Newsblog zur Europawahl
Brandenburgs Ministerpräsident Woidke kritisiert SPD-Wahlkampf

Nach der Europawahl kann EVP-Spitzenkandidatin und CDU-Politikerin von der Leyen auf eine zweite Amtszeit als Präsidentin der EU-Kommission hoffen. Erste Länder haben bereits ihre Kandidaten für einen Posten in der Kommission benannt. In Deutschland wird weiter über das starke Abschneiden der AfD und mögliche Folgen diskutiert. In diesem Blog halten wir Sie über die Entwicklungen auf dem Laufenden.

11.06.2024
    Dietmar Woidke (SPD), Ministerpräsident von Brandenburg, spricht bei einer Pressekonferenz
    Brandenburgs Ministerpräsident Woidke hat Kritik am Europawahlkampf aller Parteien, aber speziell der SPD. (picture alliance / dpa / Michael Bahlo)

    +++ Wir schließen an dieser Stelle das Nachrichtenblog zur Europawahl und bedanken uns für Ihr Interesse. Weitere aktuelle Informationen zum Thema finden Sie im Deutschlandfunk-Programm und auf unserer Nachrichtenseite. +++


    Dienstag, 11. Juni

    +++ Brandenburgs Ministerpräsident Woidke hat sich nach den Verlusten der SPD bei der Europawahl kritisch über den Wahlkampf seiner Partei geäußert.

    Es sei nicht deutlich geworden, "dass wir in Deutschland unseren Wohlstand auch stabilen Verhältnissen auf der europäischen Ebene verdanken", erklärte der SPD-Politiker in Potsdam. Dem Tagesspiegel sagte er, die Kampagne sei "nicht gut gelaufen", die Botschaften "nicht gut rübergekommen". Es müsse auf Bundesebene eine sehr kritische Auswertung geben. Mit Blick auf die Landtagswahlen in Brandenburg im Herbst zeigte sich der SPD-Landeschef aber zuversichtlich: Es gehe da um völlig andere Themen. Dennoch gebe eine Unzufriedenheit im Land und die Wahrnehmung, dass Politik zu weit von den Menschen weg sei. Da könne man „nur rausgehen, Probleme lösen und weniger Probleme hinterlassen, als man beim Amtsantritt vorgefunden hat“.

    +++ Ursula von der Leyen hat im Kampf um eine zweite Amtszeit als Präsidentin der EU-Kommission Rückdeckung von Spitzenvertretern des Europaparlaments.

    Die amtierenden Vorsitzenden der Fraktionen erteilten Parlamentspräsidentin Metsola mit großer Mehrheit das Mandat, im Kreis der Staats- und Regierungschefs der EU-Staaten für die Einhaltung des sogenannten Spitzenkandidatenprinzips zu werben. Dieses sieht vor, dass nur eine Person den Vorsitz der Europäischen Kommission übernehmen sollte, die als Spitzenkandidatin für den Posten bei der Europawahl angetreten ist. Das wäre bei von der Leyen der Fall. Sie muss aber für die entscheidende Abstimmung im EU-Parlament mit qualifizierter Mehrheit vom Europäischen Rat vorgeschlagen werden, also von den Staats- und Regierungschefs der Mitgliedsländer. Neben den 13 Staats- und Regierungschefs, die der gleichen Parteienfamilie angehören wie sie, müssen noch mindestens drei weitere große Mitgliedstaaten für sie stimmen. Die Beratungen der Staats- und Regierungschefs sind für Montag in Brüssel angesetzt. Nach Einschätzung von Deutschlandfunk-Korrespondent Peter Kapern ist die Wiederwahl von der Leyens aber nicht sicher - sie müsse mit einigen Abweichlern rechnen.
    Belgien, Brüssel: Die Präsidentin der Europäischen Kommission Ursula von der Leyen (r) spricht neben EVP-Chef Manfred Weber während einer Veranstaltung in der Zentrale der Europäischen Volkspartei.
    Die Präsidentin der Europäischen Kommission Ursula von der Leyen (r) wirbt um Zustimmung für eine weitere Amtszeit. (Geert Vanden Wijngaert/AP/dpa)

    +++ Thüringens Ministerpräsident Ramelow hat vor einer zunehmenden Kluft zwischen Ost- und Westdeutschen gewarnt.

    Vor dem Hintergrund der Ergebnisse für die AfD bei der Europawahl in Ostdeutschland, sagte der Linken-Politiker dem Redaktionsnetzwerk Deutschland wörtlich, "die emotionale Einheit gehe zunehmend krachen". Dass man von Ostdeutschen Dankbarkeit erwarte, treibe diese Spirale weiter an. Der Osten habe sich nicht für Wahlergebnisse zu entschuldigen. Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Wüst sagte, er habe den Eindruck, dass viele Menschen aus seinem Bundesland noch nie in Ostdeutschland gewesen seien. Wüst schlug einen Austausch vor, wie er von europäischen Städtepartnerschaften bekannt sei.

    +++ Lettland soll in der neuen EU-Kommission erneut durch den früheren Ministerpräsidenten des Landes, Dombrovskis, vertreten werden.

    Die Regierung in Riga gab offiziell grünes Licht für die Kandidatur des derzeitigen EU-Kommissionsvizepräsidenten, der für den Handel zuständig ist. Das regierende Dreierbündnis hatte sich zuvor bereits auf eine dritte Amtszeit für Dombrovskis verständigt, der seit 2014 der EU-Kommission angehört. Die neue EU-Kommission konstituiert sich im November. Die Kandidaten für die Kommissarposten mit einer Amtszeit von fünf Jahren werden von den nationalen Regierungen vorgeschlagen.
    EU-Außenhandelskommissar Dombrovskis.
    Der EU-Außenhandelskommissar Valdis Dombrovskis bei einer Pressekonferenz. (AP)

    +++ CDU-Generalsekretär Linnemann hat nach dem schlechten Abschneiden der SPD bei der Europawahl die Forderung nach Neuwahlen bekräftigt.

    Linnemann sagte beim Tag der Immobilienwirtschaft in Berlin, Bundeskanzler Scholz müsse jetzt die Vertrauensfrage stellen. Das Land könne nicht eineinhalb Jahre bis zur nächsten Bundestagswahl so weitermachen. Der stellvertretende FDP-Vorsitzende Kubicki forderte die Koalitionspartner SPD und Grüne zu einer Kursänderung auf. Den Stuttgarter Nachrichten sagte Kubicki, beide Parteien müssten sich aufgrund ihrer dramatisch schlechten Ergebnisse auf die Freien Demokraten zubewegen.

    +++ Frankreichs Präsident Macron will im Fall eines Sieges des rechtspopulistischen Rassemblement National bei den vorgezogenen Wahlen nicht zurücktreten.

    Es gebe klare Regelungen auch für die Rolle des Präsidenten unabhängig vom Wahlergebnis, sagte Macron der Zeitung "Le Figaro". Die reguläre Amtszeit läuft noch bis 2027. Nach dem Erfolg der Rechtspopulisten bei der Europawahl in Frankreich hält die Politologin Claire Demesmay einen Wahlsieg des RN auch bei der vorgezogenen Parlamentswahl für möglich.

    +++ Die Ratingagentur Moody's sieht Frankreichs Kreditwürdigkeit bedroht.

    Insbesondere die Risiken für die Haushaltskonsolidierung würden das derzeit noch hohe Rating beeinflussen, wie die Bonitätswächter mitteilten. Für Frankreich sei die potenzielle politische Instabilität ein Kreditrisiko. Das gelte insbesondere wegen der vergleichsweise hohen Schuldenlast von mehr als 110 Prozent des Bruttoinlandprodukts. Frankreich wird damit zwar von Moody's nach wie vor eine hohe Bonität zugestanden. Langfristig gilt sie aber als schwerer einschätzbar.

    +++ Vor den Neuwahlen in Frankreich hat der rechtsnationale Rassemblement National (RN) angekündigt, mit anderen rechten Kräften zusammenarbeiten.

