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Norwegen
Spionagefall belastet Beziehungen zu Russland

Der Norweger Frode Berg sitzt in einem russischen Gefängnis fest. Dem Rentner wird Spionage vorgeworfen, im Auftrag des norwegischen Geheimdiensts. Frode Berg fühlt sich hintergangen und Norwegen diskutiert über die außenpolitischen Folgen der Geheimdienst-Panne.

Von Gunnar Köhne |
Der Norweger Frode Berg steht hinter einer Glasscheibe und wartet auf sein Urteil.
Der Norweger Frode Berg ist wegen Spionagevorwürfen in Russland zu 14 Jahre Straflager verurteilt worden. (AFP / Maxim ZMEYEV)
Er werde ordentlich behandelt, ruft der weißhaarige Mann durch die Gitter Journalisten zu. Aber, so fügt er hinzu: es sei immer noch ein russisches Gefängnis.
Der Mann hinter den Käfiggittern eines Moskauer Gerichtssaals ist der 64 Jährige Norweger Frode Berg. Wieder und wieder wurde der pensionierte norwegische Grenzbeamte in den vergangenen eineinhalb Jahren so in den norwegischen Medien gezeigt: als gebrochener Mann vor einem russischen Gericht, angeklagt der Spionage. Mitte April fiel das Urteil, vergangene Woche wurde es rechtskräftig: 14 Jahre Lagerhaft. Seitdem ist in Norwegen nicht nur das Entsetzen über die harte Strafe groß. Das kleine Land hat nun einen handfesten Geheimdienstskandal. Morten Jentoft, ehemaliger Russland-Korrespondent des norwegischen Rundfunks war in Moskau, als Berg im Dezember 2017 verhaftet wurde. Er wirkt immer noch fassungslos:
"Wie kann der norwegische Geheimdienst bloß einen ehemaligen Offizier als Kurier nach Moskau schicken? Da gehen doch schon an der Passkontrolle alle Warnlampen an! Überdies wurde der Mann offensichtlich nicht einmal ordentlich vorbereitet. Denn er hatte ja gleich in seiner ersten Vernehmung verängstigt alle Karten auf den Tisch gelegt. Einem Geheimdienstprofi wäre das wohl nicht passiert."
Frode Berg fühlt sich hintergangen
Tatsächlich hatte Berg zugegeben, im Auftrag des norwegischen Geheimdienstes "Etterretningstjeneste" mit einem Schriftstück und einem Umschlag mit Geld nach Moskau gekommen zu sein. Er habe es einem Kontaktmann übergeben wollen. Wofür, habe er nicht gewusst. Er fühle sich hintergangen. Die Regierung in Oslo hüllt sich in Schweigen, doch Morten Jentoft glaubt nach Recherchen zu wissen, warum der Rentner nach Moskau geschickt worden ist:
"Hier handelt es sich sehr wahrscheinlich um den Versuch, an Informationen über den Bau neuer russischer Atom-U-Boote für die Nordflotte heranzukommen. Daran haben aber vor allem die Amerikaner Interesse. Darum sitzen Frode Bergs wahre Auftraggeber wohl jenseits des Atlantiks in den USA."
Im April reiste die norwegische Ministerpräsidentin Erna Solberg zu einem Staatsbesuch nach Moskau. Wohl vor allem, um sich für Frode Berg einzusetzen. Vergeblich. Eine Woche fiel das harsche Urteil gegen schwer gezeichneten alten Mann. In der Bevölkerung stößt die Haltung der Regierung zunehmend auf Unverständnis:
"Ich kann nicht beurteilen, was wahr ist und was nicht. Aber dass die Regierung Frode Berg nicht mehr unterstützt, das finde ich furchtbar."
Hoffnung auf Putins Begnadigung
Frode Berg setzt seine letzten Hoffnungen derweil auf ein Gnadengesuch an Präsident Putin. Allerdings, da ist sich Morten Jentoft sicher, wird sich Putin darauf nur einlassen, wenn er im Gegenzug dafür etwas von Norwegen zurückbekommt. Einen inhaftierten russischen Spion zum Austausch kann Norwegen aber nicht anbieten. Dann vielleicht politische Zugeständnisse?
"Die Russen sähen es bestimmt gerne, wenn sich Norwegen in der Frage der westlichen Sanktionen gegen Moskau zukünftig etwas flexibler zeigen würde. Da hat Norwegen als NATO-Mitglied zwar nicht viel Spielraum. Aber vielleicht lässt sich da trotzdem was machen. Die Russen können sich jedenfalls ganz entspannt zurücklehnen. Sie haben einen geständigen Spion gefasst und damit ein Mordspfand gegen ihr Nachbarland Norwegen."