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Michelangelo sorgt für Panik

Am 6. März 1992 brach unter vielen Computernutzern Panik aus. Denn an diesem Tag, dem Geburtstag des Renaissancekünstlers Michelangelo, sollte ein gleichnamiger Computervirus sein Schadenswerk starten. Von der Panik profitierten die Hersteller von Antivirenprogrammen.

Von Achim Killer | 05.05.2010
    IT-Unternehmen bezeichnen sich gerne als Lösungsanbieter. Dumm ist nur, wenn sich gerade kein passendes Problem zur angebotenen Lösung findet. Das zu entdecken und publik zu machen, ist dann Aufgabe der PR. Die wiederum gehört eigentlich nicht zum Fachgebiet von Professor Fred Cohen. Aber wegen des Michelangelo-Virus lässt er sich halt drauf ein. Denn ohne PR lässt sich die Funktionsweise von Michelangelo nicht verstehen, die im Wesentlichen darin bestand, dass Computernutzer in den Wochen vor dem 6. Mai 1992 nach Antivirensoftware geradezu schrien.

    "Das war eine PR-Aktion, die mit dafür sorgte, dass alle händeringend nach einem Virenscanner riefen. Das machte Michelangelo so bekannt."

    War also Michelangelo die Kreatur eines Antivirenherstellers? Nicht was das tatsächliche Schadprogramm anbelangt - auch das wurde damals von einigen behauptet - sondern was die PR betrifft?

    "Was war passiert? McAfee bot ein Antivirenpaket für Privatanwender an. Und das klebte bei den Einzelhändlern geradezu in Regalen. Der Markt funktionierte damals so, dass nicht verkaufte Pakete an den Hersteller zurückgegeben wurden. Der musste dann den Preis zurückerstatten. Die Publicity um den Michelangelo-Virus nun fiel ungefähr in die Zeit, als McAfee unter den Rückgaben litt. Aber wegen der Publicity wurden dann die Läden leergekauft. Und McAfee konnte neue Ware ausliefern."

    Scareware nennt man so etwas heute: Man versetzt die User in Angst und Schrecken, damit sie dann Antivirensoftware kaufen. Und nie zuvor war der Schrecken, der in die Computernutzern fuhr, so groß, wie in den Wochen vor dem 6. März 1992. Experten prognostizierten - und davon gibt's ja vor erwarteten Katastrophe stets viele - mehrere Millionen infizierter Rechner. Es gab Infektionen und auch Datenverluste, aber nur bei ein paar tausend Nutzern. Trotzdem hat er Geschichte gemacht, der Michelangelo. Seit ihm existiert eine florierende Antivirenindustrie. Das hätte sich Fred Cohen, als er den Begriff Computervirus erfand, nicht träumen lassen, denn schließlich ist er Wissenschaftler. Die Noten:

    "Meine Zensuren: Für Originalität gibt es eine Sechs und für Technologie eine Drei minus."