    Parteichef Bardella und die frühere Vorsitzende Le Pen trafen sich mit der Vorsitzenden der rechtsextremen Partei Reconquête, Maréchal. Es gehe darum eine möglichst breite Mehrheit zu bilden, sagte Bardella. Le Pen stellte auch eine Zusammenarbeit mit den konservativen Republikanern in Aussicht. Auch bei den linken Parteien in Frankreich gibt es Bemühungen um eine Kooperation. Sozialisten, Grüne, Kommunisten und die extreme Linke wollen gemeinsame Kandidaten aufstellen. Ziel sei es, eine Alternative zu Präsident Macron zu präsentieren und gegen die extreme Rechte zu kämpfen, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung.
    Marine Le Pen und Jordan Bardella stehen nebeneinander singend auf einer Bühne. Im Hintergrund sind französische Flaggen und Feuerwerk zu sehen.
    Marine Le Pen und Jordan Bardella bei einer Wahlkampfveranstaltung des Rassemblement National im Vorfeld der Europawahl 2024. (AFP / Christophe Simon)

    +++ Die Bundesschülerkonferenz hat die Schulen nach dem Rechtsruck bei den Europawahlen zum Handeln aufgefordert.

    Generalsekretärin Basner verlangte im ZDF, früher mit der Vermittlung von Medienkompetenz anzufangen. Schon jüngere Kinder sollten lernen, wie sie mit Informationen auf TikTok oder in anderen Sozialen Medien umgingen. Sie müssten diese filtern können, damit sie sich nicht auf Basis falscher Angaben Urteile vor Wahlen bildeten. Ähnlich hatte sich gestern die Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Stetter-Karp, geäußert. Es bestürze sie, dass unter den Erstwählern 17 Prozent ihr Kreuz bei der AfD gemacht hätten, betonte sie und forderte, die demokratische Bildung an den Schulen zu stärken.

    +++ Angesichts der starken Ergebnisse für die AfD bei der Europawahl in Ostdeutschland hat Thüringens Ministerpräsident Ramelow vor einer zunehmenden Kluft zwischen Ost- und Westdeutschen gewarnt.

    Der Politiker der Linken sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland, in sozialen Netzwerken werde jetzt gefragt, wo die Dankbarkeit der Ostdeutschen bleibe. Solche Äußerungen brauche man gerade nicht. Der Osten habe sich nicht zu entschuldigen.
    Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Wüst erklärte, er habe den Eindruck, dass viele Menschen aus seinem Bundesland noch nie in Ostdeutschland gewesen seien. Mancher kenne sich auf Mallorca besser aus als in Sachsen oder Thüringen, sagte der CDU-Politiker ebenfalls dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Wüst schlug einen Austausch vor, wie er von europäischen Städtepartnerschaften bekannt sei.

    +++ Die SPD Co-Vorsitzende Esken sieht Bundeskanzler Scholz durch das schlechte Abschneiden der Sozialdemokraten bei der Europawahl nicht als beschädigt an.

    Zugleich verteidigte Esken im ZDF, dass ihre Partei Scholz im Wahlkampf prominent plakatiert habe. Schließlich sei dieser Regierungschef des bevölkerungsreichsten EU-Mitgliedstaates und spiele als Mitglied des Europäischen Rates eine wichtige Rolle auf europäischer Bühne. Auch SPD-Fraktionsvize Post wies eine direkte Verantwortung des Kanzlers für das Ergebnis zurück. Man gewinne zusammen - und man verliere zusammen, sagte Post im Deutschlandfunk.

    +++ Nach dem Sieg der Rechtspopulisten bei der Europawahl in Frankreich sind tausende Menschen in mehreren französischen Städten auf die Straße gegangen.

    In Paris versammelten sich nach Angaben der Nachrichtenagentur AFP mehrere tausend Demonstrierende auf dem Place de la République. Auch in Marseille, Toulouse, Nantes, Bordeaux, Rennes und Lyon gingen zahlreiche Demonstrierende auf die Straße. Zuvor hatten unter anderem Studentenverbände und Jugendorganisationen zu Kundgebungen aufgerufen. Der Rassemblement National (RN) erzielte bei der Europawahl über 31 Prozent der Stimmen - mehr als doppelt so viel wie die Liste des französischen Präsidenten Macron.

    Montag, 10. Juni

    +++ Bundeskanzler Scholz hat die Ampel-Parteien aufgefordert, nach der Europawahl nicht zur Tagesordnung zurückzukehren.

    Das Wahlergebnis sei für alle drei Regierungsparteien schlecht, erklärte Scholz auf einer Pressekonferenz in Berlin nach einem Treffen mit dem Präsidenten Chiles, Boric. Es müsse nun darum gehen, gemeinsam Lösungen für die anstehenden Aufgaben zu finden und bis zur Bundestagswahl das Vertrauen der Bürger für die Arbeit der Regierung zu gewinnen. Scholz äußerte sich zugleich besorgt über die Stimmengewinne für rechtspopulistische Parteien in Deutschland und anderen europäischen Ländern. Daran dürfe man sich niemals gewöhnen.
    Scholz will die künftige Besetzung der Spitze der EU-Kommission und weiterer wichtiger Posten in Brüssel noch im Juni klären. "Ich bin dafür, dass wir alle diese Herausforderungen in diesem Monat bewältigen - also schnell und zügig entscheiden", sagte Scholz. "Es gibt keinen Anlass, sich viel zu lange damit aufzuhalten."
    Olaf Scholz auf einer Pressekonferenz
    Bundeskanzler Scholz hat sich erstmals zum Ausgang der Europawahl geäußert (AFP / RALF HIRSCHBERGER)

    +++ EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen hat angekündigt, dass sie im neuen Europäischen Parlament zunächst das Gespräch mit den Sozialdemokraten und Liberalen für ihre Wiederwahl als Kommissionschefin suchen werde.

    Anschließend könne es auch Gespräche mit den Grünen geben, sagte sie nach einer CDU-Präsidiumssitzung in Berlin. Zudem schloss von der Leyen nicht aus, gegebenenfalls auch mit Abgeordneten der Rechtsaußen-Partei der italienischen Ministerpräsidentin Meloni zu sprechen. SPD und Grüne hatten gewarnt, dann nicht für sie stimmen.

    +++ Vor der Europawahl haben viel mehr Bürger den Wahl-O-Mat der Bundeszentrale für politische Bildung genutzt als bei der letzten Abstimmung 2019.

    Mit über 14,8 Millionen Nutzungen wurde der Rekord zur EU-Wahl 2019 (9,8 Millionen) klar gebrochen. Präsident Thomas Krüger sprach von einem erstaunlichen Anstieg. In 38 Thesen konnten sich alle Interessierten spielerisch über die Wahlprogramme aller zur Wahl zugelassenen Parteien informieren. Bei der letzten Bundestagswahl 2021 war ebenfalls ein Rekord von 21,3 Millionen Nutzungen erreicht worden.

    +++ Nach den Erfolgen der AfD bei den Europa- und Kommunalwahlen gibt es erneut Forderungen nach rascher Einführung des sogenannten Demokratiefördergesetzes.

    Die Linken-Bundestagsabgeordnete Bünger appellierte an die Bundesregierung, zivilgesellschaftliche Initiativen noch vor den anstehenden Landtagswahl im Herbst langfristig abzusichern. Die Ergebnisse in Ostdeutschland seien eine ernsthafte Bedrohung für Demokratieprojekte. Es brauche jetzt ein Signal an die engagierte Zivilgesellschaft, dass sie in ihrer wichtigen Arbeit nicht alleine gelassen werde.
    SPD, Grüne und FDP sind seit Monaten uneins über die Einführung ihres geplanten Demokratiefördergesetzes. Vor allem die Grünen werben dafür, die FDP ist skeptisch. Ihr Vorsitzender Lindner hatte Ende April gesagt, das beste Demokratiefördergesetz, das man haben könne, sei eine Wirtschaftswende.

    +++ Das Soziale Netzwerk TikTok hat nach Einschätzung von Experten maßgeblich zum Ergebnis der Europawahl beigetragen.

    Die Zustimmung junger Wähler zur AfD sei auf deren Präsenz in dem Sozialen Netzwerk zurückzuführen - und auf die dortige Abwesenheit der anderen Parteien, erklärte die Bildungsstätte Anne Frank in Frankfurt. "Das Ergebnis verwundert nicht, wenn man sich anschaut, wo das Gros der jungen Menschen sich Informationen holt: auf TikTok", sagte Bildungsstätten-Direktorin Deborah Schnabel.
    Eine Lupe vergrößert der Account der Bundestagsfraktion der Alternative für Deutschland auf dem Videoportal TikTok.
    Die AfD ist auf TikTok deutlich aktiver als andere Parteien – und erzielt dadurch auch viel höhere Reichweiten. (IMAGO / Hanno Bode)

    Wo haben die Jungwähler ihr Kreuz gemacht und welche Grunde könnte es dafür geben?

