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Nach Veröffentlichung des Freshfields-Berichts
Der Fokus liegt auf dem Kaiser

Die Anwaltskanzlei Freshfields hat in ihrem Bericht zur umstrittenen WM-Vergabe 2006 nach Deutschland keine Beweise für einen Stimmenkauf feststellen können. Die Aufarbeitung der WM-Affäre ist für den DFB damit aber nicht zu Ende. Im Deutschlandfunk äußerten sich jetzt zwei Funktionäre zu den neuen Erkenntnissen.

Von Arne Lichtenberg | 05.03.2016
    Franz Beckenbauer
    Franz Beckenbauer gilt nach Veröffentlichung des Freshfield-Berichts als Kernfigur der Millionen-Zahlung nach Katar. (dpa / picture-alliance / Imagechina)
    Neu aufgetaucht ist eine Überweisung über insgesamt sechs Millionen Schweizer Franken von einem Kitzbühler Konto, auf das sowohl der damalige OK-Chef Franz Beckenbauer, als auch sein damaliger Manager Robert Schwan Zugriff hatten. Von dort floss zwischen Mai und Juli 2002 Geld in insgesamt vier Tranchen auf das Konto einer Schweizer Anwaltskanzlei. Die Kanzlei leitete die Millionen auf ein Konto der Kemco Scaffolding weiter. Dieses Konto gehört dem langjährigen Fifa-Funktionär Mohammed bin Hammam aus Katar.
    Was hat bin Hammam mit dem Geld gemacht?
    Der Zweck dieser Überweisung ist weiterhin unklar. Das sagte auch der designierte DFB-Präsident Reinhard Grindel im Deutschlandfunk. "Weil es bis heute ja keine klare Aussage von Herrn bin Hammam gibt, was er mit den zehn Millionen, die er unzweifelhaft erhalten hat, tatsächlich gemacht hat." Der Katarer ließ mitteilen, er habe keine zehn Millionen Franken von den Deutschen erhalten.

    Derzeit stehen damit drei Thesen im Raum.

    - Das Geld wurde verwendet, um die Stimmen der vier asiatischen FIFA-Wahlmänner zu kaufen
    - Das Geld wurde für den FIFA-Präsidentschaftswahlkampf von Sepp Blatter im Jahr 2002 verwendet
    - Das Geld diente als Provision für eine spätere Zuwendung der FIFA an die deutschen WM-Macher

    "In wirtschaftlichen Dingen, manchmal leichtfüßig"
    Dies sind die zentralen Fragen die vorerst weiter offen bleiben und bei denen Franz Beckenbauer für Aufklärung sorgen muss. Das dieser zumindest ungeschickt oder leichtsinnig agiert habe, wollte auch das damalige Aufsichtsratsmitglied des WM-Organisationskomitee, Otto Schily, im Deutschlandfunk nicht bestreiten. "Dass der Beckenbauer leider in wirtschaftlichen Dingen manchmal auch ein bisschen, sagen wir mal, sehr leichtfüßig gehandelt hat, das will ich mal auch nicht jetzt in Abrede stellen, und leider hat er sich dann vielleicht auch auf Berater verlassen und sich da vielleicht dann auch, wie gesagt, leichtsinnig verhalten hat."
    Der ehemalige Bundesinnenminister bestritt, trotz seiner Position im Aufsichtsrat, mit dem er das WM-OK kontrollieren sollte, irgendeine eigene Verantwortung für den WM-Skandal zu haben. "Also ich bin doch nicht im Aufsichtsrat, um nachher die Kasse zu prüfen, das ist nicht meine Aufgabe, ja, sondern ich, wenn mir der Finanzverantwortliche Dr. Zwanziger sagt, das ist eine Zahlung, die dient einem Beitrag für die Fußballgala, und das ist ganz plausibel, dann haben wir das alle so hingenommen."
    "Keine Belege für Stimmenkauf"
    Der DFB wird sich allein schon im Hinblick auf eine Bewerbung für die Austragung der Fußball-EM 2024 neu aufstellen müssen und will auch Reformen einleiten. Für Otto Schily steht zuallererst aber das zentrale Ergebnis des Freshfields-Berichts im Vordergrund. "Wenn in dem Bericht steht, es gibt keine Belege für einen Stimmenkauf bei der Vergabe der Weltmeisterschaft 2006, dann ist das eine Nachricht, die Sie durchaus an die Spitze stellen dürfen."