Dienstag, 23. April 2024

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Newsblog zum Krieg in der Ukraine
Die Entwicklungen vom 10. bis 13. Juni 2022

+++ Der ukrainische Präsident bittet die Bundesregierung erneut um eine intensivere Unterstützung. +++ Im Gebiet Donezk sind sind russische Truppen weiter vorgerückt. +++ Frankreich bremst Spekulationen über einen gemeinsamen Kiew-Besuch von Macron, Scholz und Draghi. +++ Mehr im Newsblog.

14.06.2022
    Das Bild zeigt den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj
    Deutschland dürfe keinen Spagat versuchen zwischen der Ukraine und den Beziehungen zu Russland, erklärte Selenskyj im Interview mit dem ZDF Heute Journal. (picture alliance / SVEN SIMON/The Presidential Offi | The Presidential Office of Ukraine)
    Zu den akuellen Entwicklungen geht es hier.

    Montag, 13. Juni

    +++ In der Schlacht um Sjewjerodonezk sind mittlerweile alle Brücken zerstört.

    Damit sei es unmöglich, humanitäre Güter in die Stadt oder Zivilisten aus der Stadt herauszubringen, sagte der Gouverneur der Region Luhansk, Hajdaj. Im Industriekomplex Azot suchten aber noch 500 Menschen Schutz, 40 davon seien Kinder. Nur das ukrainische Militär habe noch einen begrenzten Zugang zur Stadt. Der Kampf um Sjewjerodonezk ist mit entscheidend über die Herrschaft über den Donbass im Osten des Landes. Mittlerweile werden Hajdaj zufolge rund 70 Prozent der Stadt von Russland kontrolliert

    +++ Der ukrainische Präsident Selenskyj fordert eine eindeutigere Positionierung der deutschen Regierung im Ukraine-Krieg.

    Man brauche die Sicherheit, dass Deutschland die Ukraine unterstütze, sagte Selenskyj dem ZDF. Scholz und seine Regierung müssten sich entscheiden. Es dürfe kein Spagat versucht werden zwischen der Ukraine und den Beziehungen zu Russland.

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    Kritik übte Selenskyj an den seiner Einschätzung nach späten Waffenlieferungen Deutschlands. Als erste hätten die USA, Tschechien, Großbritannien, Polen, Bulgarien und die baltischen Länder gehandelt. Deutschland und Frankreich hingegen hätten erst einmal diplomatische Unterstützung zugesagt. "Am Anfang des Krieges brauchten wir aber nicht die Politik, sondern die Hilfe, betonte Selenskyj.
    Von einem Besuch des Bundeskanzlers in Kiew erhofft sich der ukrainische Präsident mehr Unterstützung zur Verteidigung, für den EU-Kandidatenstatus, aber auch weitere Sanktionen gegen Russland.

    +++ Die Ukraine dringt außerdem auf deutsche Waffenlieferungen in großem Umfang.

    Der ukrainische Botschafter in Berlin, Melnyk, forderte von Scholz die Zusage von Leopard-Kampfpanzern und Marder-Schützenpanzern. Ohne deutsche schwere Waffen werde es nicht gelingen, die gewaltige militärische Überlegenheit Russlands zu brechen und das Leben von Soldaten und Zivilisten zu retten, sagte Melnyk der Deutschen Presse-Agentur.
    Ein Berater von Präsident Wolodymyr Selenskyj erklärte, die Ukraine brauche 1.000 schwere Artilleriegeschütze (Haubitzen), 300 Mehrfachraketenwerfer, 500 Panzer, 2.000 gepanzerte Fahrzeuge und 1.000 Drohnen, um den Krieg gegen die russischen Angreifer zu gewinnen.

    +++ Die Ukraine hat nach Darstellung ihres Agrarministeriums durch den Krieg ein Viertel der bestellbaren Flächen verloren - und zwar konkret aufgrund der russischen Belagerung vor allem im Osten des Landes.

    Das sei aber keine Bedrohung für die Ernährungssicherheit des Landes, sagte Vize-Minister Vysotskyi. Die Aussaat dieses Jahres sei "mehr als ausreichend", um die Versorgung der Bevölkerung sicher zu stellen. Die Ukraine sei gut vorbereitet gewesen und habe vor Kriegsbeginn bereits 70 Prozent des benötigten Saatguts importiert sowie rund 60 Prozent der Düngemittel.
    Ein Weizenfeld in der Nähe von Luhansk
    Vor allem in den Regionen Luhansk und Donezk ist der Getreideanbau normalerweise in vollem Gange. (picture alliance/dpa/TASS | Alexander Reka)

    +++ Im russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine sind nach ukrainischen Angaben mehr als 12.000 Zivilisten umgekommen.

    Die meisten Opfer seien durch Explosionen getötet worden, sagte der Chef der ukrainischen Polizei, Klymenko. Wie die Nachrichtenagentur Interfax-Ukraine berichtet, sind 75 Prozent der Getöteten Männer. Sie hätten in keiner Beziehung zum Militär gestanden. Mehr als 1.000 Opfer habe man noch nicht identifizieren können. Die Vereinten Nationen geben die Zahl der getöteten Zivilisten in der Ukraine mit 4.300 an.

    +++ Schweden unternimmt nach Einschätzung von NATO-Generalsekretär Stoltenberg wichtige Schritte, um Forderungen der Türkei für eine Zustimmung zum NATO-Beitritt des Landes zu erfüllen.

    Stockholm habe damit begonnen, seine Anti-Terror-Gesetzgebung zu ändern, sagte Stoltenberg während einer Pressekonferenz mit der schwedischen Premierministerin Andersson. Auch werde Schweden einen rechtlichen Rahmen für seine Waffenexporte schaffen, der im Einklang mit den Verpflichtungen gegenüber den anderen NATO-Verbündeten steht. Die Türkei blockiert derzeit den NATO-Beitritt von Schweden und Finnland und begründet dies mit der angeblichen Unterstützung von Terrororganisationen wie der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK.

    +++ Die Wikimedia Stifung hat in Russland Berufung gegen ein Gerichtsurteil zur Zensur eingelegt.

    Das Entfernen von Informationen stelle eine Verletzung der Menschenrechte dar, teilte die US-Stifung mit, die die Plattform Wikipedia betreibt. Russland habe zudem keinerlei Zuständigkeit für die Internet-Enzyklopädie, an der sich weltweit jeder als Autor beteiligen kann. Russlands Medienaufsicht verlangt, dass Wikipedia Informationen zum Ukraine-Krieg zensiert. Weil die Stiftung sich weigerte, war sie zur Zahlung einer Geldstrafe von fünf Millionen Rubel verurteilt worden. Kritisiert wurden Artikel in der russischsprachigen Wikipedia wie "Die russische Invasion in der Ukraine" und "Das Massaker in Butcha".

