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Neues Diesel-Konzept
Widerstand aus der Autobranche

Union und SPD haben sich im Diesel-Streit nach langem Ringen auf regional begrenzte Umtausch-Prämien und Hardware-Nachrüstungen geeinigt. Doch in der Autobranche regt sich Widerstand. BMW hat eine Nachrüstung seiner Fahrzeuge bereits ausgeschlossen.

Von Frank Capellan | 02.10.2018
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    Das BMW-Verwaltungsgebäude (BMW-Turm) in München (picture alliance / dpa / Sven Hoppe )
    Die Abfuhr kommt sofort. Ausgerechnet die Bayerischen Motoren Werke wollen zwar 6.000 Euro beim Umtausch eines schmutzigen Diesels in einen neuen PKW dazu schießen – für die Nachrüstung aber gibt es von BMW keinen Cent. Und ausgerechnet der Verkehrsminister von der wahlkämpfenden CSU muss es verkünden: "Ich bin nicht der Unternehmenssprecher von BMW!"
    Meint Andreas Scheuer, um dann seinen bayerischen Heimatkonzern doch ein wenig in Schutz zu nehmen. Dauert zu lang, ist technisch nicht ausgereift, erhöht Verbrauch und CO2 Ausstoß, argumentieren die Verantwortlichen bei BMW: "Die gehen halt eine andere Strategie. 6.000 Euro für ein zurückgegebenes Fahrzeug und dann ein Tausch eines neuen Fahrzeuges, das ist schon mal ein Wort. Man muss ja dazu sagen: Die deutschen Hersteller haben unterschiedliche Kundenstämme."
    Auto-Besitzer mit unterschiedlichen Ansprüchen
    Der BMW-Fahrer wird sich wohl eher einen teuren Diesel-Neuwagen zulegen und dafür eine Prämie in Anspruch nehmen. Der VW-Besitzer dürfte häufiger auf die Nachrüstung seines schmutzigen Wagens setzen, so das Kalkül. Gerade die Sozialdemokraten hatten darauf gedrängt, den Einbau von Katalysatoren als eine Möglichkeit anzubieten. Umweltministerin Svenja Schulze: "Das ist ganz klar, da sollen vor allen Dingen die Hersteller zahlen und nicht die Fahrzeughalter. Das ist uns ganz besonders wichtig!"
    Zwingen lassen sich die Hersteller nicht, das räumen CSU-Verkehrsminister wie SPD-Umweltministerin offen ein. Die von der Regierung nun ins Auge gefasste Umtauschprämie steht zudem in der Kritik, weil selbst viele Fahrzeuge der Euro 6 Norm nicht die notwendigen Stickoxid-Werte einhalten. Jürgen Resch, dessen Umwelthilfe Fahrverbote gerichtlich erstritten hatte, spricht im Sender ntv von einer doppelten Nulllösung für Autobesitzer und Stadtbewohner.
    "Das ist das Problem, das zum einen Euro 5 Fahrzeuge ausgetauscht werden sollen mit Euro 6 Fahrzeugen, die beliebig schmutzig sein können – im Einzelfall doppelt, dreimal schmutziger als das Altfahrzeug – und das andere: Auch für die Hardware-Nachrüstung gibt es eben keine Rechtsansprüche. Die Bundesregierung bittet die Hersteller, die Kosten zu übernehmen. Na, wie klein kann man sich denn machen?"
    Mögliche Ausnahmen für Pendler
    Das Angebot zu Umtausch und Nachrüstung gilt nur in 14 besonders mit Stickoxiden belasteten Städten, in denen weitere Fahrverbote drohen. Ausnahmen für Pendler, die täglich in diese Städte fahren müssen, soll es zwar geben, ebenso für Handwerkerautos und kommunale Fahrzeuge, das aber, so fürchtet nicht nur die Opposition, wird eine erhebliche Bürokratie mit sich bringen. FDP-Chef Christian Lindner fragt sich zudem, ob Union und SPD die Rechnung ohne die Hersteller machen könnten.
    "Die freiwillig zu leistenden Beiträge der Industrie – dort, wo es keine Manipulation gegeben hat, sind sie freiwillig – über die wird nur gesprochen, aber mit denjenigen, die zahlen sollen, ist noch keine Einigung erreicht worden."
    Ganz schwierig wird es ohnehin mit ausländischen Konzernen. Opel etwa, wie Peugeot inzwischen zur französischen PSA gehörend, folgt dem Beispiel von BMW und lehnt Nachrüstungen auf Herstellerkosten längst ab. Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter ist zudem sicher, dass die heutigen Beschlüsse kaum zur Luftreinhaltung beitragen werden.
    "Es gibt in Deutschland nahezu kein Diesel-Fahrzeug, das wirklich die Grenzwerte einhält, und die Bundesregierung müsste sich trauen, die Auto-Hersteller mit Hilfe der Typen-Genehmigung unter Druck zu setzen."
    Kritik an Verkehrsminister Scheuer
    Auch in der Koalition schwant manchem, dass der heutige Beschluss nicht reichen könnte, wenn die Industrie bei den Hardware-Nachrüstungen nicht mitspielt. Mathias Miersch, SPD-Umweltpolitiker, meint gegenüber unserem Sender, er "würde im Zweifel auch die Daumenschrauben noch weiter anziehen, wenn die Autoindustrie dazu nicht in der Lage ist, wir haben ja durchaus noch einige Instrumente, wo wir zumindest teilweise Manipulationen nachweisen können."
    Jürgen Resch von der Deutschen Umwelthilfe jedenfalls hat für das Umtauschprogramm des Verkehrsministers nur Hohn und Spott übrig.
    "Herr Scheuer ist der größte Autoverkäufer, den die deutschen Autobauer haben."