Dienstag, 16. April 2024

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Mentoring im klassischen Musikbetrieb
Wettbewerbe als Downer

Pianist Markus Groh hat häufig bei "Jugend musiziert" teilgenommen, mit bitteren Enttäuschungen. Aber er gab nicht auf und gewann 1995 einen der wichtigsten Wettbewerbe überhaupt. Als heutiger Juror bestärkt er junge Musiker darin, Wettbewerbe auch mal zu ignorieren.

Von Johannes Jansen | 16.08.2021
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Die Jury trägt große Verantwortung, denn ihre Entscheidung prägt Karrieren und Lebenswege. (imago / Ikon Images / Roy Scott)
"Ich bin sehr vorsichtig zu sagen: Du musst unbedingt Wettbewerbe machen! Das muss man selber entscheiden, ob man die Nerven dazu hat. Dann kann ein Wettbewerb sehr motivierend wirken, egal, ob man einen Preis gewinnt oder nicht", sagt Markus Groh, Professor an der Berliner Universität der Künste. Er gewann 1995 als erster Deutscher den "Königin-Elisabeth-Wettbewerb" in Brüssel.
Erfolgreicher kann man kaum sein in der Welt der Wettbewerbe. Nur: bei "Jugend musiziert" war er es nie. Diese Erfahrungen vom Gewinnen und Nichtweiterkommen prägen nun seine Arbeit als Klavierprofessor und als Juror. Wobei Markus Groh inzwischen auch die Meinung teilt, dass die großen Wettbewerbe in den letzten Jahrzehnten an Bedeutung verloren haben. Das Netz, die sozialen Medien und die Webpräsentationen gewinnen mehr und mehr an Bedeutung, um eine Karriere nach vorn zu treiben.

Herausforderung Wettbewerb

Wettbewerbe konfrontieren viele Teilnehmende mit dem Gefühl von Frust. Denn die Entscheidungen von Jury-Mitgliedern wird von vielen als nicht gerecht empfunden. Und als Juror schwingt bei ihm immer mit, dass Dutzende Hochbegabte bei Wettbewerben aufeinandertreffen. Zuvor haben es aber Hunderte nicht einmal in die Vorauswahl geschafft. Das muss jeder Teilnehmende verkraften.
Markus Groh sitzt mit violettem Hemd vor dem Fenster eines Backsteinhauses. Er hat die Hände vor dem Mund verschränkt und blickt schmunzelnd in die Kamera.
Markus Groh ist Pianist, Hochschulprofessor, Leiter seines Bebersee Festivals und gefragter Juror bei vielen Wettbewerben. (Markus Groh / Kalare Studio / Dan Williams)
Bei großen Wettbewerben sind Management-Vereinbarungen Teil des Pakets - das macht die Teilnahme so attraktiv. Dabei kann es sinnvoll sein, mit Juroren persönlich ins Gespräch zu kommen. Schon ein kleiner Wink kann oft viel bewirken. Allerding: ein falsches Wort kann auch viel zerstören.

Erfolgreich scheitern

Was wirklich zählt, so Groh, ist die Aufmerksamkeit, sind die Auftrittsmöglichkeiten, Kontakte zu Agenturen und zur Presse. Auch ein nicht gewonnener Wettbewerb kann, wenn die Öffentlichkeit teilnimmt via Netz oder durch andere soziale Medien zum Vorteil werden - die Diskussion um einen Gewinn oder ein Nichtweiterkommen bringt den eigenen Namen ins Spiel.
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Er berichtet von seiner Jury-Tätigkeit Arbeit, die auch Fallen birgt, von Ungerechtigkeiten und der Verantwortung für weitere Lebenswege, von Motivation seiner Klavierstudenten und der eigenen Tochter, die mit ihrer Geige ebenso erste "Jugend Musiziert"-Erfahrungen gesammelt hat.