Das Rote Wien, das mit seinem Sozial- und Wohnbauprogramm von 1919 bis 1934 die Stadt verändert hatte, wurde in den 70er-Jahren von einer damals jungen Generation wiederentdeckt. Ein Grund dafür war die Architektur. Die Nachkriegsjahrzehnte, als in den Gemeindebauten der roten Ära einfach gewohnt, in den Schwimmbädern einfach geschwommen, in den Kindergärten einfach gespielt worden war, diese Jahrzehnte hatten doch architektonisch nichts annähernd so Schönes hervorgebracht. Es konnte nicht ausbleiben, dass die wachsende Unzufriedenheit mit modernem Städtebau und der darin grassierenden Isolation den Blick auf die prächtigen grünen Wohnhöfe mit ihren Gemeinschaftseinrichtungen lenkten.
Mittlerweile ist das Wohnbauprogramm des Roten Wien der 20er-Jahre durch und durch erforscht, was fehlte, war ein Blick zurück auf die Architektur-Traditionen, die gerade in den bekanntesten und größten Bauten nachwirkten. Da landet man schnell bei Otto Wagner. Der Jugendstil-Architekt war der Großbaumeister des Fin de siècle-Wien gewesen, seine öffentlichen Gebäude und Infrastrukturen prägen bis heute das Gesicht der Hauptstadt, von den Stadtbahn-Haltestellen bis zur psychiatrischen Klinik, vom Wasserwerk bis zur Postsparkasse. Letztere, ein Meisterwerk aus Geradlinigkeit, noblem Material, funktionalem Dekor, ist heute ein Muss auf der touristischen Architektur-Laufliste, hierher passt sehr gut eine Ausstellung über Otto Wagners Schüler, die am Roten Wien mitbauten. Der Meister war freilich ein Großbürger gewesen, ein, modern gesprochen, Immobilien-Developer; eine soziale Baugesinnung hatte er sicher nicht vermittelt.
"Aber was er seinen Schülern mitgegeben hat, das ist die Bewältigung des großen Maßstabs", "
sagt der Architekt und Bauhistoriker Wolfgang Förster vom Magistrat Wien.
" "Monumentalität, bei gleichzeitiger Beachtung des menschlichen Maßstabs. Das zeichnet Otto Wagners Architektur durchgehend aus, und das hat seine Schüler befähigt, auf die spezifischen Anforderungen des Roten Wien zu reagieren."
Monumentalität, Symmetrie und axiale Gestaltung, derlei Schönheitsbegriffe nahmen die Baumeister des Roten Wien gern auf:
"denn die Idee des Roten Wien war, etwas Gleichwertiges der imperialen Architektur entgegenzustellen."
Nicht umsonst wurde der Gürtel, die äußere Straße um die Vorstädte herum, zur "Ringstraße des Proletariats" deklariert. Vom neuen Klassen-Selbstbewusstsein zeugen unübersehbar etwa der Reumann-Hof mit Ehrenhof und Springbrunnen, der Metzleinstaler-Hof mit den Kachelornamenten, der wunderbare Rabenhof mit seinem Theatersaal, der kilometerlange Karl Marx-Hof, etwas weiter draußen der Karl-Seitz-Hof mit seiner gewaltigen Platzanlage und viele andere, deren Gemeinschaftseinrichtungen teilweise bis heute überleben, vom Waschhaus bis zur Bibliothek.
Vor allem die Fähigkeit, großen Baumassen Kleinräumigkeit und Identität zu verleihen, zeichnet diese Bauten aus - mit Pergolen, Hofdurchgängen, gegliederten Fassaden, Gittern, Geländern, Loggien. Der Wagner-Schüler Hubert Gessner war es, der die in Wien schon traditionelle Hofform auf großem Niveau wiederbelebte: als öffentliche Passagen, grüne Inseln für jedermann bis heute. Das also war, folgt man den Ausstellungsmachern, Otto Wagners Erbe im Roten Wien. Unter dessen 200 Architekten waren allerdings seine Erben keineswegs zahlreich – wohl aber einflussreich.
