Archiv

Nach Pariser Anschlägen
Mehr Kontrollen auch für EU-Bürger

Schärfere Kontrollen an den Außengrenzen - das ist eine der Antworten Europas auf die Terroranschläge von Paris. Die Innen- und Justizminister der EU-Mitgliedsstaaten haben in Brüssel über Konsequenzen beraten und beschlossen, gleich an mehreren Stellen nachzubessern.

    Passkontrollen am Flughafen in München.
    Passkontrollen am Flughafen in München (picture alliance / dpa / Marc Müller)
    Wer künftig in den Schengen-Raum einreist oder aus ihm ausreist, der soll grundsätzlich einer systematischen und eingehenden Kontrolle unterzogen werden. Diese neuen Regeln sollen auch ausdrücklich für EU-Bürger gelten, die bisher in der Regel ohne größere Kontrollen Grenzen passieren können. Diese Praxis stamme aber noch aus Zeiten, in denen ein europaweiter polizeilicher Abgleich technisch nicht machbar war, erläuterte ein Brüsseler Diplomat. Bei ihrer Krisensitzung forderten die Minister die EU-Kommission auf, einen Vorschlag "für eine gezielte Überarbeitung des Schengener Grenzkodex" auszuarbeiten - einschließlich der Überprüfung "biometrischer Informationen", wie etwa Fingerabdrücken. Dem Schengen-Raum gehören 22 der 28 EU-Staaten an sowie Norwegen, Island, die Schweiz und Liechtenstein.
    Grafik zu den Mitgliedsländern des Schengenraumes.
    Der Schengenraum: Eine Übersicht. (picture alliance / dpa-infografik)
    Neuregelung bis Ende des Jahres
    Am Flughafen oder auf der Autobahn soll somit künftig auch jeder EU-Bürger an einer Schengen-Außengrenze daraufhin kontrolliert werden, ob nach ihm gefahndet wird, er unter Terrorverdacht steht oder schon einmal in Europa verurteilt wurde. Nach dem aktuellen Stand ist eine solche Kontrolle von EU-Bürgern nur für eine bestimmte Zeit und auf bestimmten Routen erlaubt. "Wir werden an diesen Kontrollen festhalten, solange es die Terrorismuskrise erfordert", sagte der französische Innenminister Bernard Cazeneuve. Die neuen Regeln sollen bis Jahresende von der Kommission ausgearbeitet werden.
    Befeuert wurde die Debatte über verschärfte Kontrollen an den Außengrenzen dadurch, dass einige der mutmaßlichen Attentäter von Paris in Syrien gekämpft hatten und später wieder in die EU eingereist waren, offenbar ohne entdeckt zu werden.
    Solche Pläne waren eigentlich schon nach den Anschlägen vom Januar auf die französische Satire-Zeitung "Charlie Hebdo" beschlossen worden. In der Abschlusserklärung des Treffens vom Februar hieß es, die EU-Länder würden "ohne Verzögerung systematische und abgestimmte Überprüfungen" auch für EU-Bürger einführen. Der Beschluss wurde allerdings nicht umgesetzt.
    Stärkeres Mandat für Frontex
    Strengere Kontrollen soll es auch für Flüchtlinge geben, die nach Europa kommen. Ihre Umverteilung in Europa dürfte nicht angetastet werde, so Cazeneuve. Allerdings sollten die Flüchtlinge bei ihrer Einreise eine Sicherheitskontrolle durchlaufen. Dafür wäre dann das Land zuständig, in dem sie erstmals die EU betreten haben. Die EU-Grenzschutzagentur Frontex soll den betroffenen Staaten helfen und ein stärkeres Mandat im Kampf gegen den Terrorismus bekommen.
    Ein anderer Punkt auf der Liste der Innenminister war die Fluggastdatenspeicherung. Diese soll auch innerhalb Europas eingeführt werden. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) macht sich jetzt dafür stark, die Verhandlungen über den Austausch der Daten bis Jahresende abzuschließen. Die Verhandlungen stecken wegen Datenschutzbedenken seit langem fest. Das System soll bis Jahresende beschlossen werden und Daten wie Name, Kreditkartennummer und Essenswünsche auf Vorrat speichern, damit Fahnder sie bei der Terrorabwehr nutzen können. Die Daten sollen dann ein Jahr lang gespeichert werden dürfen.
    Besserer gemeinsamer Austausch
    Die EU-Staaten sagten auch zu, sich besser über Terrorverdächtige zu informieren. Am 1. Januar 2016 soll ein Anti-Terror-Zentrum bei der Europäischen Polizeibehörde Europol entstehen. Bislang geben nur 5 von 28 EU-Staaten Informationen an andere Nachrichtendienste weiter. "Wenn nur fünf Staaten Informationen an Europa melden und alle anderen nicht, dann darf man sich nicht wundern, dass der Informationsaustausch nicht richtig funktioniert", sagte de Mazière dazu.
    Finanzströme der Terroristen wollen die Minister zusätzlich angehen. Anonyme Zahlungsarten wie Prepaid-Karten, Geldtransfers und Bitcoins sollten ihrer Meinung nach strenger kontrolliert werden, um die Finanzierung von Anschlägen und Extremistenorganisationen zu erschweren.
    (pr/ach)