    AfD gewinnt stark, Grüne verlieren massiv

    +++ Nach dem Erfolg populistischer Parteien bei der Europawahl kann man aus Sicht des Präsidenten des Zentralrates der Juden in Deutschland, Schuster, nicht mehr von Protestverhalten sprechen.

    Schuster verwies darauf, dass in Deutschland rechts- und linkspopulistische Parteien ein Fünftel der Wählerstimmen bekommen hätten. Dass gerade die AfD mit ihren eindeutigen Bezügen zu rechtsextremem Gedankengut und Verbindungen ihrer Spitzenkandidaten zu diktatorischen Regimen ein solches Ergebnis erreicht habe, sei sehr beunruhigend.

    +++ Nach der Europawahl sieht der Berliner Landeswahlleiter Stephan Bröchler die Unterschiede zwischen ehemals großen und kleinen Parteien immer mehr schwinden.

    "Diese Begriffe verschwimmen zusehends", sagte Bröchler. "Die Volksparteien verschrumpeln, verzwergen." Auch durch die Zersplitterung in viele kleine Parteien zeigten sich Veränderungen, etwa indem Volt (4,8 Prozent) in Berlin mehr Stimmen erhielt als die FDP (4,3 Prozent). Auch gebe es weiterhin einen Zuwachs bei den Briefwählern. "Die Briefwahl ist die neue Urnenwahl."

    +++ Die AfD hat sich nach Ansicht des Düsseldorfer Politologen Stefan Marschall auch im Ruhrgebiet und in ländlichen Regionen verwurzelt.

    Das Ruhrgebiet als einstige Herzkammer der SPD funktioniere nicht mehr, sagte er der dpa. Das beste Ergebnis bei der Europawahl in Nordrhein-Westfalen erzielte die AfD mit 21,7 Prozent in Gelsenkirchen. Die Sozialdemokraten in NRW kamen laut vorläufigem Ergebnis landesweit nur noch in Herne auf Platz eins. Auch in den Stahl- und einstigen Kohlestädten wie Duisburg und Oberhausen löste die CDU die SPD ab. In Köln und Münster kamen die Grünen auf Platz 1. Marschall ist der Leiter der Wahl-O-Mat-Forschung an der Universität Düsseldorf.

    +++ Vertreter der beiden großen Kirchen in Deutschland haben sich beunruhigt über die Erfolge der AfD bei der Europawahl gezeigt.

    Die Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Stetter-Karp, sagte, dass die AfD in Ostdeutschland stärkste Kraft sei, sei ein Krisenzeichen für die liberale Demokratie. Der Landesbischof der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland, Kramer, sagte, es seien diejenigen Kräfte gestärkt worden, die die Europäische Union bekämpfen und abwickeln wollten.
    Das Internationale Auschwitz Komitee zeigte sich erschüttert. Für Überlebende des Holocaust und der deutschen Konzentrations- und Vernichtungslager sei das Wahlergebnis eine deprimierende Zäsur, hieß es in einer Mitteilung.

    +++ Der Spitzenkandidat der AfD, Krah, wird nicht Teil der künftigen Delegation seiner Partei im Europaparlament sein.

    Die neu gewählten Abgeordneten stimmten bei ihrer konstituierenden Sitzung für einen Antrag, Krah nicht aufzunehmen, wie dieser selbst mitteilte.

    +++ Die SPD-Europaabgeordnete und Spitzenkandidatin Barley will einem Bericht zufolge in der zweiten Hälfte der Legislaturperiode den Posten der Präsidentin des EU-Parlamentes übernehmen.

    Mit diesem Ziel werde die SPD in die Verhandlungen zwischen den Fraktionen gehen, erfuhr der Tagesspiegel aus Kreisen der Sozialdemokraten in Brüssel. Barley würde dann die Konservative Metsola ablösen, deren Wahl für die erste Hälfte als sicher gilt. Barley selbst wollte sich nicht zu einer möglichen Kandidatur äußern. "Wir haben keinerlei Ambition, über diese Frage zu reden", sagte Barley in Berlin.
    Katharina Barley an einem Mikrofon, nüchterner Gesichtsausdruck
    Katharina Barley selbst will sich nicht zu den Spekulationen äußern. (picture alliance / Fotostand / Fotostand / Reuhl)

    +++ Die Gewerkschaft Verdi fordert eine "Brandmauer" im Europäischen Parlament.

    Der Verdi-Vorsitzende Werneke sagte, es dürfe keine Zusammenarbeit der demokratischen Fraktionen mit den Rechtspopulisten und Rechtsextremisten geben; auch nicht zur Mehrheitsbildung für die Ratspräsidentschaft. Werneke warnte, indem Rechtspopulisten versuchten, unliebsame nationale Gesetze auszuhebeln, schadeten sie dem europäischen Gedanken.

    +++ Der Zentralrat der Juden in Deutschland zeigt sich besorgt über das Ergebnis von populistischen Parteien.

    Es sollte allen demokratischen Kräften zu denken geben, dass bei der Wahl zum Europäischen Parlament in Deutschland rechts- und linkspopulistische Parteien ein Fünftel der Stimmen bekommen hätten, sagte Zentralratspräsident Schuster. Das sei nicht nur Protest. "Dass gerade die AfD mit ihren eindeutigen Bezügen zu rechtsextremem Gedankengut und Verbindungen ihrer Spitzenkandidaten zu diktatorischen Regimen ein solches Ergebnis erreichen konnte, beunruhigt mich sehr."

    +++ Italiens Ministerpräsidentin Meloni erwartet für ihr Land mehr Einfluss in der EU.

    Das Ergebnis der Wahl zeige, dass Europa in Zukunft eine pragmatischere Politik umsetzen müsse und dass Italien dabei eine grundlegende Rolle spielen werde, sagte Meloni in Rom. Mit Blick auf die EU-Kommission meinte Meloni, es sei noch zu früh, um eine Antwort auf die Frage nach einer möglichen zweiten Amtszeit für Kommissionspräsidentin von der Leyen zu geben.
    Die italienische Ministerpräsidentin sitzt mit einem Notitzheft in der Hand auf einem weißen Sessel
    Giorgia Meloni möchte mehr Einfluss für ihr Land auf EU-Ebene. (picture alliance / ASSOCIATED PRESS / Evan Vucci)

    +++ Angesichts des starken Wahlergebnisses der AfD bei der Europawahl fordert Bundestagsvizepräsidentin Göring-Eckardt mehr Engagement der demokratischen Parteien.

    Die Grünen-Politikerin sagte im Deutschlandfunk, man müsse ernsthaft darüber sprechen, wie die gesellschaftliche Mitte mobilisiert werden könne. Es gehe um die Stabilität des Landes. Viele Menschen hätten mit der AfD eine Partei gewählt, die deutlich mache, dass sie keine Veränderung wolle.
    Katrin Göring-Eckardt: Zeit der großen Umbrüche

    +++ Der AfD-Co-Vorsitzende Chrupalla bezeichnet insbesondere die Ergebnisse seiner Partei in Ostdeutschland als historisch.

    Hier habe man inzwischen auch die CDU teils weit abgeschlagen hinter sich gelassen, sagte er im Deutschlandfunk. Die Wählerwanderung spreche ebenfalls für sich. Für viele Wähler seien das Programm und die Bundespolitik entscheidend gewesen, zeigte sich Chrupalla überzeugt.
    Vorsitzender Chrupalla: Es wird keine Brandmauern mehr geben

    +++ Der Fraktionschef der Europäischen Volkspartei, Weber, unterstreicht den Anspruch seiner EVP, erneut die EU-Kommissionspräsidentin zu stellen.

    Weber rief Bundeskanzler Scholz dazu auf, Amtsinhaberin von der Leyen als deutsche Kommissarin vorzuschlagen und ihre Wiederwahl zu unterstützen. SPD-Spitzenkandidatin Barley sagte mit Blick auf eine mögliche Wiederwahl von der Leyens im Deutschlandfunk, die Sozialdemokraten stünden zu Gesprächen mit der EVP bereit. Man habe aber ebenso wie Grüne und Liberale zur Bedingung gemacht, dass kein Bündnis mit Rechtspopulisten und Rechtsradikalen eingegangen werden dürfe.

    +++ Die Deutsche Wirtschaft fordert nach der Europawahl eine Kurskorrektur in Brüssel.

    Europa brauche jetzt zügig einen Wachstumsplan, forderte die Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Tanja Gönner. Sie warb dafür, die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie zu stärken. Das neue EU-Parlament müsse Ökologie und Wettbewerbsfähigkeit besser ausbalancieren, sagte Gönner. Der Verband der Chemischen Industrie verlangte mehr günstige Energie, offene Märkte und weniger Regulierung. Der Bundesverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen BGA wünschte sich weniger Bürokratie. Arbeitgeberpräsident Dulger mahnte konkrete Schritte gegen den Fachkräftemangel an.

