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Wettlauf um die Krone

Königliches Drama und sportliche Höchstleistungen: Die Serie "Maria Theresia" zeigt den Weg der Habsburgerin auf den Thron, dort ist Basketballer Michael Jordan in "The Last Dance" angekommen. Dazu die Serien "Home Before Dark" und "Run".

Von Julian Ignatowitsch | 30.04.2020
Maria Theresia im prachtvollen Gewand guckt gelangweilt, ist aber doch voller Machtbewusstsein
Maria Theresia (Marie-Luise Stockinger) tut gelangweilt, ist aber doch voller Machtbewusstsein (Arte/Česká Televize/Julie Vrabelová)
Wenn das Königreich sehnsüchtig auf einen Thronfolger wartet, aber dieser einfach nicht kommen will, dann sind besondere Maßnahmen gefragt:
"Zeigt ihm die Bilder."
Die alten Meister, Rubensfrauen, als Stimuli im Bett für den Kaiser - und der ganze Hofstaat ist dabei.
"Ich fürchte in diesem Fall ist jede Hoffnung verloren."
Das ist nur einer von zahlreichen höchst amüsanten Einfällen der österreichischen Serie "Maria Theresia", die größtenteils geschichtstreu und sehr unterhaltsam vom Leben dieser außergewöhnlichen Königin erzählt.
"Genau so muss ein Dekolleté ausschauen."
Starke Dialoge, starke Schauspieler
Die ORF-Produktion bringt die besten Seiten des Genres zusammen: Sie ist so schlüpfrig und dekadent wie Sofia Coppolas "Marie Antoinette", so ironisch und verspielt wie Peter Greenaways "Der Kontrakt des Zeichners" und so messerscharf und bildstark wie die jüngste HBO-Serie über Katharina die Große:
"Du bist zu nichts Nütze. Niemand wird dich noch heiraten."
Starke Dialoge, starke Schauspieler – insbesondere Marie-Luise Stockinger als jugendliche und Stefanie Reinsperger als erwachsene Maria Theresia, dazu Karl Markovics als intriganter Prinz Eugen.
"Ihr werdet mich nicht verraten."
Die Serie von Robert Dornhelm war in Österreich und Tschechien ein großer Erfolg - zurecht.
"Maria Theresia" (bis Juli) in der Arte-Mediathek: herausragend
Was am königlichen Hof das Schlafzimmer, ist im Sportverein die Umkleidekabine, der "Locker Room". Dort entscheidet sich, wer gewinnt und wer verliert, wer Titel holt und wer nicht.
Basketballer Michael Jordan und die Chicago Bulls in den 90ern sind ein Synonym für Erfolg. Sechs Meisterschaften in acht Jahren. Die Serie "The Last Dance" gibt Einblick in die letzte Saison dieser Ära, in das Innerste eines Gewinnerteams und in die Psyche des besten Basketball-Spielers aller Zeiten.
"Jordan was by far the most talented player in the NBA."
Stolz, Starkult, Streit
Das ist möglich, weil ein Kamerateam den Bulls ein Jahr lang auf Schritt und Tritt folgen durfte. Die Bilder und Interviews - darunter Sportlegenden wie Magic Johnson oder Fans wie US-Präsident Barack Obama - sind jetzt gut 20 Jahre später erstmals zu sehen und perfekt aufbereitet. Es geht um Stolz, Starkult, Streit zwischen Spielern und Managern, um Rassismus, soziale Ungleichheit, Drogenexzesse und Glückspielsucht. Und immer: um Höchstleistung.
"Oh my god, he has done it again!"
Damit unterscheidet sich "The Last Dance" glücklicherweise von den oberflächlichen und weichgespülten "Insider-Formaten" im Fußball (zuletzt mit Borussia Dortmund oder Manchester City) und zeigt, was eine Sportdoku alles abbilden kann.
"The Last Dance" auf Netflix, nicht nur für Sportfans: herausragend
"Hi, i am a reporter for the news."
Anders hier. Kein Einblick. Die Haustüren im fiktiven Städtchen Erie Harbor bleiben verschlossen. Auch (oder gerade dann?), wenn die Journalistin ein kleines Mädchen ist …
"I am a journalist, I can spell."
… und auf der Spur eines vergessenen Verbrechens. AppleTV+ legt mit "Home Before Dark" (nach "Amazing Stories") eine weitere familientaugliche Mysterie-Serie vor. Die Grundlage dafür ist die wahre Geschichte von Hilde Lysiak, die mit acht Jahren begann, ihre eigene Zeitung zu veröffentlichen.
Kaum Luft zum Atmen
Allerdings strotzt die Serie nur so vor rührseligen Klischees und allzu amerikanischem Alltagsheroismus. Allein dieser Satz …
"I am a reporter."
… fällt in der ersten Folge gefühlte 20 Mal. Die Story lässt ihrer Protagonistin kaum Luft zum Atmen: Von der gemobbten Außenseiterin zur beklatschten Aufklärerin in 20 Minuten - das ist dann eher etwas für den Kinderkanal.
"Home Before Dark" auf Apple TV+: zwiespältig
Eine Textnachricht, drei Buchstaben: "R U N".
Und ja, plötzlich rennt sie: Ruby Richardson, wunderbar erratisch gespielt von Merritt Wever, trifft auf ihn: Billy Johnson, herrlich sprunghaft von Domhnall Gleeson verkörpert.
Ein Collegepärchen rennt 17 Jahre später aus dem je eigenen bürgerlichen Leben weg und brennt zusammen durch. Natürlich ist das ein komplett chaotischer Trip. Streit, Leidenschaft und Missverständnisse eingeschlossen.
"Tell me you want me right now."
"You can tell me."
"I don’t want talking."
Ein Hauch von "Fleabag"
Wie Bonnie und Clyde als Quickie in der digitalen Tinder-Ära. Die HBO-Serie "Run" verbindet dabei grotesken Blödel-Humor mit rasierklingenscharfem Herzschmerz-Drama. Ein Hauch von "Fleabag" - kein Wunder: Phoebe Waller-Bridge ist zusammen mit Kollaborateurin Vicky Jones als Produzentin an Bord und hat auch einen Gastauftritt.
"I’ll give you guys a ride."
Nicht jede Pointe sitzt, aber dafür brillieren die beiden Protagonisten und rennen von einer Katastrophe in die nächste.
"Run" auf Sky: empfehlenswert