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Pläne für neues Lobbyregister
Kontakte, Kampagnen und jede Menge Einfluss

Lobbyistinnen und Lobbyisten haben keinen guten Ruf - dabei gehört ihre Arbeit zum Parlamentarismus dazu. Bis Ende des Jahres wollen Union und SPD ein Lobbyregister einrichten. Oppositionsparteien und einzelnen Lobbyverbänden gehen die Pläne aber nicht weit genug.

Von Panajotis Gavrilis | 04.09.2020
Ein Graffiti mit der Aufschrift "Lobbyismus stoppen" steht an eine Hauswand gesprüht.
Schon seit vielen Jahren wird über ein Lobbyregister geredet. FDP, Grüne und Linke haben im Bundestag Vorarbeit geleistet, die Große Koalition hingegen hielt sich vornehm zurück. (dpa / picture alliance / Sascha Steinach)
"Wir sind hier jetzt am Paul-Löbe-Haus, das ist also ein Gebäude, das zum Deutschen Bundestag gehört. Da sind sehr viele Bundestagsabgeordneten-Büros, Sitzungssäle etc. drin. Und ist etwa Luftlinie 100 Meter vom Reichstagsgebäude entfernt. Das ist sozusagen das Zentrum der Macht hier."
Heiko Weiss ist Lobbyist. Für die Agentur "Advice Partners" berät er Verbände und Unternehmen. Darunter deutsche Firmen, nicht nur die Großen, sagt er, sondern auch kleinere, mittelständische Unternehmen. Wen er genau vertritt, verrät er nicht. "Politische Kommunikation" – so beschreibt er seine Tätigkeit.
"Lobbyisten verhindern keine Gesetze, Lobbyisten verändern höchstens Gesetze."
Kampagnen, Agenda-Setting, Bekanntmachungen
Heiko Weiss ist einer von geschätzt 6.000 bis 7.000 Lobbyistinnen und Lobbyisten in Berlin, genaue Zahlen gibt es nicht. Versuchen, Einfluss zu nehmen, das sei vielschichtig, sagt er: Kampagnen, Agenda-Setting, Kunden bei Entscheidern bekannter machen, aber vor allem bevorstehende Gesetze beeinflussen. Zum Teil befassen sich insgesamt 50-100 Personen mit einem Vorhaben, so Heiko Weiss.
"Also, jeder Gesetzentwurf konzentriert sich auf eine bestimmte Branche. Beispielsweise ein Energiegesetzentwurf. Und dann geht man entweder zu den jeweiligen Bundesministerien, die dafür zuständig sind, also beispielsweise das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie. Oder, wenn der Gesetzentwurf schon im Bundestag ist, geht man zu den entsprechenden Berichterstattern oder zu dem Abgeordneten des Ausschusses.
Eine Hand hält einen Aktenkoffer
Transparenzregeln in der Politik - Was bringt ein Lobbyregister?
Für den Deutschen Bundestag haben mehr Lobbyisten einen Hausausweis als das Parlament Abgeordnete hat. Doch Lobbyarbeit läuft nicht sehr transparent ab. Die Große Koalition hat sich im Juli im Grundsatz auf die Einführung eines Lobbyregisters geeinigt. Ein Überblick.
Die Kontakte sind das A und O. Also wenn Sie niemanden im Politikbetrieb kennen, den Sie mal anrufen können, mit dem Sie sprechen können, wenn Sie selber gar nicht wissen, wer wen kennt, wer immer gerne mit wem zusammensitzt usw., wenn Sie das nicht haben, dann funktioniert das Thema Lobbyismus in Berlin definitiv nicht."
Amthor kassierte Aktienoptionen für seinen Einsatz
Dass Kontakte wichtig sind und Türöffner sein können, weiß wohl auch der CDU-Abgeordnete Philipp Amthor. Der 27-Jährige hatte seine Beziehungen genutzt, um sich für das US-amerikanische Unternehmen "Augustus Intelligence" einzusetzen. Im Gegenzug erhielt Amthor so genannte Aktienoptionen. Genauer gesagt: Über 2.800 Optionen, Anteile am Unternehmen zu erwerben. Laut Handelsblatt wären sie insgesamt bis zu knapp 210.000 Euro wert gewesen.