    +++ Der französische Präsident Macron hat sich erneut zu Neuwahlen in seinem Land geäußert.

    Auf X schrieb Macron heute früh: "Ich vertraue auf die Fähigkeit des französischen Volkes, die richtige Wahl für sich selbst und für künftige Generationen zu treffen. Mein einziges Bestreben ist es, unserem Land, das ich so sehr liebe, nützlich zu sein."

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    DLF-Frankreich Korrespondentin Christiane Kaess nannte Macrons Vorhaben eine riskante Strategie. Er setze auf "alles oder nichts" und versuche einen Befreiungsschlag. (Audio-Link)

    +++ Die Präsidentin des Europaparlaments, Metsola, dankt den Wählern für ihr Vertrauen.

    Die Demokratie sei lebendig, sagte Metsola. Sie kündigte an, dass die Fraktionsvorsitzenden am morgigen Dienstag zu einer ersten offiziellen Sitzung zusammenkommen werden. In den kommenden Wochen würden sich die Fraktionen konstituieren und Mehrheiten bilden müssen, um ein politisches Programm zu erarbeiten. Die parlamentarische Arbeit beginne jetzt. Am 16. Juli werde das neue Parlament seine konstituierende Sitzung in Straßburg abhalten.

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    +++ Die Bundeswahlleiterin meldet Rekordbeteiligung bei der Europawahl.

    In Deutschland nahmen den Angaben zufolge 64,8 Prozent der stimmberechtigten Bürger an der Wahl teil. Damit lag die Beteiligung um 3,4 Prozentpunkte höher als 2019. Der Anteil der ungültigen Stimmen betrug nach Auszählung aller 400 Wahlkreise 0,8 Prozent.

    +++ Alle Stimmen sind ausgezählt: Die Union hat die Europawahl in Deutschland gewonnen.

    Nach Auszählung aller 400 Wahlkreise kommen CDU und CSU gemeinsam auf 30 Prozent der Stimmen, wie die Bundeswahlleiterin am frühen Morgen bekannt gab. Auf Platz zwei liegt die AfD mit 15,9 Prozent. Die SPD fiel auf 13,9 Prozent ab, die Grünen auf 11,9 Prozent. Das BSW holte aus dem Stand 6,2 Prozent, die FDP erhielt 5,2 Prozent der Stimmen. Die Linke steht mit 2,7 Prozent auf einer Stufe mit den Freien Wählern. Knapp dahinter folgt die europafreundliche Partei Volt, die 2,6 Prozent erreichte.

    +++ Die Union liegt im Westen vorn, die AfD im Osten.

    Die AfD landete in allen fünf ostdeutschen Flächenländern auf Platz eins, während die Union in den westdeutschen Flächenländern stärkste Kraft wurde. In den Stadtstaaten Berlin und Hamburg gewannen die Grünen, in Bremen siegte die SPD. Die neu gegründete Wagenknecht-Partei BSW schnitt insbesondere im Osten gut ab: Sie belegte in allen fünf ostdeutschen Flächenländern mit zweistelligen Ergebnissen Platz drei und ließ damit die SPD hinter sich.

    +++ Die EVP erringt nach Hochrechnungen mehr als ein Viertel aller Sitze im EU-Parlament.

    Nach Schließung aller Wahllokale in Europa bestätigen die ersten vom Europäischen Parlament veröffentlichten Zahlen einen Sieg des Mitte-Rechts-Bündnisses mit den deutschen Parteien CDU und CSU. Demnach kommt die Europäische Volkspartei (EVP) auf 184 der künftig 720 Sitze. Zweitstärkstes Lager bleiben der Hochrechnung zufolge die Sozialdemokraten. Sie behalten ihre 139 Mandate. Danach folgen die Liberalen, die von 102 auf 80 Sitze abrutschen. Ein großer Verlierer der Europawahl sind die Grünen. Sie waren bislang mit 71 Abgeordneten im Europaparlament vertreten und kommen jetzt noch auf 52 Mandate.

    +++ Von der Leyen will ab heute über ihre Wiederwahl verhandeln.

    Die amtierende EU-Kommissionspräsidentin kündigte erste Gespräche dazu mit Sozialdemokraten und Liberalen an. Sie wolle eine "breite Mehrheit für ein starkes Europa aufbauen", sagte von der Leyen. Die Spitzenkandidatin der Grünen, Reintke, zeigte sich verhandlungsbereit. Vertreter von Liberalen und Sozialdemokraten äußerten sich ähnlich.

    +++ Rechte Parteien erreichen Zugewinne, aber keine eigene Mehrheit.

    Die zwei bisherigen rechtspopulistischen Parteienbündnisse EKR und ID haben im künftigen EU-Parlament ein höheres Gewicht. Die EKR kommt nach bisherigen Zahlen auf 73 (zuletzt 69) Sitze, ID auf 58 (zuletzt 49). Die AfD-Abgeordneten, die kurz vor der Europawahl aus der ID-Fraktion ausgeschlossen wurden, sind nicht eingerechnet. Alle rechten Parteien zusammen kommen auf weniger als 200 Sitze. Die Mehrheit liegt bei 361 Abgeordneten.

    +++ Melonis Fratelli d'Italia mit deutlichem Plus - in Österreich gewinnt die FPÖ.

    In Italien gewann die ultrarechte Regierungspartei Fratelli d'Italia nach einer Hochrechnung mit 27,7 Prozent, das ist ein Plus von mehr als 20 Punkten im Vergleich zur letzten Europawahl. In Österreich ist die FPÖ der Wahlsieger. In den Niederlanden wurde die Partei des Rechtspopulisten Wilders zweitstärkste Kraft. In Ungarn liegt die Fidesz-Partei von Regierungschef Orban mit mehr als 43 Prozent vorne, büßte jedoch gegenüber der Europawahl vor fünf Jahren an Stimmen ein.

    +++ Dänemark: Sozialisten gewinnen vor den Sozialdemokraten.

    Die sozialistische Volkspartei erreichte nach der vorläufigen Auszählung 17,4 Prozent. Die Sozialdemokraten der dänischen Ministerpräsidentin Frederiksen landeten mit 15,6 Prozent auf dem zweiten Platz. Beide Parteien erhalten demnach je drei Sitze im Europäischen Parlament. Die liberale Venstre-Partei verlor deutlich an Stimmen. Die bei der Wahl 2019 stärkste Partei büßte fast 9 Prozentpunkte ein und verliert damit zwei ihrer bisherigen vier Sitze im Europaparlament. Die dänischen Rechtspopulisten erreichten etwa 6,4 Prozent und verloren somit mehr als 4 Prozentpunkte. Die Wahlbeteiligung lag bei etwa 58 Prozent. Dänemark hat im Europaparlament 15 Sitze.

    +++ Fehlende Sperrklausel: Auch Kleinparteien kommen ins Europaparlament.

    Denn bei der Europawahl gibt es - anders als bei Bundestags- oder Landtagswahlen - keine Sperrklausel in Deutschland. Rechnerisch reicht bereits weniger als ein Prozent der Stimmen, um einen Abgeordneten zu entsenden. So dürfte die europafreundliche Partei Volt laut Hochrechnungen von ARD und ZDF mit zwei bis drei Sitzen im künftigen Europaparlament vertreten sein, die Freien Wähler je nach Hochrechnung ebenso. Mit einem oder zwei Plätzen kann die Tierschutzpartei rechnen, die Familienpartei und die Ökologisch-Demokratische Partei (ÖDP) laut übereinstimmenden Hochrechnungen mit einem. Die Satirepartei Die Partei kommt wie bei der Europawahl 2019 voraussichtlich auf zwei Sitze im Parlament.

    Sonntag, 9. Juni

    +++ Deutsche Zeitungen werten den Wahlausgang in Deutschland vor allem als Schlappe für die Regierungskoalition.

    So sieht die "Westdeutsche Zeitung" SPD, Grüne und FDP "auf der Intensivstation". Der "Münchner Merkur" macht eine "Endzeitstimmung" in der Bundesregierung aus und die "TAZ" spricht von einem "Menetekel" für die kommende Bundestagswahl. Die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" wertet die Wahl als Erfolg für CDU-Chef Merz. Die Union habe sich "von allen anderen politischen Kräften weit abgesetzt".

