Montag, 20. Mai 2024

Newsblog zum Ukraine-Krieg
Die Entwicklungen vom 5. bis 8. Juni 2023

Seit dem 21. Februar 2022 halten wir in einem Newsblog fest, wie sich der Krieg in der Ukraine entwickelt. In diesem Archiv können Sie die bisherigen Entwicklungen nachvollziehen.

09.06.2023
    Das Foto zeigt überflutete Straßen von Cherson in der Ukraine. Es sind fast nur noch die Dächer zu sehen.
    Nach dem Staudammbruch am Fluss Dnipro in der Ukraine steigen die Pegel weiter an. (AP / Libkos)
    Zu den aktuellen Entwicklungen geht es hier.

    Donnerstag, 8. Juni

    +++ Nach der Zerstörung des Kachowka-Staudamms in der Ukraine hat der ukrainische Energieminister europäische Partner gebeten, größere Mengen Strom an sein Land zu liefern.

    "Wir bitten Europa, die Obergrenze für Stromimporte von derzeit einem Gigawatt auf zwei Gigawatt zu erhöhen", sagte Herman Haluschtschenko am Donnerstag in einem Interview mit der Nachrichtenagentur AFP. Die derzeitige Obergrenze für den Import von europäischem Strom in die Ukraine liege bei "1050 Megawatt", sagte Haluschtschenko am Rande einer Tagung der Internationalen Energieagentur (IEA) in Versailles zum Thema Energiepolitik. Die Leitungen "ermöglichen es uns, bis zu zwei Gigawatt Strom zu importieren" fügte er hinzu.

    +++ NATO-Generalsekretär Stoltenberg hat die Mitgliedsstaaten aufgerufen, den Opfern der Überflutungen in der Ukraine schnell Unterstützung zukommen zulassen.

    Der Aufruf erfolgte während einer Dringlichkeitssitzung der Bündnispartner wegen der Teilzerstörung des Kachowka-Staudamms in der Südukraine. Per Videoschaltung nahm auch der ukrainische Außenminister Kuleba an der Sitzung teil. Stoltenberg erklärte, die Folgen seien für tausende Menschen und für die Umwelt dramatisch. Viele NATO-Staaten hätten der Ukraine im Zuge des russischen Angriffskrieges bereits wichtige Hilfsgüter bereitgestellt, darunter Wasserfilter, Pumpen, Generatoren und Ausrüstung für Notunterkünfte.

    +++ Die ukrainische Armee hat nach russischer Darstellung einen Vorstoß an der Front in Saporischschja unternommen.

    Der umfangreiche Angriff sei zurückgeschlagen worden, meldet die Nachrichtenagentur Tass unter Berufung auf einen hochrangigen russischen Kommandeur, der Präsident Wladimir Putin Bericht über die Lage in der Region erstattet habe. Die Nachrichtenagentur Interfax bezeichnete den Vorstoß als versuchten Überraschungsangriff. Die Angaben können von unabhängiger Seite nicht überprüft werden. Eine ukrainische Stellungnahme liegt nicht vor.

    +++ Das ukrainische Militär weist einen US-Medienbericht zurück, wonach die Regierung in Kiew mit der lange erwarteten Gegenoffensive begonnen habe.

    "Uns liegen keine derartigen Informationen vor", sagt ein Sprecher des ukrainischen Generalstabs der Nachrichtenagentur Reuters. Zu Angaben auf der Basis von anonymen Quellen nehme man nicht Stellung. Zuvor berichtete der Sender NBC News unter Berufung auf nicht namentlich genannte Militärvertreter, die Offensive habe begonnen.

    +++ Bundeskanzler Olaf Scholz hofft, dass zum Nato-Gipfel in Vilnius im Juli auch Schweden dem westlichen Verteidigungsbündnis beitreten kann.

    Von dem Gipfel solle ein Signal der Geschlossenheit ausgehen, sagte er bei einem Treffen mit der italienischen Ministerpräsidentin Giorgia Meloni. Hintergrund ist der anhaltende Widerstand der Türkei gegen einen schwedischen Beitritt.
    Das Foto zeigt Bundeskanzler Olaf Scholz und Giorgia Meloni, Ministerpräsidentin von Italien. Die beiden Politiker posieren für ein Foto. Scholz reicht Meloni die Hand.
    Bundeskanzler Olaf Scholz und Giorgia Meloni, Ministerpräsidentin von Italien. (Michael Kappeler / dpa / Michael Kappeler)

    +++ Anders als der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj will Russlands Staatschef Wladimir Putin zumindest vorerst nicht in das nach der Staudamm-Zerstörung überflutete südukrainische Gebiet Cherson reisen.

    "Nein, derzeit gibt es keine solchen Pläne", sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Donnerstag der Agentur Interfax zufolge auf eine entsprechende Frage von Journalisten. In Cherson ist die von russischen Truppen besetzte linke Seite des Flusses Dnipro besonders schlimm von den Hochwassern betroffen, die der Bruch des wichtigen Kachowka-Staudamms ausgelöst hat. Peskow warf unterdessen der ukrainischen Seite vor, die russischen Evakuierungsarbeiten durch anhaltenden Beschuss von der rechten Flussseite aus zu behindern. Zuvor hatte Kiew ähnliche Vorwürfe gegen die Russen erhoben.

    +++ Bundestagspräsidentin Bas hat nach den Überschwemmungen durch den zerstörten Kachowka-Staudamm zu mehr europäischem Engagement für die Ukraine aufgerufen.

    Nach einem Besuch bei der lettischen Parlamentspräsidentin Smiltens in Riga sagte Bas, Europa müsse jetzt sehr stark mithelfen. Deutschland leiste bereits Unterstützung durch das Technische Hilfswerk, das Material in die Überschwemmungsgebiete liefere. "Aber ich denke, es wird im Nachgang sicherlich auch noch mehr Unterstützung brauchen", betonte Bas. Smiltens sagte, die lettische Regierung und die Stadt Riga hätten bereits Hilfe im Wert von einer halben Million Euro bereitgestellt.
    Das Foto zeigt Bärbel Bas (SPD), Bundestagspräsidentin.
    Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (Michael Kappeler / dpa / Michael Kappeler)

    +++ Das Atomkraftwerk Saporischschja füllt seine Kühlwasserreserven mit Wasser aus dem Reservoir des Kachowka-Staudamms.

