Neue Facebook-Lobbyistin ReussLobbyControl befürchtet "Schieflage in der Digitalpolitik"
Julia Reuss, bislang Büroleiterin im Digital-Staatsministerium, wechselt als Lobbyistin zu Facebook. "Digitalkonzerne sind sehr mächtige Lobby-Player und solche Seitenwechsel verstärken das", sagte Ulrich Müller von LobbyControl im Dlf. Facebook bekäme so Zugang zur Politik, den andere nicht hätten.
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Julia Reuss hat als Büroleiterin von Digital-Staatsministerin Dorothee Bär und als Lebengefährtin von Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer beste Verbindungen in die Politik. Ein Umstand, den sich Facebook nun zu Nutze macht, glaubt Ulrich Müller von der Initiative LobbyControl.
"Für Facebook ist das Interessante daran, dass sie eine Lobbyistin gewinnen, die gut vernetzt ist, die das politische Geschäft kennt und die dann dabei helfen soll, die Facebook-Interessen stark in die Politik hineinzutragen. Und das ist eben das Problem: Weil wir so viele große Themen vor der Nase haben und es wichtig ist, dass diese zukünftige digitale Regulierung nicht einseitig von den großen Unternehmen wie Facebook bestimmt wird", sagte Müller im Dlf.
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Deshalb sei es wichtig, dass Zivilgesellschaft und Öffentlichkeit "kritisch draufgucken, weil die Digitalkonzerne sehr einflussreiche und mächtige Lobby-Player sind, und solche Seitenwechsel verstärken das. Deswegen müssen wir da einfach auf diese europäischen Prozesse genauer gucken und noch mehr Gegengewichte entfalten", so Müller.
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Reuss' Seitenwechsel kein "normaler Vorgang"
Wechsel wie der von Reuss machten das allerdings schwierig - durch Reuss bekomme Facebook Zugang zur Politik, den andere gesellschaftliche Interessen nicht hätten, weshalb eine stärkere Schieflage in der Digitalpolitik drohe.
Julia Reuss und Andreas Scheuer bei der Verleihung des Goldenen Lenkrads 2019 in Berlin. (Imago / Future Image)
"Wenn wir da nicht aufpassen, werden diese Regeln einfach verwässert durch die Lobbyarbeit von Facebook, Google und den anderen Großen", meint Müller.
Formal sei der Wechsel von Reuss aus dem Digital-Staatsministerium zu Facebook zwar nicht zu beanstanden - Reuss war bislang Büroleiterin, keine Politikerin und für sie gilt deshalb keine Karenzzeit. Trotzdem sei der Vorgang ein Problem und habe eine ethische Komponente: "Frau Reuss muss diesen Job ja nicht annehmen. Und auch Facebook muss nicht Frau Reuss einstellen. Das heißt, selbst wenn das gerade nicht reguliert ist, heißt das nicht, dass das ein positiver Seitenwechsel oder normaler Vorgang ist."