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Namenskonflikt
Bewegung im Streit um die Umbenennung Mazedoniens

Aktuellen Umfragen zufolge will die Mehrheit der Griechen, dass das Wort Mazedonien überhaupt nicht im Namen des Nachbarstaates vorkommen sollte. Das ärgert wiederum viele Mazedonier. Aber offenbar nicht ihren neuen Ministerpräsidenten, denn der zeigt Kompromissbereitschaft im langjährigen Namenskonflikt.

Von Srdjan Govedarica | 07.03.2018
    Demonstarnten mit Fahne auf dem Syntagma-Platz
    Anfang Februar proptestieren Griechen auf dem Syntagma-Platz in Athen gegen die Nutzung des Namens Mazedonien (imago /Zuma Press)
    Die Markthalle in Gevgelija an der mazedonisch-griechischen Grenze. Hier gibt es nichts, was es nicht gibt. Von Obst und Gemüse bis zur vermeintlichen Markenjeans. Und alles zur deutlich günstigeren Preisen als in Griechenland. Argidis ist aus dem 80 Kilometar entfernten Thessaloniki zum Einkaufen hier hin gefahren. "Ich habe viele Freunde hier. Die Menschen sind sehr gut zu mir."
    Anders als viele Griechen hat Argidis kein Problem mit dem Namen seines Nachbarlandes. Er fände es aber schon gut, wenn deutlich gemacht würde, dass nicht das griechische Mazedonien gemeint ist: "New Macedonia, Down Macedonia, West Macedonia…"
    "Wieso wollen die Griechen Mazedonier sein?"
    Argidis ist damit in Griechenland in der Minderheit. Aktuellen Umfragen zufolge, sind sieben von zehn Griechen der Meinung, dass das Wort "Mazedonien" überhaupt nicht im Namen des Nachbarstaates vorkommen sollte - auch nicht als zusammengesetztes Wort. Das ärgert wiederum viele Mazedonier. Zum Beispiel Sasko. In der Nähe der Markthalle betreibt er einen Börek-Laden. Das sein Land umbenannt werden könnte, findet er nicht in Ordnung:
    "Mich würde es stören, anders zu heißen. Ich bin Mazedonier. Hier bin hier aufgewachsen und so erzogen. Ich verstehe nicht, wieso die Griechen Mazedonier sein wollen - sind die Griechen, oder? Wenn sie Mazedonier sind, wieso nennen sie dann ihr Land nicht Mazedonien sondern Griechenland?"
    Auch in Saskos Laden kommen oft griechische Kunden und stärken sich nach dem Einkauf mit einer seiner Blätterteigtaschen:
    "Sowohl wir mit denen als auch die mit uns als Volk haben keine Probleme. Die Politik bei denen und bei uns ist eine andere Sache."
    Flughafen und wichtige Autobahn schon umbenannt
    Inzwischen ist Bewegung in den Streit gekommen, der seit der Unabhängigkeit Mazedoniens 1991 andauert. Auf mazedonischer Seite hat sie mit dem Regierungswechsel im Frühjahr 2017 zu tun: Während die vorherige national-konservative Regierung wenig Kompromissbereitschaft gezeigt hatte, setzt sich der neue sozialdemokratische Ministerpräsident Zoran Zaev für eine Lösung ein.
    So hat Mazedonien als Zeichen guten Willens den Flughafen in Skopje und eine wichtige Autobahn umbenannt. Beide waren nach Alexander dem Großen benannt, der eine Provokation aus griechischer Sicht ist, zählt der antike Feldherr doch zum nationalen Mythos Griechenlands. Für solche pragmatischen Lösungen, setzt sich auch Sasko Pockov ein, der Bürgermeister von Gevgelija:
    "Wir sollten uns fragen: Sind wir für die Vergangenheit, Geschichte und Antike? Oder für EU und NATO. Wenn wir das der Bevölkerung so erklären, wird eine Namensänderung anders wahrgenommen werden."
    In der Markthalle in Gevgelija bummelt auch Theodora aus der benachbarten griechischen Stadt Edessa. Nach dem Einkaufen will sie zum Zahnarzt. Für die Behandlung wird sie hier in Gevgelija umgerechnet 10 Euro bezahlen, in Griechenland kostet das fünfmal so viel. Den Namensstreit hält sie für eine abstrakte Debatte, die vor allem von Politikern hochgekocht wird: "Ist egal für mich. Wir sind so – brother, Schwestern."