Die Bauhaus-Moderne, die im Deutschland der 20er-Jahre den sozialen Wohnungsbau bestimmte, hatte hier kaum eine Chance, was Anlass zu giftigen Auseinandersetzungen gab. Architekten von internationalem Renommee wie Adolf Loos oder Josef Frank kritisierten die Rückwärtsgewandtheit des neuen Massenwohnbaus und seine tatsächlich oft hemmungslos romantisierende Attitüde. Und ja, es kommt einem vor, als ob selbst die Wagner-Schüler unter den Architekten des Roten Wien die Modernität ihres Meisters unterschritten, sie wirken traditioneller als Wagners revolutionär-kühle Jugendstil-Fassaden. Nur eins ist sicher: Den Arbeitern gefiel es.
Mittlerweile ist das Wohnbauprogramm des Roten Wien der 20er-Jahre durch und durch erforscht, was fehlte, war ein Blick zurück auf die Architektur-Traditionen, die gerade in den bekanntesten und größten Bauten nachwirkten. Da landet man schnell bei Otto Wagner. Der Jugendstil-Architekt war der Großbaumeister des Fin de siècle-Wien gewesen, seine öffentlichen Gebäude und Infrastrukturen prägen bis heute das Gesicht der Hauptstadt, von den Stadtbahn-Haltestellen bis zur psychiatrischen Klinik, vom Wasserwerk bis zur Postsparkasse. Letztere, ein Meisterwerk aus Geradlinigkeit, noblem Material, funktionalem Dekor, ist heute ein Muss auf der touristischen Architektur-Laufliste, hierher passt sehr gut eine Ausstellung über Otto Wagners Schüler, die am Roten Wien mitbauten. Der Meister war freilich ein Großbürger gewesen, ein, modern gesprochen, Immobilien-Developer; eine soziale Baugesinnung hatte er sicher nicht vermittelt.
"Aber was er seinen Schülern mitgegeben hat, das ist die Bewältigung des großen Maßstabs", "
sagt der Architekt und Bauhistoriker Wolfgang Förster vom Magistrat Wien.
" "Monumentalität, bei gleichzeitiger Beachtung des menschlichen Maßstabs. Das zeichnet Otto Wagners Architektur durchgehend aus, und das hat seine Schüler befähigt, auf die spezifischen Anforderungen des Roten Wien zu reagieren."
Monumentalität, Symmetrie und axiale Gestaltung, derlei Schönheitsbegriffe nahmen die Baumeister des Roten Wien gern auf:
"denn die Idee des Roten Wien war, etwas Gleichwertiges der imperialen Architektur entgegenzustellen."
Nicht umsonst wurde der Gürtel, die äußere Straße um die Vorstädte herum, zur "Ringstraße des Proletariats" deklariert. Vom neuen Klassen-Selbstbewusstsein zeugen unübersehbar etwa der Reumann-Hof mit Ehrenhof und Springbrunnen, der Metzleinstaler-Hof mit den Kachelornamenten, der wunderbare Rabenhof mit seinem Theatersaal, der kilometerlange Karl Marx-Hof, etwas weiter draußen der Karl-Seitz-Hof mit seiner gewaltigen Platzanlage und viele andere, deren Gemeinschaftseinrichtungen teilweise bis heute überleben, vom Waschhaus bis zur Bibliothek.
Vor allem die Fähigkeit, großen Baumassen Kleinräumigkeit und Identität zu verleihen, zeichnet diese Bauten aus - mit Pergolen, Hofdurchgängen, gegliederten Fassaden, Gittern, Geländern, Loggien. Der Wagner-Schüler Hubert Gessner war es, der die in Wien schon traditionelle Hofform auf großem Niveau wiederbelebte: als öffentliche Passagen, grüne Inseln für jedermann bis heute. Das also war, folgt man den Ausstellungsmachern, Otto Wagners Erbe im Roten Wien. Unter dessen 200 Architekten waren allerdings seine Erben keineswegs zahlreich – wohl aber einflussreich.
Die Bauhaus-Moderne, die im Deutschland der 20er-Jahre den sozialen Wohnungsbau bestimmte, hatte hier kaum eine Chance, was Anlass zu giftigen Auseinandersetzungen gab. Architekten von internationalem Renommee wie Adolf Loos oder Josef Frank kritisierten die Rückwärtsgewandtheit des neuen Massenwohnbaus und seine tatsächlich oft hemmungslos romantisierende Attitüde. Und ja, es kommt einem vor, als ob selbst die Wagner-Schüler unter den Architekten des Roten Wien die Modernität ihres Meisters unterschritten, sie wirken traditioneller als Wagners revolutionär-kühle Jugendstil-Fassaden. Nur eins ist sicher: Den Arbeitern gefiel es.