniger als bisher. Diese Forderung jedoch ist im Abkommen mit der Schweiz mit keinem Wort erwähnt.
"Das gibt mir die Gelegenheit, Sie herzlich zu begrüßen."
Landratsamt Waldshut, etwa 20 Kilometer von Hohentengen entfernt: Landrat Tilmann Bollacher hat zu einer Ausschusssitzung des Kreistages geladen. In einer Sitzungspause sprudelt es nur so aus ihm heraus – Argumente gegen den Staatsvertrag:
"Die Tinte war noch nicht trocken, da hat etwa die Schweiz behauptet, innerhalb der neuen Anflugzeiten seien bis zu 110.000 Anflüge möglich. Das wären bis zu 10.000 Anflüge mehr als bisher, also eine zusätzliche Belastung. In den Staatsvertragsverhandlungen selbst waren die Schweiz und Deutschland unisono davon ausgegangen, dass nur etwa 82.000 bis 85.000 Flüge in diesen Zeiten möglich sein sollen. Und da hat sich schnell die Frage gestellt, ob man da die Wahrheit gesagt bekommen hat."
Für Martin Benz, den Bürgermeister von Hohentengen, ist diese Frage längst beantwortet: In den Verhandlungen habe sich der auf deutscher Seite zuständige Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer von der Schweiz schlichtweg über den Tisch ziehen lassen.
"Dieser Vertrag würde, wenn er denn so käme, den Schutz unserer Menschen mit Füßen treten. Die Sperrzeiten werden nämlich konterkariert. Ich spreche jetzt von den sogenannten "gekröpften" oder "gekrümmten" Anflügen über die einzelnen Pisten."
Der sogenannte "gekröpfte Nordanflug", der im Staatsvertrag nicht ausgeschlossen wird, ist in der Region längst zu einem Schreckensbegriff geworden. Denn es handelt sich dabei um Anflüge, die direkt über der deutsch-schweizerischen Grenze verlaufen, rein formal noch über Schweizer Hoheitsgebiet. Deshalb träfen die im Staatsvertrag festgelegten Sperrzeiten auf diese Anflüge nicht zu – mit, wie Bürgermeister Benz fürchtet, verhängnisvollen Folgen:
"Dieses Landeverfahren hätte vor allem bei uns riesige Belastungen durch zusätzlichen Lärm."
Dass all diese Argumente bei den Schweizern nicht gut ankommen, können die Südbadener noch nachvollziehen. Was ihnen aber überhaupt nicht in den Kopf will, ist die Reaktion ihres eigenen Ministers, Peter Ramsauer:
"Mir ist in meinem ganzen politischen Leben kein einziges politisches Projekt oder Problem in Erinnerung, bei der ich so angefeindet und bedroht wurde, wie das in diesem Fall, aus dieser dortigen Region, der Fall ist. Was ich hier erlebe, ist schlicht und einfach skandalös, diese Anfeindungen und Bedrohungen. Ich sage das in aller Offenheit. Auf deutscher Seite, ja","
so der CSU-Politiker in einem Interview mit dem Schweizer Radio DRS. Die Menschen vor Ort finden das skandalös. Ramsauer sei ihnen in den Rücken gefallen, schimpft der CDU-Bürgermeister aus Hohentengen:
""Es ist, glaube ich, einmalig in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland, dass sich ein deutscher Minister vor ausländischen Medien despektierlich über die eigene Bevölkerung äußert."
Für den kommenden Montag hat Ramsauer die Fluglärmgegner nach Berlin eingeladen. Der Minister hofft, sie bei einem persönlichen Treffen doch noch vom Staatsvertrag überzeugen zu können. Bürgermeister Martin Benz aber will nicht nach Berlin reisen. Er fände es besser, wenn der Minister an den Hochrhein käme.
"Er weigert sich ja bis zum jetzigen Zeitpunkt, zu uns in die Raumschaft zu kommen, mit uns Betroffenen zu reden, mit uns diese Dinge zu besprechen. Das findet nicht statt. Und wenn man nicht miteinander redet, dann kann man eben keine Lösung finden. Das geht halt nicht."