Forum neuer Musik 2024: Das Ensemble Aventure auf dem Weg nach Ägypten
Liqa’at – Begegnungen

Sie wollen zum künstlerischen Austausch mit dem Nahen Osten anregen. In Freiburg, Köln und Kairo spielte das Ensemble Aventure neue Kompositionen von Komponierenden ägyptischer und libanesischer Herkunft. Yara Mekaweis Soundscapes gaben urbane Klänge dazu.

Am Mikrofon: Sophie Emilie Beha |
Nehad El-Sayed sitzt hinter Mikrophonen und Notenständern und spielt seine Oud, die einer bauchigen Laute ähnelt.
Oud-Virtuose Nehad El-Sayed als Gast des Ensembles Aventure im Deutschlandfunk Kammermusiksaal (Thomas Kujawinski / Deutschlandfunk)
Exemplarisch für Idee und Intention des ganzen Projekts sind ein Instrument und ein Spieler: die arabische Schalenhalslaute Oud und mit Nehad El-Sayed ein Virtuose darauf. Für die Freiburger Formation Aventure waren sie die Schlüssel, um nach Jahrzehnten des Engagements für zeitgenössisches Komponieren in und aus Lateinamerika via Ägypten Türen in den Nahen Osten zu öffnen.
El-Sayed, der Gastmusiker und Solist, ist 1975 in Kairo geboren – er hat als erster das Instrumentalstudium in der ägyptischen Hauptstadt mit einem Diplom abgeschlossen und danach in Bern Jazz, Medienkunst und Komposition studiert. Dieses Doppel macht El-Sayed in der arabischen Welt zu einem begehrten Solisten und Lehrer – und in der Schweiz, wo er unterrichtet und lebt, zu einem Vermittler, der sich mit arabischer Klassik, Sufi-Musik und zeitgenössischer Musik aus Nordafrika auskennt.

In mehreren Welten zu Hause

Mehrschichtige Identitäten charakterisieren auch andere Komponierende des Aventure-Programms. Sie sind sowohl mit oder in arabischen als auch mit westlichen Kulturen und Musiktraditionen sozialisiert und vereinen in sich verschiedenste Erfahrungen und Zugehörigkeiten.
Amr Okba zum Beispiel, 1972 in Ägypten geboren, ist heute österreichischer Staatsbürger. Hossam Mahmoud, Jahrgang 1965, kommt aus Kairo, wo er Oud, Bratsche und Musikpädagogik studierte – er lebt heute in Salzburg. Amir Khalaf ist in seiner Geburtsstadt Kairo geblieben bzw. nach Studien in Birmingham hierher zurückgekehrt.

Zwei Frauen aus Beirut

Der Libanon bildet den zweiten geografischen Bezugspunkt des Aventure-Konzerts – genauer: die Flucht von dort, bevor das Land infolge des Bürgerkriegs 1975–90 beinahe zerfiel und der Kulturbetrieb erodierte. Bushra El-Turk, in London geboren, ist so ein Kind libanesischer Kriegsflüchtlinge, die das Bewusstsein der ehemals reichen Musikkultur Beiruts zu überliefern verstanden.
Gleichfalls libanesischer Herkunft ist die kanadische Komponistin Maria Atallah. Sie wuchs in Ottawa auf. Von ihr ist ein Stück im Programm, das zwischen Gleichgewicht und Disbalance schwankt.
Das Ensemble Aventure sitzt auf einer blau-lila beleuchteten Bühne. Ihre Konzentration ist auf einen Mann gerichtet, der vor der erhöhten Bühne steht und mit den Musikerinnen und Musikern interagiert.
Der Komponist Hossam Mahmoud (vorn) probt sein neues Stück mit dem Ensemble Aventure im Deutschlandfunk Kammermusiksaal. (Thomas Kujawinski / Deutschlandfunk)
Aufgezeichnet am 21.09.2024 im Deutschlandfunk Kammermusiksaal
Konzert „Liqu’at - Begegnungen“

Amr Okba
(*1972)
Just and Comprehensive Peace (UA)
Finanziert durch Ernst von Siemens Musikstiftung

Ahmad Zakariyya (1896–1961)
Habibi yasäd awaato für Oud

Samir Odeh-Tamimi (*1970)
Solo für Viola

Bushra El-Turk (*1982)
Marionette für Flöte und Klavier 

Hossam Mahmoud (*1965)
Anfas für Ensemble (UA)
Finanziert durch Ernst von Siemens Musikstiftung

Maria Atallah (1993–2023)
Tamashī für Klavier, Cello, Klarinette, Flöte

Tatyos Efendi (1855 – 1913)
Bahsraf Rast. für Oud

Nehad El-Sayed (*1975)
Under Pressure für Ensemble (UA)
Mit Unterstützung von ProHelvetia und Fondation SUISA

Yara Mekawei (*1987)
Soundscapes from Cairo 
Ensemble Aventure
Nehad El-Sayed, Oud (a.G.)
Phoebe Bognár, Flöte
Andrea Nagy, Klarinette
Wolfgang Rüdiger, Fagott
Nicholas Reed, Schlagzeug
Akiko Okabe, Klavier
Katharina Schmauder, Viola/Violine
Ellen Fallowfield, Violoncello