    Das sei nötig, falls infolge der Zerstörung des Kachowka-Staudamms und des Ablaufens riesiger Wassermengen bald kein Wasser mehr aus dem dahinter liegenden Reservoir gepumpt werden könne, teilte der Chef der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), Grossi, mit. Das von Russland besetzte Kraftwerk liegt am nördlichen Ende des Stausees. Das Absenken des Pegelstands hatte sich nach seinen Angaben am Mittwoch leicht verlangsamt. Wenn der Pegel weiter sinke, könne kein Wasser mehr auf das Gelände des Kraftwerks gepumpt werden. Grossi schloss nicht aus, das der Pegel innerhalb von wenigen Tagen unter die kritische Marke sinken könnte. Wenn die Reserve-Becken voll seien, reiche das Wasser zur Kühlung der sechs Reaktoren für mehrere Monate.
    Blick auf das ukrainische Atomkraftwerk Saporischschja
    Das ukrainische Atomkraftwerk Saporischschja (picture alliance / dpa / Tass / Erik Romanenko)

    +++ Der südafrikanische Präsident Ramaphosa hat Russlands Präsident Putin über eine geplante afrikanische Friedensinitiative informiert.

    Nach einem Telefonat mit Putin habe dieser das Vorhaben begrüßt und seinen Wunsch zum Ausdruck gebracht, eine Delegation afrikanischer Staats- und Regierungschefs zu empfangen. Das teilte das südafrikanische Präsidialamt mit. Ein Sprecher Ramaphosas hatte gestern gesagt, dass für den Besuch noch kein Datum festgesetzt worden sei. Im Mai hatte er der Nachrichtenagentur Reuters gesagt, es werde damit gerechnet, dass die Delegation noch im Juni in die Ukraine und nach Russland reisen werde, um zu versuchen beide Seiten zur Einstellung der Feindseligkeiten zu bewegen. Ende Juli ist zudem ein Russland-Afrika-Gipfel in St. Petersburg geplant.
    Der südafrikanische Staatschefs Cyril Ramaphosa
    Der südafrikanische Staatschefs Cyril Ramaphosa (imago/Xinhua)

    +++ Russland hat nach eigenen Angaben keinen Zugang zu dem beschädigten Teil einer ukrainischen Ammoniak-Pipeline.

    Nach Angaben des russischen Industrie- und Handelsminister Manturow sei auch nicht damit zu rechnen, dass sich daran etwas ändere. Das sagte der Minister der Nachrichtenagentur Interfax. Kreml-Sprecher Peskow bekräftigte die russische Forderung, dass eine Wiederinbetriebnahme der Pipeline von großer Bedeutung für eine Verlängerung des Getreide-Abkommens sei. Russland und die Ukraine haben kürzlich Schäden an einem Pipeline-Abschnitt gemeldet, der durch die Frontlinie in der nordostukrainischen Region Charkiw verläuft. Beide Seiten machen sich gegenseitig verantwortlich für die Zerstörungen an der längsten Ammoniak-Leitung der Welt verantwortlich.

    +++ Im Osten der Ukraine gibt es nach Informationen des britischen Geheimdienstes an mehreren Frontabschnitten weiter heftige Gefechte.

    In den meisten Fällen greife das ukrainische Militär an, heißt es im täglichen Geheimdienstbericht, der in London veröffentlicht wurde. Auf russischer Seite hätten tschetschenische Einheiten erfolglos versucht, den Ort Marjiwka nahe Donezk einzunehmen. In der Stadt Ukrajinsk wurden durch russischen Beschuss nach Angaben der örtlichen Behörden drei Zivilisten getötet und fünf verletzt.
    Ukrainische Soldaten feuern auf einem Feld eine Rakete ab
    Ukrainische Soldaten feuern auf einem Feld eine Rakete ab (imago images / NurPhoto / Dmytro Smolienko)

    +++ Nach der Zerstörung des Kachowka-Staudamms im Süden der Ukraine hat deren Präsident Selenskyj das überschwemmte Gebiet besucht.

    Selenskyj erklärte per Telegram, er habe sich in der Region Cherson über die Lage und die andauernden Rettungsarbeiten informiert. Zuvor hatte der Präsident eine internationale Untersuchung der Damm-Zerstörung nach einer Rückeroberung des Gebiets angekündigt. In der von der Ukraine gehaltenen Region westlich des Flusses Dnipro gingen die Evakuierungen weiter. Helfer in Booten holten hunderte Menschen von den Dächern ihrer Häuser. Außerdem brachten die Einsatzkräfte Trinkwasser in das Gebiet. Nach Angaben des Gouverneurs von Cherson ist insgesamt eine Fläche von etwa 600 Quadratkilometern überflutet; fast 70 Prozent davon auf der russisch besetzten Seite östlich des Dnipro. Auch dort gingen die Rettungsaktionen weiter.
    Der ukrainische Präsident Selenskyj im Flutgebiet in der Region Cherson
    Der ukrainische Präsident Selenskyj im Flutgebiet in der Region Cherson (IMAGO / Cover-Images / IMAGO)

    +++ Das Technische Hilfswerk schickt Hilfsgüter in die ukrainische Flutregion.

    Nach der Zerstörung des Kachowka-Staudamms hat das THW acht Lastwagen mit Hilfsgütern in Richtung Ukraine geschickt. Sie würden dort am Freitag oder Samstag erwartet, sagte THW-Präsident Friedsam im ARD-Fernsehen. Zunächst würden Trinkwasserfilter und Stromgeneratoren geliefert. Außerdem sende man Material wie Zelte, Decken und Feldbetten. Friedsam wies darauf hin, dass Minen und Munitionsreste eine besondere Gefahr in der ukrainischen Flutregion, auch für die Helfer, darstellten.
    Rettungskräfte evakuieren eine ältere Frau aus einem überfluteten Viertel. Zwei Männer helfen ihr beim Aussteigen aus einem Boot.
    Die ukrainische Regierung fordert mehr internationale Hilfe bei der Versorgung der Bevölkerung. (Evgeniy Maloletka / AP / Evgeniy Maloletka)

    +++ NATO-Generalsekretär Stoltenberg hat für heute eine Krisensitzung wegen der Staudamm-Zerstörung angesetzt.

    Der ukrainische Außenminister Kuleba soll per Videoschalte an dem Treffen der NATO-Ukraine-Kommission teilnehmen. Kuleba zufolge findet die Sitzung auf seine Bitte hin statt. Die Ukraine und Russland machen sich gegenseitig für die Explosion verantwortlich, die den am Dnipro-Fluss gelegenen Staudamm in der Nacht zum Dienstag teilweise zerstört hatte.

    +++ Bundespräsident Steinmeier hat bei der Eröffnung des evangelischen Kirchentages die Unterstützung der Ukraine mit Waffen verteidigt.

    "Auch ich hätte mir nicht vorstellen können, dass ich einmal sagen würde: Neben all den anderen Anstrengungen, es ist auch Zeit für Waffen", sagte er. Die Bilder und Nachrichten aus der Ukraine seien unerträglich. "Aber wir dürfen nicht so tun, als gäbe es einfache Lösungen", warnte der Bundespräsident zu Beginn des 38. Deutschen Evangelischen Kirchentages in Nürnberg. Wenn Russland seine Soldaten zurückziehe, dann sei der Krieg zu Ende. Wenn die Ukraine ihre Verteidigung einstelle, dann sei das das Ende der Ukraine, fügte er unter dem Applaus der 20.000 Besucher der Eröffnungsfeier auf dem Nürnberger Hauptmarkt hinzu.

