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Mein Haus, es ist auf Fels gebaut

Als Architekt hat Michael Frielinghaus gemeinsam mit Franz-Peter Tebartz-van Elst den Bau des Limburger Bischofssitzes geplant. In den unteren Räumen legten die Arbeiter die archäologische Fundstätte eines alten Wehrturms auf einem Felsen frei. Er soll auch für die Öffentlichkeit zugänglich sein.

Michael Frielinghaus im Gespräch mit Beatrix Novy | 15.10.2013
    Beatrix Novy: Seit Tagen erregt die Affäre um den Bischof von Limburg, Tebartz-van Elst, die Gemüter, ein Neubau des Bischofssitzes, der die geplanten Baukosten weit übersteigt, merkwürdig undurchsichtige Kostenorganisation, ein Bischof, dem die "Bild" jetzt ganz umstandslos den Namen Protzbischof verpasst hat. Sie braucht den Eigennamen schon gar nicht mehr dazuzusetzen.
    Nun ist hier und da aber auch schon aufgefallen, dass auch andere öffentliche Bauprojekte die Kosten sprengen, auch heutzutage, und über 1000 Jahre lang hat die Kirche Weltkulturerbe geschaffen, das war überhaupt nie billig. Der sogenannte Protzbau in Limburg, der hat ja auch einen Architekten. Es ist Michael Frielinghaus, er ist auch Präsident des Bundes Deutscher Architekten, des BDA. Mit ihm habe ich über den Bau gesprochen, ausdrücklich über die architektonischen und planerischen Aspekte, und zunächst habe ich ihn gefragt nach den städtebaulichen Rahmenbedingungen, welche Vorgaben der Stadt gab es und so weiter.

    Michael Frielinghaus: Zunächst ist das ein fast beispielhaftes Projekt, was um Einfügung in eine Stadt geht. Diese neue Bebauung sollte sich maßstäblich einfügen, sollte zwischen diese beiden denkmalgeschützten historischen Mauern - das eine ist eine Stadtmauer, das andere ist eine Mauer, die zu dem Anwesen früher gehörte – sich einfügen. Und gleichzeitig sollten die denkmalgeschützten Gebäude in ihrer Wirkung dominant bleiben.
    Die Herangehensweise war eigentlich ganz einfach. Der Neubau liegt zwischen diesen beiden Mauern, wird auch dadurch, dass er ein Flachdach hat, nicht sonderlich sichtbar. Lediglich die Kapelle zitiert einen Haustyp, den es in dem mittelalterlichen Stadtkern von Limburg sehr oft gibt, nämlich dort gibt es viele Häuser, die mit Schiefer gedeckt sind, die einen Schiefergiebel haben, also dunkel wirken, und dies in einer abstrakten Form wurde auch zur Form der Kapelle.

    Novy: Gab es eigentlich einen Wettbewerb für dieses Projekt?

    Frielinghaus: Es gab wahrscheinlich deswegen keinen Wettbewerb, weil unter verschiedenen Bauherren in verschiedenen Phasen immer wieder Architekten beauftragt waren, und das führte auch leider zu Planungen, die dann nicht genehmigungsfähig waren, und in dieser Situation ist der bischöfliche Stuhl an uns herangetreten, um zunächst überhaupt einen Weg zu finden, wie man die Auflagen der Stadt auch an dieser Stelle mit dem geforderten Raumprogramm verquicken kann und wie man zu einer wirklich ausführungsreifen Lösung kommt.

    Novy: Welchem Zweck dient eigentlich das gesamte Ensemble? Wie öffentlich ist es? Wie vielen Menschen muss es regelmäßig Platz bieten?

    Frielinghaus: Das ist eine sehr wichtige Frage, weil leider wird es viel zu oft verkürzt auf den Wohnsitz des Bischofs, und das macht ja nur einen relativ kleinen Teil dieses Gebäude-Ensembles aus. Zunächst mal ist es schlicht und einfach – und das ist auch sehr wichtig – der Sitz des Bischofs und sein Büro. Das fand Platz in dem sehr aufwendig renovierten Gebäude aus dem 15. Jahrhundert, aufwendig deshalb, weil es in einem erbärmlichen Zustand war. Wir haben zum Beispiel 200 Jahre alte Hölzer besorgt, um jetzt wirklich eine richtige Sanierung durchführen zu können, und gegenüber des Doms ist somit auch das Büro des Bischofs. Da das alles sehr kleine Flächen sind – das gilt auch letztendlich für das Grundstück -, war es eine ganz heikle Aufgabe, dieses gesamte Raumprogramm hier einzufügen.
    Das wird dann ergänzt durch eine Kapelle. Diese Kapelle hat 60 Quadratmeter Grundfläche und hat die bereits beschriebene Form. Ein weiterer ganz wichtiger Inhalt des Raumprogramms ist dann der Raum im Untergeschoss. Der soll nun ganz sicher öffentlich sein, denn dieser Raum ist so gedacht, dass man hier auch Bürger und Mitglieder der Gemeinde einlädt. Dieser Raum hat etwas ganz Besonderes, weil da die archäologische Fundstätte eines alten Wehrturms ist, und da wir ja etwas tiefer gehen mussten und der Baugrund an dieser Stelle aus Fels besteht, ergab sich eine Skulptur, dass dieser Wehrturm auf seinem Fels ruht, und das sehen Sie mitten in diesem Raum. Auch hier gibt es dann aus dieser Situation heraus auch theologische Bezüge: der Fels, der in der Kirche eine große Rolle spielt, die Geschichte dieses Ortes, über dem im Grunde die eigentliche Anlage ruht. Das ist sicherlich der Schwerpunkt dieser öffentlichen Nutzung.

    Novy: Sagen Sie noch ein letztes Wort zum Bischof als Bauherren. Ist er ein Bauherr nach Ihrem Herzen, von denen es ja heute nicht mehr viele gibt?

    Frielinghaus: Ein ganz wichtiger Aspekt ist ja die Rolle, die der Architekt heute in dieser Gesellschaft hat, und er ist, glaube ich, wichtiger denn je, als Berater, als Ansprechpartner, und er ist natürlich auch Dienstleister. Wir haben das umgesetzt, was an Forderungen kam. Was in heutiger Zeit sehr selten ist, dass es diese eine Person als Bauherren gibt, und hier haben wir einen sehr klugen Mann getroffen, der zuhören kann, der sich immer mit seinen Beratern abgestimmt hat. Das heißt, diese Beschreibung und diese fällenden Urteile, die jetzt überall zu lesen waren, kann ich aus dem Bereich, in dem wir den Bischof hier kennengelernt haben, in keiner Weise bestätigen.

    Novy: …, sagt Michael Frielinghaus, Architekt des Bischofssitzes in Limburg.


    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.