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NS-Zeit
"Jüdische Verbände als Teil der Sportgeschichte verstehen"

Der Sporthistoriker Henry Wahlig hat sich mit Sport im jüdischen Leben in der NS-Zeit befasst und das Buch "Sport im Abseits" veröffentlicht. Im DLF sagte er, dass jüdische Sportler und Funktionäre sich weiter als Teil des deutschen Sports fühlten, obwohl sie massiv ausgegrenzt wurden.

Henry Wahlig im Gespräch mit Astrid Rawohl |
    Ein Davidstern über einer Synagoge
    Ein Davidstern über einer Synagoge (Picture Alliance / dpa / Jan Woitas)
    Die Geschichte der jüdischen Sportverbände sei von der Geschichtswissenschaft wenig beachtet worden. Der jüdische Sport habe erst in den letzten zehn bis 15 Jahren in Studien eine Rolle für die allgemeine deutsche Sporthistorie gespielt.
    Grundlegende Daten von Vereinen seien gar nicht bekannt gewesen, daher habe er in Archiven in Israel und den USA geforscht. Wahlig sagte über seine Arbeit: "Das Projekt war nötig, denn es war die letzte Chance, noch Überlebende und Augenzeugen zu sprechen."
    Trotz Ausgrenzung weiter Zugehörigkeitsgefühl
    Juden mussten 1933 in der Regel aus den deutschen Sportorganisationen raus und in jüdische Sportorganisationen, erklärte Wahlig: "Wir sollten und müssten die jüdischen Verbände als Teil der deutschen Sportgeschichte verstehen." Jüdische Sportler und Funktionäre fühlten sich weiter als Teil des deutschen Sports, obwohl sie massiv ausgegrenzt wurden, so der Wissenschaftler. Sie hatten gehofft, in den bürgerlichen Sport zurückkehren zu können.
    Der Sport im jüdischen Alltag habe eine wichtige, grundlegende Funktion gehabt, so Wahlig - mit 50.000 Mitgliedern habe der Sport zu den größten Organisationen im jüdischen Leben gehört. Zwei Funktionen habe er gehabt: erstens eine gemeinsame Ablenkung vom Alltag und zweitens die Rassentheorie der Nazis zu widerlegen, dass Juden körperlich schwach und minderwertig gewesen seien.
    Das vollständige Gespräch können Sie als Audio-on-Demand nachhören.