    +++ Der ukrainische Präsident Selenskyj bestreitet eine Beteiligung seiner Regierung an der Sabotage der Nord-Stream-Pipelines.

    In einem Interview mit den Zeitungen von "Welt", "Bild" und "Politico" sagte er, er sei Präsident und er gebe entsprechende Befehle. Nichts dergleichen habe die Ukraine getan. Er würde nie so handeln. Angesprochen auf einen entsprechenden Artikel der "Washington Post" forderte er Beweise für eine ukrainische Beteiligung an den Sabotage-Aktionen bei den Gaspipelines Nord Stream 1 und 2.
    Die Aufnahme des dänischen Militärs zeigt ein Leck an der Gaspipeline Nord Stream 2 in der Ostsee.
    Aufsteigende Blasen: Die Aufnahme des dänischen Militärs zeigt ein Leck an der Gaspipeline Nord Stream 2 in der Ostsee. (Imago / Danish Defence)

    Mittwoch, 7. Juni

    +++ Die Ukraine hat ihre Gegenoffensive zur Rückeroberung der von Russland besetzten Gebiete noch nicht gestartet.

    Das sagte der Sekretär des Nationalen Sicherheitsrates, Danilow, der Nachrichtenagentur Reuters. Ihm zufolge hat die erwartete ukrainische Gegenoffensive noch nicht begonnen. Die Entscheidung über den Zeitpunkt der Gegenoffensive werde von dem ukrainischen Militär getroffen. Laut Danilow haben die russischen Truppen lokale ukrainische Vorstöße an einigen Frontabschnitten mit dem Beginn der geplanten Gegenoffensive verwechselt. Wenn sie wirklich beginne, werde man es sehen, sagte er.

    +++ Durch die Staudamm-Zerstörung sind mehr als 20 Kulturstätten bedroht.

    Das ukrainische Kulturministerium veröffentlichte eine Liste der Kulturobjekte, die durch die Flutwellen beschädigt oder gänzlich ruiniert sein sollen. Die meisten davon befinden sich demnach auf der südlichen, von Russland besetzten, Seite des Dnipro-Flusses. Den Angaben des Ministeriums zufolge gehören zu den gefährdeten Objekten unter anderem die im 14. Jahrhundert gegründete Festung Tjahyn oder die sogenannte Ponjatiwske-Siedlung der Eisenzeit (4. Jahrhundert v. Chr.). Über Schäden in den Museen in Cherson sei nichts bekannt.

    +++ In der ukrainischen Hauptstadt Kiew sind die meisten Schutzräume ungeeignet

    Das teilte der ukrainische Minister für strategische Industrien, Kamyschyn, mit. Er war von präsident Selenskyj beauftragt worden, die Schutzräume zu kontrollieren. Demnach wurden bisher knapp 3.400 von ihnen überprüft - etwa 73 % des gesamten Bestands an Schutzräumen in Kiew. 35 % davon sind demnach für den Betrieb nicht geeignet. Die weiteren 65 % der Schutzräume könnten nur bedingt genutzt werden. Die ukrainische Regierung hatte eine Inspektion aller Schutzräume in der Ukraine angeordnet, nachdem am 1. Juni in Kiew drei Menschen durch herabstürzende Raketensplitter getötet wurden. Berichten von Augenzeugen zufolge starben die Opfer vor geschlossenen Türen eines Schutzraums in Kiew, in dem sie in der Nacht Schutz suchen wollten.

    +++ Der ukrainische Energienetzbetreiber Ukrenergo hat die ukrainische Bevölkerung zum Stromsparen aufgerufen.

    Wie das Unternehmen auf Telegramm mitteilte, reicht die Stromproduktion derzeit zwar aus, um den Bedarf zu decken. Nach der Zerstörung des Kachowka-Wasserkraftwerkes in der Region Cherson seien die anderen Kraftwerken aber stärker belastet. Deshalb seien seien langfristig mehr Reparaturen zu erwarten. Der Energiebetreiber ruft die Menschen in der Ukraine dringend dazu auf, das Stromnetz während der Spitzenzeiten von 19:00 bis 22:00 Uhr nicht zu überlasten. Nach ukrainischen Angaben sind aktuell in der Region Cherson 20.000 Verbraucherinnen und Verbraucher ohne Strom.
    Vor der Besetzung durch russische Truppen produzierte das Wasserkraftwerk in Nowa Kachowka durchschnittlich 1,5 bis 2 Milliarden kWh Strom pro Jahr. Seit Oktober 2022 wurde Strom nicht mehr in das ukrainische Stromnetz eingespeist, weil die Region unter russischer Kontrolle stand.

    +++ Russland greift die Grenzregion Sumy an.

    Die russischen Truppen haben in der Nacht die Grenzregion Sumy mit Drohnen angegriffen. Das teilte die ukrainische Generalstaatsanwaltschaft auf Telegram mit. Nach ihren Angaben ist eine Kamikaze-Drohne des Typs Shahed in ein Einfamilienhaus eingeschlagen. Zwei Menschen seien dadurch getötet worden. Eine Person wurde verletzt. Das Grenzgebiet stand nach Angaben der regionalen Militärverwaltung in der Nacht viermal unter Beschuss.

    +++ Ukrainische Truppen kommen nahe der stark umkämpften Stadt Bachmut offenbar weiter voran.

    Das ukrainische Verteidigungsministerium sprach von Vorstößen an der Front von bis zu rund einem Kilometer. Das russische Verteidigungsministerium wies diese Meldungen zurück. Widersprüchliche Angaben gibt es auch beim Angrifff auf eine Ammoniak-Pipeline in der ukrainischen Region Charkiw. Russland beschuldigt die Ukraine, die Pipeline gesprengt zu haben. Zuvor hatte die Ukraine den Beschuss der Pipeline durch russische Truppen gemeldet.

    +++ In Teilen der südukrainischen Oblast Cherson sind nach Angaben der Besatzungsverwaltung wegen des Bruchs des Kachowka-Staudammes einige russische Minenfelder überflutet worden.

    Das erklärte der von Russland eingesetzte Gouverneur der besetzten Gebiete in Cherson, Saldo, laut Staatsmedien. Die frei gespülten Minen könnten von den Wassermassen unkontrolliert verbreitet werden und beim Aufprall auf Bäume oder Gebäude detonieren, hieß es.

    +++ Der Bruch des Kachowka-Staudammes und die Überschwemmungen haben nach Angaben des ukrainischen Präsidenten Selenskyj Auswirkungen auf die Trinkwasserversorgung.

