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Mit Antikörpern gegen das Virus

Medizin.- Sehr wenige Menschen auf der Welt verfügen über eine Art Immunität gegen HIV. Ihre Körper bilden hochwirksame Antikörper gegen die Virusvarianten. Forscher vom California Insitute of Technology berichten nun, wie sich diese Antikörper nutzbar machen lassen - in einer Mischung aus Impfung und Gentherapie.

Von Volkart Wildermuth | 01.12.2011
    Der Aids-Erreger ist ein hoch bewegliches Ziel. Deshalb kann das Immunsystem das HI-Virus mit seinen normalen Mitteln kaum kontrollieren.

    "HIV ist nicht ein Virus, es gibt aberhunderte Varianten und Mutationen, die die Leute infizieren. Und wenn sie einen Antikörper bilden, der das Virus bindet, dann bindet der nicht an das Virus, das sich am nächsten Tag entwickelt."

    Deshalb, so Dr. Alejandro Balazs vom Caltech, dem California Institute of Technology in Pasadena, führt eine HIV Infektion auf lange Sicht fast immer zum Ausbruch von Aids und deshalb können auch normale Impfstoffe keinen wirksamen Schutz gegen das Virus aufbauen. Es gibt allerdings einen Hoffnungsschimmer und das sind breit wirksame Antikörper. Sie binden eine Vielzahl ganz verschiedener HIV-Varianten und bieten deshalb einen wirksamen Schutz. Leider entstehen diese besonderen Antikörper nur bei sehr, sehr wenigen HIV-Infizierten. Forschern auf der ganzen Welt ist es inzwischen aber gelungen, eine ganze Reihe breit wirksamer Antikörper zu beschreiben. Theoretisch könnte man sie in großen Mengen herstellen und als passive Impfung spritzen. Das sollte vor einer HIV-Infektion schützen, allerdings nur für recht kurze Zeit. Um einen lang anhaltenden Schutz zu erzielen, will Alejandro Balazs deshalb einen neuen Weg gehen um die breit wirksamen Antiköper zu nuten.

    "Wir können diese besonderen Antiköper in Menschen erzeugen, die keinerlei Kontakt zu HIV hatten."

    Das geht mithilfe einer Gentherapie. Alejandro Balazs hat die Gene für breit wirksame HIV-Antikörper in ein harmloses Virus namens AAV 8 gepackt. Wird es in einen Muskel gespritzt, beginnen die Muskelzellen getreu der genetischen Anleitung Antikörper zu produzieren. Ob das Verfahren tatsächlich funktioniert, haben die Caltech-Forscher an Mäusen erprobt. Nager werden normalerweise gar nicht von HIV infiziert, deshalb wurden den Tieren vorab menschliche Immunzellen transplantiert.

    "Diese Zellen vermehren sich in den Mäusen und bilden ein künstliches menschliches Immunsystem und das kann von HIV infiziert werden. Dabei zeigt sich: die Gentherapie schützt sehr gut. Die menschlichen Immunzellen wurden nicht geschädigt, obwohl wir den Mäusen hunderte Millionen Virenpartikel gespritzt haben. Das ist weit, weit mehr, als ein Mensch normalerweise abbekommt. Wir sind optimistisch, dass sich das Verfahren auf Menschen übertragen lässt und dann einen sicheren Schutz bietet."

    In den Mäusen hat eine einmalige Injektion des Gentherapievirus zu einer lebenslangen Produktion der schützenden Antikörper geführt. Und andere Gentherapiestudien an Menschen zeigen, dass AAV 8 sein künstlich eingebautes Gen über mindestens zehn Jahre aktiv hält. Das Verfahren könnte sich also tatsächlich als eine Art Aids-Impfung auf Umwegen eignen - wenn es denn sicher ist. Viele Menschen beschleicht beim Stichwort Gentherapie ein ungutes Gefühl. Eine natürliche AAV-8-Infektion löst aber keine Symptome aus, das Virus gilt für die Gentherapie deshalb als recht unproblematisch. Ob sich das auch in diesem Fall bestätigt, müssen klinische Studien zeigen. Zunächst soll die Gentherapie mit dem breit wirksamen Antikörper an HIV-positiven Freiweilligen getestet werden.

    "Wenn das Gentherapievirus dann in der nötigen Reinheit zur Verfügung steht, wäre ich interessiert, selbst geimpft zu werden."

    So weit ist es noch nicht. Eine Studie an Mäusen kann immer nur ein erster Schritt sein. Doch Alejandro Balazs ist davon überzeugt, dass seine Impfstrategie vor dem HI-Virus schützen wird. Mehr noch, sie sollte sich auch auf andere Krankheiten übertragen lassen. Behält er Recht, werden Kinder in 10 oder 20 Jahren nicht nur die klassischen aktiven Impfungen erhalten, sondern zusätzlich Gen-Impfungen mit breit wirksamen Antikörpern.



    DWissen: Tagesthema Welt-Aids-Tag