    +++ Die Wissenschaftsminister der G7-Staaten haben der von Russland angegriffenen Ukraine ihre Unterstützung zugesichert.

    Die deutsche Ressortchefin Stark-Watzinger sagte beim Treffen mit ihren Kolleginnen und Kollegen in Frankfurt am Main, man werde die Forschungskooperationen weiter stärken und geflüchteten Studierenden und Forschenden eine Perspektive geben. Zugleich wolle man auch Wissenschaftlern aus Russland Schutz bieten, die sich gegen den Krieg und den Kreml stellten, führte die FDP-Politikerin aus. Zugeschaltet bei dem Treffen war auch der ukrainische Wissenschaftsminister Shkarlet.

    +++ Der russische Präsident Putin hat eine prominente Juristin aus dem Staatsdienst entlassen, nachdem diese sich kritisch über Russlands Krieg gegen die Ukraine geäußert hatte.

    Putin entzog Natalja Poklonskaja per Dekret ihren Posten als stellvertretende Leiterin von Rossotrudnitschestwo. Dabei handelt es sich um eine ans russische Außenministerium angegliederte Organisation, die sich unter anderem für Russlands Interessen in anderen Ex-Sowjetstaaten einsetzt. Poklonskaja war nach Russlands Annexion der Schwarzmeer-Halbinsel Krim 2014 berühmt geworden - als Generalstaatsanwältin, die dem Kreml treue Dienste erwies. Nach Russlands Einmarsch in die Ukraine Ende Februar sprach sie jedoch von einer "Katastrophe". Poklonskaja forderte von Russen und Ukrainern ein Ende der Kampfhandlungen und bezeichnete den Buchstaben Z, ein Propaganda-Symbol für Russlands Krieg gegen die Ukraine, als Sinnbild für "Tragödie und Trauer".

    +++ Deutschland ist nach Angaben des Centre for Research on Energy and Clean Air nicht mehr der größte Importeur russischer Energieträger.

    Wie das Forschungsinstitut in Helsinki mitteilte, steht auf Platz eins der Liste jetzt China, Deutschland nur noch auf Platz zwei. Die Volksrepublik überwies Russland demnach seit Beginn des Kriegs gegen die Ukraine am 24. Februar umgerechnet 12,6 Milliarden Euro für Erdöl, Erdgas und Kohle. Von deutscher Seite kamen 12,1 Milliarden Euro. Die Bundesregierung versucht wegen des russischen Angriffs, die Abhängigkeit von russischer Energie zu reduzieren.

    +++ Bei einem ukrainischen Artillerie-Angriff auf einen Markt in der von pro-russischen Separatisten gehaltenen Region Donezk sollen mindestens drei Menschen getötet und vier verletzt worden sein.

    Das berichtet eine örtliche Nachrichtenagentur aus der Region. Sie verbreitete Bilder von brennenden Marktständen und einer auf dem Boden liegenden Leiche. Dem Bericht zufolge sollen Teile der ostukrainischen Region von Munition des Kalibers 155 Millimeter getroffen worden sein, wie sie in der NATO verwendet wird. Die Angaben lassen sich unabhängig nicht überprüfen.

    +++ Die italienische Zeitung "La Stampa" berichtet, dass Ministerpräsidenten Draghi am Donnerstag zusammen mit Bundeskanzler Scholz und Frankreichs Präsident Macron nach Kiew reisen wolle.

    Ein Sprecher der Bundesregierung bestätigt dies auf Anfrage nicht. Bereits am Wochenende hatte es Spekulation über eine gemeinsame Reise des Trios in die ukrainische Hauptstadt gegeben.

    +++ Die ukrainische Armee befindet sich nach wochenlangen Kämpfen um die Stadt Sjewjerodonezk in der Donbass-Region offenbar auf dem Rückzug.

    Der ukrainische Generalstab teilte auf Facebook mit, man sei von russischen Truppen aus dem Zentrum zurückgedrängt worden. Auch der Gouverneur der Region Luhansk, Hajdaj, berichtete von einem "teilweisen" Erfolg der russischen Truppen in der Nacht zum Montag. Hajdaj schrieb auf Facebook, Moskau versorge seine Truppen in der Region Luhansk mit "immer mehr Ausrüstung", um Sjewjerodonezk und das benachbarte Lyssytschansk "zu umzingeln". Die beiden Städte sind die letzten in der ostukrainischen Region Luhansk, die Russland noch nicht eingenommen hat.

    +++ Der frühere russische Ministerpräsident Kassjanow hat vor verheerenden Folgen für Europa gewarnt, sollte die von Russland angegriffene Ukraine den Krieg verlieren.

    "Wenn die Ukraine fällt, sind die baltischen Staaten als nächstes dran", warnte Kasjanow, der heute als Oppositionspolitiker im Exil lebt, in einem Video-Interview mit der Nachrichtenagentur AFP. Er appellierte an den Westen, keinerlei Zugeständnisse an den russischen Staatschef Putin zu machen, und rechnet damit damit, dass der Ukraine-Krieg bis zu zwei Jahre dauern wird. Kassjanow führt die russische Oppositionspartei Parnas an und galt als enger Verbündeter des 2015 in Moskau ermordeten Oppositionspolitikers Boris Nemzow.
    Tausende Menschen haben in Moskau an den ermordeten Oppositionellen Nemzow erinnert, darunter auch der frühere Ministerpräsident Kassjanow (Mitte).
    Der frühere russische Ministerpräsident Kassjanow (Mitte) im Jahr 2017 in Moskau bei einer Kundgebung für den getöteten Oppositionellen Boris Nemzow (imago / ITAR-TASS)

    +++ Die Bundesregierung hat in den ersten gut drei Monaten des russischen Angriffkriegs die Lieferung von Waffen und anderen Rüstungsgütern im Wert von rund 350 Millionen Euro an die Ukraine genehmigt.

    Das geht aus einer Antwort des Bundeswirtschaftsministeriums auf eine Anfrage der Linken-Abgeordneten Dagdelen hervor, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Die USA haben der Ukraine bislang Waffen und Ausrüstung im Wert von umgerechnet 4,37 Milliarden Euro zugesagt oder geliefert.
    Die Unionsfraktion im Bundestag kündigte an, mit einem Antrag im Parlament den Druck auf die Bundesregierung zu erhöhen, damit diese die angekündigte Lieferung schwerer Waffen endlich vollziehe. Deutschland isoliere sich mit seiner zögerlichen Haltung zunehmend unter seinen Partnern in EU und NATO, sagte Fraktionsvize Wadepuhl der dpa. Der ukrainische Botschafter Melnyk sagte der Nachrichtenagentur, ohne deutsche schwere Waffen werde es seinem Land nicht gelingen, die gewaltige militärische Überlegenheit Russlands zu brechen.