    "Die Zerstörung eines der größten Wasserreservoirs der Ukraine ist absolut vorsätzlich geschehen", teilte Selenskyj auf Telegram mit. "Hunderttausende Menschen haben keinen normalen Zugang zu Trinkwasser."

    +++ Nach der Zerstörung des Kachowka-Staudamms in der Südukraine sind die Weltmarktpreise für Weizen und Mais in die Höhe geschnellt.

    An der Börse Chicago Mercantile Exchange zogen die Notierungen im frühen Handel um 2,4 Prozent auf 6,39 US-Dollar je Scheffel (rund 27 Kilogramm) an. Mais wurde mehr als ein Prozent teurer gehandelt. Der Dammbruch ließ an den Märkten die Sorge aufkommen, dass die Lieferungen von Weizen, Gerste, Mais und Sonnenblumenöl aus der Ukraine an Entwicklungsländer unterbrochen werden könnten. In der Südukraine gibt es riesige landwirtschaftliche Flächen, die durch die Wassermassen womöglich in Mitleidenschaft gezogen werden. Einem ehemaligen Chefökonom des US-Landwirtschaftsministeriums zufolge wurde in diesem Gebiet zuletzt jedoch weniger Weizen angebaut, weil es in der Nähe der Front liege.

    +++ UNO-Nothilfekoordinator Griffiths hat die Zerstörung des Kachowka-Staudamms in der Ukraine als Katastrophe mit weitreichenden Folgen bezeichnet und rasche Hilfe in Aussicht gestellt.

    Griffiths sagte vor dem UNO-Sicherheitsrat in New York, es handle sich womöglich um den schwerwiegendsten Schaden an der zivilen Infrastruktur seit Beginn der russischen Invasion im Februar 2022. Betroffen seien tausende Menschen, und zwar auf beiden Seiten der Frontlinie. Die UNO und humanitäre Organisationen bereiteten sich auf Einsätze vor. Die erste Nothilfe laufe bereits, um Menschen mit Trinkwasser, Bargeld und psychologischer Betreuung zu unterstützen. Der EU-Außenbeauftragte Borrell sicherte der Ukraine Unterstützung im Rahmen des Katastrophenschutzverfahrens zu. Deutschland, Frankreich und Großbritannien wollen ebenfalls Hilfe bereitstellen.
    Martin Griffiths, UNO-Nothilfekoordinator, spricht während einer Pressekonferenz am europäischen Hauptsitz der Vereinten Nationen (UNO).
    Martin Griffiths, UNO-Nothilfekoordinator (Martial Trezzini/KEYSTONE/dpa)

    +++ Der ukrainische Präsident Selenskyj hat nach eigenen Angaben ein Angebot für F-16 Kampfjets erhalten.

    "Unsere Partner wissen, wie viele Flugzeuge wir brauchen", erklärte Selenskyj auf seiner Website. "Ich habe von einigen unserer europäischen Partner bereits ein Übereinkommen für die Anzahl erhalten. Es ist ein ernsthaftes, überzeugendes Angebot." Die Regierung in Kiew warte nun auf eine endgültige Vereinbarung mit seinen Verbündeten, einschließlich "eines gemeinsamen Abkommens mit den Vereinigten Staaten." Unklar ist, welche Länder der Ukraine die Kampfjets zur Verfügung stellen wollen.

    +++ Aus Sicht des CDU-Verteidigungsexperten Kiesewetter muss die Ukraine befähigt werden, russische Versorgungslinien zu zerstören.

    Jetzt komme es darauf an, dass die Bundesregierung die "F16"-Allianz aus Großbritannien, den Niederlanden und Dänemark unterstütze, betonte Kiesewetter im Deutschlandfunk. Dies könne etwa durch logistische Hilfe oder Ausbildung erfolgen.

    +++ Die US-Regierung hat nach eigenen Angaben keine belastbaren Erkenntnisse darüber, wer für die Zerstörung des Kachowka-Staudamms in der Ukraine verantwortlich ist.

    Der stellvertretende UNO-Botschafter Wood erklärte vor einer Dringlichkeitssitzung des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen in New York, man sei sich alles andere als sicher. Er sagte aber auch, es ergebe wenig Sinn, dass die Ukraine das eigene Land überflute und zehntausende Menschen zwinge, ihre Häuser zu verlassen. UNO-Generalsekretär Guterres hatte zuvor ebenfalls erklärt, keine unabhängigen Informationen über die Zerstörung des Damms zu haben. Es handle sich dessen ungeachtet aber um eine weitere, verheerende Folge des russischen Angriffs auf die Ukraine.

    Dienstag, 6. Juni

    +++ Nach dem Dammbruch in der südlichen Ukraine mit verheerenden Überschwemmungen weisen Russland und die Ukraine sich gegenseitig die Schuld zu.

    Der ukrainische Präsident Selenskyj sprach von einer absichtlichen Tat Russlands. Dessen Truppen hätten den Damm "vermint" und dann "gesprengt". Der Kreml hingegen warf Kiew "vorsätzliche Sabotage" vor. Manche von Russland eingesetzte Lokalfunktionäre in den besetzten Gebieten, die teils ebenfalls überflutet sind, sprechen von einem Einsturz ohne Fremdeinwirkung. Die US-Regierung überprüft nach eigenen Angaben Berichte, wonach Russland die Explosion herbeigeführt habe. Man versuche immer noch zu beurteilen, was passiert sei, sagte der Sprecher des Weißen Hauses, Kirby.

    +++ Seit dem Bruch der Staumauer in den frühen Morgenstunden ergießt sich das Wasser des größten Stausees der Ukraine auf die flussabwärts gelegenen Gebiete.

    Zehntausende Menschen müssen in Sicherheit gebracht werden, es werden viele Tote und Verletzte sowie große Umweltschäden befürchtet. Auch wird vor großen Auswirkungen auf die Versorgung mit Trinkwasser und Energie gewarnt.
    Eine Frau watet durch knietiefes Wasser, im Hintergrund sind Häuser und Bäume zu sehen.
    Das Wasser aus dem Kachowka-Stausee hat große Gebiete flussabwärts am Dnipro überschwemmt. (picture alliance / ASSOCIATED PRESS / Evgeniy Maloletka)

    +++ Auch der ukrainische Präsident Selenskyj sieht Russland als Verantwortlichen für die Zerstörung des Kachowka-Staudamms.

    Russland habe eine ökologische Massenvernichtungswaffe gezündet, sagte Selenskyj bei einer Sicherheitskonferenz in Bratislava, an der er per Video teilnahm. Vorwürfe aus dem Kreml, die Ukraine sei für die Zerstörung des Staudamms verantwortlich, wies Selenskyj zurück.
    Selenskyj in Nahaufnahme, er schaut entschlossen und hebt die Hand etwas.
    Der ukrainische Präsident Selenskyj (picture alliance / ASSOCIATED PRESS / Carl Court)

    +++ Westliche Politiker machen Russland für die Zerstörung des Kachowka-Staudamms verantwortlich.

