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Mord an britischer Abgeordneter
Tatverdächtiger unterstützte Neonazis in den USA

Welches Motiv hatte der Mörder der britischen Abgeordneten Jo Cox? Der 52 Jahre alte Tatverdächtige soll psychisch krank sein und "Großbritannien zuerst" gerufen haben. Zudem hat er laut einer US-Nichtregierungsorganisation jahrzehntelang die Neonazi-Gruppierung "National Alliance" unterstützt.

    Die britische Labour-Abgeordnete Jo Cox stirbt nach einem Attentat (16. Juni 2016).
    Die britische Labour-Abgeordnete Jo Cox stirbt nach einem Attentat. (dpa / picture alliance / Jon Super)
    Das Southern Poverty Law Center, eine Anti-Rassismus-Organisation in den USA, teilte mit, ihm lägen Unterlagen vor, wonach der festgenommene Tatverdächtige die "National Alliance" engagiert unterstützt und hunderte Dollar für Schriftgut der NA ausgegeben habe. Die NA vertritt einen Rassismus, der sich gegen alle Nicht-Weißen richtet. Der mutmaßliche Mörder soll 1999 auch ein Handbuch von der NA bezogen haben, das Anleitungen zum Waffenbau beinhaltete. Die Abgeordnete Jo Cox hatte stets den Beitrag von Zuwanderern für die britische Gesellschaft gelobt und beispielsweise auf das Leid der syrischen Flüchtlinge aufmerksam gemacht. Sie hatte vor ihrem Tod Drohungen erhalten. Die Labour-Politikerin habe sich bei der Polizei gemeldet, weil sie "bösartige Mitteilungen" erhalten habe, erklärten die Sicherheitsbehörden am Freitag.
    Vorgeschichte psychischer Erkrankungen
    Der Bruder des Verdächtigen sagte dem "Daily Telegraph", der 52-Jährige habe eine Vorgeschichte psychischer Erkrankungen und sei in Behandlung gewesen. Er sei aber nicht als gewalttätig oder besonders politisch aufgefallen.
    Ob die Tat im Zusammenhang mit der "Brexit"-Diskussion in Großbritannien steht, ist noch unklar. Nach Angaben eines Augenzeugen hatte der Mann "Großbritannien zuerst" gerufen, bevor er die Labour-Politikerin Jo Cox am Donnerstag im nordenglischen Birstall niederschoss und mit einem Messer attackierte. Cox erlag wenig später ihren schweren Verletzungen.
    Mahnwachen und Blumen
    Die 41 Jahre alte Abgeordnete und zweifache Mutter war pro-europäisch eingestellt und setzte sich für den Verbleib Großbritanniens in der Europäischen Union ein. Die Briten stimmen am 23. Juni in einem Referendum über einen möglichen Austritt ab. Nach der Bluttat setzten beide Wahlkampflager ihre Aktivitäten für den Rest des Tages aus. Auch für Freitag sagten sowohl Befürworter als auch Gegner eines "Brexit" alle Veranstaltungen ab. Premierminister David Cameron und andere führende britische Politiker zeigten sich erschüttert. Cameron würdigte Cox als "Politikerin mit großer Leidenschaft und großem Herzen". Labour-Chef Jeremy Corbyn sagte bei einer Mahnwache für seine getötete Parteikollegin: "Hass wird niemals Probleme lösen."
    Vor dem Westminster-Palast legten in der Nacht zu Freitag Hunderte von Menschen Blumen ab und zündeten Kerzen an. Die Flaggen vor dem Regierungsgebäude in London wurden auf Halbmast gesetzt, um der ermordeten Politikerin zu gedenken.
    (nin/fun)