    +++ Amnesty International hat seinen Vorwurf gegen Russland bekräftigt, in der Ukraine Streumunition gegen Zivilisten einzusetzen.

    In einer in Berlin veröffentlichten Recherche der Menschenrechtsorganisation heißt es, russische Truppen hätten Wohngebiete in der Stadt Charkiw mit der international geächteten Munition beschossen und hunderte Zivilisten getötet. Die Verantwortlichen für diese Angriffe müssten vor Gericht gestellt werden. Zudem müsse es Entschädigungen für die Verletzten und die Angehörigen der Toten geben.
    Zerstörung in Charkiw, der zweitgrößten Stadt der Ukraine
    Zerstörung in Charkiw, der zweitgrößten Stadt der Ukraine (AFP/ Sergey Bobok)
    Den Angaben zufolge haben Ermittlungsteams der Organisation im April und Mai mehr als 40 Angriffe in Charkiw untersucht und mit Überlebenden, Augenzeugen und Ärzten gesprochen. Letztere hätten Amnesty Metallsplitter aus den Körpern ihrer Patienten gezeigt, die eindeutig Streumunition zugeordnet werden könnten.
    Einem Abkommen zum Verbot dieser Munition ist Russland nicht beigetreten. Das humanitäre Völkerrecht verbietet aber generell den Einsatz von Waffen, die unterschiedslos Soldaten wie Zivilisten treffen. Vor einigen Wochen hatte bereits die Organisation Human Rights Watch den Einsatz von Streumunition durch Russland, aber auch durch die Ukraine beklagt.

    +++ Unbekannte Hacker haben eine Botschaft gegen den Krieg in der Ukraine auf Webseiten des staatlichen russischen Fernsehens platziert.

    Auf dem Streaming-Portal "Smotrim.ru" etwa stand gestern Abend neben Bildern von Zerstörung in der Ukraine der Aufruf "Stoppt den Krieg! Putin vernichtet Russen und Ukrainer!". Dies berichteten zahlreiche Internet-Nutzer. Das russische Staatsfernsehen räumte später eine Hacker-Attacke auf die Webseite sowie eine weitere ein. Es seien etwa eine Stunde lang "verbotene Inhalte mit extremistischen Aufrufen" gezeigt worden.

    +++ Das schwedische Friedensforschungsinstitut Sipri sieht die Gefahr eines neuen atomaren Wettrüstens.

    Sipri kritisierte, wegen des Ukraine-Krieges seien die bilateralen Abrüstungsgespräche zwischen Russland und den USA ins Stocken geraten. Auch keiner der anderen Nuklearwaffen-Staaten führe Rüstungskontrollverhandlungen. Zwar habe sich die Zahl nuklearer Sprengköpfe weltweit weiter verringert. Allerdings sei damit zu rechnen, dass die Bestände in den nächsten zehn Jahren wieder zunähmen. Das Risiko eines Einsatzes atomarer Waffen erscheine heute höher als je zuvor seit dem Höhepunkt des Kalten Krieges. Laut den Angaben des Instituts befinden sich rund 90 Prozent aller weltweiten Atomwaffen in den Beständen der USA und Russlands.

    +++ Im Osten der Ukraine haben die russischen Invasoren offenbar eine weitere der drei Brücken zwischen Sjewjerodonezk und der Nachbarstadt Lyssytschansk zerstört.

    Damit entfällt eine weitere mögliche Flucht- und Rückzugsroute über den örtlichen Fluss, wie der ukrainische Regionalgouverneur mitteilte. Nach Angaben des Bürgermeisters von Sjewjerodonezk halten einheimische Truppen noch etwa ein Drittel des Stadtgebiets. Dort wurde auch ein ehemaliger britischer Soldat getötet, der für die Ukraine kämpfte. Das gab seine Familie in Sozialen Medien bekannt.
    Rauchsäule über der ostukrainischen Stadt Sjewjerodonezk
    Rauchsäule über der ostukrainischen Stadt Sjewjerodonezk (AFP/ARIS MESSINIS)

    +++ Das russische Militär hat im Westen der Ukraine nach eigenen Angaben ein großes Waffenlager zerstört.

    Das Verteidigungsministerium in Moskau erklärte, man habe nahe der Stadt Tschortkiw ein Depot getroffen. Darin hätten sich Raketensysteme zur Panzerabwehr und zur Luftverteidigung befunden, die die USA sowie europäische Länder an die Ukraine geliefert hätten. Von ukrainischer Seite hieß es lediglich, bei den Raketenangriffen seien eine militärische Einrichtung und mehrere Wohngebäude getroffen worden. Es wurden demnach mehr als 20 Zivilisten verletzt.

    Sonntag, 12. Juni

    +++ EU-Handelskommissar Dombrovskis hat Russland vorgeworfen, UNO-Bemühungen um den Export von ukrainischem Getreide zu blockieren.

    "Es ist klar, wer für die Blockade verantwortlich ist", sagte Dombrovskis in Genf vor dem Auftakt der Ministerkonferenz der Welthandelsorganisation (WTO). "Es ist an Russland, seine Aggression zu beenden und es ist an Russland, aufzuhören, die ukrainischen Exporte zu stoppen."
    Die EU und andere Länder hatten vor dem Auftakt der Konferenz eine kurze Veranstaltung "Solidarität mit der Ukraine" organisiert. Nach Angaben von Dombrovskis unterzeichneten mehr als 50 Länder eine Erklärung zur Unterstützung der Ukraine. Damit sollte verhindert werden, dass der Krieg die Ministerverhandlungen über andere Themen überschattet.
    Nahrungsmittelsicherheit ist eines der Themen. UN-Unterhändler bemühen sich seit Wochen darum, Millionen Tonnen von in der Ukraine lagernden Getreidebeständen auf den Weltmarkt zu bekommen, um beispielsweise Hungerkrisen in anderen Weltregionen abzuwenden.

    +++ China hat seine offiziell neutrale Position im Krieg gegen die Ukraine bekräftigt.

    Der chinesische Verteidigungsminister Wei Fenghe sagte auf einer Sicherheitskonferenz in Singapur, sein Land habe Russland im Zusammenhang mit der "Ukraine-Krise niemals irgendeine Art von materieller Unterstützung geliefert". Peking unterstütze "Friedensverhandlungen" zwischen den Kriegsparteien und hoffe, dass "die NATO Gespräche mit Russland führen wird", fügte Wei hinzu.
    Peking hat die russische Invasion in der Ukraine bislang weder offen kritisiert noch seine Unterstützung für die Militäroffensive erklärt. Westliche Vertreter warnten China wiederholt davor, Russlands Angriff auf das Nachbarland in irgendeiner Form zu unterstützen. Wirtschaftlich sind Russland und China in den vergangenen Jahren immer näher aneinander gerückt.