    Der EU-Außenbeauftragte Borrell erklärte, Russlands Angriffe gegen die zivile kritische Infrastruktur der Ukraine hätten ein noch nie dagewesenes Ausmaß erreicht. Bundeskanzler Scholz sprach ebenfalls von einer neuen Dimension des Kriegs. Bundesaußenministerin Baerbock sagte bei ihrer Lateinamerika-Reise im brasilianischen São Paulo, für diese menschengemachte Umweltkatastrophe gebe es nur einen Verantwortlichen: der verbrecherische Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine.
    Der ukrainische Sonderbotschafter Korynevych nannte die Explosion vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag ein Kriegsverbrechen. Die von Russland besetzte Stadt Nowa Kachowka ist russischen Angaben zufolge inzwischen vollständig überflutet.
    Das Foto zeigt den zerstörten Kachowka-Staudamm in der Ukraine.
    Der Kachowka-Staudamm wurde in den frühen Morgenstunden zerstört. (AFP / Energoatom)

    +++ Durch die Zerstörung des Kachowka-Staudamms sind nach Angaben der ukrainischen Führung mindestens 150 Tonnen Maschinenöl in den Fluss Dnipro gelangt.

    300 weitere Tonnen Öl drohten noch auszulaufen, hieß es am Rande einer von Präsident Selenskyj einberufenen Sitzung des nationalen Sicherheitsrats. Der Gouverneur des Verwaltungsgebiets Cherson, Prokudin, berichtete von acht ganz oder teilweise überfluteten Ortschaften.
    Ukraine: Dieses von Maxar Technologies über AP zur Verfügung gestellte Satellitenbild zeigt den zerstörten Kachowka-Staudamm. Im von Russland besetzten Teil der südukrainischen Region Cherson ist nach Angaben der Kriegsparteien ein wichtiger Staudamm nahe der Front schwer beschädigt worden.
    Der zerstörte Kachowka-Staudamm in der Ukraine. (Uncredited/Maxar Technologies/AP/dpa)

    +++ Die Europäische Union verurteilt die Zerstörung des Kachowka-Staudammes.

    Dies sei ein weiteres Beispiel für die "barbarische Aggression" Russlands gegen die Ukraine, sagte der Sprecher der EU-Kommission, Peter Stano, in Brüssel. Er spach von einem neuen Zeichen der Eskalation.

    +++ Die Ukraine fordert wegen der Zerstörung des Kachowka-Staudammes eine Dringlichkeitssitzung des UNO-Sicherheitsrates.

    Dort müsse der "russische Terrorangriff" beraten werden, forderte das Außenministerium. Es verlangte zudem weitere Sanktionen gegen Russland, die insbesondere die russische Raketenindustrie und den Atombereich treffen sollten.

    +++ Nach einer schweren Explosion an einem Staudamm am Fluss Dnipro im Süden der Ukraine ist das angrenzende Wasserkraftwerk nach Angaben aus der Ukraine und Russland zerstört.

    Der von Russland eingesetzte Bürgermeister Wladimir Leontjew sagte im russischen Staatsfernsehen, es sei "offensichtlich", dass das Kraftwerk nicht mehr repariert werden könne. Der ukrainische Betreiber der Anlage sprach von kompletter Zerstörung des Staudamms Nowa Kachowka. Die Ukraine und Russland machten sich gegenseitig verantwortlich. Der 30 Meter hohe und 3,2 Kilometer lange Damm wurde 1956 am Fluss Dnipro als Teil des Wasserkraftwerks errichtet.

    +++ Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sprach nach Zerstörung des Damms von "russischen Terroristen".

    "Die Zerstörung des Staudamms des Wasserkraftwerks Kachowka bestätigt der ganzen Welt nur, dass sie aus jedem Winkel des ukrainischen Landes vertrieben werden müssen", schrieb Selenskyj bei Twitter. Er habe den Nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrat einberufen.
    Der Kreml bezichtigte die Ukraine der Zerstörung des Staudamms. Es handele sich um Sabotage der ukrainischen Seite, die auf Befehl des Kiewer Regimes geplant und ausgeführt worden sei, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow. Beweise für die Anschuldigungen legte er nicht vor.

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    +++ 16.000 Menschen in der Ukraine befinden sich laut örtlichen Behörden nach der Zerstörung des Damms in einer "kritischen Zone".

    Befürchtet wird, dass der Bruch des Staudamms in der umkämpften Region Cherson massive Überschwemmungen auslöst. Erste Ortschaften sind bereits überflutet. Der ukrainische Ministerpräsident Denys Schmyhal sprach von einer Gefahr für bis zu 80 Siedlungen. Die Zerstörung werde zu einer Umweltkatastrophe führen. Der Militärgouverneur des Gebiets, Olexander Prokudin, warnte, binnen fünf Stunden könne der Wasserstand eine kritische Höhe erreichen. Das ukrainische Militär begann auf der linken Seite des Flusses Dnipro - wo auch die von den Ukrainern befreite Gebietshauptstadt Cherson liegt - mit Evakuierungen.

    +++ Nach Angaben der Ukraine hat die Zerstörung des Kachowka-Staudamms das Ziel, Hindernisse für die geplante ukrainische Großoffensive zu schaffen.

    Das schrieb Präsidentenberater Mychajlo Podoljak im Kurznachrichtendienst Twitter. Dies sei der Versuch Russlands, das Ende des Krieges hinauszuzögern und ein vorsätzliches Verbrechen. Russland müsse international als Terrorstaat eingestuft werden. Moskau wiederum gab Kiew die Schuld. "Auf einem riesigen Territorium wird alles Leben zerstört", führte Podoljak aus. "Viele Ortschaften werden zerstört; der Umwelt wird enormer Schaden zugefügt." Das Gebiet ist zum größten Teil von russischen Truppen besetzt, sie kontrollieren auch das Kraftwerk und damit den Füllstand im Stausee. Die Gebietshauptstadt Cherson ist unter ukrainischer Kontrolle. Der Berater von Präsident Wolodymyr Selenskyj forderte deshalb mehr Tempo bei den westlichen Waffenlieferungen an die Ukraine. Jeder müsse verstehen, dass es für Moskau keine roten Linien gebe.

    +++ Die internationale Atomenergiebehörde sieht "kein unmittelbares nukleares Risiko" am Atomkraftwerk Akw Saporischschja.

    IAEA-Experten seien vor Ort und "beobachten die Situation", so die Organisation. Die ukrainische Führung sprach hingegen von einer "rapide wachsenden" Gefahr. "Die Welt befindet sich wieder einmal am Rande einer nuklearen Katastrophe", erklärte Präsidentenberater Mychajlo Podoljak. Russland erklärte, die Zerstörung des Staudamms stelle keine Bedrohung für die Sicherheit des Atomkraftwerks dar. Russland hält das größte Kernkraftwerk Europas seit März 2022 besetzt. Der teilweise zerstörte Staudamm liegt am Fluss Dnipro, der das Kernkraftwerk mit Kühlwasser versorgt.

