Sandra Schulz: Es ist eine hoch umstrittene Frage: Gibt es den Konflikt zwischen Tank und Teller – bringen die Industrienationen mit Treibstoffen, die die Umwelt schonen sollen, diejenigen noch weiter in Bedrängnis, die nicht genug zu essen haben? Bundesentwicklungsminister Niebel von der FDP hat diese Frage gestern mit einem klaren Ja beantwortet: Er sieht den Konflikt und fordert angesichts der herrschenden Dürre Konsequenzen, nämlich einen Verkaufsstopp des Biokraftstoffes E10 in Deutschland. Unter anderem darüber wollen wir in den kommenden Minuten sprechen, am Telefon begrüße ich Horst Meierhofer, für die FDP im Bundestagsausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit. Guten Morgen!
Horst Meierhofer: Morgen, Frau Schulz!
Schulz: Die Aussetzung des Biosprits – halten Sie die Forderung für richtig?
Meierhofer: Es zeigt zumindest, dass die Fragen der Energiewende nicht ganz so eindimensional diskutiert werden, also es geht nicht nur darum, dass man ökologische Verbesserungen hinkriegt, es geht auch nicht nur darum – was momentan ja auch in der Debatte ist, ob es zu teuer ist, sondern es geht auch darum, dass man hier tatsächlich auch zum Teil Konkurrenzen hat. Und deswegen ist das ein Thema, das der Dirk Niebel zu Recht angesprochen hat, und ich glaube, das wird uns nach der Sommerpause länger beschäftigen.
Schulz: Sie sagen, er hat es zu Recht angesprochen, aber meine Frage, ob Sie die Forderung auch für richtig halten in der Sache, die haben Sie damit noch nicht beantwortet.
Meierhofer: Ja, ich finde es zumindest einen wertvollen Hinweis. Ich meine, ob man jetzt dann heute sagen kann, dass E10 abgeschafft wird – da zählt ja noch ein anderer Punkt mit, beispielsweise, dass es damals eine Einigung mit den Automobilherstellern dahingehend gab: Wollen wir einen CO2-Ausstoß reduzieren. Und dann hieß es, mehr als so und so viel ist nicht möglich, und als Alternative wurde dann das E10 eingeführt, also sprich, es müsste dann natürlich an anderer Stelle für den Klimaschutz was getan werden. Aber trotzdem hat Dirk Niebel recht, wenn er sagt, dass man an der Stelle feststellt, dass die Kosten nicht in Deutschland dramatisch ins Gewicht fallen, sondern genau da, wo die Leute am ärmsten sind. Und da die Augen zuzumachen, weil es bei uns um CO2-Einsparungen geht, das geht auch nicht. Und ich glaube, die Debatte ist tatsächlich nicht ausreichend geführt.
Schulz: Ja, jetzt verweist die Biospritbranche ja darauf, dass es wirklich nur ein verschwindend geringer Bruchteil ist von 0,1 Prozent der Weltgetreideernte, die tatsächlich in diesen Biosprit geht. Stimmt dann nicht der Vorwurf, der eben auch von der Branche kommt, das sei reine Symbolpolitik?
Meierhofer: Nein, weil das ist ja immer der Vorwurf, dass man sagt, das macht nicht so viel aus, und das mag man für jeden einzelnen Bereich sagen, aber wenn man alles zusammenzählt, dann macht das sehr wohl was aus. Und wer derjenige ist, der darunter leidet, wenn es ein bisschen teurer wird, ist auch klar, das sind nicht die Deutschen oder die Europäer, sondern das sind die, die am wenigsten Geld haben. Bei denen geht es dann schon um die Lebensmittelproduktion, und da geht es dann schon darum, dass die natürlich einen ohnehin schon steigenden Preis und den Druck, der vor allem durch die Dürre halt auch in Amerika da war, dass der natürlich genau an die Ärmsten weitergegeben wird. Und da bräuchte man bessere Antworten als nur zu sagen: So entscheidend ist der Biosprit ja hier auch nicht.
Schulz: Ja, wobei der Klimaschutz ja auch gerade sozusagen die Ärmsten besonders teuer zu stehen kommt. Können Sie uns skizzieren, wenn Sie das für richtig halten, wie genau sich die Situation derjenigen, die Hunger haben, ändern sollte, wenn es einen E10-Verkaufsstopp geben sollte?
