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Netanjahu trifft Obama
Sie reden aneinander vorbei

Das Verhältnis zwischen Israels Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu und US-Präsident Barack Obama war angespannt. Kritik von Obama konnte Netanjahu nicht vertragen, auch wenn er auf den Bündnispartner angewiesen war. Jetzt trifft Netanjahu den Präsidenten Obama zum wohl letzten Mal.

Von Torsten Teichmann |
    Benjamin Netanjahu und Barack Obama sitzen auf zwei Stühlen im Weißen Haus.
    Benjamin Netanjahu (l.) und Barack Obama bei einem Treffen im Jahr 2015. (SAUL LOEB / AFP)
    Für seinen Abflug in die USA bereitet Israels Ministerpräsidenten Netanjahu immer ein Statement vor. Auf dem Rollfeld des Flughafens Ben Gurion tritt er an die Mikrofone.
    "Ich reise jetzt in die USA. Dort werde ich Präsident Obama treffen und ihm für seinen großartigen und wichtigen Beitrag zur Sicherheit Israels danken."
    Seine Worte sind herzlich und freundlich. In der Praxis ist das Verhältnis zu US-Präsident Obama dagegen von Misstrauen und Unverständnis geprägt. Der US-Präsident gilt in Jerusalem von Beginn an als naiv und unerfahren. Beim Besuch in Washington 2011 hält Netanjahu seinem Gastgeber öffentlich einen Vortrag über die Region:
    "Man kann nicht zurück zu den Grenzen von 1967. Diese Linien lassen sich nicht verteidigen. Sie berücksichtigen gewisse demographische Veränderungen nicht, die es in den vergangenen 44 Jahren gab."
    Vermittlungsversuche scheitern
    Noch größer sind die Differenzen beim Thema Iran. Washington ist beunruhigt über Spekulationen in Israel, die Regierung in Jerusalem könnte im Alleingang einen Angriff auf Irans Atomanlagen planen. Netanjahu spricht über Iran, Obama über eine Lösung des Nahostkonflikts. Beide reden aneinander vorbei. Ab 2013 bringt US-Außenminister Kerry Israelis und Palästinenser vorübergehend wieder an einen Verhandlungstisch. Obama reist nach seiner Wiederwahl sogar nach Jerusalem:
    "Jetzt, da wir den Lebensabend der Gründergeneration des Staates Israel erleben, muss sich die junge Generation der Zukunft annehmen. Es ist an Euch das nächste Kapitel der Geschichte dieser großen Nation zu schreiben."
    Die Vermittlungsversuche scheitern. Die US-Regierung erklärt ihre Enttäuschung. Im Oktober 2014 reist Israels Regierungschef ein weiteres Mal nach Washington: Die US-Erklärung, der Siedlungsbau sei ein Hindernis für Frieden, sei Ausdruck von Ahnungslosigkeit, so Netanjahu bei CNBC:
    "Die sollten sich erst einmal die Fakten besorgen. Das sind keine Siedlungen, sondern Viertel von Jerusalem."
    Netanjahus Konfrontation mit Obama wird auch in Israel kritisiert. Zum Beispiel als der Premier im März 2015 auf Einladung des US-Kongresses vor beiden Kammern in Washington spricht - ohne Abstimmung mit dem US-Präsidenten. Sein Thema: der Atomdeal mit Iran.
    Trotz allem unterstützt die USA Israel
    "Ein Abkommen, das die Verbreitung von Atomwaffen verhindern soll, würde ein Wettrüsten auslösen. Dieses Abkommen wäre keine Ende der Waffen, sondern ein Ende der Waffenkontrollen."
    Obama geht öffentlich auf Distanz zum Bündnispartner:
    "Ich denke, er ist auch jemand, der immer skeptisch war über die Fähigkeiten von Israelis und Palästinenser, für den Frieden zusammenzukommen. Ich denke auch, dass er ein Politiker ist, der sich sorgt, seine Koalition zusammenzuhalten und der sein Amt behalten will."
    Trotzdem hat die US-Regierung Israel in allen Jahren militärisch unterstützt wie selten zuvor. Gerade haben beide Staaten militärische Hilfen in Höhe von 38 Milliarden Dollar für die kommenden zehn Jahre unterzeichnet. Nun könnte Obama trotzdem noch einmal auf das Ziel einer Zwei-Staaten-Lösung zu sprechen kommen, vermutet der Journalist Moav Vardi:
    "Hinter dieser Nachricht verbirgt sich die Sorge Netanjahus, dass Obama bis zum Verlassen des Weißen Hauses etwas in Bezug auf das palästinensische Thema unternehmen wird. Dies besorgt Netanjahu sehr."
    Netanjahu hat den Ton für das Gespräch in New York bereits gesetzt: Vor einer Woche hat er erklärt: Wer die Räumung von jüdischen Siedlungen im Westjordanland fordert, unterstütze "ethnische Säuberungen".