    +++ Die Ukraine behält in der umkämpften Stadt Sjewjerodonezk die Kontrolle über das Chemiewerk Asot, in dem Hunderte von Zivilisten Zuflucht gefunden haben.

    Dies teilt der Gouverneur der Region, Gaidai, mit. Nach ukrainischen Angaben haben sich rund 800 Menschen in mehreren Bunkern unterhalb des Asot-Werks in Sicherheit gebracht, darunter etwa 200 Mitarbeiter des Werkes und 600 Einwohner der Industriestadt.

    +++ Bundeskanzler Scholz soll nach Medienberichten bald nach Kiew reisen.

    Wie die "Bild am Sonntag" berichtet, will Scholz vor dem G-7-Gipfel Ende Juni die Ukraine besuchen. Er reise gemeinsam mit dem französischen Präsidenten Macron und dem italienischen Regierungschef Draghi. Ein Sprecher der Bundesregierung kommentierte den Bericht nicht.

    +++ Bundespräsident Steinmeier wirft Altkanzler Schröder vor, Deutschland mit seinen russischen Aktivitäten geschadet zu haben.

    Schröders Engagement für russische Energieunternehmen habe in Europa, insbesondere bei den osteuropäischen Nachbarn, viele Fragezeichen hinterlassen, sagte Steinmeier der Zeitung "Bild am Sonntag". Vieles, was Schröder in seiner Kanzlerschaft auf den Weg gebracht habe, gerate durch sein Verhalten nach seiner Amtszeit in den Hintergrund.
    Gerhard Schröder (SPD), ehemaliger Bundeskanzler im Anzug mit verschränkten Armen in einem Sitzungsaal des Bundestages.
    Gerhard Schröder (SPD) verliert seine Sonderrechte als ehemaliger Bundeskanzler aufgrund seiner anhaltenden Verbindungen zu Russland und Wladimir Putin (picture alliance / Kay Nietfeld)

    +++ Der Fraktionschef der konservativen Parteiengruppe EVP im Europäischen Parlament, Weber, appelliert dafür, dass die Ukraine rasch EU-Beitrittskandidat wird.

    Aufmunternde Worte seien nicht genug, starke Fakten seien notwendig, sagte Weber der Funke Mediengruppe. Gerade die Bundesregierung müsse umgehend ein klar unterstützendes Signal geben. Die Ukraine gehöre, genauso wie die Republik Moldau, in die EU.

    Samstag, 11. Juni

    +++ Der russische Beschuss der Chemiefabrik Asot in der umkämpften ukrainischen Industriestadt Sjewjerodonezk hat nach Angaben des Gouverneurs der Region Luhansk, Serhij Gaidai, zu einem Großbrand führt.

    Zuvor sei tonnenweise Öl aus dem Werk ausgetreten, sagt Gaidai im Staatsfernsehen. In der Fabrik befinden sich ukrainischen Informationen zufolge noch Hunderte Zivilisten. Gaidai sagt nicht, ob das Feuer bereits gelöscht ist. Die Kämpfe in Sjewjerodonezk hielten unvermindert an.

    +++ Bei einem russischen Angriff auf Anlagen im Schwarzmeerhafen Mykolajiw am vergangenen Wochenende sind nach ukrainischen Angaben erhebliche Mengen Getreide vernichtet worden.

    In den am 5. Juni zerstörten Lagerhäusern seien bei Kriegsbeginn am 24. Februar 250.000 bis 300.000 Tonnen Getreide gelagert gewesen, sagt Vizeagrarminister Taras Wysozkyj im Fernsehen. Es habe sich vor allem um Weizen und Mais gehandelt. Die Anlagen der Firmengruppe DF am Nika-Tera-Hafen von Mykolajiw hatten zu den größten für den Getreideexport der Ukraine gezählt.
    Ein Weizenfeld in der Nähe von Luhansk
    Vor allem in den Regionen Luhansk und Donezk ist der Getreideanbau normalerweise in vollem Gange. (picture alliance/dpa/TASS | Alexander Reka)

    +++ In der Ukraine sind seit Kriegsbeginn knapp 800 Kinder getötet oder verletzt worden.

    Mindestens 287 Kinder seien als Folge von Militäraktionen ums Leben gekommen, mindestens 492 weitere hätten Verletzungen erlitten, teilte die ukrainische Generalstaatsanwaltschaft mit. Die meisten Fälle habe es in der Provinz Donezk gegeben. In der Region Charkiw habe es 132 Fälle gegeben, im Gebiet um die Hauptstadt Kiew 116. Diese Zahlen seien nicht endgültig. Sie beruhten auf Ermittlungen von Jugendstaatsanwälten.

    +++ Das russische Militär setzt nach Angaben des Gouverneurs der Region Luhansk auch Flammenwerfer ein.

    Mit diesen Waffen sei ein Dorf attackiert worden, schrieb Gouverneur Hajdaj auf Telegram. Viele Häuser seien niedergebrannt. Die Zahl der Opfer in dem Ort in der Region Popasnjanska werde noch ermittelt. Der Einsatz von Flammenwerfern auf dem Schlachtfeld ist legal, doch Hajdaj warf den russischen Truppen vor, mit dieser Waffe gegen zivile Anlagen vorzugehen.

    +++ Polen hat der Bundesregierung mangelndes Engagement bei der versprochenen Lieferung von Panzern vorgeworfen.

    Polen hat der Ukraine Panzer des sowjetischen Typs T-72 zur Verfügung gestellt. Warschau hat bereits deutlich gemacht, dass es dafür einen Ausgleich von Nato-Partnern erwartet, auch von Deutschland. Der Chef des Nationalen Sicherheitsbüros, Soloch, sagte einem polnischen Radiosender, die deutsche Militärhilfe bleibe hinter den Erwartungen zurück. Dabei bezog er sich sowohl auf Direktlieferungen an die Ukraine als auch an Partnerländer.

    +++ EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen ist zu Gesprächen über den EU-Beitrittsantrag der Ukraine in Kiew eingetroffen.

    Die deutsche Spitzenpolitiker wollte mit Präsident Selenskyj unter anderem noch offene Punkte des Aufnahmegesuchs erörtern. Die EU-Kommission wird voraussichtlich kommenden Freitag ihre Einschätzung dazu veröffentlichen, ob der Ukraine der Status als Kandidat für einen EU-Beitritt gewährt werden sollte.
    EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen und der ukrainische Präsident Selenskyj in Kiew. Bei stehen an Rednerpulten und schauen sich an.
    EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen und der ukrainische Präsident Selenskyj in Kiew. (IMAGO/Ukrinform)

    +++ Russland hat angekündigt, 'proportional und angemessen' auf die Aufstockung von NATO-Truppen in Polen angekündigt.