    +++ SPD-Generalsekretär Kühnert hofft darauf, dass seine Partei verloren gegangenes Vertrauen zurückgewinnen kann.

    Heute habe man eine Niederlage erlitten, sagte er im Deutschlandfunk. Zur Rolle von Bundeskanzler Scholz meinte er, man könne das Ergebnis nicht einer einzelnen Person in die Schuhe schieben. Natürlich werde der Kanzler seine Arbeit fortsetzen. Kühnert betonte, die gegenwärtigen Probleme - das Loch im Bundeshaushalt, der Ukraine-Krieg und die Inflation - seien nicht Ampel-gemacht. Auch mit einer neuen Regierung wären diese Probleme nicht weg.

    +++ Die durchschnittliche Wahlbeteiligung aller EU-Länder lag einer ersten Schätzung zufolge bei 51 Prozent.

    Das sei voraussichtlich etwas höher als die Beteiligung vor fünf Jahren, teilte das Parlament mit. 2019 lag die Beteiligung nach EU-Angaben bei 50,66 Prozent. 

    +++ Das Mitte-Rechts-Bündnis EVP beansprucht nach seinem Sieg bei der Europawahl den Vorsitz der EU-Kommission.

    Amtsinhaberin von der Leyen soll demnach weitere fünf Jahre an der Spitze der mächtigen Brüsseler Behörde stehen. Der Gewinner der Wahl habe nun das Recht, den Kommissionspräsidenten zu stellen, sagte EVP-Chef Weber (CSU) am Abend in Brüssel. Von der Leyen erklärte, es könne keine Mehrheit ohne die EVP gebildet werden. Man werde eine Bastion gegen extreme Parteien von links und rechts sein.

    +++ Nach der Niederlage des Regierungsbündnisses bei der Europawahl hat Frankreichs Präsident Macron eine Neuwahl des Parlaments angekündigt.

    Macron teilte am Abend in Paris mit, er könne angesichts des Wahlausgangs nicht so tun, als sei nichts geschehen. Er habe die französische Nationalversammlung aufgelöst. Die Neuwahl soll nach den Angaben von Macron bereits am 30. Juni stattfinden. In Frankreich haben die Rechtspopulisten die Europawahl klar gewonnen. Die rechtsnationale Partei Rassemblement National erreichte nach bisherigen Zahlen über 32 Prozent. Das ist mehr als doppelt so viel wie das Bündnis Renaissance um Macron, das auf etwa 15 Prozent kam. Es liegt damit nur knapp vor den Sozialisten.
    Die Vorsitzende des Rassemblement National, Le Pen, begrüßte die Entscheidung Macrons. Man sei bereit, die Macht in Frankreich zu übernehmen.
    Frankreichs Präsident Emmanuel Macron
    Frankreichs Präsident Emmanuel Macron (IMAGO / ABACAPRESS / IMAGO / Lemouton Stephane / Pool / ABACA)

    +++ In Polen ist die Bürgerplattform von Ministerpräsident Tusk stärkste Kraft geworden.

    Die Partei kann laut Prognosen mit mehr als 38 Prozent der Stimmen rechnen. Die nationalkonservative PiS-Partei kommt demnach auf knapp 34 Prozent.

    +++ Die Beteiligung an einer Europawahl in Deutschland könnte so hoch gewesen sein wie noch nie seit der Einheit.

    Laut Hochrechnungen von 20.35 Uhr gingen 64,0 bis 65,0 Prozent der Wahlberechtigten an die Urnen. Bei der ersten gesamtdeutschen EU-Wahl 1994 lag die Beteiligung bei genau 60,0 Prozent, bei späteren Abstimmungen nur zwischen 40 und 50 Prozent. Bisheriger Spitzenreiter im Zeitraum seit der Wiedervereinigung war die vergangene Europawahl 2019: 61,4 Prozent der Wahlberechtigten gaben vor fünf Jahren ihre Stimme ab.

    +++ Die AfD ist bei der Europawahl im Osten nach einer ARD-Hochrechnung mit Abstand stärkste Kraft geworden.

    Wie der Sender berichtete, kamen die Rechtspopulisten in den östlichen Bundesländern inklusive Berlin auf 27,1 Prozent. Dahinter lagen die CDU mit 20,7 Prozent und das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) mit 13,1 Prozent der Stimmen.

    +++ Trotz des vergleichsweise schlechten Abschneidens der SPD bei der Europawahl soll Olaf Scholz nach Aussage von Parteichefin Esken Bundeskanzler bleiben.

    "Der Bundeskanzler steht an der Spitze dieser Regierung, die wir gemeinsam gebildet haben von drei Parteien, und das wird er auch weiterhin tun", sagte Esken im ARD-Fernsehen. Er habe das volle Vertrauen der Partei. Die SPD werde zusammenstehen. CDU-Generalsekretär Linnemann hatte Scholz nahegelegt, die Vertrauensfrage im Bundestag zu stellen.

    +++ Die AfD hat bei den jüngeren Wählern zugelegt.

    In der Altersgruppe der unter 30-Jährigen habe die Partei zehn Prozentpunkte auf 17 Prozent zugelegt, ergab eine Wahlanalyse des ZDF. Bei den 30- bis 44-Jährigen kam sie auf 20 Prozent, bei den 45- bis 59-Jährigen auf 18 Prozent und bei den über 60-Jährigen auf elf Prozent. Bei der jüngsten Gruppe der 16- bis 24-Jährigen war die AfD zusammen mit der CDU/CSU stärkste Partei mit jeweils 17 Prozent. Die Grünen erhielten in dieser Altersgruppe 11 Prozent, die SPD 9 Prozent. Nach Angaben von Infratest-Dimap für die ARD verloren die Grünen bei den unter 25-jährigen gegenüber der letzten Europawahl gut 20 Prozenpunkte.

    +++ Die Union ist als Sieger aus der Europawahl in Deutschland hervorgegangen.

    Nach der aktuellen Hochrechnung erreichten CDU und CSU 30,3 Prozent der Stimmen, das ist ein Plus von 1,4 Punkten. Auf Platz zwei liegt die AfD mit 16,0 Prozent. Das sind 5,0 Punkte mehr als 2019. Die Parteien der Ampel-Koalition erlitten Verluste. Die SPD erzielte mit 13,9 Prozent der Stimmen ihr bislang schlechtestes Ergebnis bei einer Europawahl. Sie verlor 1,9 Prozentpunkte. Die Grünen büßten 8,6 Punkte ein und landeten bei 11,9 Prozent. Die FDP kam auf 5,0 Prozent, das ist ein Minus von 0,4 Punkten. Die neu angetretene Partei BSW stand bei 6,0 Prozent. Danach folgen die Freien Wähler mit 2,7 und Volt mit 2,5 Prozent. Die Wahlbeteiligung stieg auf 65 Prozent.
    Europawahl - Wahlparty von Bündnis 90/Die Grünen: Die Co-Vorsitzenden Ricarda Lang und Omid Nouripour zusammen mit der Spitzenkandidatin für die Europawahl, Terry Reintke (Mitte)
    Europawahl - Wahlparty von Bündnis 90/Die Grünen: Die Co-Vorsitzenden Ricarda Lang und Omid Nouripour zusammen mit der Spitzenkandidatin für die Europawahl, Terry Reintke (Mitte) (picture alliance / dpa / Christoph Soeder)

    +++ Vertreter mehrerer Parteien haben sich bereits zu den Ergebnissen der Europawahl geäußert.

    Der CDU-Bundesvorsitzende Merz sagte, es sei ein guter Tag für die Union. Der Kanzler habe eine schwere Niederlage erlitten. Das müsse der Ampelkoalition zu denken geben. Nötig sei ein Politikwechsel, betonte Merz. Der Spitzenkandidat der CSU, Weber, erklärte, man habe ganz klar den Auftrag bekommen, bayerische Interessen in Brüssel und in Straßburg zu vertreten.
    FDP-Spitzenkandidatin Strack-Zimmermann sieht sich mit dem Ergebnis der Europawahl in den Forderungen nach einer Wirtschaftswende, einer verstärkten Sicherheitspolitik sowie Änderungen in der Migrationspolitik bestätigt. Sie betonte, dass die Partei ihr Ergebnis der letzten Europawahl in etwa gehalten habe.
    Der AfD-Co-Vorsitzende Chrupalla nannte das Ergebnis seiner Partei historisch. Platz zwei vor der Kanzlerpartei sei ein guter Start ins Wahljahr. Er zeigte sich zuversichtlich, dass die AfD-Abgeordneten bald wieder einer Fraktion im Parlament angehören werden. Die BSW-Vorsitzende Wagenknecht betonte, dass eine Partei aus dem Stand über fünf Prozent erreiche, habe es noch nie gegeben.
    Die 17 Prozent der AfD seien bestürzend, sagte Grünen-Co-Parteichef Omid Nouripour zu den aktuellen Hochrechnungen. Das Ergebnis der Grünen mit Verlusten von etwa acht Prozentpunkten sei zwar nicht zufriedenstellend. Dennoch wolle seine Partei in der neuen EU-Kommission Verantwortung übernehmen für eine Mehrheit in Europa ohne Rechtsextreme. Seine Co-Vorsitzende Lang räumte ein, dass die Grünen bestimmt viele Fehler gemacht hätten. Die Partei werde sich aber wieder hochkämpfen, sagte sie im Deutschlandfunk.

