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Nicht alle Studienkosten sind nachträglich beim Finanzamt absetzbar

Die Kosten für das Erststudium sollen zwar als Werbungskosten oder Betriebsausgaben absetzbar sein, sagt Constanze Hacke, Expertin für Steuerfragen. Der abziehbare Betrag werde voraussichtlich aber gedeckelt und gelte nicht für jeden Studenten.

Constanze Hacke im Gespräch mit Manfred Götzke |
    Manfred Götzke: Ein Studium mit Geld-zurück-Garantie: Man studiert vier, fünf Jahre, und wenn dann der erste Job und damit die ersten Steuern anstehen, kann man alle Studienkosten beim Finanzamt absetzen. Klingt doch super, oder? Und genau so etwas verspricht ein Urteil des Bundesfinanzhofes von Mitte August, da hatte das Gericht nämlich entschieden: Studienkosten sind noch nachträglich im ersten Job steuerlich absetzbar. Die große Frage ist allerdings: Was macht die Bundesregierung mit dem Urteil? Lässt sie da die Finanzämter das so umsetzen, oder ändert sie mal eben das Gesetz, damit die Kosten am Ende doch nicht absetzbar sind? Schließlich geht es bei dem Thema um Milliarden. Der "Spiegel" hat jetzt herausgefunden, das Finanzministerium will wohl einen Mittelweg gehen. Meine Kollegin Constanze Hacke ist Expertin für alle Steuerfragen. Frau Hacke, das Finanzministerium deutet in einem Vermerk an, wie es mit dem Urteil umgehen will. Was genau steht drin?

    Constanze Hacke: Ja, die Kosten für das Erststudium, oder eben die erste Berufsausbildung an einer speziellen Schule, sollen zwar als Werbungskosten oder Betriebsausgaben absetzbar sein, sprich, solche Kosten können dann als Verluste von späteren Einkünften abgezogen werden – das große Aber dabei lautet: Der abziehbare Betrag soll gedeckelt werden. Bereits in der vergangenen Woche war in der Fachpresse die Rede davon, dass die Summe auf so ungefähr 1.000 Euro pro Studienjahr begrenzt wird, und das auf eine Regelstudienzeit von vier Jahren. Somit könnten insgesamt nur 4.000 Euro geltend gemacht werden. Dazu kommt, dass im Ministerium darüber nachgedacht wird, dass Eltern, die für ihre studierenden Kinder Unterhalt leisten, dies steuerlich nicht absetzen können.

    Götzke: Das heißt, wenn Eltern ihren Kindern das Studium finanzieren, dann können die Absolventen gar nichts absetzen.

    Hacke: So scheint es. Wobei man sagen muss, dass bislang eigentlich auch schon gilt, dass die Kosten nur derjenige abziehen kann, der sie auch hat, und der die Ausbildung absolviert. Dies wird nun, wie es aussieht, in eine gesetzliche Regelung gegossen.

    Götzke: Das heißt, dieser Vermerk ist noch nicht das Ende der Fahnenstange, es wird ein neues Gesetz geben?

    Hacke: So sieht es aus. Es wird wohl nach derzeitigem Stand auf jeden Fall ein neues Gesetz geben. Derzeit analysiert man, wie es heißt, im Ministerium die Handlungsspielräume und natürlich die jeweiligen Konsequenzen, vor allem für den Haushalt, aber auch für andere Förderinstrumente in puncto Ausbildung. Das Ministerium geht aber davon aus, dass es hier nicht mehr mit einer Verwaltungsanordnung getan ist, wie zum Beispiel bei der steuerlichen Absetzbarkeit des Arbeitszimmers, sondern dass ein neues Gesetz tatsächlich hermuss.

    Götzke: Weiß man schon, wann das kommt?

    Hacke: Dazu gibt es – wie immer – zahlreiche Spekulationen, ich gehe aber persönlich davon aus, dass ein solcher Gesetzesentwurf erst 2012 kommt, zumal wir in den nächsten Wochen mitten in den parlamentarischen Haushaltsberatungen stecken.

    Götzke: Es ist also noch einiges unklar. Was sollten Absolventen, die gerade ihr Studium abgeschlossen haben, jetzt also tun am besten?

    Hacke: Ja, zunächst einmal sollten Studierende und natürlich auch diejenigen, die in den vergangenen Jahren ihr Studium abgeschlossen haben, jetzt prüfen, ob sie mit Blick auf diese jüngsten Urteile ihre Kosten überhaupt noch geltend machen können. Denn nicht jeder, der hohe Kosten für sein Erststudium hatte, kann die jetzt auch noch geltend machen.

    Das Ganze ist gewissermaßen in drei Gruppen aufgeteilt: Das sind erstens diejenigen, die in den vergangenen Jahren bereits eine Steuererklärung abgegeben haben und auch schon einen rechtskräftigen Steuerbescheid dafür bekommen haben, die haben leider Pech gehabt und können leider nichts mehr rückwirkend geltend machen, zweitens die Studierenden oder Schüler, die Steuererklärungen abgegeben haben, die aber noch nicht vom Finanzamt bearbeitet worden sind, die können jetzt ihre Studienkosten noch nachträglich als Werbungskosten einreichen, und dann gibt es noch die dritte Gruppe, das dürfte wahrscheinlich die größte Gruppe sein, das sind diejenigen, die in der Vergangenheit einfach gar keine Steuererklärung eingereicht haben, die können das jetzt für die zurückliegenden vier Jahre tun, also bis einschließlich zum Jahr 2007. Das heißt dann, man muss alle Kosten auflisten und belegen.

    Dazu gehören dann zum Beispiel die Studiengebühren, die Fahrtkosten zur Uni, Materialkosten, Ausgaben für eine Lerngemeinschaft, auch die Ausgaben für Fachliteratur, Bürobedarf, Computer, Druckerpatronen, Papiere, Stifte, Beiträge zur Unibibliothek, Kosten für Exkursionen, oder auch die Zinsen für einen Studienkredit können angegeben werden, und gemeinsam mit der Steuererklärung muss man dann einen Antrag auf Verlustfeststellung, wie das im Amtsdeutsch heißt, stellen, das geht ganz formlos. Und stellt sich das Finanzamt dann quer, sollte man Einspruch einlegen, denn es sind derzeit noch einige ähnliche Verfahren beim Bundesfinanzhof und bei Finanzgerichten anhängig. Und ganz wichtig ist, möglichst schnell handeln.

    Götzke: Vielen Dank für diese Information! Constanze Hacke hat uns gesagt, was Absolventen tun sollten, wenn sie ihre Studienkosten steuerlich absetzen wollen.