Donnerstag, 28. März 2024

Archiv

Nachwuchsförderung an Hochschulen
"Das Wichtigste ist, die Grundfinanzierung zu verbessern"

Den wissenschaftlichen Nachwuchs bis zur Professur fördern - das soll ein neuer Pakt von Bund und Ländern. Auch andere Programme, zum Beispiel für Fachhochschulen, sind im Gespräch. Die SPD-Bildungspolitikerin Simone Raatz warb im Deutschlandfunk aber dafür, abseits der Pakte und Programme die Grundfinanzierung der Hochschulen zu verbessern.

Simone Raatz im Gespräch mit Kate Maleike | 31.03.2016
    793 Studenten sitzen bei der Erstsemesterbegrüßung am Campus Koblenz der Universität Koblenz-Landau in Koblenz-Rheinland-Pfalz im großen Hörsaal.
    Studenten in einem Hörsaal. (dpa / picture alliance / Thomas Frey)
    Kate Maleike: Wie werden Bund und Länder exzellente Wissenschaft künftig fördern? Über diese Frage wird ja gerade viel debattiert in Hochschul-Deutschland, auch bei uns hier in "Campus & Karriere". Und das ist natürlich auch verständlich, denn die milliardenschweren Förderpläne gehen auf die Zielgerade. Nächste Woche beraten die Wissenschaftsminister, am 22.04. ist die Exzellenzinitiative Thema in der gemeinsamen Wissenschaftskonferenz von Bund und Ländern, und im Juni dann entscheidet die Ministerpräsidentenrunde. Wenn also gerade so intensiv über große Förderpakete verhandelt wird, warum hört man dann so wenig vom Pakt für den wissenschaftlichen Nachwuchs? Den haben Bund und Länder ja auch angekündigt, um die Beschäftigungslage unterhalb der Professur an den Hochschulen zu verbessern. Ab 2017 soll's losgehen, hat es im letzten Jahr geheißen, über zehn Jahre verteilt soll eine Milliarde Euro dafür fließen. Dr. Simone Raatz hat sich für die SPD für diesen Pakt sehr stark gemacht. Sie ist stellvertretende Vorsitzende im Bundestagsausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung. Guten Tag, Frau Raatz!
    Simone Raatz: Ja, guten Tag, ich grüße Sie!
    Maleike: Wann kommt denn der angekündigte Pakt für den wissenschaftlichen Nachwuchs - bleibt's beim Start 2017?
    Raatz: Ja, da bleibt's dabei, denn wir haben ja die eine Milliarde Euro bereits im vergangenen Jahr zugesagt gekriegt. Dieses Jahr sollte genutzt werden, um zu sagen, wie wir das Geld überhaupt verteilen wollen, und es steht dann ab 2017 zur Verfügung.
    Maleike: Wie wollen Sie es denn verteilen?
    Raatz: Leider kann ich das nicht alleine entscheiden, muss ich manchmal sagen. Es ist ja ein Bund-Länder-Programm, und darum ist es ganz wichtig, natürlich auch die Länder hier miteinzubeziehen, denn die müssen ja auch einen eigenen Anteil mitleisten. Wir wollen das Programm dafür nutzen, Tenure-Track-Stellen für Professoren zur Verfügung zu stellen - ich sag mal, von der Größenordnung her können das etwa 1.000 zusätzliche Stellen sein. Das zusätzlich ist für uns ganz wichtig und vor allen Dingen auch eine Nachhaltigkeit, denn wir hatten ja schon mal das Juniorprofessoren-Programm, das ist sehr gut angenommen worden, war aber nicht in jedem Falle nachhaltig. Hier wollen wir, denke ich, eine Verbesserung erzielen. Und der SPD ist es ganz wichtig, darüber hinaus auch für den akademischen Mittelbau Verbesserungen herbeizuführen.
    Maleike: Also Tenure-Track heißt ja, dass diese Stellen dann nach einigen Jahren auf eine Professur zulaufen.
    Raatz: Genau, Tenure-Track heißt, dass man jungen Menschen, egal ob Frauen oder Männer - wir möchten natürlich gerne das hälftig gestalten -, die Chance eröffnet, auf eine Professur zu kommen. Man finanziert sie erst mal übergangsweise, maximal sechs Jahre, und nach diesen sechs Jahren haben sie dann die Möglichkeit, das heißt dann eben diese Tenure-Track-Option, auf eine feste Professorenstelle überzugehen.
    "Fachhochschulen leisten eine ganz wichtige Arbeit"