    +++ Bei der Europawahl deutet sich nach ersten Zahlen von ARD und ZDF ein klarer Sieg des Mitte-Rechts-Bündnisses EVP mit der deutschen Spitzenkandidatin von der Leyen ab.

    Den um kurz vor 18 Uhr veröffentlichten Trends zufolge könnte es auf rund 180 der 720 Sitze im neuen Europäischen Parlament kommen. Im Vergleich zur Europawahl 2019 bleibt es damit stabil. Von der Leyen kann demnach auf eine weitere Amtszeit als Präsidentin der EU-Kommission hoffen. Zweitstärkstes Lager im neuen Parlament bleiben demnach die Sozialdemokraten. Danach folgen die Liberalen sowie die zwei bisherigen rechtspopulistischen Parteienbündnisse EKR und ID. Die Grünen würden demnach deutlich verlieren und weit unter 60 Sitzen landen.
    EU-Kommissionspräsidentin und CDU-Spitzenkandidatin Ursula von der Leyen am Wahlabend vor Unterstützern
    EU-Kommissionspräsidentin und CDU-Spitzenkandidatin Ursula von der Leyen am Wahlabend vor Unterstützern (picture alliance / ASSOCIATED PRESS / Geert Vanden Wijngaert)

    +++ In Österreich kommt die rechtspopulistische FPÖ bei der Europa-Wahl einer Prognose zufolge erstmals auf Platz eins.

    Die FPÖ erreicht 27 Prozent, ergab eine vom Österreichischen Rundfunk (ORF), der Agentur APA und dem Privatsender Puls 24 veröffentlichte erste Trendprognose. Die konservative Regierungspartei ÖVP kommt demnach auf 23,5 Prozent, die Sozialdemokraten (SPÖ) auf 23 Prozent. Die mitregierenden Grünen und die Neos liegen bei jeweils 10,5 Prozent.

    +++ In Deutschland hat bei der Europawahl bis zum frühen Nachmittag jeder dritte Wahlberechtigte vom Stimmrecht Gebrauch gemacht.

    Bis 14 Uhr hätten 32,3 Prozent bei der Wahl des Europäischen Parlaments abgestimmt, teilte die Bundeswahlleiterin mit. Die Stimmen von Briefwählenden seien dabei nicht berücksichtigt. Eine Vergleichszahl zur letzten Wahl 2019 nannte die Bundeswahlleiterin nicht. Eine Sprecherin verwies auf Anfrage darauf, dass sich die Erhebungsmethodik seitdem geändert habe, weshalb die Zahlen nicht vergleichbar wären. 2019 hatte der Bundeswahlleiter für 14 Uhr eine Wahlbeteiligung von 29,4 Prozent genannt. Insgesamt lag die Wahlbeteiligung 2019 bei 61,4 Prozent.

    +++ Bei der Wahlbeteiligung in Deutschland gibt es regional teil große Unterschiede.

    In Hamburg zeichnet sich etwa eine höhere Beteiligung ab als vor fünf Jahren. Laut Landeswahlleiter gaben bis zum Nachmittag 48,8 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme ab - ein Anstieg um 4,7 Prozentpunkte im Vergleich zu 2019. In Nordrhein-Westfalen lag die Wahlbeteiligung bei knapp 45 Prozent. In Sachsen-Anhalt gingen dagegen bisher weniger Menschen für die Kommunal- und Europawahlen an die Wahlurnen. Bis 14 Uhr gaben 28,4 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme in einem der rund 2.200 Wahllokale ab, wie die Landeswahlleiterin in Magdeburg mitteilte. Auch in Thüringen (34,6 Prozent), Sachsen (31,4 Prozent) und Hessen (28,3 Prozent) lagen die Werte unter denen von 2019. Ein Grund für die geringeren Zahlen könnte der Trend zur Briefwahl sein.

    +++ In Essen ist es zu einer kleinen Panne gekommen.

    In einem Wahllokal in einem Pflegeheim im Stadtteil Heidhausen seien Helfer am Morgen nicht an die Wahlurne gekommen, da sich diese in einem abgeschlossenen Raum befunden habe, sagte der Leiter des Wahlamtes der Stadt Essen. "Wir haben die Wahlurne mit den entsprechenden Wahlunterlagen dann direkt nachgeliefert, sodass der Wahlbetrieb um 8:06 Uhr starten konnte", so der Leiter. Die Wahlräumlichkeiten seien pünktlich geöffnet gewesen. Kein Wähler habe weggeschickt werden müssen.

    +++ Bundeskanzler Scholz hat in Potsdam seine Stimme für die Europawahl abgegeben.

    Scholz kam mit seiner Frau Britta Ernst und stellte sich in der Schlange im Wahllokal bei der Industrie- und Handelskammer an. In Potsdam hat der Kanzler auch seinen Wahlkreis.
    Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) gibt seine Stimme zur Europawahl und zur Wahl der Stadtverordnetenversammlung der Landeshauptstadt Potsdam in einem Wahllokal in Potsdam ab.
    Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) gibt seine Stimme zur Europawahl und zur Wahl der Stadtverordnetenversammlung der Landeshauptstadt Potsdam in einem Wahllokal in Potsdam ab. (IMAGO / photothek / IMAGO / Janine Schmitz)

    +++ Zur diesjährigen Europawahl wurde ein Nutzungsrekord beim "Wahl-O-Mat" verzeichnet.

    Laut der Bundeszentrale für politische Bildung nutzten bis Samstagfrüh mehr als zwölf Millionen Menschen das Angebot. Bei der letzten Europawahl waren es demnach 10 Millionen. Die Zahlen zeigten, dass die Menschen bei ihrer Wahlentscheidung Orientierung suchten, sagte Präsident Krüger im RBB-Inforadio.

    +++ In Italien und Bulgarien wurde bis zum Mittag eine geringere Wahlbeteiligung verzeichnet, in Frankreich war sie leicht höher.

    In Italien stimmten bis zum Mittag laut Innenministerium 23 Prozent der wahlberechtigten Bürgerinnen und Bürger ab. In Frankreich waren es den Angaben zufolge 19,81 Prozent. Der Wert lag damit minimal höher als bei der letzten Europawahl 2019. In Bulgarien, wo parallel zur Europawahl die Parlamentswahl stattfindet, gaben laut staatlicher Wahlkommission lediglich rund 8,5 Prozent der wahlberechtigten Bürgerinnen und Bürger ihre Stimme ab.

    +++ In Österreich haben die schweren Unwetter auch Auswirkungen auf die Europawahl.

    Mehrere Wahllokale mussten verlegt werden, weil die ursprünglich zur Stimmabgabe vorgesehenen Stätten durch die Überflutungen nicht mehr zugänglich waren oder zerstört worden sind. Unter anderem die Gemeinde Deutschfeistritz und der Bezirk Hartberg-Fürstenfeld in der Steiermark seien betroffen, teilten Behörden mit. Bilder aus der Region zeigen, wie gestern infolge einer Sturzflut Fahrzeuge weggespült und gegen Häuserwände gedrückt wurden. Wegen Schlamm- und Geröllmassen musste eine Autobahn gesperrt werden.

    +++ Bundeswahlleiterin Brand hat auch noch am Tag der Europawahl zur Beteiligung an der Abstimmung aufgerufen.

    Sie begründete dies laut Mitteilung mit der "besonderen Bedeutung der Wahl für die Einflussnahme der Wählerinnen und Wähler auf die künftigen politischen Entscheidungen in der Europäischen Union". Zudem erinnerte Brand daran, dass auch Bürgerinnen und Bürger, die ihre Wahlbenachrichtigung nicht mehr finden, ihr Kreuz unter Vorlage ihres Personalausweises oder Reisepasses machen können. Voraussetzung ist, dass sie im Wählerverzeichnis ihres Wahlbezirks eingetragen sind.

