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Notstand in Mosambik
„Es war viel schlimmer, als wir es uns vorgestellt haben“

Die Lage in den südostafrikanischen Überschwemmungsgebieten in Mosambik ist dramatisch. Es ist eine der größten Naturkatastrophen, die die Region je erlebt hat. Auch wenn es seit gestern nicht mehr regnet, kämpfen viele ums Überleben. Ein Wettlauf gegen die Zeit hat begonnen.

Von Leonie March |
Eine überschwemmte Landschaft mit zerstörten Häusern in Mosambik.
An den Wiederaufbau ist noch nicht zu denken. Noch kämpfen viele um ihr Überleben. (imago/ZUMA Press)
Auf Satellitenbildern sind gigantische Wassermassen zu sehen. Sie zeigen die Größe der Überschwemmungsgebiete in Mosambik. Geschätzte 3.000 Quadratkilometer. Augenzeugen sprechen von einem Binnenmeer, einer Insellandschaft. Und auf diesen Inseln warten noch immer Menschen auf Hilfe. Seit einer Woche schon.
"Es war viel schlimmer, als wir es uns vorgestellt haben", erzählt ein südafrikanischer Rettungssanitäter in einem Fernsehinterview. "Wir haben vom Hubschrauber aus unzählige obdachlose, durstige, hungrige Menschen gesehen, die vollkommen von der Außenwelt abgeschnitten sind. Wir konnten nicht alle retten – von ihren isolierten kleinen Inseln, Bäumen und Dächern. Einige waren schon tot, andere dem Sterben nah."
UN-Schätzungen zufolge haben allein in Mosambik 1,7 Millionen Menschen in den Regionen gelebt, in denen der Tropensturm Idai, gefolgt von Sturmfluten und Starkregen, gewütet hat. Über 500 Tote sind mittlerweile in Mosambik, Simbabwe und Malawi geborgen worden. Wie viele insgesamt ums Leben gekommen sind, wisse momentan jedoch niemand, so Matthew Pickard, Vize-Direktor von CARE im Südlichen Afrika.
Bis die Wasserpegel sinken und wir endlich auch die entlegenen Regionen erreicht haben, wissen wir nicht, wie hoch die Schäden und wie viele Opfer zu beklagen sind", sagt Pickard. "Aber meiner Erfahrung nach wird die Zahl der Toten noch beträchtlich steigen. Dies ist eine wirklich große Katastrophe."
Kein Strom, kein sauberes Wasser, keine Nahrung und keine Medikamente
Die Überlebenden kämpfen weiterhin ums Überleben: Sie haben alles verloren, sind traumatisiert, haben weder Strom noch sauberes Wasser, keine Nahrung, keine Medikamente. Internationale Hilfsorganisationen arbeiten gegen die Zeit um sie mit dem Nötigsten zu versorgen. Doch das gestaltet sich angesichts der Größe des Katastrophengebiets, der zerstörten Infrastruktur und der immens hohen Zahl der Hilfsbedürftigen äußert schwierig.
Seit gestern regne es wenigstens etwas weniger, berichtet Gert Verdonck, Nothilfekoordinator von Ärzte ohne Grenzen in Beira, der besonders betroffenen mosambikanischen Hafenstadt, in einem Telefonat mit dem ARD-Studio Johannesburg. Die Verbindung ist schlecht und bricht immer wieder ab. Tagelang hat das Mobilfunknetz gar nicht funktioniert. Auch deshalb sei die Hilfe erst mit Verzögerung angelaufen, sagt Imtiaz Sooliman von der Hilfsorganisation "Gift of the Givers".
"Weil alle Kommunikationssysteme in Beira lahmlagen, konnte niemand Fotos oder Nachrichten schicken, nicht einmal anrufen. In den ersten drei Tagen wusste also niemand, was dort geschehen war."
Inzwischen ist klar: Es ist eine der größten Naturkatastrophen, die die Region je erlebt hat. Mosambik hat den Notstand ausgerufen, die Vereinten Nationen erste Hilfen von 20 Millionen Dollar freigegeben. Helfer vor Ort warnen vor einer Ausbreitung von Krankheiten wie Cholera durch verunreinigtes Wasser und vor einer Hungersnot. Daher stehen Lebensmittelhilfen und medizinische Versorgung nun im Mittelpunkt.
An den Wiederaufbau und die langfristigen Folgen könne derzeit noch niemand denken, sagt Gert Verdonck, bevor die Telefonleitung erneut zusammenbricht. Noch seien alle im Notfallmodus.