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Nicht süchtig werden

Im Schnitt mit etwas über 13 Jahren machen Jugendliche ihre ersten Erfahrungen mit Alkohol. Zu früh, kritisieren Ärzte und Sozialarbeiter. Was kann getan werden, damit junge Menschen nicht abhängig werden von Drogen - das war eines der Themen auf dem Deutschen Suchtkongress 2011.

Von Jochen Steiner |
    "Ich denke mal, wenn man komplett sagt, Drogen sind schlecht, dann reizt das noch mehr und wenn man sagt, Drogen sind gut, dann ist das halt auch nicht produktiv. Also wenn man halt sagt, was Drogen anrichten und die Option darstellt, hat halt jeder selbst zu entscheiden was er macht oder nicht macht."

    Das ist die Meinung von Jeremy, der gerade an einem der Workshops teilgenommen hat, durchgeführt von Sozialarbeiter Wolfgang Sterneck vom Frankfurter Verein Basis. Sterneck ließ die Schüler von ihren eigenen Erfahrungen mit Drogen berichten, sie erzählten, wie sie sich gegenseitig wahrnehmen, wenn sie Drogen wie etwa Alkohol konsumiert haben. Der Sozialarbeiter lieferte Informationen, zum Beispiel, wie die einzelnen Substanzen wirken.

    "Es zeigt sich immer wieder, dass wenn man an den Lebensrealitäten der Jugendlichen ansetzt, und ohne Tabuisierung, ohne Verteuflung arbeitet, über Drogen informiert, dann erreicht man die Jugendlichen und dann öffnen sie sich auch."

    Drogenaufklärung mit erhobenem Zeigefinger, wie sie in der Vergangenheit oftmals praktiziert wurde, funktioniere nicht, so Wolfgang Sterneck. Man müsse auch die positiven Seiten, etwa des Alkohols ansprechen, natürlich nicht, ohne auch die negativen zu nennen.

    "Die meisten Probleme entstehen im Zusammenhang mit Alkohol, weil die Jugendlichen ständig mit Alkohol konfrontiert werden, meistens mit einem sehr positiven Image besetzt wird, ihnen das Trinken von Alkohol vermittelt, aber sie lernen nirgends ihre eigenen Grenzen zu erkennen und damit auseinanderzusetzen."

    Beim Alkoholkonsum spielen auch der Preis und die Verfügbarkeit der alkoholischen Getränke eine entscheidende Rolle, sagt Professor Michael Klein von der Katholischen Hochschule Nordrhein-Westfalen in Köln.

    "Und insofern ist es eigentlich nur natürlich, dass so viele Kinder und Jugendliche gerade in den letzten Jahren früh einsteigen und auch exzessiv konsumieren, weil die Substanz preiswert und nahezu allzeit verfügbar ist und weil es auch keine Konsumnormen gibt, die aus der Erwachsenenwelt kommend jetzt nun wirklich dagegen sprechen."

    Würde Alkohol teurer sein, könnte so mancher Jugendliche nicht mehr so viel davon kaufen, argumentiert Suchtforscher Michael Klein. Wichtig sei aber auch, dass die ersten Erfahrungen mit Alkohol in einem geschützten Umfeld gemacht werden, in der Familie etwa, und nicht zum Beispiel auf Partys. Und, Eltern sollten auch beim Thema Alkoholkonsum Vorbild sein, denn ...

    "So wie wir Alkohol konsumieren, so wird mit hoher Wahrscheinlichkeit mal unser Kind konsumieren, und vor allen Dingen, von psychologischer Seite, bekommen wir unsere Probleme ohne Alkohol gelöst? Da zeigt sich immer wieder, dass die Elternmodelle so bis zu einem Alter von etwa zehn bis zwölf Jahren bei ihren eigenen Kindern im Grunde die wichtigsten sind. Und wenn sie glaubwürdig sind, wenn sie authentisch sind, dann ist das sehr gut und dann ist das auch ein echter Schutz für die Kinder, "

    ... sagt Klein. Diesen Schutz haben allerdings Kinder aus alkoholbelasteten Familien nicht. Das negative Vorbild der Eltern schreckt einige Kinder vom Alkohol ab. Doch häufig übernehmen Jugendliche das Trinken der Eltern als eine Art "Problembewältigung".

    Auch gute Beziehungen zu Freunden spielen eine wichtige Rolle dabei, nicht süchtig zu werden. Wenn die Kinder dann noch in ihrer Freizeit etwas Sport treiben und sich gesund ernähren, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass sie gut durchs Leben kommen, ohne in eine Drogensucht zu geraten. Jeremy sieht es nach dem Workshop ganz realistisch:

    "Süchtig werden ist halt ziemlich aktuell. Man kann ja von ziemlich Vielem süchtig werden, sei es Facebook, Internet oder Sonstiges, und das ist immer aktuell und wird auch immer ein großes Thema bleiben würde ich sagen, ja."