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Muslime in den USA
Fremd im eigenen Land

Donald Trump ist seit einem Monat Präsident der USA. Viele amerikanische Muslime berichten seither von wachsenden Feindseligkeiten im Land. Sie wünschen sich mehr Anerkennung von ihrem Präsidenten.

Von Martina Buttler | 17.02.2017
    Am Flughafen von Chicago halten Demonstranten, unter ihnen viele Muslime, Plakate hoch, um gegen das von US-Präsident Trump erlassene Einreiseverbot zu demonstrieren.
    Proteste am Flughafen von Chicago. Das umstrittene Einreiseverbot für viele Muslime wurde mittlerweile ausgesetzt. (AFP / Joshua Lott)
    Imam Talib Shareef hat leuchtende, fröhliche Augen, wenn er lächelt. Der Imam steht der Masjid Muhammad Moschee in Washington vor. Er wird nachdenklich, wenn er über die Stimmung in den USA spricht. Er spürt Feindseligkeit und hört von seinen Gemeindemitgliedern, dass sie angegangen werden oder Familienmitglieder wegen Trumps Einreiseverbot eine Zeit lang nicht einreisen konnten:
    "Es ist hart, was gerade passiert. Darüber machen wir uns Sorgen. Wir raten allen aufmerksamer zu sein, wenn sie auf der Straße sind. Den Männern sagen wir, dass sie ihre Frauen zum Auto bringen sollen. So sind die Zeiten, in denen wir leben. Leute tun Dinge, weil sie das Gefühl haben, dass sie sie tun können."
    Die Sorgen seiner Kollegen außerhalb von Washington sind zum Teil noch viel größer. Das erfährt Imam Talib, wenn er mit ihnen spricht:
    "An manchen Orten haben Imame den Frauen geraten haben, das Kopftuch abzulegen. Damit sie nicht belästigt werden."
    Unterstützung aus der Gemeinde
    Imam Talib ist Afroamerikaner. Er war beim Militär. Dies ist sein Land und sein Präsident. Auch wenn er sich im Moment fast ein wenig fremd im eigenen Land vorkommt:
    "Unser Präsident? Von dem fühlen wir uns nicht angenommen."
    Seit 80 Jahren ist die Moschee mitten in Washington zuhause. Als eine bewaffnete Gruppe Proteste vor ihrer Tür angekündigt hatte, haben die Nachbarn die Straßen mit Schildern gepflastert. Darauf stand "Hate free zone", hassfreie Zone. Sie wollten eine Menschenkette um das helle Backsteingebäude bilden, sollten die anti-muslimischen Demonstranten auftauchen. Wenn der Imam über die Nachbarn seiner Moschee spricht, strahlen seine Augen:
    "Von den Menschen fühlt sich unsere Gemeinde umarmt. Und das macht uns Mut."
    Seit Trump im Amt ist, sind unangemeldet mehrere christliche Pastoren vorbeigekommen. Sie wollten die Gemeinde und den Imam kennenlernen, Brücken bauen. Dass das Bild eines Frauengesichts mit einer amerikanischen Flagge als Kopftuch zum Symbol der Anti-Trump-Proteste geworden ist, freut Imam Talib:
    "Dieses Bild ist ermutigend. Dass Leute, die nicht Muslime sind, das Bild hochhalten. Das ist es, wer wir sind. Das sind die USA. Und die Proteste zeigen uns, dass es immer noch mehr Schönes gibt, als all das Hässliche, was wir sehen."
    Wunsch nach Anerkennung
    Muslime wollen Teil dieser Gesellschaft sein. Ihren Beitrag leisten. Sie wollen nicht Ziel von Hass und Diskriminierung sein. Sie wollen, dass der US-Präsident sie anerkennt und als Vorbild agiert:
    "Wir sind Amerikaner und Bürger. Wir sind nicht diejenigen, die Probleme machen, sagt Imam Talib. Er will mit seiner Gemeinde zur Verständigung beitragen in seinem Amerika."