Nachdem über Amthors Lobbytätigkeit öffentlich berichtet wurde, hat er sein Engagement für das Unternehmen als "Fehler" bezeichnet und soll die Optionen zurückgegeben haben. Der Bundestag hat inzwischen das Prüfverfahren gegen ihn eingestellt.
Als eine Folge der Diskussion um Amthor einigten sich Union und SPD nach langem Zögern auf ein verbindliches Lobbyregister.
"Kernpunkte oder Maßnahmen sind natürlich die Schaffung einer Registrierungspflicht für diejenigen, die letztendlich Interessenvertretung wahrnehmen. Zweitens ist natürlich die Verpflichtung der Interessenvertreter auf einen entsprechenden Verhaltenskodex und gleichzeitig natürlich auch die Sanktionsbewährtheit und damit auch die Schaffung eines Ordnungswidrigkeitstatbestandes bei Verstößen letztendlich."
Britta Haßelmann, Erste Parlamentarische Geschäftsführerin der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen
Hasselmann (Grüne): "Wir brauchen klarere und schärfere Regeln"
Der Fall Amthor zeige, dass es im Bundestag schärfere Regeln im Bezug auf Nebentätigkeiten und Unternehmensbeteiligungen geben müsse, sagte die Grünen-Politikerin Britta Haßelmann im Dlf.

So fasst Dirk Wiese, Vize-Fraktionschef der SPD-Bundestagsfraktion, die aktuellen Pläne zu einem Lobbyregister zusammen. In den nächsten Wochen werden die Pläne der Koalition im Bundestag diskutiert. Bis Ende des Jahres soll ein Register kommen. Gegen mehr Transparenz und klar formulierte Regeln hat auch Lobbyist Heiko Weiss nichts einzuwenden. Auch nicht gegen geplante Sanktionen für diejenigen, die sich nicht ins Register eintragen oder falsche Angaben machen. Wer das tut, riskiert den aktuellen Plänen zufolge eine Strafe von bis zu 50.000 Euro
Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Unionsfraktion Thorsten Frei hofft, das geplante Register werde mehr Transparenz herstellen – nicht nur gegenüber der Öffentlichkeit, sondern letztlich auch für die Abgeordneten selbst.
"Also die Verpflichtung wird ja letztendlich die sein, auch sich zu offenbaren gegenüber Abgeordneten als Gesprächspartner, dass man Interessensvertretung betreibt, dass man in das Lobbyregister eingetragen ist und dass man sich dafür auch einem entsprechenden Verhaltenskodex unterwirft."
Treffen müssen nicht dokumentiert werden
Für Frei ist klar: Parlamentarismus braucht Interessenvertretung. Weil sie sehr viel inhaltlichen, praktischen Input für die Gesetzgebungsarbeit bedeute.
"Und deswegen ist für uns auch wichtig gewesen: Auf der einen Seite Transparenz herzustellen, ohne auf der anderen Seite den Zugang zu Abgeordneten zu erschweren. Das wollen wir nämlich dezidiert auch nicht."
Kontakte, Treffen zwischen Lobbyist*innen und Abgeordneten müssten aber nicht dokumentiert und veröffentlicht werden. Zumindest ist in dem aktuellen Gesetzentwurf keine Rede davon. Stattdessen heißt es: Eine Protokollierung stelle eine Einschränkung der Mandatsfreiheit dar.
Giegold (Grüne): "Olaf Scholz muss jetzt vor dem Bundestag alles aufklären"
Die Treffen zwischen Olaf Scholz, dem früheren Bürgermeister von Hamburg, und dem Chef einer Privatbank zeigten das Fehlen von Lobbytransparenz, sagte Sven Giegold, EU-Abgeordneter der Grünen, im Dlf.