    +++ In zahlreichen Bundesländern werden heute parallel zur Europawahl die Kommunalvertretungen neu bestimmt.

    In Baden-Württemberg, Brandenburg, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen und Sachsen-Anhalt sind die Bürger aufgerufen, unter anderem Kreistage und Bürgermeister zu wählen. In Thüringen, wo bereits vor zwei Wochen Kommunalwahlen abgehalten wurden, kommt es zu Stichwahlen. Mit Interesse wird insbesondere das Abschneiden der AfD beobachtet.
    Wahllokal in Winden (Thüringen). Dort gibt es Wahlurnen für die Europawahl und die Kommunalwahl.
    Wahllokal in Winden (Thüringen). Dort gibt es Wahlurnen für die Europawahl und die Kommunalwahl. (IMAGO / Eibner / Fleig)

    +++ Die Vorsitzende der sogenannten Wirtschaftsweisen, Schnitzer, hat vor Erfolgen europafeindlicher Parteien bei der Europawahl gewarnt.

    Bedroht seien Wohlstand und Sicherheit, sagte sie der Funke-Mediengruppe. Ein Ergebnis, das die EU in Frage stellen und darauf setzen würde, die einzelnen Länder gegeneinander auszuspielen, "würde genau diesen Wohlstand und die Sicherheit gefährden, die wir in jahrzehntelanger Zusammenarbeit geschaffen haben". Die aktuellen Krisen zeigten, wie wichtig es sei, in Europa verlässliche Partner zu haben, betonte Schnitzer.

    +++ In Deutschland wird heute das Europaparlament gewählt, so wie in den meisten anderen Ländern der Europäischen Union.

    720 Sitze wird das EU-Parlament künftig haben, 96 entfallen auf Deutschland. EU-weit sind und waren rund 360 Millionen Menschen aufgerufen, die Zusammensetzung des EU-Parlaments zu bestimmen. In Deutschland öffnen die Wahllokale um 8 Uhr und schließen um 18 Uhr. Wahlberechtigt sind hierzulande rund 65 Millionen Menschen, die ihr Kreuz auf einem sehr langen Wahlzettel machen dürfen: Mehr als 35 Parteien und Gruppierungen treten an, 33 davon in allen Bundesländern. Eine Fünf-Prozent-Hürde wie bei Wahlen auf Bundes- und Landesebene gibt es nicht. Zum ersten Mal dürfen auch 16- und 17-jährige Deutsche über die Zusammensetzung des EU-Parlaments mitentscheiden.
    Menschen stellen in Brüssel sich in einer Schule an, um zu wählen.
    Menschen stellen in Brüssel sich in einer Schule an, um zu wählen. (dpa / AP / Sylvain Plazy)

    +++ Die erste Prognose für die Sitzverteilung des neuen Europaparlaments wird voraussichtlich nach 20 Uhr bekanntgegeben.

    Ergebnisse für die gesamte EU werden erst am späten Abend veröffentlicht, wenn in allen EU-Staaten die Wahllokale geschlossen sind. In Italien ist die Wahl erst um 23.00 Uhr vorbei. Ab 20.15 Uhr gibt es von der EU aber erste Prognosen für das Europaparlament auf Basis von Nachwahlbefragungen und Teilergebnissen.

    Samstag, 8. Juni

    +++ Zehntausende Menschen demonstrieren in vielen Städten Deutschlands gegen Rechtsextremismus.

    Zu den Demonstrationen, unter anderem in Berlin, Dresden und Leipzig, hat ein Bündnis aus Gewerkschaften, Verbänden und Religionsgemeinschaften aufgerufen. Sie stehen unter dem Motto "Rechtsextremismus stoppen - Demokratie verteidigen". Rednerinnen und Redner werben für eine offene Gesellschaft, Menschlichkeit und Solidarität und rufen dazu auf, sich an der Wahl zu beteiligen.
    In Leipzig versammelten sich nach Angaben der Veranstalter rund 15.000 Menschen. Leipzigs Oberbürgermeister Jung (SPD) erklärt, Europa stehe auf der Kippe. Es dürfe nicht sein, dass antidemokratische Kräfte entschieden, wer dazugehöre und wer nicht.
    in Berlin sind Tausende Menschen zusammengekommen. Auf den Schildern sind unter anderem Sprüche wie "Herz statt Hetze", "Menschenrechte statt rechte Menschen" oder "Vielfalt ohne Alternative" zu lesen.

    +++ Bundeskanzler Scholz hat beim Wahlkampfabschluss der SPD in Duisburg seine Ukraine-Politik verteidigt.

    Der SPD-Politiker sagte, dass es keine NATO-Soldaten in dem Land geben werde. "Wir werden weiter verhindern, dass es zu einer Eskalation kommt." Frankreich berät allerdings über die Entsendung von Militärausbildern in die Ukraine. Scholz sagte, die Maßstäbe für die deutsche Unterstützung ließen sich unter einer Überschrift zusammenfassen: "Besonnenheit, Besonnenheit, Besonnenheit."
    Bundeskanzler Olaf Scholz steht auf einer Wahlveranstaltung in Duisburg neben der Spitzenkandidatin der SPD für die Europawahl, Katarina Barley.
    Bundeskanzler Olaf Scholz steht auf einer Wahlveranstaltung in Duisburg neben der Spitzenkandidatin der SPD für die Europawahl, Katarina Barley. (AFP / INA FASSBENDER)
    CDU-Chef Merz rief vor der Europawahl in seiner wöchentlichen Mail an Unterstützer und Interessierte zur Unterstützung der Konservativen auf und warb in dem Zusammenhang für die amtierende EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen. Die CDU-Politikerin genieße in ganz Europa und auf der Welt höchsten Respekt, schrieb Merz. Die Wähler könnten "mit ihrer Wahl für Kontinuität in Europa auch einen klaren Denkzettel an die Adresse der Ampel in Berlin verbinden".
    Grüne, FDP und Linke hatten ihren Wahlkampf bereits in den vergangenen Tagen beendet.

    +++ Der slowakische Ministerpräsident Fico hat seine Stimme für die Europawahl im Krankenhaus abgegeben.

    Fico postete ein Foto von sich, wie er auf eine Krücke gestützt seinen Wahlzettel in eine mobile Wahlurne steckt. Am 15. Mai war der Regierungschef durch mehrere Schüsse lebensgefährlich verletzt worden. Der unmittelbar danach festgenommene Angreifer sitzt derzeit in Untersuchungshaft. Im Polizeiverhör hatte der 71-Jährige seine Tat mit Hass auf Fico und dessen Regierungspolitik begründet.

    +++ Am heutigen dritten Tag der Europawahl wird in mehreren Ländern abgestimmt. Aufgerufen sind die Bürger Italiens, der Slowakei, Lettlands und Maltas.

    Auch in den französischen Überseegebieten kann bereits über die künftige Zusammensetzung des Europaparlaments abgestimmt werden. In Tschechien sind die Wahllokale bis zum Mittag geöffnet. Es ist bereits der zweite Wahltag in dem Land. Experten rechnen allerdings mit einer sehr niedrigen Wahlbeteiligung. Bei der Europawahl 2019 lag der Wert in Tschechien bei unter 29 Prozent. Auch in Irland wurde bereits gestern gewählt. In den meisten EU-Staaten, darunter in Deutschland, können die Menschen morgen ihre Stimme abgeben.

    +++ Der frühere EU-Kommissionspräsident Juncker hat mit Blick auf die laufende Europawahl vor einer Zunahme extrem rechter Kräfte gewarnt.

    Das Erstarken des Rechtspopulismus in zahlreichen Staaten bereite ihm große Sorgen, sagte Juncker im Deutschlandfunk. Auch wenn rechte Parteien bei der Wahl nur etwa ein Viertel der Sitze erhalten sollten, reiche dies aus, um in Europa ein großes Durcheinander zu stiften.

    Freitag, 7. Juni

    +++ Kurz vor der Europawahl am Sonntag haben Grüne, Linke und die Unionsparteien heute ein letztes Mal um Wählerstimmen geworben.

