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Oberhausen wartet auf Förderrichtlinien

Den Kommunen liegen nach den Worten des Oberhausener Oberbürgermeisters Klaus Wehling noch keine genauen Informationen darüber vor, wie sie die Gelder aus dem Konjunkturpaket verwenden dürfen. Die Richtlinien dazu müssten nun schnell erlassen werden, sagte der SPD-Politiker im Deutschlandfunk, damit "die heimische Wirtschaft mit Aufträgen versehen" werden könne.

Klaus Wehling im Gespräch mit Jürgen Zurheide |
    Jürgen Zurheide: Jetzt ist der Oberbürgermeister der Stadt Oberhausen am Telefon bei uns, Klaus Wehling. Ich begrüße ihn, guten Morgen, Herr Wehling!

    Klaus Wehling: Guten Morgen, Herr Zurheide!

    Zurheide: Herr Wehling, zunächst einmal, was wir da gerade gehört haben, ist das überzeichnet? Wenn Sie so was hören, sagen Sie, um Gottes Willen, immer nur solche Nachrichten aus Oberhausen, oder beschreibt das einen Teil der Realität?

    Wehling: Das ist schon durchaus eine Schilderung der Wirklichkeit an einigen Schulen hier in Oberhausen.

    Zurheide: Warum schaffen Sie das nicht, da Abhilfe zu schaffen, dafür sind Sie doch gewählt worden?

    Wehling: Ja, ich bin auch gewählt worden, das Gemeinwohl der gesamten Bevölkerung im Auge zu behalten. Wir sind schon sehr bestrebt, angesichts der beengten Möglichkeiten, die wir haben, möglichst Vielem gerecht zu werden. Und von daher verbinden wir schon relativ viele Hoffnungen jetzt mit den rund 25 Millionen, die nach Oberhausen fließen. Aber Sie haben gerade mit Recht in Ihrem vorherigen Beitrag darauf hingewiesen, diese 25 Millionen stehen einer Gesamtverschuldung gegenüber von 1600 Millionen, und das zeigt also sehr deutlich, wie konkret die Situation in Oberhausen ist.

    Zurheide: Wir kommen gleich noch mal darauf, wie Sie das Geld möglicherweise ausgeben wollen, was da für Pläne sind. Lassen Sie uns im Moment noch bei der politischen Bewertung bleiben: Da gibt es zum Beispiel von Oliver Wittke, immerhin Chef der CDU im Ruhrgebiet, so Hinweise, da in Oberhausen gebe es immer noch livrierte Diener, die Ihnen das, ich weiß nicht was, servieren. Gibt es die wirklich?

    Wehling: Die hat es nie gegeben, die wird es nie geben, und Herrn Wittke jetzt noch zu kommentieren, ist absolut überflüssig. Ich glaube, er hat genug, als er seinerzeit Oberbürgermeister in Gelsenkirchen war, an seinen Vergangenheitsaktivitäten zu knacken, wenn ich nur an das Handwerkshaus denke, wo also Millionen und Abermillionen reingeflossen sind.

    Zurheide: Das heißt, Sie sagen, die Stadt Oberhausen hat einfach so große strukturelle Probleme, und das ist der wesentliche Grund. Oder wie muss man das verstehen, warum ist Oberhausen in einer solchen schwierigen Lage?

    Wehling: Es gibt mehrere Gründe für unsere immense Verschuldung, aber der wichtigste Grund ist eben der, dass die Ausgaben für Sozialhilfe und für den Jugendbereich in den letzten Jahren immer bedeutend höher waren als die Einnahmen der wichtigsten Gemeindesteuern, sprich also der Gewerbesteuer und der Grundsteuer.

    Zurheide: Das heißt aber auch andersherum, dass Sie aus eigener Kraft kaum je aus dieser Schuldenspirale rauskommen können, oder wie sehen Sie die Chancen, wie wollen Sie aus diesem Schuldenturm rauskommen? 1,6 Milliarden ist ja viel.

    Wehling: Ich habe immer wieder darauf hingewiesen, trotz aller intensiven Bemühungen, die auch sehr negative Auswirkungen haben werden auf die Oberhausener Bevölkerung, was das Leistungsangebot der Stadt anbelangt, werden wir aus dieser Situation aus eigener Kraft nicht herauskommen können. Denn wenn ich nur ganz kurz auf die aktuelle Situation eingehen darf: Wir haben also aktuell weit über 100 Millionen Defizit in dem jetzigen aktuellen Jahr 2009, und wenn wir 50 Millionen einsparen - so sieht es also der bisherige Haushaltskonsolidierungsbeitrag vor -, dann bleibt immer noch eine beträchtliche Restsumme für den Schuldendienst, die nicht gedeckt werden kann, die also das Defizit weiter erhöht. Wenn da nicht massive Hilfe, insbesondere des Landes, aber auch des Bundes erfolgt, kommen wir aus dieser Situation nie heraus.

