Bauernproteste
Ministerpräsidenten fordern Rücknahme der Subventionskürzungen

In der Debatte um die Streichung von Subventionen haben sich mehrere Ministerpräsidenten auf die Seite der protestierenden Bauern gestellt. Brandenburgs Regierungschef Woidke sagte in Potsdam, er könne der Bundesregierung nur raten, die Kürzungen komplett zurückzunehmen. Die Regierungschefin von Mecklenburg-Vorpommern, Schwesig, - ebenfalls SPD - erklärte, die finanzielle Unterstützung der Landwirtschaft diene auch dazu, dass Lebensmittel bezahlbar blieben.

    Potsdam: Dietmar Woidke (SPD, l), Ministerpräsident von Brandenburg, spricht vom Hänger eines Lastwagens aus zu Landwirten, die mit ihren Fahrzeugen vor der Staatskanzlei demonstrieren.
    Brandenburgs Ministerpräsident Woidke rät der Bundesregierung, die geplanten Sparmaßnahmen zurückzunehmen. (Soeren Stache / dpa / Soeren Stache)
    Kritik äußerten auch Niedersachsens Ministerpräsident Weil und die saarländische Regierungschefin Rehlinger, beide ebenfalls von der SPD.

    "Zukunftsfähigkeit gefährdet"

    Der nordrhein-westfälische Regierungschef Wüst von der CDU bezeichnete den Abbau der Subventionen für Agrar-Diesel als eine enorme Belastung für die Branche. Deshalb könne er nachvollziehen, dass protestiert werde. Sachsens Regierungschef Kretschmer, ebenfalls CDU, warf der Ampel-Koalition im Deutschlandfunk vor, sie mache, was sie wolle. Es sei kein Gespür dafür vorhanden, wie der Unmut nicht nur bei den Bauern wachse, sondern in weiten Teilen der Bevölkerung. CSU-Landesgruppenchef Dobrindt erklärte, die Ampel gefährde die Überlebensfähigkeit der Landwirtschaft.
    Ähnlich argumentiert der Deutsche Bauernverband, der zu einer Aktionswoche gegen die Streichung der Subventionen aufgerufen hat. Verbandspräsident Rukwied sagte im RBB-Hörfunk, die Kürzungen nähmen der Landwirtschaft ihre Zukunftsfähigkeit. Die Bundesregierung hatte zuletzt ihre Sparpläne teilweise abgeschwächt.

    Vielerorts Staus durch Traktoren

    Die Proteste von Landwirten gegen Subventionskürzungen führten bundesweit zu Verkehrsbehinderungen. Nach Angaben der Polizei wurden allein in Brandenburg mehr als hundert Auffahrten zu Autobahnen blockiert. In Mecklenburg-Vorpommern waren laut Polizei am Vormittag zeitweise alle Autobahnauffahrten nicht passierbar.
    In Baden-Württemberg nahmen nach Angaben des Innenministeriums in Stuttgart insgesamt etwa 25.000 Fahrzeuge an Protestaktionen teil. Auch mehrere Grenzübergänge nach Frankreich wurden blockiert. In München fuhren rund 5.500 Traktoren aus der umliegenden Region durch die Innenstadt. In Berlin versammelten sich Landwirte vor dem Brandenburger Tor. Ähnliche Aktionen gab es auch in anderen Bundesländern.

    Vereinnahmung durch Rechtsextreme befürchtet

    Bundes- und Landesbehörden befürchten eine Radikalisierung und eine Unterwanderung der Proteste. Rechte Parteien und Gruppierungen würden zur Beteiligung aufrufen. Der Extremismusforscher Matthias Quent sagte im Deutschlandfunk, ein breites Bündnis aus nationalistischen, rechtsextremistischen und verschwörungsideologischen Akteuren versuche, den Protesten des Bauernverbandes seinen Stempel aufzudrücken, diese zu radikalisieren und in seine politische Richtung zu drängen.
    In Dresden etwa rief die rechtsextreme Kleinstpartei "Freie Sachsen" zu einem "Tag des Widerstands" auf. Wie die dortige Polizeidirektion mitteilte, folgten dem Aufruf mehrere Tausend Menschen und zogen durch die Dresdner Altstadt. Dem MDR zufolge waren dabei etliche Fahnen des einstigen Königreiches Sachsen zu sehen, die häufig von Anhängern der Partei mitgeführt werden. Der Evangelische Pressedienst berichtet von Forderungen wie "Ampel auslöschen" oder "Nieder mit der Regierung", die nichts mit den Kürzungen der Agrarsubventionen zu tun hätten.

    Aufrufe zur Mäßigung

    Bundeswirtschaftsminister Habeck rief in einem Video seines Ministeriums zur Mäßigung auf. Wenn an Traktoren Galgen hingen, wenn Traktorkolonnen zu privaten Häusern führen, dann sei eine Grenze überschritten. Die liberale Demokratie sei ein Schatz, der verteidigt werden müsse.
    Bundesinnenministerin Faeser (SPD) sagte der "Rheinischen Post", Blockaden lösten keine Probleme. Auf keinen Fall dürften Rettungswege versperrt werden. Bundesfinanzminister Lindner (FDP) bezeichnete die Proteste als unverhältnismäßig. Der CDU-Vorsitzende Merz rief die Landwirte dazu auf, friedlich zu bleiben und sich nicht instrumentalisieren zu lassen.

    Lese-Tipp

    Was Experten von der Streichung der Subventionen halten haben wir hier für Sie zusammengestellt.
    Diese Nachricht wurde am 08.01.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.