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Merkel und Abe
Keine Rückkehr zu G8 für Moskau

Bundeskanzlerin Merkel sieht derzeit keine Chance für eine Rückkehr Russlands in die Gruppe der wichtigsten Industriestaaten. Hier demonstrierte sie bei ihrem Japan-Besuch öffentlich den Schulterschluss mit Premierminister Abe. Bei anderen Themen ist keine Zustimmung zu erwarten.

Von Jürgen Hanefeld | 09.03.2015
    Bundeskanzlerin Angela Merkel und der japanische Ministerpräsident Shinzo Abe in Tokio.
    Bundeskanzlerin Angela Merkel und der japanische Ministerpräsident Shinzo Abe in Tokio. (AFP / Kazuhiro Nogi)
    Es ist kaum ein Thema ausgelassen worden am ersten Besuchstag der deutschen Kanzlerin in Tokio. Er war geprägt von freundlicher Konzilianz und dem Bemühen, nicht als Besserwisser aufzutreten. In ihrer programmatischen Rede am Vormittag sprach sie auch heiße Eisen an, aber ohne die Position Japans direkt zu kritisieren. Beispiel Kriegsschuld. Japans Nationalisten, zu denen auch Premierminister Abe gehört, sind immer weniger bereit, sich zur Mitverantwortung ihres Landes für den Zweiten Weltkrieg zu bekennen. Ohne diese Haltung offen zu kritisieren, erklärte Merkel, Deutschland sei von der Völkergemeinschaft wieder aufgenommen worden, weil es sich genau dieser Verantwortung gestellt habe.
    "Ohne diese großen Gesten auch unserer Nachbarn wäre das alles nicht möglich gewesen. Aber auf der anderen Seite gab es eine Bereitschaft in Deutschland, die Dinge beim Namen zu nennen."
    Keine Übereinstimmung bei der Klimapolitik
    Der eigentliche Anlass für den Besuch ist mit dem Kürzel G7 bezeichnet. Deutschland hat zur Zeit den Vorsitz der Staatengruppe, wird ihn aber im Sommer turnusgemäß an Japan abgeben. Die Kanzlerin hatte sich vorgenommen, alle anderen Regierungschef vorher zu besuchen, auch wenn die Visite in Tokio gerade mal anderthalb Tage dauert. Einige Themen sind unstrittig, etwa was die Haltung gegenüber Russland in der Ukraine-Krise betrifft oder den Umgang mit den Terroristen des sogenannten "Islamischen Staates". Doch die Kanzlerin will ihren Turnus als G7-Präsidentin mit einem Erfolg in der Klimapolitik krönen.
    "Und deshalb wollen wir gemeinsam mit unseren G7-Partnern Initiativen vorbereiten, die zeigen, dass die G7 bereit sind, eine Führungsrolle für eine kohlenstoffarme Entwicklung zu übernehmen. Und wir wollen dies so zeigen, dass es deutlich wird, dass dies nicht bedeutet, dass wir auch Wohlstand verzichten müssen."
    Skeptische Japaner beim Thema Zuwanderung
    Kaum vorstellbar, dass Japan hier mitzieht. Während sich Deutschland verpflichtet, den Ausstoß von Treibhausgasen bis 2020 gegenüber 1990 um 40 Prozent zu senken, hat Japan gar kein Klimaziel mehr benannt. Begründung: Weil nach Atomkatastrophe von Fukushima alle Kernkraftwerke vom Netz genommen wurden, habe man viel mehr Öl und Gas verbrennen müssen. 2020 werde man eher drei Prozent mehr Treibhausgase in die Luft blasen als zuvor. Auch in einer anderen Frage ist Deutschland den Japanern weit voraus. Stichwort Immigration:
    "Gerade das Thema Freizügigkeit im Rahmen der Europäischen Union ist hier eine Möglichkeit, Arbeitskräfte aus europäischen Ländern nach Deutschland zu bekommen, aber auch Arbeitskräfte auch außereuropäischen Ländern sind gegebenenfalls interessiert und wir verbessern für deren Zuwanderung die Bedingungen."
    Dass man Lücken auf dem Arbeitsmarkt gerade in vergreisenden Gesellschaften - wie Japan und Deutschland - durch Immigranten auffüllen kann, war den Konservativen in Deutschland ja auch lange Zeit nicht recht geheuer. Doch Japan ist dieser Gedanke noch völlig fremd.