Meierhofer: Also man sieht ja zum einen, was E10 in Deutschland betrifft, dass die Begeisterung der Autofahrer nicht besonders ausgeprägt ist, und man sieht auch, dass die Einführung nicht besonders gut gelaufen ist und dass man es nicht geschafft hat, den Leuten zu erklären, warum E10 vernünftig ist. Deswegen haben wir ja auch wenig. Das heißt, entweder, man macht es so, dass es funktioniert – dann wird dieser Druck noch größer, weil natürlich insgesamt die Menge des produzierten Treibstoffs, wenn es denn mehr würde, auch dazu führen würde, dass im Vergleich dazu weniger Lebensmittel vorhanden sind. Und wenn weniger Lebensmittel vorhanden sind, dann ist es so, dass insgesamt die Kosten leicht steigen, und wenn die Kosten leicht steigen, aus welchen Gründen auch immer, dann wird am Schluss derjenige auf der Strecke bleiben, der den Preis, der ausgerufen wird, nicht bezahlen kann. Und deswegen wird das einer von mehreren Bausteinen sein in einer Zeit, wo es ohnehin teurer wird, dass die, die am wenigsten haben, sich am schwersten tun, die Getreidepreise bezahlen zu können. Und wenn dann solche Länder, die vielleicht auch durch Dürre betroffen sind, auch nicht mehr selbst ihre Lebensmittel produzieren können, dann wird das dazu führen, dass es dann heißt, na ja, dann geben wir das Getreide, dann geben wir eben diese Rohstoffe denjenigen, die uns mehr dafür bezahlen. Und wenn das dann auch noch gefördert in anderen Teilen der Welt über Biotreibstoffe passiert, dann wird es die betreffen, die am wenigsten Geld haben, und drum hat das schon ganz direkt eine Auswirkung auch darauf, weil wir ja unseren Bioethanolsprit nicht nur ausschließlich in Deutschland produzieren, sondern wir importieren das ja aus dem Ausland.
Schulz: Heißt aber, das haben Sie eben ja auch schon angesprochen, es gibt diese Verknüpfung, die CO2-Emissionen, die sind ja angestrebt. Inwiefern wollen Sie denn die Automobilbranche da belasten?
Meierhofer: Also ich will nicht die Automobilbranche mehr belasten, aber wenn wir beim E10 weniger CO2 einsparen würden, dann müssen wir uns natürlich überlegen, wie wir unsere Klimaziele sonst erreichen. Einfach nur zu sagen, wir lassen die Sache mit Bioethanol jetzt und alle anderen sonstigen Vereinbarungen, die wir getroffen haben, sind damit obsolet, das ist natürlich nicht ausreichend. Also wenn wir uns dazu entscheiden sollten, dann müssten wir an anderer Stelle versuchen, diese CO2-Einsparung trotzdem auch wieder vielleicht sogar günstiger hinzukriegen, als wir es hier tun.
Schulz: Ja, das war meine Frage: An welchen Stellen sollen die Einsparungen denn dann liegen?
Meierhofer: Die Einsparungen sollen an den Stellen liegen, wo es günstiger ist, das kann zum Beispiel auf europäischer Ebene dahingehend geschehen, dass man sich über den CO2-Ausstoß der verschiedenen Fahrzeugklassen noch mal unterhält, das könnte immer. Es sind ja Vorgaben, die wir von der EU zu erfüllen haben, und deswegen müssen wir halt dann auch versuchen, wie wir es hinkriegen. Also ich sehe da Möglichkeiten, aber ich sehe jetzt noch keine Antwort darauf, die Debatte ist ja auch erst zehn oder zwölf Stunden alt. Aber ob die günstigste, ob die ökologisch sinnvollste und ob auch die, ja, in Anführungszeichen, humanste Methode, CO2 einzusparen, tatsächlich über Lebensmittelalternativen hier zu Biosprit kommt, das weiß ich nicht. Da habe ich meine Bedenken. Es könnte zum Beispiel auch da sein, dass die Firmen, die einen gewissen Anteil erneuerbarer Energien verwenden beispielsweise, dadurch das einsparen können, oder ansonsten halt ganz normal über den Emissionshandel.
Schulz: Aber wenn ich Sie da richtig verstanden habe – noch mal bei der Automobilbranche bleibend –, wenn wir das richtig in Erinnerung haben, dann war es bisher ja die Bundesregierung, die in Brüssel also gewisse Privilegierungen eben auch für die Autohersteller durchgesetzt haben. Das würden Sie dann infrage stellen, verstehe ich das richtig?