Etwas anders ist es auf EU-Ebene geregelt: Das Europäische Parlament und die EU-Kommission haben sich dazu verpflichtet, über ihre Treffen mit Lobbyist*innen zu informieren.
Verbände, Agenturen, Anwaltskanzleien, NGOs - sie alle müssten künftig Angaben machen, wenn sie zumindest regelmäßig, professionell Einfluss auf politische Entscheidungen nehmen wollen. SPD-Abgeordneter Dirk Wiese:
"Der Registerinhalt, so wie wir das vorsehen, sieht schon vor, dass sie Name und Sitz des Interessenvertreters angeben müssen. Auch den Interessenbereich und die Beschreibung der Tätigkeit müssen sie definitiv machen. Im Hintergrund natürlich auch Zusammensetzung Vorstand Geschäftsführung, Mitgliederzahl für denjenigen, für den sie tätig werden. Dann muss dann natürlich schon Angaben auch zu Auftraggebern mit dabei sein."
Streitpunkt Hausausweis
Interessenvertretungen müssten auch angeben, wie viel Geld sie jährlich für Lobbyarbeit ausgegeben, allerdings ohne Personalkosten. Zuwendungen und Spenden müssten sie ebenfalls angeben, wenn sie jeweils die Summe von 20.000 Euro überschreiten.
Wer zu Geldfragen jedoch keine Angaben macht, käme auf eine gesonderte Liste. Der Bundestag könne die Erteilung eines Hausausweises für Interessenvertreterinnen und Interessenvertreter ausschließen, heißt es im aktuellen Entwurf, der nächste Woche in den Fraktionen besprochen werden soll.
Timo Lange von Lobbycontrol kritisiert, dass es eine solche Liste überhaupt erst geben soll.
"Ein Hausausweis ist keine Voraussetzung, um wirksame Lobbyarbeit zu machen. Das erleichtert im Alltag vielleicht minimal den Zugang, aber ein Hausausweis ist wirklich jetzt kein starker Anreiz den zu haben oder nicht zu haben. Und dadurch, dass man eben diesen nicht-öffentlichen Teil schafft, lädt man eben auch dann ein zu weiteren Nachfragen und Kritik an Intransparenz. Das halte ich für kein gutes Vorgehen."
Aktivisten von "lobbycontrol" demonstrieren am 20.03.2014 vor dem Kanzleramt in Berlin für eine Karenzzeit für den Wechsel von Politikern in die Wirtschaft.
Lobbyismus - Wenn Politiker die Seiten wechseln
Immer wieder kommt es zu schlagzeilenträchtigen Wechseln von Politikern in die Wirtschaft. Kritiker sehen oft Interessenskonflikte und fordern schärfere Regeln. Dabei kann es auch gute Gründe für den neuen Job geben.
Beim Punkt, wer sich überhaupt in das Register eintragen muss, gibt es auch Ausnahmen. All diese Angaben müssen – Stand jetzt – unter anderem Kirchen und Religionsgemeinschaften, Gewerkschaften und Arbeitgeber-Verbände nicht machen. Wer eine Petition startet, soll ebenfalls von der Eintragungspflicht befreit sein. Und Menschen, die angeben, ausschließlich persönliche Interessen zu verfolgen. Kritiker sehen im aktuellen Entwurf die Gefahr zu vieler Schlupflöcher. Der CDU-Abgeordnete Thorsten Frei entgegnet:
"Aus meiner Sicht ist es aber kein Schlupfloch sondern es ist vielmehr so, dass alle notwendigen Informationen, um sich ein vollständiges Bild zu verschaffen, in diesem Lobbyregister enthalten sind."
