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"Nur Sparbuchrenditen" für Aktionäre bei der Deutschen Bank

"Die Aktionäre sind arm geblieben und einige Leute aus dem Management haben sich die Taschen vollgestopft", kritisiert der Finanzexperte Ekkehard Wenger die Geschäftspolitik der Deutschen Bank. Er fordert deshalb die Abspaltung des Investmentbanking-Bereichs des Geldinstituts.

Ekkehard Wenger im Gespräch mit Mario Dobovisek | 01.02.2013
    Christoph Heinemann: Klagen, Konzernumbau, Kulturwandel und ein Milliardenverlust im vierten Quartal – das neue Führungsduo der Deutschen Bank, Anshu Jain und Jürgen Fitschen, geht mit einem Rucksack voller Probleme ins Jahr 2013, Jain sogar im wörtlichen Sinne. Der Mann ist ja stets mit Rucksack unterwegs. Die Neuaufstellung von Deutschlands größtem Geldhaus werde Jahre dauern, nicht Monate, hieß es gestern in Frankfurt am Main. Wenigstens beim Thema Kapital kommt die Bank schneller voran als gedacht und schließt allmählich zur internationalen Konkurrenz auf. Dennoch: schlechteste Bilanz seit dem Finanzkrisenjahr 2008. Im Schlussquartal stand sogar ein Verlust von 2,2 Milliarden Euro zu Buche. Im Gesamtjahr reichte es nur noch für einen kleinen Gewinn von 700 Millionen Euro.

    - Darüber hat mein Kollege Mario Dobovisek mit Ekkehard Wenger gesprochen, er ist Professor für Bank- und Kreditwirtschaft an der Universität Würzburg. Seine erste Frage: Ist mit den Investmentbankern alter Schule überhaupt der angedeutete Sinnes- und Kulturwandel möglich?

    Ekkehard Wenger: Das ist schwer zu sagen. Herr Fitschen ist ja jetzt nicht unbedingt ein Investmentbanker alter Schule. Sein Mit-Vorstandsvorsitzender ist es schon. Und ob die das hinbekommen oder nicht, da wage ich jetzt keine Prognose. Aber grundsätzlich soll ja im Unterschied etwa zur Konkurrenz von der UBS das Investmentbanking nach wie vor einen sehr hohen Stellenwert behalten.

    Mario Dobovisek: Strengere Regeln und Kontrollen für Investments, ein Limit für Manager-Boni – dennoch will die Deutsche Bank weiter in der ersten weltweiten Finanzliga mitspielen. Welche Auswirkungen wird die neue Ausrichtung der Bank auf ihre künftige Rendite haben?

    Wenger: Da schauen wir uns erst mal an, was in der Vergangenheit an Rendite erzielt wurde. Ich habe viele Banken im Portfolio, mit denen habe ich auch Geld verdient, das sind aber alles keine Investmentbanken gewesen. Und wer die Aktie der Deutschen Bank im Portfolio hatte oder, vielleicht noch schlimmer, der UBS, der hat mit seinem Investment in Banken Geld verloren, wenn er nicht gerade an den absoluten Tiefpunkten eingestiegen ist. Wenn Sie sich die Kursentwicklung der Deutschen Bank über die letzten 20 Jahre anschauen, dann ist da Sparbuchrendite rausgekommen bei extremen Risiken. Mit anderen Worten: Die Aktionäre sind arm geblieben und einige Leute aus dem Management haben sich die Taschen vollgestopft. Dieser Zustand sollte natürlich nach Möglichkeit nicht anhalten. Aber für mich als Anleger ist eine Investmentbank eigentlich nie ein interessantes Anlageobjekt gewesen. Wie gesagt: Wer da sein Geld reingesteckt hat, der hat in aller Regel draufgezahlt.

    Dobovisek: Was bedeutet dann also dieser propagierte Kulturwandel, wie es ja heißt?

    Wenger: Was das genau bedeuten soll, weiß ich auch nicht. Vielleicht will man in Zukunft etwas vorsichtiger sein und auch versuchen, Risiken zu begrenzen. Mich überzeugt das natürlich trotzdem nicht. Ich habe ja schon vor Jahren auf der Hauptversammlung 2008 im Rahmen einer Erweiterung der Tagesordnung verlangt, dass sich das Management Gedanken über eine Aufspaltung der Bank macht: In den Teil, den Publikumsaktionäre sinnvollerweise finanzieren können. Und den Investmentbanking-Teil, den man abspalten sollte. Und den sollen doch, bitte schön, die Investmentbanker selber kaufen und allein betreiben, denn es ist ihr eigenes Geld, was sie verzocken.

    Dobovisek: Das ist ja auch der Vorschlag der schwarz-gelben Bundesregierung, der jetzt gerade durchgestochen wurde mit dem neuen Gesetzentwurf zum Trennbankensystem. Einfache Bankkunden mit ihren Girokonten sollen besser geschützt werden, indem die risikobehafteten Investmentsparten von Banken von denen des Kundengeschäfts nämlich abgetrennt werden. Was würde dies für die Deutsche Bank bedeuten?

    Wenger: Zunächst mal: Von diesem Vorschlag halte ich überhaupt nichts. Die Frage der Zerlegung einer Bank ist eine sehr diffizile Sache.

    Dobovisek: Wie unterscheidet sich denn dieser Vorschlag von dem, was Sie vorgeschlagen haben?

    Wenger: Bei dem Vorschlag, was ich vorgeschlagen habe, hat die Bank selber die Möglichkeit, intelligente Lösungen zu finden. Und wenn man es mit gesetzlichen Vorgaben macht, dann heißt das, man fährt mit dem Rasenmäher über die Landschaft und verhindert intelligente Lösungen, die auf die Situation der einzelnen Bank zugeschnitten sind.

    Dobovisek: Aber wenn die intelligente Lösung so lange auf sich warten lässt, wird irgendwann der Rasenmäher vielleicht nötig.

    Wenger: Ich glaube nicht, dass man mit dem Rasenmäher hier irgendetwas erzielt, außer zusätzliche Verwerfungen zu erzeugen. Ich bin grundsätzlich der Meinung, dass sich der Staat aus diesem Geschäft raushalten sollte und es letzten Endes dem Management und den Aktionären überlassen sollte, hier die Lösungen zu finden, die für den Markt die besseren sind. Mit gesetzlichen Vorgaben erreicht man gar nichts.

    Dobovisek: Wie könnte eine solche intelligente Lösung für die Deutsche Bank aussehen?

    Wenger: Nun, das ist eine Sache, die nicht von heute auf morgen verkündet werden kann. Da muss man sich einfach Gedanken drüber machen, wo Synergien vorhanden sind, wo keine Synergien vorhanden sind, wo ich die Schnittstellen vernünftigerweise ziehen muss. All das bedarf sorgfältiger Analyse und das kann man eben nicht mit gesetzlichen Vorgaben sinnvoll regeln.

    Heinemann: Ekkehard Wenger, Professor für Bank- und Kreditwirtschaft an der Universität Würzburg. Die Fragen stellte mein Kollege Mario Dobovisek.

    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.

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