Meierhofer: Also Privilegierungen halte ich für falsch. Es ging darum, dass man sich insgesamt über die Fahrzeugflotten unterhalten hat und dass man festgestellt hat, dass natürlich größere Fahrzeuge, die in Deutschland produziert werden – was auch eine wirtschaftspolitische Frage für den Standort Deutschland ist und unsere Arbeitsplätze betrifft, dass da der Ausstoß größer ist als bei den kleineren, ist auch klar. Aber man hat in den letzten Jahren gesehen, dass gerade in dem Bereich mit Abstand am meisten auch eingespart wurde, weil da natürlich auch die Spannen größer sind. Und deswegen halte ich von so einer Schelte gegenüber der Automobilindustrie schon mal gar nichts, weil man in dem Bereich wirklich deutlich mehr erreicht hat als man wollte. Und an der Stelle noch ein paar Schritte weiterzugehen in solchen Schritten, dass es auch für die Industrie verkraftbar ist, da sehe ich Möglichkeiten dafür, aber ich habe nicht das Gefühl, dass man jetzt sagt, okay, dann sparen wir uns die fünf Prozent zusätzlich ein. Übrigens, wie gesagt: Diese fünf Prozent mehr von E5 zu E10, die man sich erhofft hat, die hat man ohnehin nicht erreicht. Deswegen ist es aus meiner Sicht ohnehin nicht das optimale Ergebnis gewesen. Wenn man sagt, wir machen jetzt diese fünf Prozent mehr – nur: Die Kunden an der Tankstelle entscheiden automatisch dagegen. Das ist genau der Punkt, dass ich sage: Okay, die fünf Prozent mehr haben wir nicht erreicht, deswegen brauchen wir vielleicht ohnehin Alternativen, wie wir es schaffen können. Und ich glaube, dass die deutsche Industrie und vor allem die Automobilindustrie da auch tatkräftig mithelfen werden.
Schulz: Wir sprechen jetzt darüber, wie Emissionen eingeschränkt werden können, wenn, so haben wir den Vorstoß ja verstanden, die FDP da eben mit nicht mehr auf den E10-Sprit setzen will. Haben Sie es dann vielleicht auch versäumt, den Menschen zu sagen, dass in Zeiten, wo fossile Brennstoffe knapper werden, vielleicht auch Verzicht wichtig wäre?
Meierhofer: Nein. Wir haben versäumt, den Menschen, wenn wir jetzt mal davon ausgeht, dass E10 zu wenig angenommen wurde, haben wir sicherlich versäumt – also nicht wir als FDP, das ist grundsätzlich einmal eher Aufgabe von Landwirtschafts- und Umweltministerium, Verkehrsministerium, nichtsdestotrotz, wir als Politik haben sicherlich versäumt, zu erklären, was E10 denn ausmachen wird für die Motoren und so, und dann sind die Aussagen, dass das schädlich sein sollte, ja von keiner Seite unterstützt. Da kann man sagen, das hat nicht gut genug funktioniert. Aber der Verzicht ist aus meiner Sicht kein guter Ratgeber, weil er insoweit nicht funktioniert, weil er die Menschen hier besonders bevormundet, und ich kann schon sagen, du musst in Zukunft fünf Prozent weniger Sprit verbrauchen, aber man könnte sich dann genauso über Flugreisen unterhalten, man kann sich darüber unterhalten, wie viel jemand den öffentlichen Nahverkehr nutzt, man kann sich drüber unterhalten, wie Energieeffizienz ein Gebäude ist, man kann sich über seine Hobbies unterhalten, ob er vielleicht mit einem ferngesteuerten Auto mit Verbrennungsmotor in der Gegend rumfährt. Also in jeden einzelnen kleinen Teilbereich des menschlichen Lebens einzugreifen und zu erklären, wo Menschen überall verzichten müssen, das wäre jetzt nicht meine Antwort auf die politischen Probleme, die wir haben. Eher technologische Anreize zu schaffen, dass die gleiche Technologie oder dass der gleiche Lebensstandard auch dadurch erreicht wird, indem man weniger verbraucht, sondern mehr gebraucht und dann vielleicht in eine Kreislaufwirtschaft reinkommt. Das wäre eigentlich mein Ansatz, den man machen sollte und mit dem dann den Leuten zu erklären, dass sie mehr verzichten müssen.