Das Lobbyregister soll nur für den Bundestag gelten
Ein zentraler Kritikpunkt: Das Lobbyregister soll nur für den Bundestag gelten, nicht aber Regeln für die Bundesministerien und das Kanzleramt aufstellen. Da die meisten Gesetzentwürfe aus den Ministerien kommen, sei das aber mit am wichtigsten, so Timo Lange von Lobbycontrol.
"Ganz zentral ist, dass die Lobbyarbeit gegenüber der Regierung, gegenüber den Ministerien, hier gar nicht miterfasst wird. Das heißt auch, wer nur gegenüber den Ministerien tätig wird – denken wir mal an Herrn zu Guttenberg und seine Beratungsfirma, die ja für Wirecard z.B. tätig war. Da ging‘s darum, die Türen bei der Bundesregierung zu öffnen. Das würde da gar nicht mit reinfallen. Da muss ganz deutlich nachgebessert werden."
Könnte der Bundestag nicht ein verpflichtendes Lobbyregister, im Zweifelsfall gegen den Willen der Regierung, auch für die Ministerien und das Kanzleramt beschließen? CDU-Politiker Thorsten Frei sagt dazu:
"Ja, das könnten wir. Und das kann man in Zukunft natürlich immer auch in Erwägung ziehen. Aber die bessere Lösung ist es meines Erachtens nicht. Sondern jedes Verfassungsorgan regelt diese operativen Dinge für sich zunächst einmal selbst. Ich sehe einen darüber hinaus gehenden Handlungsbedarf für das Parlament derzeit nicht."
Die Koalitionsparteien wollen die Regierung eher dazu ermuntern, möglichst gleichzuziehen. Das ist, vorsichtig gesagt, eine sehr optimistische Herangehensweise. Bisher sieht die Bundesregierung nämlich keine Notwendigkeit, ein Lobbyregister einzuführen.
Den Kritikern gehen Pläne nicht weit genug
Im politischen Berlin spricht sich mittlerweile kaum noch jemand öffentlich gegen mehr Transparenz aus. Im Gegenteil. So fordert die so genannte "Allianz für Lobbytransparenz" – bestehend unter anderem aus dem "Verband der Chemischen Industrie", dem "Bundesverband der Deutschen Industrie" (BDI), der Antikorruptionsorganisation "Transparency Deutschland" und dem "Naturschutzbund Deutschland" (NABU) – ein umfassendes Interessenvertretungsgesetz.
Das fordert auch die Erste Parlamentarische Geschäftsführerin der GRÜNEN-Bundestagsfraktion, Britta Haßelmann. Ihr gehen die aktuellen Lobbyregister-Pläne der Koalition nicht weit genug.
"Also ich frage mich, worüber die seit Jahren diskutiert haben innerhalb der Union und der SPD, wenn jetzt sowas dabei rumkommt. Und man am Ende sagt: Also ja, es gibt da zwei drei Forderungen öffentlich nach mehr Transparenz. Wir nennen das jetzt auch mal Lobbyregister. Also, das greift doch alles viel zu kurz."
Verbräucherschützer Schick - "Union und FDP verhindern Transparenz in Lobbyfragen"
Lobbyismus sei nicht per se schlecht, sagte Gerhard Schick von der Bürgerbewegung Finanzwende im Dlf. Aber er müsse transparent gemacht werden. Oft wirkten Lobbyisten an Gesetzen mit, ohne dass dies offen kommuniziert werde.
Haßelmann fordert zusätzlich zu einem Lobbyregister einen so genannten "legislativen Fußabdruck", um nachzuvollziehen, wer wann an Gesetzentwürfen der Bundesregierung mitgewirkt und Einfluss genommen hat. Und: Es sollten auch schärfere Regeln für Abgeordnete gelten.
"Im Bezug auf Nebenverdienste, vertreten wir als Grüne schon die ganze Zeit, dass wir nicht in diesen Stufen Darlegungspflichten haben, sondern dass wir auf Euro und Cent veröffentlichen. Da gibt es bisher Widerstand aus der CDU/CSU und SPD dagegen. Wir vertreten dennoch die Auffassung: Wir haben auch hier Nachholbedarf. Denn diese Stufen sind zu grob."