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    +++ NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg hat die Zerstörung des Staudamms verurteilt.

    Der Vorfall gefährde Tausende Zivilisten und verursache schwere Umweltschäden, schrieb Stoltenberg bei Twitter. "Dies ist eine ungeheuerliche Tat, die einmal mehr die Brutalität von Russlands Krieg in der Ukraine demonstriert."

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    +++ Auch Tschechien macht Russland für die Sprengung des Kachowka-Staudamms verantwortlich.

    Außenminister Jan Lipavsky warf der Führung in Moskau vor, die Grenzen ihrer Aggression immer weiter zu verschieben. "Der Angriff auf den Staudamm von Nowa Kachowka oberhalb von bewohnten Gebieten ist vergleichbar mit dem Einsatz von Massenvernichtungswaffen gegen Zivilisten", schrieb er auf Twitter. Solch ein brutales Vorgehen müsse bestraft werden.

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    +++ EU-Ratspräsident Charles Michel verurteilt die Zerstörung des Damms.

    Er sei "schockiert über den beispiellosen Angriff auf den Nowa-Kachowka-Staudamm", schrieb Michel bei Twitter. "Die Zerstörung ziviler Infrastruktur gilt klar als Kriegsverbrechen - und wir werden Russland und seine Stellvertreter zur Verantwortung ziehen", schrieb Michel. Der Ratspräsident will den Vorfall demnach Ende Juni beim nächsten EU-Gipfel in Brüssel zur Sprache bringen. Es müsse Hilfen für die überfluteten Gebiete in der ukrainischen Region Cherson im Süden des Landes geben, betonte Michel.

    +++ Moskau und Kiew machen sich gegenseitig verantwortlich

    Das ukrainische Einsatzkommando Süd teilte mit, die russischen Besatzer hätten den Damm in der Stadt Nowa Kachowka gesprengt. Die russischen Besatzer hingegen machten ukrainischen Beschuss für die Schäden am Kachowka-Staudamm verantwortlich. Diese wird mit Wasser aus dem Kachowka-Stausee beliefert. Die Angaben beider Seiten zu dem Vorfall am Staudamm konnten zunächst nicht unabhängig überprüft werden.

    +++ Der von Papst Franziskus mit einer Ukraine-Friedensmission betraute Kardinal Zuppi ist in der Hauptstadt Kiew eingetroffen.

    Ziel seines Besuchs ist es, Spannungen zwischen den Kriegsparteien abzubauen und Wege zum Frieden aufzuzeigen.

    +++ Der ukrainische Präsident Selenskyj hat die Soldaten in der hart umkämpften Stadt Bachmut gewürdigt.

    Er sagte in seiner abendlichen Videoansprache, er sei allen Verteidigern dankbar, die aus der Region diejenigen Nachrichten geliefert hätten, auf die man gewartet habe. Insbesondere zwei Einheiten hätten "geschickt, entschlossen und effektiv" die ukrainischen Stellungen verteidigt und seien schließlich vorgerückt. Erst gestern hatte die Ukraine offensive Truppenbewegungen gegen russische Stellungen rund um Bachmut bestätigt, zugleich aber die Darstellung Russlands zurückgewiesen, die lang erwartete Großoffensive habe bereits begonnen und sei erfolgreich zurückgeschlagen worden.

    +++ In der Nacht zum Dienstag hat es Berichten zufolge erneut landesweit Luftalarm in der Ukraine gegeben.

    In den frühen Morgenstunden waren in verschiedenen Bezirken der Hauptstadt Kiew heftige Explosionen zu hören, wie "Ukrajinska Prawda" berichtete. Nach Angaben der Ukraine griff Russland mit Marschflugkörpern an. Laut Militärverwaltung und Bürgermeister Vitali Klitschko sei die Luftabwehr aktiviert worden, so das Internetportal. Offizielle Stellen sprechen von 20 abgefangenen Raketen.

    Montag, 5. Juni

    +++ Die Ukraine hat nach eigenen Angaben erste Piloten für die Ausbildung an Kampfjets nach Großbritannien entsendet.

    Bei einem Treffen mit dem britischen Außenminister Cleverly in Kiew dankte der ukrainische Regierungschef Schmyhal Großbritannien für seine Bereitschaft, die ukrainischen Kampfpiloten an westlichen Flugzeugen zu trainieren. Der ukrainische Präsident Selenskyj hatte zuletzt immer wieder von einer "Kampfjet-Koalition" gesprochen, an der sich mehrere Staaten beteiligen sollten. Die Ukraine erhofft sich vor allem Lieferungen von Kampfjets des amerikanischen Typs F-16. Großbritannien besitzt diesen Typ nicht, gehört aber mit den USA und Deutschland zu den größten Unterstützern der Ukraine im Kampf gegen die russische Invasion. Das Land hat als erstes auch Raketen mit größerer Reichweite an die Ukraine geliefert.

    +++ Regierungsfeindliche russische Kämpfer haben in der Region Belgorod nahe der Grenze zur Ukraine nach eigenen Angaben eine Ortschaft unter ihre Kontrolle gebracht.

    Man habe den Ort Nowaja Tawolschanka eingenommen, teilte das sogenannte Russische Freiwilligenkorps RDK mit. Der Gouverneur Belgorods, Gladkow, hatte zuvor bereits heftigen Beschuss der Ortschaft gemeldet und eingeräumt, die Lage dort nicht mehr zu kontrollieren. Die russische Regierung wirft der Ukraine vor, das RDK zu unterstützen; es dringe von ukrainischem Boden aus nach Russland ein. Kiew bestreitet dies. Nowaja Tawolschanka mit rund 5.000 Einwohnern liegt auf russischer Seite in unmittelbarer Nähe zur Grenze. Eine Überprüfung der Aussagen ist nicht möglich.
    Denis Kapustin, Kommandeur des Russischen Freiwilligenkorps (RVC), vor einer Fahne seiner Einheit. Seine Schirmmütze trägt den Schriftzug "Rex".
    Der Kommandeur des Russischen Freiwilligenkorps, Denis Kapustin, bei einer Pressekonferenz im Grenzgebiet in der ukrainischen Region Sumy. (picture alliance / ASSOCIATED PRESS / Evgeniy Maloletka)

    +++ Bundesaußenministerin Baerbock hat sich in Brasilien für eine gemeinsame Haltung gegen Russlands Angriffskrieg in der Ukraine eingesetzt.