Schulz: Und darüber bleiben wir natürlich im Gespräch. Der FDP-Umweltpolitiker Horst Meierhofer, heute hier in den Informationen am Morgen im Deutschlandfunk. Haben Sie herzlichen Dank!
Meierhofer: Sehr gerne!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Horst Meierhofer: Morgen, Frau Schulz!
Schulz: Die Aussetzung des Biosprits – halten Sie die Forderung für richtig?
Meierhofer: Es zeigt zumindest, dass die Fragen der Energiewende nicht ganz so eindimensional diskutiert werden, also es geht nicht nur darum, dass man ökologische Verbesserungen hinkriegt, es geht auch nicht nur darum – was momentan ja auch in der Debatte ist, ob es zu teuer ist, sondern es geht auch darum, dass man hier tatsächlich auch zum Teil Konkurrenzen hat. Und deswegen ist das ein Thema, das der Dirk Niebel zu Recht angesprochen hat, und ich glaube, das wird uns nach der Sommerpause länger beschäftigen.
Schulz: Sie sagen, er hat es zu Recht angesprochen, aber meine Frage, ob Sie die Forderung auch für richtig halten in der Sache, die haben Sie damit noch nicht beantwortet.
Meierhofer: Ja, ich finde es zumindest einen wertvollen Hinweis. Ich meine, ob man jetzt dann heute sagen kann, dass E10 abgeschafft wird – da zählt ja noch ein anderer Punkt mit, beispielsweise, dass es damals eine Einigung mit den Automobilherstellern dahingehend gab: Wollen wir einen CO2-Ausstoß reduzieren. Und dann hieß es, mehr als so und so viel ist nicht möglich, und als Alternative wurde dann das E10 eingeführt, also sprich, es müsste dann natürlich an anderer Stelle für den Klimaschutz was getan werden. Aber trotzdem hat Dirk Niebel recht, wenn er sagt, dass man an der Stelle feststellt, dass die Kosten nicht in Deutschland dramatisch ins Gewicht fallen, sondern genau da, wo die Leute am ärmsten sind. Und da die Augen zuzumachen, weil es bei uns um CO2-Einsparungen geht, das geht auch nicht. Und ich glaube, die Debatte ist tatsächlich nicht ausreichend geführt.
Schulz: Ja, jetzt verweist die Biospritbranche ja darauf, dass es wirklich nur ein verschwindend geringer Bruchteil ist von 0,1 Prozent der Weltgetreideernte, die tatsächlich in diesen Biosprit geht. Stimmt dann nicht der Vorwurf, der eben auch von der Branche kommt, das sei reine Symbolpolitik?
Meierhofer: Nein, weil das ist ja immer der Vorwurf, dass man sagt, das macht nicht so viel aus, und das mag man für jeden einzelnen Bereich sagen, aber wenn man alles zusammenzählt, dann macht das sehr wohl was aus. Und wer derjenige ist, der darunter leidet, wenn es ein bisschen teurer wird, ist auch klar, das sind nicht die Deutschen oder die Europäer, sondern das sind die, die am wenigsten Geld haben. Bei denen geht es dann schon um die Lebensmittelproduktion, und da geht es dann schon darum, dass die natürlich einen ohnehin schon steigenden Preis und den Druck, der vor allem durch die Dürre halt auch in Amerika da war, dass der natürlich genau an die Ärmsten weitergegeben wird. Und da bräuchte man bessere Antworten als nur zu sagen: So entscheidend ist der Biosprit ja hier auch nicht.
Schulz: Ja, wobei der Klimaschutz ja auch gerade sozusagen die Ärmsten besonders teuer zu stehen kommt. Können Sie uns skizzieren, wenn Sie das für richtig halten, wie genau sich die Situation derjenigen, die Hunger haben, ändern sollte, wenn es einen E10-Verkaufsstopp geben sollte?
