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Obamas Syrien-Strategie
Militärisches Engagement ausgeschlossen

Experten glauben nicht an den Erfolg der Syrien-Friedenskonferenz. Weder gebe es einen gemeinsamen Willen aller Beteiligten zum Erfolg, noch die Möglichkeit, Druck auf die Konfliktparteien auszuüben, so der ehemalige US-Diplomat Dennis Ross. Denn ein militärisches Eingreifen hat US-Präsident Obama längst ausgeschlossen.

Von Marcus Pindur | 22.01.2014
    Die ohnehin schon mit schweren Hypotheken belastete Syrien-Konferenz hat ein weiteres belastendes Thema: die angebliche systematische Folterung und Ermordung von 11.000 politischen Gefangenen durch das Assad-Regime. Ein ehemaliger Fotograf der syrischen Regierung soll desertiert sein und 55.000 Opfer-Fotos mitgenommen haben.
    Drei ehemalige Ankläger an internationalen Strafgerichtshöfen haben darüber einen Bericht erstellt. Er ist erschütternd, seine Authentizität jedoch nicht überprüfbar. Er wurde zunächst dem Nachrichtensender CNN und dem britischen Guardian zur Verfügung gestellt, von einer britischen Anwaltspraxis, die im Auftrag der Regierung des Golfemirates Qatar handelt. Qatar unterstützt islamistische Milizen in Syrien, die ebenfalls gravierende Menschenrechtsverletzungen begangen haben sollen.
    Anwalt: Bilder erinnern an Auschwitz
    Einer der Autoren des Berichtes, der prominente britische Anwalt Desmond da Silva, spricht von erschütternden Bildern.
    "Die Fotos erinnern an die schlimmsten Bilder aus Bergen-Belsen und Auschwitz, die nach dem Zweiten Weltkrieg bekannt wurden. Diese armen Menschen wurden nicht nur ausgehungert, sondern auch noch gefoltert, während man sie verhungern ließ."
    Die Sprecherin des US-Außenministeriums, Marie Harf sprach von extrem verstörenden Bildern, die dem Anschein nach Kriegsverbrechen des Assad-Regimes belegen würden. Die amerikanische Regierung sehe keinen Anlass, die Authentizität des Berichtes der ehemaligen Ankläger anzuzweifeln. Er decke sich mit dem, was man über das Assad-Regime wisse und belege die Notwendigkeit einer politischen Einigung bei den Genfer Verhandlungen.
    Kerry: "Eine der schlimmsten humanitären Krisen"
    Wie es allerdings dazu kommen soll, ist weiterhin mehr als unklar. Das Ziel der Obama-Administration ist die Bildung einer Übergangsregierung unter Beteiligung der syrischen Opposition, so Außenminister Kerry.
    "Das Ziel der Verhandlungen in Genf ist ein Prozess, der in die Bildung einer voll handlungsfähigen Übergangsregierung mündet, in gegenseitiger Übereinstimmung. Diesen Konsens zu erreichen, ist der einzige Weg, eine der schlimmsten humanitären Krisen auf der Erde zu beenden. Eine Krise, die auch zur Rekrutierung von Extremisten beiträgt."
    Wie die Konfliktparteien zur Übereinkunft gedrängt werden sollen, bleibt jedoch weiterhin unklar. Die Obama-Administration hat sich der Möglichkeit militärischen Druckes begeben, auch wenn Außenminister Kerry Ende vergangener Woche noch erklärte, es seien immer noch alle Optionen auf dem Tisch.
    Ross: Druck auf die Konfliktparteien nicht möglich
    Präsident Obama hat in einem gestern veröffentlichten Interview im New Yorker-Magazin klar gesagt, dass er ein militärisches Engagement in Syrien bereits vor Langem ausgeschlossen habe.
    Der ehemalige Nahost-Verhandler Bill Clintons, Dennis Ross, erklärte gegenüber der New York Times, man brauche für solche Verhandlungen nicht nur eine gemeinsame Tagesordnung und den Willen zum Erfolg, sondern auch die Möglichkeit, Druck auf die Konfliktparteien auszuüben. All dies sei bei der Genfer Syrien-Konferenz nicht gegeben.