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Milliardenklage gegen Fox News
Wahlbetrug als Dauerthema

Unbelegte Behauptungen über Wahlbetrug werden seit Monaten in den US-Medien diskutiert. Im Fokus steht dabei auch ein Hersteller von Wahlmaschinen. Doch dieser wehrt sich und verklagt drei Moderatoren von Fox News sowie Trump-Anwalt Giuliani.

Von Marcus Pindur | 22.02.2021
Auf einem Tisch steht eine Wahlmaschine mit einem Sichtschutz, auf dem die Aufschrift "Vote" zu lesen ist.
Wahlmaschine bei der Präsidentschaftswahl 2020 in den USA (imago/ Pat A. Robinson)
Er war das, was man eine "Cash cow" nennt, eine Lizenz zum Gelddrucken: Lou Dobbs' Show auf Fox News war ein Quotenhit, und dementsprechend teuer konnte die Werbung verkauft werden.
Doch mit der Milliardenklage gegen ihn und Fox News ist Dobbs auf einmal zu einem finanziellen Risiko für seinen Sender geworden. Einen Tag nachdem der Wahlautomatenhersteller Smartmatic die Klage eingereicht hatte, gab Fox bekannt, die Show "Lou Dobbs Tonight" mit sofortiger Wirkung abzusetzen.
Das sei angeblich seit langem geplant gewesen, hieß es aus dem extrem konservativen und wirtschaftlich extrem erfolgreichen Medienhaus. Doch die Klage gegen Fox, drei seiner Moderatoren und gegen den ehemaligen Trump-Anwalt Rudy Giuliani hat es in sich: 2,7 Milliarden Dollar Strafe und Schadensersatz wären auch für Fox-Inhaber Rupert Murdoch keine Kleinigkeit.

"Gegründet, um Wahlen zu fälschen"

Immer wieder gingen in Dobbs' TV-Show Verschwörungstheorien unwidersprochen über den Sender, zum Beispiel von Guiliani über den Wahlmaschinenhersteller Smartmatic:
"Also bedienen wir uns einer Firma, die Venezolanern gehört, die eng verbandelt waren mit Hugo Chavez und jetzt mit Maduro. Sie ist gegründet worden zu dem Zweck, Wahlen zu fälschen. Sie hat einen furchtbare Ruf und sie ist sehr offen für Hackerangriffe."
Jede einzelne dieser Behauptungen ist frei erfunden und erlogen, so der Medienjournalist des öffentlichen Rundfunksenders NPR, David Folkenflik: "Die Firma Smartmatic ist nicht gegründet worden von Venezolanern mit engen Verbindungen zum ehemaligen Diktator Chavez. Sie ist nicht gegründet worden, um Wahlen zu fälschen. Und sie hat einen sehr guten Ruf."

Strategie gegen Schadenersatzklage

Eine Menge sehr spezifischer Falschangaben und Lügen im Dienste einer großen Lüge, nämlich der der Wahlfälschung, seien diese Narrative, denen Lou Dobbs und andere bei Fox Glaubwürdigkeit verliehen hätten. Nach Belegen für die schwerwiegenden Anschuldigungen gegen Smartmatic fragte Lou Dobbs nicht – unwidersprochen blieben die Lügen im Raum stehen.
Als sich herausstellte, dass dies eine hohe Schadensersatzklage nach sich ziehen könnte, sendete Fox keine Gegendarstellung, sondern in allen betroffenen Shows ein Segment, in dem ein Experte den Lügen über die Wahlmaschinenhersteller widersprach – Teil einer juristischen Strategie, die Fox immunisieren sollte.

Neue und alte Konkurrenz für Fox

Dies könnte sogar Erfolg haben, denn Klagen wegen übler Nachrede sind in den USA mit ihrer Tradition der freien Rede extrem schwierig. Denn dem Beklagten muss "tatsächliche Bösartigkeit", "actual malice", nachgewiesen werden, was in den wenigsten Fällen Erfolg hat.
Dennoch kommt die Klage für Fox zur Unzeit. Auf dem noch rechteren Rand wachsen Konkurrenzsender wie Newsmax und OAN. Und im Januar, dem Monat der Kapitol-Erstürmung und der Inauguration Joe Bidens, landete Fox bei den Einschaltquoten zum ersten Mal seit 1999 nur auf dem dritten Platz der Nachrichtensender, hinter den Konkurrenten CNN und MSNBC.
Seitdem haben sich die Quoten wieder erholt, aber den Mythos der Unverwundbarkeit hat der rechtskonservative Medienriese Fox News verloren.