    Maleike: Stichwort Pakte und Programme: Ich hatte es schon gesagt, es gibt gerade viel Debatten um die weiterführende Exzellenzinitiative. Presseberichten zufolge will ja Bundesbildungsministerin Wanka neben der Förderung für die Spitzenforschung noch ein Extraprogramm für Fachhochschulen und kleinere Hochschulen starten. Was denken Sie darüber als stellvertretende Vorsitzende des Bundestagsausschusses?
    Raatz: Also unser Wunsch oder auch mein Wunsch war, dass wir auch die Fachhochschulen mit in die Exzellenzinitiative integrieren.
    Maleike: Das wollen die Fachhochschulen auch.
    Raatz: Das wollen die Fachhochschulen auf jeden Fall auch, aber Frau Ministerin Wanka nicht, die möchte es gerne trennen - also dass wir dann gesagt haben, wenn getrennt werden soll, dann braucht es ein eigenes Programm, ansonsten stimmen wir der ganzen Sache nicht zu. Und wie Sie ja jetzt gerade schon gesagt haben, hat sich ja jetzt die Wissenschaftsministerin auch entsprechend geäußert, dass sie also dieses Extraprogramm auf den Weg bringen wird, und das, muss ich sagen, begrüße ich sehr, denn Fachhochschulen leisten eine ganz wichtige Arbeit, gerade was den Wissenstransfer betrifft, in Wirtschaft und Gesellschaft. Und, sag ich mal, es geht nicht, dass die Fachhochschulen hier außen vor gelassen werden. Also da sind wir jetzt ganz stark dran, auch zu gucken, wie dieses Extraprogramm dann aussehen wird.
    Maleike: Damit wir das aber jetzt richtig verstehen, es ist definitiv entschieden, dass es die Exzellenzinitiative sozusagen in zwei Beinchen gibt, einmal für die Spitzenforschung und einmal für die genannten Fachhochschulen und die kleineren Hochschulen?
    Raatz: Die Exzellenzinitiative wird ja jetzt auch, sag ich mal, so wie Sie es gerade für den Nachwuchspakt dargestellt haben, durch die Staatssekretärsrunde oder im Endeffekt auch durch die Wissenschaftsministerinnen und -minister der Länder mit ausgestaltet, also sie wirken ja da ganz intensiv daran mit, wie diese Exzellenzinitiative aussehen soll. Da sind ja die Exzellenzcluster und die regionalen Verbünde ganz im Fokus, und die Fachhochschulen werden, denke ich, hier eben leider nicht berücksichtigt, sondern dann - und da muss ich sagen, das wollen wir mal positiv hervorheben - mit einem Extraprogramm versehen. Aber das wird nicht von alleine passieren, da gehört also noch ganz viel dazu. Ich denke, es ist auch noch mal ein Boden dicker Bretter, aber da sind wir dran, dass wir eben dieses Extraprogramm noch auf den Weg kriegen.
    Maleike: Haben Sie noch den Überblick über die aktuellen Pakte und gemeinsamen Förderprogramme von Bund und Ländern für Bildung und Forschung?
    Raatz: Also da versteckt sich ja so eine kleine Frage dahinter, sind denn die ganz vielen Pakte überhaupt noch sinnvoll. Ich sag mal, ich muss erst mal sagen ja, ich hab's jetzt noch im Überblick, aber ich muss sagen, die Pakte werden sukzessive auslaufen. Ab 2019 gibt es dann den ein oder anderen Pakt, der nicht mehr fortgeführt wird, und da ist es ganz wichtig, dass wir endlich da hinkommen, die Grundfinanzierung der Hochschulen auch zu stärken. Die Aufhebung des Kooperationsverbotes … es gibt jetzt Möglichkeiten, dass der Bund auch direkt und intensiver mit den Hochschulen zusammenarbeitet, und ich glaube, das Erste und Wichtigste, was jetzt folgen muss, ist, endlich die Grundfinanzierung zu verbessern.
    Maleike: Dr. Simone Raatz war das in "Campus & Karriere" zum Stand der Dinge unter anderem beim Pakt für den wissenschaftlichen Nachwuchs, mit dem Bund und Länder ab 2017 die Beschäftigungschancen an Hochschulen fördern wollen unterhalb der Professur. Herzlichen Dank und weiterhin gutes Gelingen, Frau Raatz!
    Raatz: Ja, ganz vielen Dank!
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.