    So sollten "potenzielle Bedrohungen der Sicherheit der Russischen Föderation neutralisiert" werden, zitiert die Nachrichtenagentur Interfax einen Sprecher des russischen Außenministeriums.

    +++ Russland greift in der Ukraine nach Angaben aus Großbritannien offenbar auf Raketen aus den 1960er Jahren zurück.

    Die 5,5 Tonnen schwere Ch-22 sei einmal für den Einsatz von Atomsprengköpfen gegen Flugzeugträger entwickelt worden und werde jetzt wahrscheinlich mit konventionellen Sprengköpfen gegen Landziele eingesetzt, teilte das britische Verteidigungsministerium mit. Die von Bombern abgefeuerte Rakete sei höchst ungenau und könne verheerende Kollateralschäden anrichten.

    +++ Der Bürgermeister der von russischen Truppen kontrollierten südukrainischen Stadt Mariupol warnt vor weiteren Opfern durch Seuchen in der Stadt.

    Es gebe einen Ausbruch von Durchfallerkrankungen, unter anderem Cholera. Der Krieg werde mit diesen Infektionsausbrüchen die Leben tausender weiterer Menschen in Mariupol fordern, sagte Boichenko im ukrainischen Fernsehen. Die sanitären Anlagen seien zerstört worden. Leichen verwesten in den Straßen. Boichenko forderte die Vereinten Nationen und das Internationale Rote Kreuz auf, sich für die Einrichtung eines humanitären Korridors einzusetzen, damit die verbliebenen Einwohner die Stadt verlassen könnten.
    Eine Frau sitzt vor ihrem Haus in Mariupol und hat ein Feuer zum Kochen angezündet.
    Die Versorgungslage in der ukrainischen Stadt Mariupol ist schlecht. Nun sind auch noch Seuchen ausgebrochen. (dpa-news/AFP)

    +++ Seit Kriegsbeginn sind in der Ukraine nach Regierungsangaben etwa 10.000 ukrainische Soldaten getötet worden.

    Ein Berater von Präsident Selenskyj machte die Zahl in der Nacht zum Samstag öffentlich. Diese Zahl könne nur eine Schätzung sein. Selenskyj hatte zuletzt Mitte April in einem CNN-Interview von bis zu 3000 getöteten Soldaten gesprochen. Die russische Regierung schweigt über Verluste in den eigenen Reihen.

    +++ Das britische Verteidigungsministerium berichtet von anhaltenden "intensiven Straßenkämpfen" zwischen russischen und ukrainischen Truppen in der Stadt Sjewjerodonezk in der Region Luhansk.

    Auf beiden Seiten gebe es vermutlich zahlreiche Opfer, teilt das Ministerium unter Berufung auf Geheimdienstinformationen mit. Den russischen Truppen sei es aber noch nicht gelungen, in den Süden der Stadt vorzudringen.

    +++ Der ukrainische Präsident Selenskyj hat Russland vorgeworfen, den Donbass zerstören zu wollen.

    In seiner abendlichen Videoansprache sagte er, die Russen wollten in der Region jede einzelne Stadt zerstören. Alles, was Russland seinen Nachbarn und der Welt geben könne, seien Ruinen einst glücklicher Städte.Die Schlagkraft der ukrainischen Streitkräfte sei abhängig von der Lieferung westlicher Waffen, erklärte Selenskyj. Die Truppen täten alles, um die russische Offensive zu stoppen, solange es ausreichend schwere Waffen und Artillerie gebe. Um diese Waffen bitte das Land seine Partner weiterhin.
    Selenskyj dankte Großbritannien für die Unterstützung im Kampf gegen Russland. Nach einem Treffen mit dem britischen Verteidigungsminister Wallace in Kiew sagte Selenskyj, der Krieg habe gezeigt, wer die wahren Freunde und Partner seien. Gleichzeitig bat er erneut um die Lieferung schwerer Waffen.

    +++ Bundeskanzler Scholz fordert Serbien dazu auf, die Sanktionen gegen Russland mitzutragen.

    Das teilte er nach einem Gespräch mit dem serbischen Präsidenten Aleksandar Vucic in Belgrad mit. Scholz sagte, auch jene Länder sollten sich anschließen, die sich im EU-Beitrittsprozess bewegten. Vucic erklärte, Belgrad habe den russischen Angriff auf die Ukraine unter anderem in der UNO-Generalversammlung scharf verurteilt. Sein Land nehme eine andere Haltung bei den Sanktionen ein, da es die Energieversorgung berücksichtigen müsse. Außerdem betonte Vucic die langanhaltenden und engen Beziehungen Belgrads zu Russland.

    +++ Kliniken in Deutschland haben über das sogenannte Kleeblatt-Konzept bisher mehr als 200 Kranke und Verletzte aus der Ukraine aufgenommen.

    Von insgesamt 620 Hilfeleistungsersuchen auf europäischer Ebene habe Deutschland im Rahmen dieses Verfahrens bereits 220 Patientinnen und Patienten zur Behandlung übernommen, sagte ein Sprecher des Bundesgesundheitsministeriums dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Mehr als 50 weitere Patientenübernahmen seien kurzfristig noch geplant.

    +++ Viele große deutsche Unternehmen haben bisher kaum Geflüchtete aus der Ukraine eingestellt.

    Dies ergibt eine Umfrage der "Welt am Sonntag" unter im Dax-40 gelisteten Konzernen. Als Gründe wurden demnach geringe Bewerberzahlen und fehlende Sprachkenntnisse genannt.

    +++ Der Krieg in der Ukraine wirkt sich laut US-Verteidigungsminister Austin bis in den Indopazifik aus.

    Länder aus der gesamten Region hätten deshalb schnell humanitäre Hilfe für die Menschen in der Ukraine auf den Weg gebracht, einschließlich lebenswichtiger Beiträge aus Singapur, Thailand, Indien und Vietnam, sagte Austin in einer Rede in Singapur. Russlands Invasion in die Ukraine zeige, was passiere, wenn Großmächte entscheiden würden, dass ihre imperialen Begierden wichtiger seien als die Rechte friedlicher Nachbarn

    +++ Großbritannien bemüht sich um die Freilassung der beiden britischen Kämpfer, die in der Ostukraine zum Tode verurteilt worden sind.

    Außenministerin Truss sprach darüber mit der ukrainischen Regierung und erklärte, die Männer gehörten zur ukrainischen Armee und müssten deshalb nach internationalem Recht Schutz erhalten. Neben den Briten wurde auch ein Marokkaner zum Tode verurteilt. Nach russischer Auffassung handelt es sich um Söldner, für die die internationalen Konventionen zur Behandlung von Kriegsgefangenen nicht gelten.