    Die Grünen-Politikerin sagte in der Hauptstadt Brasilia, sie habe stark dafür geworben, an einem Strang zu ziehen. Nur so könne man weltweit eine Zukunft in Frieden bauen. Daher sei es "so wichtig, dass Länder wie Brasilien in diesen so herausfordernden Zeiten auch ihre Stimme erheben für den Einsatz des Völkerrechts".
    Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Buendnis 90/Die Gruenen) steht neben der brasilianischen Umweltministerin Marina Silva. Im Hntergrund sind die brasilianische und die deutsche Flagge zu sehen.
    Bundesaußenministerin Baerbock und die brasilianische Umweltministerin Silva. (Kira Hofmann / Photothek / Auswärtiges Amt)
    Brasiliens Präsident Lula da Silva sorgte zuletzt für Irritationen im Westen, weil er Militärhilfe der Nato und anderer Länder für die Ukraine kritisierte. Brasilien hat zwar als einziges Land der Brics-Staatengruppe (Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika) den russischen Krieg in allen Entschließungen der Vereinten Nationen verurteilt. Lula da Silva stellt sich aber nicht klar an die Seite der Ukraine. Er macht sich für eine internationale Vermittlung durch einen "Friedensclub" stark, zu dem auch Indien, Indonesien und China gehören sollen.

    +++ Der von Papst Franziskus mit einer Friedensmission im Ukraine-Krieg betraute Kardinal Zuppi ist in Kiew eingetroffen.

    Dort kam er mit dem Menschenrechtsbeauftragten des ukrainischen Parlaments, Lubinets, zusammen. Lubinets schrieb auf Facebook, er habe mit Zuppi über eine Rückführung von ukrainischen Kindern gesprochen, die während des Kriegs von Russland verschleppt worden seien. Zudem habe er dem Papstgesandten über von Russland gefangen gehaltene ukrainische Zivilisten berichtet. Am Treffen nahm den Angaben zufolge auch der Papstbotschafter in der Ukraine, Erzbischof Kulbokas, teil.
    Kardinal Matteo Zuppi.
    Kardinal Matteo Zuppi, das Oberhaupt der italienischen Bischofskonferenz, spricht während einer Pressekonferenz. (Alessandra Tarantino/AP/dpa)
    Zuppi war Ende Mai vom Papst zum Leiter einer vatikanischen Friedensmission ernannt worden. Deren Ziel ist es, Spannungen zwischen Kiew und Moskau abzubauen und Wege zum Frieden aufzuzeigen. Ob und wann der Kardinal auch nach Moskau reisen wird, ist bislang nicht bekannt. Der 67-Jährige ist eng mit der Gemeinschaft von Sant'Egidio verbunden, die für den Vatikan schon wiederholt in delikaten Vermittlerfunktionen bei internationalen Konflikten tätig war.

    +++ Mehrere russische Radiosender haben nach einem Hackerangriff eine gefälschte Rede zu einer angeblichen ukrainischen "Invasion" gesendet.

    Die Rede sollte vermeintlich vom russischen Präsidenten Putin stammen. Stimme und Tonfall ähnelten stark Putins Sprechweise. Nach Angaben örtlicher Behörden wurde die Rede am Montag auf mehreren Radiosendern in an die Ukraine grenzenden Gebieten ausgestrahlt und außerdem in Onlinenetzwerken verbreitet. Darin wurde behauptet, "bis an die Zähne bewaffnete und von Washington unterstützte ukrainische Streitkräfte" seien in die Regionen Kursk, Belgorod und Brjansk eingedrungen. Auch wurde die Verhängung des Kriegsrechts in den Regionen angekündigt, ebenso eine anstehende allgemeine Mobilmachung und die Evakuierung der Bevölkerung in den drei Regionen.
    Die russische Regierung bestätigte den Hackerangriff. Kreml-Sprecher Peskow sagte der staatlichen Nachrichtenagentur RIA Nowosti zufolge, die betroffenen Radiosender hätten die Kontrolle über die Frequenzen zurückerlangt. Bereits im Februar waren falsche Luftabwehrwarnungen von mehreren russischen Radio- und Fernsehsendern ausgestrahlt worden. Diese waren ebenfalls auf Hackerangriffe zurückzuführen.

    +++ Viele Luftschutzkeller in Kiew sind nicht einsatzbereit.

    Eine Untersuchungskommission hat rund 1850 Luftschutzräume untersucht. 45 Prozent seien nicht einsatzfähig oder für die Prüfer nicht zugänglich gewesen. Die Situation bleibe kritisch, schrieb der ukrainische Minister für strategische Industrien, Kamyschin, bei Telegram. Kiews Bürgermeister Klitschko verwies darauf, dass die Verwaltungen der einzelnen Stadtbezirke in den vergangenen zwei Jahren umgerechnet rund 30 Millionen Euro für den Bau von Notunterkünften erhalten hätten. Laut Klitschko wird zurzeit noch geprüft, wie diese Mittel genutzt wurden.
    Ein Mann und eine Frau halten sich nach einem Raketenangriff in Kiew in den Armen und trauern um ein getötetes Kind
    Menschen trauern um ein getötetes Kind, das durch einem nächtlichen russischen Raketenangriff am 1. Juni 2023 in Kiew starb. (picture alliance / NurPhoto / STR)
    Landesweit sieht die Lage geringfügig besser aus: Das ukrainische Innenministerium teilte mit, dass von den über 50.000 landesweit überprüften Schutzräumen etwa ein Drittel nicht einsatzbereit oder nicht zugänglich waren. In der vergangenen Woche kamen bei einem russischen Luftangriff in Kiew ein Kind und zwei Erwachsene ums Leben - der nächstgelegene Luftschutzbunker war verschlossen gewesen. Der ukrainische Präsident Selenskyj wies daraufhin die Regierung an, sich darum zu kümmern, die Lage zu verbessern.

    +++ Die Ukraine meldet kleinere offensive Truppenbewegungen gegen russische Stellungen.

    Vize-Verteidigungsministerin Malijar teilte bei Telegram mit, im Gebiet rund um die ostukrainische Stadt Bachmut rücke man auf einer recht breiten Front vor. Der Feind sei in der Defensive. Malijar machte zugleich deutlich, dass es sich nicht um groß angelegte Angriffe handele. Zuvor hatte Russland angegeben, eine Großoffensive in der südukrainischen Region Donezk gestoppt zu haben. Dazu veröffentlichte die russische Militärführung Bilder, die die Zerstörung ukrainischer Panzerfahrzeuge zeigen sollen. Die Aussage hatte Spekulationen über den Beginn der seit Wochen erwarteten ukrainischen Frühjahrsoffensive ausgelöst. Allerdings hatten auch russische Militärangehörige die Darstellung Moskaus in Zweifel gezogen.

    +++ Russland hat sich offen für einen neuen Dialog mit den USA über atomare Rüstungskontrolle gezeigt.

