Donnerstag, 28. März 2024

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Nike Oregon Project beendet
"Das Projekt war nur noch Negativwerbung"

Nach der Doping-Sperre von Cheftrainer Alberto Salazar beendet Nike das Nike Oregon Project. Thomas Kistner zufolge haben die Negativschlagzeilen überhand genommen: "Jeder Erfolg wäre mit einem dicken Fragezeichen versehen", sagte der Sportredakteur der Süddeutschen Zeitung im Dlf.

Thomas Kistner im Gespräch mit Jessica Sturmberg | 12.10.2019
epa04775010 US track coach Alberto Salazar of Britain's Mo Farah reacts during the men's 10,000m race during the Prefontaine Classic Diamond League meeting at Hayward Field in Eugene, Oregon, USA, 29 May 2015. EPA/STEVE DYKES |
Leichtathletiktrainer Alberto Salazar (dpa picture alliance, Steve Dykes)
Ab jetzt "gehe jeder Erfolg nach hinten los", sagte Thomas Kistner in der Sendung "Sport am Samstag". Nachdem die US-Anti-Doping-Behörde USADA Alberto Salazar Anfang Oktober gesperrt hatte, habe Nike wohl realisiert, dass das Nike Oregon Project "nur noch Negativwerbung" ist.
Gegen die Trainingsgruppe für Spitzenläufer und -läuferinnen liefen schon seit Jahren Ermittlungen wegen Dopingverstößen. Laut Nike habe die Untersuchungskommision zwar nicht festgestellt, dass im Projekt "jemals leistungssteigernde Mittel eingesetzt" worden seien, teilte der US-Konzern in einer Stellungnahme mit. Die Gesamtsituation sei für die Läufer aber zu einer "unfairen Belastung" geworden.
Testosteronsalben und Schilddrüsenmedikamente
Auch IOC-Chef Bach habe angekündigt, "dass man das Nike-Projekt noch mehr durchleuchten will", sagte Kistner. Im Fokus standen bis jetzt nur die Jahre 2010 bis 2014 und auch nur die Athleten, die eng mit dem gesperrten Cheftrainer Salazar zusammengearbeitet haben.
Den USADA-Ermittlungen zufolge hat Salazar unter anderem versucht, die Nachweisschwelle von Testosteronwerten zu ermitteln, indem er seinen eigenen Söhnen Testosteronsalbe einmassierte. "Anhand von Urinproben wurde dann überprüft, wie viel Hormongel benutzt werden kann, um unter dem kritischen Messwert zu bleiben", erklärt Thomas Kistner. Die Begründung: Er wolle nur gerüstet sein für den Fall, dass bösartige Rivalen einmal seine Läufer massieren würden.
02.10.2019, Katar, Doha: Leichtathletik, Weltmeisterschaft, WM, IAAF, Khalifa International Stadium: 5000m, Frauen: Konstanze Klosterhalfen bei den Leichtathletik-Weltmeisterschaften in Doha / Katar in der Qualifikation über 5000 m.
Die deutsche Läuferin Konstanze Klosterhalfen trainierte im Nike Oregon Project - allerdings nicht unter Cheftrainer Salazar. (dpa / Michael Kappeler)
Fettverbrenner "in monströsen Mengen"
Zudem hätten auffällig viele Teilnehmer und Teilnehmerinnen des Nike Oregon Projects Schilddrüsenmedikamente genommen, die als Nebenwirkung den Testosteronspiegel anheben. Außerdem habe Salazar seinen Sportlern und Sportlerinnen Fettverbrenner "in monströsen Mengen" verabreicht. Dass Nike trotz Auflösung der Trainingsgruppe weiter die Verteidigung von Salazar finanzieren will, hält Kistner für ein "verschämtes Schuldeingeständnis".
Der Deutsche Leichtathletik Verband begrüßt zwar das Ende des Projekts. Kistner kritisiert jedoch, dass der Verband seiner Athletin Konstanze Klosterhalfen nicht von einer Teilnahme am Projekt abgeraten hat. Die Leverkusenerin, die bei der Leichtathletik-WM in Doha Bronze über 5.000 Meter gewonnen hat, trainierte seit einigen Monaten im Nike Oregon Project - allerdings nicht unter Cheftrainer Salazar, sondern in einer anderen Trainingsgruppe.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.