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NATO, Wikileaks, China
Trumps Kehrtwenden

Die USA stufen Wikileaks jetzt offiziell als feindlichen Geheimdienst ein - und das, nachdem Präsident Donald Trump im Wahlkampf noch beteuert hatte, wie sehr er die Enthüllungsplattform liebe. Es ist nicht die einzige Wende der neuen US-Regierung in den letzten Wochen - und sie geht einher mit dem Machtverlust von Chefideologe Steve Bannon.

Von Marcus Pindur | 13.04.2017
    US-Präsident Donald Trump verlässt das Weiße Haus in Washington, USA am 20.3.2017.
    Die NATO ist nicht mehr obsolet - das war für die Bündnispartner die wichtigste Wende in Trumps Außenpolitik. (dpa/Consolidated News Photos/Chris Kleponis)
    Wikileaks war stets ein Stachel im Fleisch der amerikanischen Sicherheitsdienste. Veröffentlicht wurde in der Regel stets nur Material, dass den USA und dem Westen schadete. Nicht nur diese Praxis ist umstritten, sondern auch das massenhafte Abkippen von Daten ohne Rücksicht auf die eventuelle Gefährdung von Menschenleben, etwa von lokalen Mitarbeitern und Dolmetschern der amerikanischen Streitkräfte im Irak und Afghanistan. Jetzt ist die sogenannte Enthüllungsplattform von der amerikanischen Regierung offiziell als feindlich gesinnte, nicht-staatliche Geheimdienstorganisation eingestuft worden, so CIA-Chef Mike Pompeo:
    "Wikileaks bewegt sich wie ein ausländischer Geheimdienst, und Wikileaks spricht wie ein ausländischer Geheimdienst. Sie haben ihre Anhänger ermutigt, sich auf Jobs bei der CIA zu bewerben, um an geheime Informationen zu kommen. Es ist Zeit, Wikileaks das zu nennen, was es wirklich ist: Ein nicht-staatlicher, feindlicher, ausländischer Geheimdienst, der oft von staatlichen Akteuren wie Russland unterstützt wird."
    Auch Demokraten stimmen mit dieser Einschätzung überein, wie Eric Salwell, Mitglied im Geheimdienstausschuss des Repräsentantenhauses.
    "CIA-Direktor Pompeo hat recht mit dieser Einschätzung. Ich hätte nur gerne, dass der Präsident das auch so sagen würde."
    "Die NATO ist nicht mehr überflüssig"
    Präsident Trump hatte dies als Wahlkämpfer nämlich genau anders gesehen: Er liebe Wikileaks, sagte er immer wieder, weil die sogenannte Enthüllungsplattform die E-Mails von Hillary Clintons Wahlkampfmanager tröpfchenweise an die Öffentlichkeit brachte. Sie ergaben zwar keinerlei Fehltritte seitens Clinton, verhüllten ihre Kampagne aber mit einem steten Grauschleier des Verdachtes – und halfen so Donald Trump. Dass der CIA-Direktor jetzt Wikileaks frontal angeht, ist deshalb eine 180-Grad-Wende der Trump-Administration.
    Es ist nicht die einzige in den vergangenen Tagen. Die wichtigste aus Sicht der europäischen Partner war jedoch diese: Bei einer Pressekonferenz mit NATO-Generalsekretär Stoltenberg erklärte Trump:
    "Ich habe gesagt, die NATO sei überflüssig. Sie ist jetzt nicht mehr überflüssig. Meine Hoffnung ist, dass die NATO jetzt eine stärkere Rolle bei der Unterstützung unserer irakischen Partner beim Kampf gegen den IS einnehmen wird."
    An diesem Statement ist frappierend, dass sich bis auf Zusagen und Hoffnungen nichts an der realen Lage geändert hat. Offensichtlich greift aber im Weißen Haus zunehmend der Realitätssinn um sich, den der neue Sicherheitsberater McMaster und sein Stab einbringen.
    Realpolitik geht mit Bannons Machtverlust einher
    Ähnlich ist es in den Beziehungen China. Präsident Xi wolle das richtige tun und mithelfen, Nordkorea bei seinem Atomprogramm zur Räson zu bringen. Deshalb habe er China Verhandlungen über einen neuen Handelsvertrag angeboten.
    Umgekehrt läuft das Verhältnis zu Russland. Während des Wahlkampfes hatte Trump immer wieder betont freundliche Töne gegenüber Putin angeschlagen. Jetzt auch hier eine Kehrtwende:
    "Es wäre gut, wenn wir mit Russland gut klarkommen würden, derzeit ist das Verhältnis schlecht. Wir befinden uns auf einem Tiefpunkt. Das hat sich über einen längeren Zeitraum aufgebaut. Aber wir werden sehen, was passiert."
    Die außenpolitischen 180-Grad-Drehungen hin zu einer neuen Realpolitik gehen einher mit dem Machtverlust des nationalistischen Chefideologen Steve Bannon im Weißen Haus. Ob dies von Dauer sein wird, will allerdings bei einem sprunghaften Präsidenten niemand in Washington vorhersagen.