    Die Regierung in Moskau würdigte die jüngste Erklärung des nationalen Sicherheitsberaters von US-Präsident Biden, Sullivan, zu Gesprächen ohne Vorbedingungen. Kremlsprecher Peskow sagte, man sei offen für einen Dialog. Anfang des Jahres hatte der russische Präsident Putin das letzte große Abkommen über atomare Rüstungskontrolle für ausgesetzt erklärt. Dabei handelt es sich um den New Start-Vertrag mit den USA. Dieser begrenzt die Atomwaffenarsenale beider Länder und regelt Inspektionen.

    +++ Russland hat ein Flottenmanöver in der Ostsee begonnen.

    Die russischen Streitkräfte teilten mit, dass an der Militärübung 40 Schiffe, 25 Kampfflugzeuge und mehr als 3.500 Soldaten teilnehmen. Die Übung dauert demnach bis zum 15. Juni. Die NATO war nach eigenen Angaben nicht im Vorfeld informiert worden. Man sei dennoch nicht überrascht, betonte der Kommandeur der Marine-Kräfte der schnellen NATO-Eingreiftruppe, Marx. Die Beobachtungen der vergangenen Wochen und Monate hätten darauf hingedeutet, dass das Manöver stattfindet. In der Ostsee findet aktuell auch das jährliche Marine-Manöver der NATO-Staaaten statt. Für Mitte Juni ist zudem eine große Luftwaffenübung unter deutscher Führung geplant.
    Russisches Atom-U-Boot Dmitry Donskoy
    Russisches Atom-U-Boot Dmitry Donskoy (dpa / Zoonar.com / Denis Pomortsev)

    +++ Das ukrainische Militär hat russische Darstellungen zurückgewiesen, eine Großoffensive in der Region Donezk gestartet zu haben.

    Solche Meldungen seien eine Fälschung, teilte ein Sprecher des Generalstabs mit. Zuvor hatte das Verteidigungsministerium in Moskau behauptet, man habe eine Offensive ukrainischer Streitkräfte abgewehrt. Diesen Angaben widersprach auch ein russischer Kommandeur. Es habe sich lediglich um eine begrenzte taktische Operation der Ukrainer gehandelt, hieß es. Der Chef der russischen Söldner-Truppe Wagner, Prigoschin, räumte derweil Geländegewinne der ukrainischen Streitkräfte in der Nähe von Bachmut ein.

    +++ Das russische Militär hat in der Region Donezk im Osten der Ukraine nach eigener Darstellung angeblich einen größeren Angriff der ukrainischen Streitkräfte abgewehrt.

    Das russische Verteidigungsministerium sprach in seiner Mitteilung von einer ukrainischen "Offensive". Es ist unklar, ob damit die seit längerem erwartete Großoffensive gemeint sein könnte. Ein russischer Kommandeur widersprach den Erfolgsmeldungen aus Moskau und erklärte bei Telegram, bisher werde der Feind bei seiner taktischen Operation im Donbass von Erfolg begleitet. Die ukrainische Seite äußerte sich bisher nicht. Der Kommandeur der Bodentruppen, Syrskji, erklärte lediglich, das Militär rücke in der Nähe der Stadt Bachmut weiter vor und habe eine russische Stellung zerstört. Meldungen aus dem Kriegsgebiet lassen sich nicht unabhängig überprüfen.

    +++ Russland hat im Mai nach britischer Einschätzung mehr als 300 Angriffe mit sogenannten Kamikaze-Drohnen gegen Ziele in der Ukraine geflogen.

    Das sei die bisher intensivste Nutzung dieser Waffe gewesen, teilte das Verteidigungsministerium in London mit. Moskau versuche damit vermutlich, die Ukraine zum Einsatz wertvoller, moderner Flugabwehrraketen zu bringen. Zugleich hieß es, Kiew habe mindestens 90 Prozent der ankommenden Drohnen neutralisiert, hauptsächlich mit ihren älteren und billigeren Flugabwehrwaffen sowie mit elektronischen Störsendern.

    +++ In der russischen Region Belgorod ist nach Angaben des Gouverneurs der Region eine Energieanlage bei einem Drohnenangriff in Brand geraten.

    Die Drohne habe einen Sprengsatz abgeworfen, teilte der Gouverneur über die Nachrichten-App Telegram mit. Es habe keine Verletzten gegeben. Zuvor hatte er die Bewohner der Region dazu aufgerufen, das Gebiet an der Grenze zur Ukraine zu verlassen.

    +++ Der Chef der russischen Söldnergruppe Wagner, Prigoschin, hat erneut schwere Vorwürfe gegen die reguläre russische Armee erhoben.

    Soldaten hätten Mitte Mai eine Straße vermint, auf der seine Kämpfer aus der mittlerweile eroberten ostukrainischen Stadt Bachmut hätten herausfahren wollen, teilte Prigoschin mit. Er veröffentlichte auch ein Dokument, das ein Einsatzprotokoll von Mitte Mai darstellen soll und in dem von Schusswechseln zwischen Wagner-Söldnern und Soldaten die Rede ist.

    +++ Russlands Militär soll versehentlich einen Text über Probleme bei der Mobilmachung für den Krieg gegen die Ukraine veröffentlicht haben.

    Der Text soll gelöscht worden sein, aber das russische Portal "The Insider" veröffentlichte einen Link zu einem Eintrag im Web-Archiv, wo er noch einsehbar ist. In dem Dokument, das demnach kurzzeitig in einer Online-Zeitschrift des russischen Verteidigungsministeriums abzurufen war, benannte der russische Mobilisierungsbeauftragte Burdinski mit Blick auf die Rekrutierungswelle im vergangenen Herbst zwei Hauptprobleme: "die fehlende Bereitschaft eines Teils der Gesellschaft zur Erfüllung der militärischen Pflichten" sowie "die Bereitstellung von militärischer Ausrüstung und die Unterbringung des Personals".

    +++ Seit Beginn des russischen Angriffskriegs sind laut dem ukrainischen Präsidenten Selenskyj mindestens 485 Kinder getötet worden.

    Es handele sich dabei ausschließlich um Opfer, deren Daten offiziell erfasst worden seien, sagte Selenskyj in seiner allabendlichen Ansprache. In Wirklichkeit liege die Zahl deutlich höher. Er verwies zudem auf die mehr als 19.500 ukrainische Kinder, die aus besetzten Gebieten nach Russland deportiert worden seien. Bislang sei es erst in rund 370 Fällen gelungen, sie zurückzuholen. Russland hat das Nachbarland im Februar 2022 überfallen und hält aktuell rund 20 Prozent des ukrainischen Staatsgebiets besetzt. Mit Blick auf Berichte über Deportationen ukrainischer Kinder hatte Mitte März dieses Jahres der Internationale Strafgerichtshof Haftbefehl unter anderem gegen Russlands Präsident Putin erlassen.

    Die bisherigen Entwicklungen im Ukraine-Krieg finden Sie hier.