    +++ Angesichts des Ukraine-Kriegs haben eine Reihe von Staaten die Wahl Russlands in den Wirtschafts- und Sozialrat der Vereinten Nationen zunächst verhindert.

    In fünf Wahlgängen verfehlte Russland in New York die nötige Zweidrittel-Mehrheit – anders als 17 weitere Länder. Zugleich trat Nordmazedonien in der Entscheidung um den letzten noch freien Platz überraschend zu Kampfabstimmungen gegen Russland an.

    Freitag, 10. Juni

    +++ Angesichts der heftigen Gefechte in der Ostukraine sind Hunderte Menschen mit einem Zug in Sicherheit gebracht worden.

    Der Sonderzug brachte rund 300 Menschen, zumeist Frauen, Kinder und Senioren, von Pokrowsk in der Region Donezk in Richtung Westen. Sie sollten in Dnipro und anderen Städten untergebracht werden. Die meisten der Evakuierten stammen Berichten zufolge aus Gebieten, auf die die russischen Streitkräfte ihre Offensive zur Einnahme des gesamten Donbass konzentrieren: Sjewjerodonezk, Slowjansk, Bachmut und Popasna.

    +++ Russland hat sich aus der Welttourismusorganisation verabschiedet.

    Eine entsprechende Anordnung der Regierung wurde in Moskau veröffentlicht. Russlands Mitgliedschaft in der Sonderorganisation der Vereinten Nationen war bereits Ende April wegen des Angriffskriegs in der Ukraine von der UNO-Generalversammlung suspendiert worden. Kurz zuvor hatte Moskau schon den Rückzug aus der UNWTO angekündigt. Begründet wurde dies mit einer "Politisierung" der Organisation. Der UNWTO mit Sitz in Madrid gehören mehr als 150 Staaten an. Erklärtes Ziel ist die Entwicklung eines verantwortlichen, nachhaltigen und allgemein zugänglichen Tourismus. Dabei soll besonderes Augenmerk auf die Interessen von Entwicklungsländern gelegt werden.

    +++ Angesichts des russischen Angriffs auf die Ukraine sind die osteuropäischen NATO-Staaten dafür, dass das westliche Militärbündnis in seinem neuen strategischen Konzept Russland klar als Bedrohung benennt.

    Man wünsche sich einen entsprechenden Beschluss beim nächsten Nato-Gipfeltreffen in Madrid Ende Juni, wie das Rumäniens Staatspräsident Iohannis bei einem Gipfeltreffen der neun östlichen Nato-Staaten in Rumäniens Hauptstadt Bukarest sagte. Die Staaten begrüßen überdies den geplanten Nato-Beitritt Schwedens und Finnlands. Dies würde die Abschreckunsgwirkung sowie die Ostflanke der Allianz stärken, sagte Iohannis weiter.

    +++ Estland hat aus Protest gegen Äußerungen des russischen Staatschefs Putin zur Geschichte des baltischen Landes den russischen Botschafter einbestellt.

    Das estnische Außenministerium in Tallinn sprach von "völlig inakzeptablen" Äußerungen. Putin hatte den Angriffskrieg gegen die Ukraine mit dem Großen Nordischen Krieg unter Zar Peter I. verglichen und von einer Rückholaktion russischer Erde gesprochen. Peter I. habe das Gebiet um die heutige Millionenstadt St. Petersburg nicht von den Schweden erobert, sondern zurückgewonnen. Gleiches gelte in ähnlicher Weise auch für die erstnische Stadt Narva, die direkt an der Grenze zur Russland liegt.
    Blick auf die russischen Abfertigungsgebäude und die Narwa-Brücke.
    Grenzübergang am russisch-estnischen Grenzübergang Iwangorod-Narva. (pa/akg-images/Ruland)

    +++ Der ukrainische Präsident Selenskyj hat Großbritannien für die Unterstützung im Kampf gegen Russland gedankt.

    Nach einem Treffen mit dem britischen Verteidigungsminister Wallace in Kiew sagte Selenskyj, der Krieg habe gezeigt, wer die wahren Freunde und Partner seien. Gleichzeitig bat er erneut um die Lieferung schwerer Waffen. Großbritannien will der Ukraine Langstreckenraketen-Systeme zur Verfügung stellen und ukrainische Streitkräfte daran ausbilden. Wallace erklärte, die Raketenwerfer sollten es der Ukraine ermöglichen, sich besser gegen die russischen Angreifer zu verteidigen.

    +++ Aus der Ostukraine werden weitere russische Angriffe gemeldet.

    In einem Vorort von Charkiw wurden dabei mindestens zwei Zivilisten verletzt. Rettungskräfte suchen zudem nach weiteren Opfern in Derhatschi, einer Stadt etwa zwölf Kilometer nordwestlich von Charkiw, die in den letzten Wochen wiederholt Ziel von Angriffen war. Nach dem Beschuss waren mehrere Brände in Wohngebäuden ausgebrochen. Der Bürgermeister von Charkiw, Terechow, sagte in einem Fernsehinterview, seine Stadt werde weiterhin regelmäßig mit Bomben und Raketen angegriffen.

    +++ Großbritannien bemüht sich um die Freilassung der beiden britischen Kämpfer, die in der Ostukraine zum Tode verurteilt worden sind.

    Außenministerin Truss sprach darüber mit der ukrainischen Regierung und erklärte, die Männer gehörten zur ukrainischen Armee und müssten deshalb nach internationalem Recht Schutz erhalten. Neben den Briten wurde auch ein Marokkaner zum Tode verurteilt. Nach russischer Auffassung handelt es sich um Söldner, für die die internationalen Konventionen zur Behandlung von Kriegsgefangenen nicht gelten. Die Bundesregierung hatte die Todesurteile gegen die drei ausländischen Kämpfer scharf kritisiert. Ein Sprecher des Auswärtigen Amts sagte in Berlin, die Berichte über die Urteile seien erschütternd. Es zeige sich einmal mehr die volle Missachtung Russlands für elementare Grundsätze des humanitären Völkerrechts.
    Zwei britische Staatsbürger und ein marokkanischer Staatsbürger sitzen hinter Gittern in einem Gerichtssaal in Donezk.
    Das Oberste Gericht der separatistischen Donezker Volksrepublik hat drei ausländische Kämpfer in den Reihen der ukrainischen Streitkräfte als Söldner zum Tode verurteilt. (AP/dpa/dpa-Bildfunk)

    +++ Nach ukrainischen Angaben sterben jeden Tag 100 bis 200 ukrainische Soldaten im Krieg gegen Russland.

    Diese Zahlen nannte der Berater des ukrainischen Präsidenten, Podolyak, der BBC. Präsident Selenskyj hatte in der vergangenen Woche die Zahl der täglichen Kampftoten mit 100 angegeben. Podolyak sagte nun, die Verluste seien gestiegen und führte das auf einen "völligen Mangel an Parität" zwischen den ukrainischen und russischen Streitkräften zurück.