Es gibt noch zahlreiche Lücken
Aktuell müssen Abgeordnete ihre durchschnittlichen monatlichen Nebeneinkünfte in zehn Stufen angegeben. Von Stufe 1: 1.000 bis 3.500 Euro bis hin zu Stufe 10 – über 250.000 Euro.
Weitere Lücken sehen Transparenz-Beobachter*innen noch in anderen Bereichen: So müssen gesponserte Reisen bisher erst ab einem Wert von 10.000 Euro publik gemacht werden, Namen und Branchen von Mandanten, treuhänderisch verwaltete Firmenbeteiligungen müssen Abgeordnete gar nicht veröffentlichen. Und: Unternehmensbeteiligungen müssen sie erst angeben, wenn ihnen mehr als ein Viertel der Anteile gehören.
"Ein Punkt, der jetzt aktuell durch den Fall Amthor deutlich geworden ist: Ich glaube, dass wir auch einen Regelungsbedarf haben bei Aktienoptionen."

Klar ist: Mit einem Lobbyregister nach den aktuellen Plänen der Regierungskoalition wären Fälle wie die des CDU-Politikers Philipp Amthor nicht verhindert worden. Laut Bundestagsverwaltung haben sich auf Grundlage der geltenden Bestimmungen keine Hinweise auf Rechtsverstöße ergeben.
Der CSU-Politiker Peter Ramsauer vor einem Treffen der Unionsparteien in Berlin
Nebeneinkünfte von fast 900.000 Euro: Der CSU-Politiker und Ex-Verkehrsminister Peter Ramsauer (AFP / John MACDOUGALL)
Grundsätzlich gilt: Nebentätigkeiten sind den Abgeordneten erlaubt und nicht jeder Job neben dem Mandat ist ethisch fragwürdig. Bei den Einnahmen geht es teilweise um erhebliche Summen:
So meldete die frühere SPD-Gesundheitsministerin Ulla Schmidt Nebeneinkünfte von mindestens etwa 207.000 Euro an. Gregor Gysi, die Linke: 470.000 Euro, Peter Ramsauer, CSU: Fast 900.000 Euro, Christian Lindner, FDP: knapp über 424.000 Euro. Der AfD-Politiker Enrico Komning, dem eine Rechtsanwaltskanzlei gehört, zählt zu den Spitzenverdienenden. In der laufenden Wahlperiode hat er mindestens über 950.000 Euro verdient. Viele erhalten Honorare für Vorträge, für Beratungen, oder weil sie Ihrem Beruf als Rechtsanwält*in nachgehen. Doch gerade im Bereich Nebentätigkeit können Abgeordnete in einen Interessenkonflikt geraten.
Interessenkonflikte und Abhängigkeiten
Joachim Pfeiffer, wirtschafts- und energiepolitischer Sprecher der CDU/CSU-Fraktion und Sprecher des Ausschusses für Wirtschaft und Energie im Bundestag, ist bei mehreren Unternehmen nebenbei tätig. Bemerkenswert dürfte aber sein: Er sitzt im Beirat des kanadischen Unternehmens "Hydroma", das auf Wasserstofftechnologie setzt. Pfeiffer selbst setzt sich öffentlich für Wasserstoff als Energieträger ein.
Er ist der Meinung, Wasserstoff solle eine Schlüsselrolle bei der Energiewende zukommen. Als energiepolitischer Sprecher seiner Fraktion dürfte er den nötigen Einfluss haben, bei Deutschlands Wasserstoff-Strategie ein Wörtchen mitreden zu können. Konkrete Fragen zu seinen Nebentätigkeiten lässt Pfeiffer auf Nachfrage des Deutschlandfunks unbeantwortet. Über einen Mitarbeiter lässt er per E-Mail wissen:
"Meine Tätigkeiten neben dem Mandat stärken meine politische Unabhängigkeit und schwächen sie nicht. Eine ‚Verbeamtung‘ des Abgeordnetenmandats halte ich für falsch und kontraproduktiv."
