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Niederschlagstrends im Treibhaus Erde

Klima. - In Sachen Niederschlag macht es einen großen Unterschied, ob die Natur oder der Mensch den Thermostaten aufdreht. Bei einer Erwärmung durch kräftige Sonnenstrahlung fällt deutlich mehr Regen als bei einem zunehmenden Treibhauseffekt, der Wärme in Bodennähe zurückhält.

Von Volker Mrasek | 31.01.2013
    Im 12. und frühen 13. Jahrhundert war die globale Mitteltemperatur schon einmal fast so hoch wie heute. Die Phase ist als "Mittelalterliche Wärmeperiode" bekannt. Nach den Daten von Paläoforschern brachte sie vermehrte Niederschläge. Das steht allerdings im Widerspruch zu aktuellen Klimatrends. Zur Zeit sei es noch wärmer als damals, aber insgesamt niederschlagsärmer, sagt Marc Cane, Professor für Erd- und Klimawissenschaften an der Columbia University in New York City. Diese Tendenz - wärmer und trockener - zeigten auch die meisten Klimamodelle für die nächsten Jahrzehnte:

    "Man könnte also befürchten, dass die Modelle falsch liegen. Unsere Untersuchungen zeigen jetzt aber, dass das nicht stimmt. Und dass beide Reaktionen des Klimas möglich sind. Was die Klimamodelle bei einem zunehmenden Treibhauseffekt prognostizieren, unterscheidet sich von der Erwärmung durch eine aktivere Sonne in der Vergangenheit."

    Zusammen mit Fachkollegen aus China hat Marc Cane gleich drei Zeitreisen unternommen. Im Klimamodell simulierten die Forscher rückblickend die letzten tausend Jahre, dann speziell das 20. Jahrhundert. Und schließlich auch die zukünftige Entwicklung bis zum Jahr 2100. Das übrigens mit einem Klimamodell, das in Hamburg entwickelt wurde, am Max-Planck-Institut für Meteorologie.

    Das Wichtigste Resultat der Simulationen: Für den Niederschlag macht es einen großen Unterschied, wer den Thermostaten aufdreht: die Natur oder der Mensch! Im warmen Mittelalter war es die Sonne, die kräftiger strahlte. Heute sind es Klimagase aus menschlichen Aktivitäten, die Wärme in Bodennähe zurückhalten. Also einmal mehr Einstrahlung, das andere mal weniger Ausstrahlung. Der Energiefluss in der Atmosphäre unterscheidet sich ...

    "Egal, auf welche Weise man den Planeten erwärmt – mit der Temperatur steigt auch der Wasserdampf-Gehalt der Luft. Und die Wärme, die frei wird, wenn dieser Wasserdampf sich in Regen verwandelt, ist ganz wichtig für ein ausgeglichenes Energiebudget der Atmosphäre. Wenn nun Treibhausgase die Wärmerückstrahlung der Erde blockieren, geht nicht mehr so viel Energie in den Weltraum verloren. Und man braucht nicht mehr so viel Niederschlag, um die Balance im Energiebudget wiederherzustellen."

    Anders die Situation bei einer rein solaren Erwärmung ohne zusätzlichen Treibhauseffekt. Bei ihr geht der Atmosphäre viel Energie als Wärmerückstrahlung wieder verloren. Und für eine ausgeglichene Bilanz braucht es dann mehr Wärme, die beim Übergang von Wasserdampf in Regen entsteht. Und deshalb auch mehr Niederschläge.

    Im Indischen und Westpazifischen Ozean gibt es einen ausgedehnten Warmwasser-Pool. Während der Mittelalterlichen Wärmeperiode dürfte sich dieses Gebiet mit hohen Verdunstungsraten stark ausgedehnt haben. Und zu mehr Regen vor allem in den Tropen geführt haben. Das legen die Modellsimulationen nahe.

    In einer Welt mit weiter steigenden Treibhausgasen dagegen läuft dieser tropische Niederschlagsmotor nicht so hochtourig – es erwartet uns offenbar weniger Regen. Noch einmal Marc Cane:

    "Unsere Studie erhöht in erster Linie das Vertrauen in Klimamodelle. Darüber hinaus bestätigt sie, was sich in früheren Arbeiten schon als Tendenz angedeutet hat: Regionen, die ohnehin feucht sind, werden noch feuchter werden - tropische Regenwälder zum Beispiel. Und trockene Regionen noch trockener. Das schließt weite Teile Australiens ein, den Südwesten der USA und Nordmexiko. In diesen Regionen hat das sicher keine angenehmen Konsequenzen."

    Der US-Forscher ist allerdings ehrlich genug zu sagen, dass die neuen Befunde auf jeden Fall noch bestätigt werden müssen. Und dass es generell schwierig bleibt, vorherzusagen, wo genau und wie stark sich die Niederschläge auf dem Globus verändern werden.