    Der Bundesvorsitzende und Spitzenkandidat der Partei Die Linke für die Europawahl, Schirdewan, bezeichnete die anstehende Abstimmung als Richtungswahl. Die Grünen-Vorsitzende Lang sagte in Köln, der prognostizierte Rechtsruck sei nicht in Stein gemeißelt. Die Unionsparteien schlossen am Abend in München ihren Wahlkampf ab. Die Vorsitzenden von CDU und CSU, Merz und Söder, kritisierten bei ihren Auftritten sowohl die Politik der Ampel-Koalition als auch das Auftreten der AfD.
    Bereits gestern warb die FDP-Spitzenkandidatin Strack-Zimmermann in Düsseldorf ein letztes Mal öffentlich um Wählerstimmen. Das Bündnis Sahra Wagenknecht beendete seinen Wahlkampf in Berlin. Die SPD wird morgen in Duisburg, einer Hochburg der Partei, ihre Abschlusskundgebung im Beisein von Bundeskanzler Scholz und Spitzenkandidatin Barley abhalten. Die AfD trifft sich zum Abschluss in Karlsruhe.

    +++ An der Europawahl werden in Berlin voraussichtlich deutlich mehr Menschen per Briefwahl teilnehmen als zuletzt.

    Nach Angaben der Landeswahlleitung beantragten bis einschließlich Donnerstag 730.361 Wahlberechtigte (rund 29 Prozent der Wahlberechtigten) entsprechende Unterlagen. Bei der Europawahl 2019 waren es drei Tage vor der Wahl 505.663 Wahlberechtigte (gut 20 Prozent). 

    +++ Die Parteien im Bundestag haben über die Europapolitik debattiert.

    Während die Ampel-Fraktionen die Errungenschaften der Europäischen Union betonten und zur Verteidigung europäischer Werte aufriefen, warf die Unionsfraktion der Bundesregierung vor, deutsche Interessen in Brüssel nicht durchzusetzen.
    Grünen-Chefin Lang bezeichnete die Friedenssicherung nach dem Zweiten Weltkrieg als "Wunder Europas", das es zu "verteidigen" gelte. SPD-Vize Post warnte vor dem Erstarken radikaler Kräfte. Die EU-Spitzenkandidatin der FDP, Strack-Zimmermann, nannte die EU "das größte Friedensprojekt, seitdem Menschen vom Baum geklettert sind" und forderte den Aufbau einer Verteidigungsunion.
    Der europapolitische Sprecher der Unionsfraktion, Krichbaum (CDU), warf der Ampel-Regierung vor, Deutschland in der Europöischen Union zu "verzwergen". AfD-Partei- und Fraktionschef Chrupalla kritisierte die EU als "dysfunktional und teuer". Er verlangte, die "überholte Ordnung von Ost und West" zu beenden.

    +++ Eine große Mehrheit der Bundesbürgerinnen und -bürger zeigt laut einer Umfrage Interesse an der Europawahl.

    Demnach erklärten knapp 62 Prozent der Befragten in der Erhebung, dass die Europawahl wichtig sei, wie das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) mitteilte. Der Anteil liegt damit in etwa so hoch wie die Wahlbeteiligung im Jahr 2019. Für die Untersuchung wurden rund 5.200 Bundesbürgerinnen und -bürger ab 18 Jahren online befragt.
    Die Bedeutung der Wahl wird dabei je nach Parteipräferenz unterschiedlich eingeschätzt. Während fast neun von zehn Parteianhängern der Grünen (88 Prozent) die EU-Wahl als sehr wichtig empfanden, stimmte dem weniger als die Hälfte der AfD-Anhänger (46 Prozent) zu.

    +++ In Irland und Tschechien sind die Menschen heute zur Europawahl aufgerufen.

    Die irischen Wahllokale öffneten um 08.00 Uhr deutscher Zeit (07.00 Uhr Ortszeit). Erste Prognosen ab 23.00 Uhr dürften zeigen, ob die linksnationalistische Oppositionspartei Sinn Fein mehr Sitze gewinnt als die Mitte-Rechts-Partei von Regierungschef Harris.
    In Tschechien haben die Wählerinnen und Wähler von Freitagnachmittag bis Samstagmittag Zeit, ihre Stimme abzugeben. Unsere Korrespondentin Marianne Allweiss berichtet aus Prag, für viele Menschen sei die Hauptmotivation für die Wahl der Frust über die Regierung - wenn man denn überhaupt wählen gehe.
    Ergebnisse für die gesamte EU sind erst Sonntagabend zu erwarten, wenn in Deutschland und den anderen EU-Ländern die Wahllokale geschlossen sind.

    +++ Wichtig für den Wahlsonntag in Deutschland: Parallel zur Europawahl finden in acht Bundesländern Kommunalwahlen statt.

    Dabei wird über die Zusammensetzung neuer Stadt-, Gemeinde- und Kreisparlamente sowie die Vergabe vieler Bürgermeisterposten entschieden. Zudem finden in Thüringen nach der ersten Runde der Kommunalwahl vom 26. Mai noch Stichwahlen statt.
    Gewählt wird in Baden-Württemberg, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, dem Saarland, Sachsen-Anhalt, Sachsen und Brandenburg. In den beiden letztgenannten Bundesländern sind die Kommunalwahlen damit wie bereits in Thüringen ein wichtiger Stimmungstest vor Landtagswahlen: In Sachsen und Thüringen stehen diese am 1. September an, in Brandenburg am 22. September.

    +++ Der für Europafragen zuständige katholische Bischof Overbeck ruft dazu auf, bei der Wahl am Sonntag ein klares Zeichen gegen europa- und demokratiefeindliche Kräfte zu setzen.

    Overbeck sagte der Katholischen Nachrichten-Agentur, die Europawahl sei besonders wichtig, um die demokratische EU "nicht denen zu überlassen, die sie abschaffen wollen oder eine antidemokratische Agenda verfolgen". Der Essener Bischof ist Vorsitzender der Arbeitsgruppe Europa der Deutschen Bischofskonferenz und Delegierter bei der EU-Bischofskommission (COMECE).

    +++ Und etwas Hintergrund zur Wahl: Im Europaparlament ist die Fraktionsbildung deutlich komplizierter als im Bundestag. Was bedeutet das?

    Wie bilden sich die Fraktionen? Und was sind Parteienfamilien? Wir erklären auch, wie und warum um fraktionslose Abgeordnete geworben wird. Alles dazu im Überblick hier:

    +++ Die Union, die Grünen und die Linke schließen heute ihren Europawahlkampf ab.

    In München sprechen am Abend EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen (CDU), die eine zweite Amtszeit anstrebt, und der CDU-Vorsitzende Merz zu ihren Anhängern. CDU und CSU können laut Umfragen damit rechnen, die Europawahl am Sonntag in Deutschland mit großem Vorsprung zu gewinnen.
    Die Grünen versammeln sich zum Wahlkampfabschluss am Nachmittag in Köln. Zu den Rednern gehören die Vorsitzenden Lang und Nouripour sowie Spitzenkandidatin Reintke. Die Linke schließt ihre Kampagne in Potsdam ab, angeführt von den Parteichefs Wissler und Schirdewan sowie Spitzenkandidatin Rackete. Die SPD folgt erst am Samstag, wo in Duisburg unter anderem Bundeskanzler Scholz spricht. 

    Donnerstag, 6. Juni

    +++ Grün-Links liegt in den Niederlanden laut Prognose knapp vor der PVV des Rechtspopulisten Wilders.

    Den Nachwahlbefragungen zufolge kommt das grün-sozialdemokratische Bündnis auf acht der 31 Mandate. Die PVV erzielt demnach 7 Sitze. In Umfragen hatte sie vorne gelegen. Zurzeit ist die PVV im Europaparlament mit einem Abgeordneten vertreten. Das Endergebnis wird am Sonntagabend bekanntgegeben.

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    +++ Mit der Abstimmung in den Niederlanden beginnt heute die Europawahl.

    Als erste dürfen dort rund 13,5 Millionen Bürgerinnen und Bürger ihre Stimme für die Abgeordneten des Europaparlaments abgeben. Umfragen zufolge könnte die europafeindliche Anti-Islam-Partei PVV des Populisten Wilders stärkste Kraft werden. Wilders hatte im November die Parlamentswahl in den Niederlanden gewonnen und im Zuge der Suche nach Koalitionspartnern die Forderung nach einem Austritt aus der EU zurückgestellt.
    Im neuen Europaparlament werden die Niederlande mit 31 Abgeordneten vertreten sein. Prognosen werden zwar bereits für den Abend erwartet, Ergebnisse dürfen aber erst bekannt gemacht werden, wenn in allen Staaten am Sonntag Abend die Wahllokale geschlossen sind. In Deutschland wird wie in den meisten EU-Ländern am Sonntag abgestimmt.

    Zu den Entwicklungen im Wahlkampf geht es hier.