Meierhofer: Also man sieht ja zum einen, was E10 in Deutschland betrifft, dass die Begeisterung der Autofahrer nicht besonders ausgeprägt ist, und man sieht auch, dass die Einführung nicht besonders gut gelaufen ist und dass man es nicht geschafft hat, den Leuten zu erklären, warum E10 vernünftig ist. Deswegen haben wir ja auch wenig. Das heißt, entweder, man macht es so, dass es funktioniert – dann wird dieser Druck noch größer, weil natürlich insgesamt die Menge des produzierten Treibstoffs, wenn es denn mehr würde, auch dazu führen würde, dass im Vergleich dazu weniger Lebensmittel vorhanden sind. Und wenn weniger Lebensmittel vorhanden sind, dann ist es so, dass insgesamt die Kosten leicht steigen, und wenn die Kosten leicht steigen, aus welchen Gründen auch immer, dann wird am Schluss derjenige auf der Strecke bleiben, der den Preis, der ausgerufen wird, nicht bezahlen kann. Und deswegen wird das einer von mehreren Bausteinen sein in einer Zeit, wo es ohnehin teurer wird, dass die, die am wenigsten haben, sich am schwersten tun, die Getreidepreise bezahlen zu können. Und wenn dann solche Länder, die vielleicht auch durch Dürre betroffen sind, auch nicht mehr selbst ihre Lebensmittel produzieren können, dann wird das dazu führen, dass es dann heißt, na ja, dann geben wir das Getreide, dann geben wir eben diese Rohstoffe denjenigen, die uns mehr dafür bezahlen. Und wenn das dann auch noch gefördert in anderen Teilen der Welt über Biotreibstoffe passiert, dann wird es die betreffen, die am wenigsten Geld haben, und drum hat das schon ganz direkt eine Auswirkung auch darauf, weil wir ja unseren Bioethanolsprit nicht nur ausschließlich in Deutschland produzieren, sondern wir importieren das ja aus dem Ausland.
Schulz: Heißt aber, das haben Sie eben ja auch schon angesprochen, es gibt diese Verknüpfung, die CO2-Emissionen, die sind ja angestrebt. Inwiefern wollen Sie denn die Automobilbranche da belasten?
Meierhofer: Also ich will nicht die Automobilbranche mehr belasten, aber wenn wir beim E10 weniger CO2 einsparen würden, dann müssen wir uns natürlich überlegen, wie wir unsere Klimaziele sonst erreichen. Einfach nur zu sagen, wir lassen die Sache mit Bioethanol jetzt und alle anderen sonstigen Vereinbarungen, die wir getroffen haben, sind damit obsolet, das ist natürlich nicht ausreichend. Also wenn wir uns dazu entscheiden sollten, dann müssten wir an anderer Stelle versuchen, diese CO2-Einsparung trotzdem auch wieder vielleicht sogar günstiger hinzukriegen, als wir es hier tun.
Schulz: Ja, das war meine Frage: An welchen Stellen sollen die Einsparungen denn dann liegen?
Meierhofer: Die Einsparungen sollen an den Stellen liegen, wo es günstiger ist, das kann zum Beispiel auf europäischer Ebene dahingehend geschehen, dass man sich über den CO2-Ausstoß der verschiedenen Fahrzeugklassen noch mal unterhält, das könnte immer. Es sind ja Vorgaben, die wir von der EU zu erfüllen haben, und deswegen müssen wir halt dann auch versuchen, wie wir es hinkriegen. Also ich sehe da Möglichkeiten, aber ich sehe jetzt noch keine Antwort darauf, die Debatte ist ja auch erst zehn oder zwölf Stunden alt. Aber ob die günstigste, ob die ökologisch sinnvollste und ob auch die, ja, in Anführungszeichen, humanste Methode, CO2 einzusparen, tatsächlich über Lebensmittelalternativen hier zu Biosprit kommt, das weiß ich nicht. Da habe ich meine Bedenken. Es könnte zum Beispiel auch da sein, dass die Firmen, die einen gewissen Anteil erneuerbarer Energien verwenden beispielsweise, dadurch das einsparen können, oder ansonsten halt ganz normal über den Emissionshandel.
Schulz: Aber wenn ich Sie da richtig verstanden habe – noch mal bei der Automobilbranche bleibend –, wenn wir das richtig in Erinnerung haben, dann war es bisher ja die Bundesregierung, die in Brüssel also gewisse Privilegierungen eben auch für die Autohersteller durchgesetzt haben. Das würden Sie dann infrage stellen, verstehe ich das richtig?
