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Obergrenzen-Streit
Seehofer und Merkel bleiben über Kreuz

Mit einem neuen Vorschlag wollten einige Unions-Budnestagsabgeordnete den Streit zwischen CDU und CSU beim Thema Flüchtlings-Obergrenze beilegen. Allerdings sind Kanzlerin Angela Merkel und der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer sich in dem Fall einig: Der Kompromiss ist keine Lösung. Es bleibt also alles beim Alten.

Von Frank Capellan | 06.01.2017
    Der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) im Kloster Seeon bei der Klausurtagung der CSU-Landesgruppe im Bundestag.
    Der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) im Kloster Seeon bei der Klausurtagung der CSU-Landesgruppe im Bundestag. (dpa-Bildfunk / Tobias Hase)
    Horst Seehofer macht ernst in Sachen Obergrenze, wie anders könnte die Kanzlerin seine klaren Ansagen aus dem Kloster Seeon werten. Der CSU-Vorsitzende pocht weiter auf die Zahl 200.000 – mehr Flüchtlinge könne Deutschland im Jahr nicht verkraften. An einer starren Obergrenze, das macht der resolute Bayer klar, kann nicht gerüttelt werden:
    "Die steht fix! Glauben Sie es mir! … Okay…"
    Gibt er den Journalisten gut gelaunt mit auf den Weg und verschwindet wieder im Tagungsraum des Klosters. Wenn Seehofer nicht doch noch einlenkt, dann ist auch der Kompromissvorschlag tot, den Christdemokrat Armin Schuster und sein Bundestagsabgeordnetenkollege Stephan Mayer von der CSU eingebracht hatten, um die Schwesterparteien im festgefahrenen Obergrenzen-Streit zueinander zu bringen.
    Der "atmende Deckel"
    Die Idee: Jedes Jahr sollen die Kapazitäten neu berechnet werden, die Zahl der maximal Aufzunehmenden soll sich an den Neuankömmlingen des Vorjahres orientieren. Keine feste Obergrenze also, CSU-Mann Mayer spricht vom atmenden Deckel:
    "Unser Vorschlag eines atmenden Deckels war ein gut gemeinter, vielleicht charmanter Weg, um die beiden Positionen einander näher zu bringen, entscheidend kommt es aber jetzt darauf an, dass die Gespräche intensiviert fortgesetzt werden."
    Das tut Not, denn ohne eine Lösung dürfte ein für Februar geplantes Treffen von CDU und CSU kaum stattfinden. Gut gemeint, aber eben doch nicht charmant genug ist das Kompromissangebot offensichtlich auch für die Kanzlerin. Angela Merkel will nicht jedes Jahr neu über die Flüchtlingszahlen verhandeln. Das führe zu einem Pokern, das man im Wettstreit mit der AfD nur verlieren könne, heißt es aus CDU-Kreisen. Somit ist alles beim Alten. Seehofer und Merkel über Kreuz.
    Merkel lehnt Vorstoß ab
    Die CDU-Vorsitzende bleibt bei dem, was sie schon im September formuliert hatte: Eine Obergrenze ist mit dem Recht auf Asyl nicht zu vereinbaren. Merkel ist daher bis heute der Ansicht...
    "… dass eine statische Obergrenze das Thema nicht löst, sondern dass wir daran arbeiten, die Zahl zu reduzieren, Menschen in der Nähe ihrer Heimat eine Chance zu geben, aber nicht durch eine statische Zahl, und deshalb muss mit der CSU hier an der Stelle auch noch weiter gearbeitet werden!"
    "Die Union lebt"
    Ihr Entwicklungsminister, CSU-Mann Gerd Müller, versucht am Rande der Klausurtagung am Chiemsee zu beschwichtigen und zeigt sich zuversichtlich, dass die Kontroverse um die Obergrenze beigelegt werden kann.
    "Wie in jeder Familie: Ich habe auch eine Schwester, mit der ich mich gestritten habe, und dann versöhnt man sich wieder. Die Union lebt. Wir diskutieren miteinander, das wäre doch schlimm, wenn das nicht der Fall wäre."
    Diskutieren und streiten. Noch ist von Versöhnung allerdings wenig zu spüren. Und Horst Seehofer hat mit seiner apodiktischen Forderung nach einer starren Obergrenze, die auch in einem Koalitionsvertrag Eingang finden müsse, den Druck auf Angela Merkel ganz aktuell noch einmal kräftig erhöht:
    "Das ist keine - wie oft von der Bevölkerung vermutet wird - so eine Wahlaussage, sondern die ist ernst gemeint."