Sein Parteikollege und Unions-Fraktions-Vize Thorsten Frei erkennt bei Pfeiffer "abstrakt" keinen Interessenkonflikt. Das Engagement seines Parteikollegen scheint er aber dennoch kritisch zu sehen.
"Ich würde immer dazu raten, dass man sozusagen bei den Nebentätigkeiten, die man als Abgeordneter macht, nicht in den gleichen engeren Themen unterwegs ist, die man auch politisch bearbeitet. Das vergrößert sicherlich die Gefahr eines bösen Scheins. Und den sollten wir unter allen Umständen vermeiden. Dem dienen ja auch diese Transparenzvorschriften."
Diese Transparenzvorschriften, sie sollten verschärft werden. Das verlangt auch Jan Korte, Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der Linksfraktion. Er fordert, ähnlich wie es Datenschutzbeauftragte gibt, auch unabhängige Transparenzbeauftragte zu etablieren.
"Also, wenn man auf der Straße unterwegs mit den Leuten quatscht. Das ist doch das Bild: Die machen das hier alle nicht richtig, die stopfen sich die Taschen voll, machen tausende andere Sachen nebenher und im Zweifel werden die gesteuert – von wem auch immer. Also das stimmt nicht, das sage ich auch für fast alle Fraktionen. Dass es dieses Misstrauen gibt, das hat ja durchaus reale Anknüpfungspunkte. Und ich finde, dafür muss man sorgen, dass die ausgeräumt werden. Das geht nur durch absolute Transparenz."
Seit 2017 wurden bereits fünf Bundestagsabgeordnete gerügt
Wer es mit der Transparenz nicht so ernst nimmt, muss dabei schon heute mit Sanktionen rechnen. Laut dem Portal "Abgeordnetenwatch.de" hat die Bundestagsverwaltung seit 2005 zehn Mal öffentliche Rügen ausgesprochen, weil gegen die Verhaltensregeln verstoßen wurde.
Demnach musste bisher nur die CDU-Abgeordnete Karin Strenz eine Strafe zahlen. Knapp 20.000 Euro, weil sie Geld aus Aserbaidschan bekam und das nicht angegeben hatte. Strenz soll dafür bezahlt worden sein, um im Europarat die Interessen Aserbaidschans zu vertreten.
In dieser Legislaturperiode – also seit 2017 – wurden bereits fünf Mitglieder des Bundestages öffentlich gerügt. Darunter Politiker*innen von CDU, CSU und SPD. Der Grund: Sie haben ihre Nebeneinkünfte zu spät gemeldet. Dirk Wiese von der SPD ist offen für eine Verschärfung der Regeln – will aber das Projekt Lobbyregister nicht gefährden.
"Das andere würde ich nicht alles in einen Topf werfen und wir kommen dann nachher zu gar keinem Ergebnis. Sondern wir machen jetzt Schritt für Schritt Einführung eines Lobbyregisters. Und ich sage das ganz offen: Mit mir kann man bei den Verhaltensregeln definitiv auch über mehr Transparenz und mehr Verschärfung und mehr Offenlegungspflichten auch reden. Aber jetzt will ich das Lobbyregister einführen. Und das liegt jetzt auf dem Tisch und da müssen wir jetzt vorankommen."
Fest steht: Niemand hat etwas gegen Interessenvertretung, sie gehört zum Parlamentarismus. Der Streit dreht sich meist darum: Wie viel Transparenz ist nötig? SPD, CDU und CSU haben jetzt die Gelegenheit, nicht nur ein Lobbyregister für Bundestag und Regierung einzuführen, sondern auch die Verhaltensregeln für Abgeordnete zu verschärfen. Kritiker befürchten, am Ende könnte zwar ein Lobbyregister stehen, aber eines mit wenig Aussagekraft.