    Zurheide: Das heißt aber ganz konkret, dass Sie sagen, selbst wenn die Wirtschaft - und die war in den vergangenen Jahren tendenziell besser - läuft und mehr Steuereinnahmen da sind, wird es für strukturschwache Städte wie Oberhausen kaum eine Chance geben, den Haushalt auszugleichen. Verstehe ich das richtig?

    Wehling: Das ist absolut richtig.

    Zurheide: Und das heißt, Sie sagen, unabhängig von dem, was jetzt kommt, da reden wir gleich drüber, braucht es prinzipielle Änderungen. Wie müssten die denn aussehen, wo muss das Geld herkommen?

    Wehling: Es gibt ja verschiedene Fondslösungen, die diskutiert worden sind, wonach dann also Zinsen und Tilgungsleistungen übernommen werden für einen mittelfristigen Zeitraum, zum Beispiel von einem Fonds des Landes oder ggf. auch unter Mithilfe des Bundes, damit also diese immensen Lasten zunächst mal von den Städten genommen werden. Danach kann man sich ja über eine modifizierte Rückzahlung unterhalten, aber dies wäre also der wichtige Ansatzpunkt, der unbedingt erfolgen muss, sonst kommen wir aus dieser Vergeblichkeitsfalle, aus dieser Schuldenfalle nicht heraus.

    Zurheide: Und Sie machen deutlich oder Sie können beweisen, dass Sie selbst genügend tun, um sich anzustrengen, da rauszukommen? Das wird Ihnen ja hin und wieder dann vorgeworfen.

    Wehling: Wir haben ein Konsolidierungsprogramm aufgestellt, das ab dem nächsten Jahr Konsolidierungsbeiträge umfasst von jährlich 50 Millionen. Ich glaube, die Summe zeigt schon sehr deutlich, dass wir bestrebt sind, selber aus eigener Kraft alles das zu tun, was uns möglich ist. Aber wie gesagt, ohne fremde Hilfe wird der Schuldenberg weiter anwachsen.

    Zurheide: Jetzt kommen wir zu dem, was Sie mit den 25 Millionen tun werden. Zum Beispiel solche Schulsanierungen, gehen die schneller, wie setzen Sie die Prioritäten?

    Wehling: Also zunächst mal muss gesagt werden, es gibt bisher keine konkreten Richtlinien, nach denen das Geld umgesetzt werden kann. Wir kennen die beiden große Blöcke: einmal Ausgaben für den Bereich der Bildung, einmal Ausgaben für den Bereich der allgemeinen Infrastruktur, insbesondere im energetischen Bereich. Aber ob jetzt konkret zum Beispiel Sportanlagen damit auch auf Vordermann gebracht werden können, darüber gibt es noch keine konkreten Informationen. Ich gehe davon aus, dass die möglichst schnell erfolgen, denn wir wollen ja dieses Geld auch sehr schnell umsetzen und insbesondere die heimische Wirtschaft mit Aufträgen versehen, um auch da der Krise entgegenzusteuern.

    Zurheide: Können Sie das denn überhaupt schnell genug vergeben, haben Sie so viele Projekte in der Schublade, dass Sie wirklich, wenn Sie das Go bekommen und wenn das Geld da ist, praktisch am Tag drauf auch sagen können, hier wird jetzt investiert?

    Wehling: Wir haben eine konkrete Liste, die umfasst insgesamt 230 Millionen. Da stecken ungefähr 100 Millionen für die Erweiterung der Straßenbahn drin. Allerdings sind diese Maßnahmen nach dem bisher bekannt gewordenen Kriterienkatalog nicht zuschussfähig. Aber wir können rund 100 Millionen direkt vergeben.

    Zurheide: Wenn wir jetzt so viel über Oberhausen reden, und Oberhausen ist ein Beispiel dafür, dass gerade in den Städten des Ruhrgebietes vieles besser werden muss, müssen Sie nicht fürchten, dass das Image der Stadt zu stark leidet?

    Wehling: Die bisherigen Umfragen in der Oberhausener Bevölkerung bestätigen, dass die Oberhausener sehr gerne in ihrer Stadt leben und sich auch durchaus solidarisch organisieren, mit der Situation, in der wir uns befinden, wo uns im Grunde genommen - und das beklage ich seit Langem - keine Möglichkeit mehr gegeben ist, uns an Förderprogrammen zu beteiligen aufgrund unsinniger Auflagen der Kommunalaufsicht.