    +++ Bundesgesundheitsminister Lauterbach hat der Ukraine bei der Versorgung von Kriegsopfern umfassende Hilfe aus Deutschland zugesagt.

    Bei einem Besuch in der westukrainischen Stadt Lwiw sprach Lauterbach vom Beginn einer andauernden Zusammenarbeit. Aufgebaut werden sollen demnach etwa Traumazentren für Verletzte sowie spezielle Container-Werkstätten zur Herstellung von Prothesen. Lauterbach erklärte, auf Vermittlung seines Hauses hätten sich zudem rund 200 Chirurgen und Notfallmediziner für einen Einsatz in der Ukraine angeboten.
    Lwiw: Karl Lauterbach (M r, SPD), Bundesminister fuer Gesundheit, besucht das Krankenhaus Rehabilitation Dept of Clinical Emergency Hospital in der ukrainischen Stadt Lwiw (Lemberg) gemeinsam mit dem Gesundheitsminister der Ukraine, Wiktor Ljaschko.
    Karl Lauterbach besucht das Krankenhaus Rehabilitation Dept of Clinical Emergency Hospital in der ukrainischen Stadt Lwiw (dpa/Thomas Koehler/Photothek.De)

    +++ Russische Truppen haben nach Angaben der prorussischen Separatisten die Chemiefabrik Azot in Sjewjerodonezk umzingelt.

    Alle Fluchtwege seien abgeschnitten. Auf dem Gelände könnten sich weiterhin auch Zivilisten aufhalten. Die ukrainische Seite hatte von Hunderten Menschen gesprochen, die die Keller als Luftschutzbunker nutzten.

    +++ Der britische Premierminister Boris Johnson hat sich "entsetzt" über die Todesurteile gegen zwei britische Kämpfer geäußert, die sich in der Ostukraine in der Gefangenschaft prorussischer Separatisten befinden.

    Sein Sprecher sagte, Großbritannien unterstütze die Ukraine in ihren Bemühungen um die Freilassung der beiden Männer. Außenministerin Truss nannte die Urteile nach einem Telefonat mit ihrem ukrainischen Kollegen Kuleba einen "ungeheuerlichen Verstoß gegen die Genfer Konvention".

    +++ Die Bundesregierung hat die Todesurteile gegen drei ausländische Kämpfer in der Ostukraine scharf kritisiert.

    Ein Sprecher des Auswärtigen Amts sagte, die Berichte über die Urteile seien erschütternd. Es zeige sich einmal mehr die volle Missachtung Russlands für elementare Grundsätze des humanitären Völkerrechts. Die beiden Briten und ein Marokkaner waren gestern vom Obersten Gerichtshof der Separatisten in Donezk zum Tode verurteilt worden. Wie die russische Nachrichtenagentur Tass berichtet, sollen sie auf ukrainischer Seite als Söldner an den Kämpfen im Osten des Landes teilgenommen haben.
    Nach ukrainischen Angaben handelt es sich bei den beiden Briten um reguläre Soldaten. Der Gouverneur des Gebiets Luhansk, Hajdaj, sagte: "Alle Leute, die kommen, um auf der ukrainischen Seite zu kämpfen, unterzeichnen Dokumente der Streitkräfte, wodurch sie einen offiziellen Status erlangen. Deshalb unterliegen sie der Genfer Konvention, wenn sie in Kriegsgefangenschaft geraten." Sie dürften deshalb nicht zum Tode verurteilt werden, auch wenn sie keine Ukrainer sind.

    +++ Der britische Verteidigungsminister Wallace hat sich in Kiew mit dem ukrainischen Präsidenten Selenskyj getroffen.

    Wallace sicherte der Ukraine die weitere militärische Hilfe seines Landes zu. Großbritannien ist eines jenes Länder, das der Ukraine mit am meisten Waffen geliefert hat.

    +++ Bundesagrarminister Özdemir hat der Ukraine deutsche Hilfe zum Aufrechterhalten der Landwirtschaft und von Exporten zugesichert.

    Bei seinem Besuch in einem Agrarkolleg in Nemischajewe bei Kiew kündigte Özdemir unter anderem 500 000 Euro zum Ausbau von Laborkapazitäten in Ismajil an der Grenze zu Rumänien an, um die Abfertigung von Agrarexporten zu beschleunigen. Zudem will Deutschland fünf Millionen Euro für Tierarzneimittel bereitstellen.

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    +++ Die Schweiz übernimmt die neuen Sanktionen der EU gegen Russland und Belarus.

    Die Schweiz ist eine der wichtigsten Drehscheiben für den internationalen Ölhandel und übernimmt unter anderem das Öl-Embargo. Die EU-Sanktionen treten mit Übergangsfristen bis Anfang 2023 schrittweise in Kraft.

    +++ Bundeskanzler Scholz hat dem EU-Kandidaten Serbien eine Korrektur seines Russland-Kurses nahegelegt.

    Wenige Stunden vor seinem Serbien-Besuch sagte Scholz, wer Mitglied der Europäischen Union werden wolle, müsse das gesamte Regime, das damit verbunden ist, für sich akzeptieren. Dazu würde auch eine gemeinsame Politik gegenüber anderen Ländern gehören und somit auch jene Sanktionen, die die EU gegen Moskau wegen dessen Angriffskriegs in der Ukraine verhängt hat.

    +++ In der Ostukraine hält die Schlacht um die Industriestadt Sjewjerodonezk an.

    Die ukrainischen Streitkräfte halten nach eigenen Angaben den russischen Angriffen stand. Der Kommandeur des ukrainischen Swoboda-Bataillons der Nationalgarde, Kusyk, erklärte, dass die ukrainischen Truppen in Straßenkämpfen versuchten, die russische Überlegenheit bei Artillerie wettzumachen. Laut Bürgermeister Strjuk befinden sich noch etwa 10.000 Zivilisten in Sjewjerodonezk und damit noch etwa ein Zehntel der Bevölkerung vor Kriegsbeginn. Eine Evakuierung sei wegen der anhaltenden Kämpfe unmöglich.
    Zerstörung in Sjewjerodonezk in der Region Luhansk im Ostern der Ukraine
    Zerstörung in Sjewjerodonezk in der Region Luhansk im Ostern der Ukraine (IMAGO/ITAR-TASS)

    +++ Die Berliner Polizei untersucht drei Fälle von möglichen Kriegsverbrechen in der Ukraine.

