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Neue griechische Regierung
Gesetze statt Sommerpause

Seit einem Monat ist der neue konservative Regierungschef Kyriakos Mitsotakis an der Macht. Sein Kabinett arbeitet auf Hochtouren. Die Reformen stoßen aber nicht nur auf Zustimmung, etwa im Bereich Sicherheit und in der Flüchtlingspolitik.

Von Rodothea Seralidou | 09.08.2019
27. Juni 2019 - Samos, Griechenland - Eine Kapitänin der griechischen Küstenwache fährt mit einem Patrouillenboot auf der Suche nach Migranten.
Die neue griechische Regierung setzt auf die stärkere Kontrolle der Grenzübergänge zur Türkei (imago/ Lexie Harrison-Cripps )
Georgia Spyropoulou sitzt im Büro der Griechischen Vereinigung für Menschenrechte und hat viel zu tun. Das Telefon klingelt bei der ältesten Menschenrechtsorganisation Griechenlands auch jetzt im Hochsommer ständig, die Anrufer wollen informiert oder beraten werden. Die ersten Initiativen der neuen griechischen Regierung in Sachen Flüchtlingspolitik seien besorgniserregend, sagt Spyropoulou.
"Eine der ersten Reformen dieser Regierung war, das Migrationsministerium erneut dem Ministerium für Bürgerschutz unterzuordnen. Asyl-, Flüchtlings- und Migrationspolitik werden nicht mehr eigenständig behandelt. Nicht jedes EU-Land hat ein Migrationsministerium, mit diesen Aufgabenbereichen beschäftigt sich in so einem Fall aber eher das Innenministerium, nicht – so wie jetzt in Griechenland- das Ministerium, das ausschließlich für Staatliche Sicherheit und Öffentliche Ordnung zuständig ist. Von der Prüfung des Asylantrags bis zur Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis wird für alle Angelegenheiten nun die Polizei zuständig sein. Das ist ein Schritt zurück."
Zeppelin zur Grenzsicherung
Tatsächlich setzt die konservative Regierung sehr auf den Aspekt der Sicherheit des Staates. Sie will die Grenzübergänge zur Türkei stärker kontrollieren, illegale Migration eindämmen. In Zusammenarbeit mit der griechischen Küstenwache schwebt seit Ende Juli ein Aufklärungs-Zeppelin der EU-Grenzschutzagentur Frontex über der Küste vor der Ägäis-Insel Samos. Vorerst für einen Monat, so Frontex. Der Vize-Bürgerschutzminister, zuständig für Migrations- und Flüchtlingspolitik, Panagiotis Koumoutsakos, sagte dazu im Griechischen Fernsehen, man wolle mit Ankara im Rahmen des EU-Türkei-Deals enger zusammenarbeiten:
"Durch den Zeppelin werden wir genau wissen, wann die Schlepper die Boote losschicken, wir werden die türkische Seite informieren, können uns dem Boot nähern, dann folgt eine Reihe von Aktionen."
Georgia Spyropoulou von der Griechischen Vereinigung für Menschenrechte fragt sich, welche Aktionen der Vize-Minister damit meinen könnte:
"Wir sehen auch was in Italien passiert und dass Frontex eine immer größere Rolle spielt. Und es wird Aufklärungstechnik benutzt, um die Meere großflächig zu kontrollieren, Drohnen oder eben der Zeppelin, um die Flüchtlinge fernzuhalten. Aber wie werden die Flüchtlinge ferngehalten, an welchem Punkt der Reise passiert das und bringt das nicht das Leben der Geflüchteten in Gefahr?"
Mehr Polizisten für mehr Sicherheit
Nicht nur an den Grenzen zur Türkei setzt die neue konservative Regierung auf mehr Sicherheit. Sie will in den Städten 1.500 Polizisten einstellen. Auch patrouillieren seit wenigen Tagen Spezialeinheiten schwarz gekleideter, schwer bewaffneter Polizisten durch die Athener Innenstadt und die Innenstadt von Thessaloniki. Gerade ältere Menschen begrüßen das, so wie dieser Athener:
"Das ist sehr positiv. Diese Regierung ist von Anfang an sehr aktiv, sie will etwas bewirken. Es kann doch nicht sein, dass sich Autonome Straßenschlachten mit der Polizei liefern und keiner wird festgenommen. Bisher war aber genau das der Fall!"
Und künftig soll die Polizei auch leichter als bisher die Universitäten stürmen können. Das war bisher nur bei schweren Verbrechen der Fall oder wenn der Rektor die Erlaubnis dazu gab. Das Gesetz dazu, ein Wahlkampfversprechen der konservativen Nea Demokratia, wurde gestern erst verabschiedet. Mit der neuen Regelung kann die griechische Polizei nun jederzeit eingreifen, wenn es "illegale Aktivitäten" gibt - so der Gesetzestext.