Meierhofer: Also Privilegierungen halte ich für falsch. Es ging darum, dass man sich insgesamt über die Fahrzeugflotten unterhalten hat und dass man festgestellt hat, dass natürlich größere Fahrzeuge, die in Deutschland produziert werden – was auch eine wirtschaftspolitische Frage für den Standort Deutschland ist und unsere Arbeitsplätze betrifft, dass da der Ausstoß größer ist als bei den kleineren, ist auch klar. Aber man hat in den letzten Jahren gesehen, dass gerade in dem Bereich mit Abstand am meisten auch eingespart wurde, weil da natürlich auch die Spannen größer sind. Und deswegen halte ich von so einer Schelte gegenüber der Automobilindustrie schon mal gar nichts, weil man in dem Bereich wirklich deutlich mehr erreicht hat als man wollte. Und an der Stelle noch ein paar Schritte weiterzugehen in solchen Schritten, dass es auch für die Industrie verkraftbar ist, da sehe ich Möglichkeiten dafür, aber ich habe nicht das Gefühl, dass man jetzt sagt, okay, dann sparen wir uns die fünf Prozent zusätzlich ein. Übrigens, wie gesagt: Diese fünf Prozent mehr von E5 zu E10, die man sich erhofft hat, die hat man ohnehin nicht erreicht. Deswegen ist es aus meiner Sicht ohnehin nicht das optimale Ergebnis gewesen. Wenn man sagt, wir machen jetzt diese fünf Prozent mehr – nur: Die Kunden an der Tankstelle entscheiden automatisch dagegen. Das ist genau der Punkt, dass ich sage: Okay, die fünf Prozent mehr haben wir nicht erreicht, deswegen brauchen wir vielleicht ohnehin Alternativen, wie wir es schaffen können. Und ich glaube, dass die deutsche Industrie und vor allem die Automobilindustrie da auch tatkräftig mithelfen werden.
Schulz: Wir sprechen jetzt darüber, wie Emissionen eingeschränkt werden können, wenn, so haben wir den Vorstoß ja verstanden, die FDP da eben mit nicht mehr auf den E10-Sprit setzen will. Haben Sie es dann vielleicht auch versäumt, den Menschen zu sagen, dass in Zeiten, wo fossile Brennstoffe knapper werden, vielleicht auch Verzicht wichtig wäre?
Meierhofer: Nein. Wir haben versäumt, den Menschen, wenn wir jetzt mal davon ausgeht, dass E10 zu wenig angenommen wurde, haben wir sicherlich versäumt – also nicht wir als FDP, das ist grundsätzlich einmal eher Aufgabe von Landwirtschafts- und Umweltministerium, Verkehrsministerium, nichtsdestotrotz, wir als Politik haben sicherlich versäumt, zu erklären, was E10 denn ausmachen wird für die Motoren und so, und dann sind die Aussagen, dass das schädlich sein sollte, ja von keiner Seite unterstützt. Da kann man sagen, das hat nicht gut genug funktioniert. Aber der Verzicht ist aus meiner Sicht kein guter Ratgeber, weil er insoweit nicht funktioniert, weil er die Menschen hier besonders bevormundet, und ich kann schon sagen, du musst in Zukunft fünf Prozent weniger Sprit verbrauchen, aber man könnte sich dann genauso über Flugreisen unterhalten, man kann sich darüber unterhalten, wie viel jemand den öffentlichen Nahverkehr nutzt, man kann sich drüber unterhalten, wie Energieeffizienz ein Gebäude ist, man kann sich über seine Hobbies unterhalten, ob er vielleicht mit einem ferngesteuerten Auto mit Verbrennungsmotor in der Gegend rumfährt. Also in jeden einzelnen kleinen Teilbereich des menschlichen Lebens einzugreifen und zu erklären, wo Menschen überall verzichten müssen, das wäre jetzt nicht meine Antwort auf die politischen Probleme, die wir haben. Eher technologische Anreize zu schaffen, dass die gleiche Technologie oder dass der gleiche Lebensstandard auch dadurch erreicht wird, indem man weniger verbraucht, sondern mehr gebraucht und dann vielleicht in eine Kreislaufwirtschaft reinkommt. Das wäre eigentlich mein Ansatz, den man machen sollte und mit dem dann den Leuten zu erklären, dass sie mehr verzichten müssen.
Schulz: Und darüber bleiben wir natürlich im Gespräch. Der FDP-Umweltpolitiker Horst Meierhofer, heute hier in den Informationen am Morgen im Deutschlandfunk. Haben Sie herzlichen Dank!
Meierhofer: Sehr gerne!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.