    Falls das Landeskriminalamt (LKA) den Anfangsverdacht einer Straftat feststelle und Ermittlungen einleite, werde der Generalbundesanwalt in Karlsruhe informiert, antwortete der Senat auf eine CDU-Anfrage. Die Berliner Polizei erfasse Kriegsverbrechen durch die russische Armee in der Ukraine nur, wenn diese in Berlin konkret angezeigt würden, hieß es weiter. Ukrainische Flüchtlinge würden dazu nicht gezielt befragt. Allerdings soll durch Aushänge und Informationen verstärkt auf die Möglichkeit von Anzeigen aufmerksam gemacht werden.

    +++ Bundesgesundheitsminister Lauterbach hat der Ukraine Hilfe bei der Versorgung von Kriegsopfern zugesagt.

    Lauterbach ist in Lwiw im Westen der Ukraine und hat dort an einer Geberkonferenz für den Aufbau eines Reha-Zentrums für Kriegsversehrte teilgenommen. Er besucht auch mehrere Krankenhäuser. Ziel ist es nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums, die Ukraine beim Aufbau von Trauma-Zentren für Verletzte, bei der Versorgung mit Prothesen und beim Einsatz von deutschen Ärztinnen und Ärzten zu unterstützen.

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    +++ Die ukrainische Armee hat nach eigenen Angaben russische Militärstellungen in der Region Cherson angegriffen.

    Die Luftwaffe habe Angriffe auf Standorte mit Ausrüstung und Personal sowie Felddepots in der Nähe von fünf Ortschaften in der Region geflogen, teilte der Generalstab der ukrainischen Armee mit. Die Region Cherson im Süden des Landes wird seit den ersten Tagen der russischen Invasion nahezu vollständig von russischen Truppen kontrolliert. Kiew befürchtet, dass Moskau dort demnächst ein Referendum über einen Anschluss an Russland abhalten könnte. Die Ukraine hat eine Offensive zur Rückeroberung des Gebiets gestartet.

    +++ Baustahl aus der Ukraine und Russland ist knapp.

    Die Materialknappheit auf deutschen Baustellen hat laut einer Umfrage des Ifo-Instituts ihren höchsten Stand seit 1991 erreicht. Die Materialpreise legten infolge der Knappheit und höheren Energiekosten weiter zu. Vor allem Baustahl, der oft aus Russland oder der Ukraine kommt, fehlt.

    +++ Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik BSI darf zunächst weiter vor der Virenschutzsoftware des russischen Anbieters Kaspersky warnen.

    Das Bundesverfassungsgericht hat eine Klage der deutschen Kaspersky-Tochtergesellschaft abgewiesen. Das Verfassungsgericht befand, dass sich zunächst einmal Fachgerichte mit der Frage befassen müssten, ob und inwieweit die Virenschutzsoftware Sicherheit biete. Das BSI empfiehlt vor dem Hintergrund des russischen Angriffs auf die Ukraine, die Kaspersky-Software durch Alternativen zu ersetzen. Es bestehe ein erhebliches Risiko eines IT-Angriffs.

    +++ Der frühere Nato-Generalsekretär Rasmussen betrachtet den russischen Einmarsch in die Ukraine als eine Fortsetzung der Besetzung der Schwarzmeer-Halbinsel Krim.

    In Kopenhagen sagte Rasmussen: "Eigentlich hätten wir nicht überrascht sein dürfen." Dieser Weg sei unter anderem in Putins Reden klar geworden, in denen er der Ukraine des Existenzrecht abgesprochen habe, aber auch in der Tötung von Dissidenten und politischen Gegnern und vor allem in der Krim-Invasion 2014. Damals habe man nicht stark genug reagiert. "Wir haben die Lektionen der Geschichte nicht gelernt: Diktatoren zu beschwichtigen führt nicht zu Frieden. Es führt zu Krieg und Konflikt."

    +++ Das Milliarden-Programm zur Aufrüstung der Bundeswehr kann anlaufen.

    Nach dem Bundestag hat auch der Bundesrat die dazu notwendige Änderung des Grundgesetzes beschlossen. Damit dürfen unter Umgehung der Schuldenbremse Kredite von 100 Milliarden Euro aufgenommen werden, um die Streitkräfte besser auszurüsten.
    Berlin: Die Abgeordneten der Länder nehmen im Bundesrat an einer Sitzung teil.
    Berlin: Die Abgeordneten der Länder nehmen im Bundesrat an einer Sitzung teil. (dpa/Wolfgang Kumm)

    +++ Bundeskanzler Scholz besucht von heute an zwei Tage lang den Balkan.

    Neben Nordmazedonien, Bulgarien und dem griechischen Thessaloniki führt die Reise auch in das Kosovo, wo er am Vormittag eintraf. Thema von Scholz' Balkan-Reise sind unter anderem die Versuche Russlands vor dem Hintergrund des Ukraine-Kriegs, seinen Einfluss in der Region des ehemaligen Jugoslawiens auszuweiten.

    +++ Bundeslandwirtschaftsminister Özdemir ist nach Kiew gereist.

    Bundesagrarminister Özdemir (Grüne) ist zu einem Besuch in der Ukraine eingetroffen. Vor einem Treffen mit dem ukrainischen Ressortchef Solskyj sagte er in Kiew, es gehe bei seinem Besuch auch um ein Zeichen der Solidarität. Nach den Beratungen will Özdemir Landwirtschaftsbetriebe besuchen, um sich ein Bild von der Lage auf den Höfen und dem aktuellen Bedarf der ukrainischen Agrarbranche zu machen. Auch sein Kabinettskollege, Bundesgesundheitsminister Lauterbach (SPD), ist in die Ukraine gereist. In Lwiw im Westen des Landes will er zunächst an einer Geberkonferenz für den Aufbau eines Rehazentrums für Kriegsopfer teilnehmen und anschließend Krankenhäuser besuchen.
    Kiew: Cem Özdemir (Bündnis 90/Die Grünen), Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft, steht vor dem Landwirtschaftsministerium.
    Kiew: Cem Özdemir (Bündnis 90/Die Grünen), Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft, steht vor dem Landwirtschaftsministerium. (dpa/Andreas Stein)

    +++ Der ukrainische Botschafter will mehr Klarheit bei Waffenlieferungen.

    Die Ukraine hat demnach noch keine Auskunft aus Deutschland bekommen, wann ihr die kürzlich von der Bundesregierung zugesagten Waffen zum Abwehrkampf gegen die russische Invasion geliefert werden. Es gebe bisher keinerlei Klarheit, wann die Mehrfachraketenwerfer aus Beständen der Bundeswehr übergeben werden, sagte der Botschafter in Deutschland, Melnyk, dem Berliner "Tagesspiegel". Man erwarte, dass die Ampel dieses Versprechen zügig erfülle, weil die Truppen dieses Waffensystem am dringlichsten bräuchten, um die ukrainische Zivilbevölkerung vor "barbarischen Angriffen" Russlands zu schützen.

    Die bisherigen Entwicklungen im Ukraine-Krieg finden Sie hier.