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Öffentlicher Dienst
Gewinner und Verlierer der Tarifeinigung

Zwar klopften sich Verdi-Chef Frank Bsirske und Innenminister Horst Seehofer für den neuen Tarifvertrag auf die Schulter - aber nicht alle profitieren davon. Finanzschwache Kommunen könnten zukünftig Probleme bekommen und die unteren Lohngruppen bekommen weniger als ursprünglich gefordert.

Von Volker Finthammer | 18.04.2018
    Kurz vor dem Start der dritten Verhandlungsrunde im Tarifstreit für den öffentlichen Dienst unterhalten sich Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU, r) und der Verdi-Vorsitzende Frank Bsirske (l) (15.4.2018).
    Frank Bsirske und Horst Seehofer bei den Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst. (dpa / Ralf Hirschberger)
    Wie zu erwarten, ist die Tarifeinigung im Öffentlichen Dienst weit von der ursprünglichen Forderung der Gewerkschaft Verdi, 6 Prozent bei einer Laufzeit von nur einem Jahr und mindestens 200 Euro mehr im Monat für die unteren Gehaltsgruppen, weit entfernt. Aber dennoch kann sich für Verdi Chef Bsirske der gestern Nacht vereinbarte Abschluss sehen lassen:
    "Unterm Strich ist jetzt ein Ergebnis da, dass das Beste ist seit vielen Jahren für die Beschäftigten."
    Das betont auch Innenminister Horst Seehofer, der gleich nach Amtsantritt die Verhandlungsführerschaft für den Bund übernehmen musste: "Ich bin sehr zufrieden das es nach Ende dieser dritten Verhandlungsrunde für unsere Beschäftigten im Bund und in den Kommunen zu spürbaren Gehaltsverbesserungen kommen wird."
    Und so kam es dann zu später Stunde auch noch zu gegenseitigen Schmeicheleien:
    Bsirske: "Ich würde mich freuen, noch ganz viele Verhandlungen mit ihm zu machen."
    Seehofer: "Das könnte mir schaden."
    "Weit von der ursprünglichen Forderung entfernt"
    Wobei heute schon klar ist, dass das für Verdi-Chef Bsirske die letzte große Verhandlungsrunde für den öffentlichen Dienst gewesen sein dürfte, da er im kommenden Jahr den Verdi-Vorsitz abgeben wird. Der neue Tarifvertrag soll eine Laufzeit von drei Jahren haben. Die rund 2,3 Millionen Beschäftigten im öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen erhalten demnach in drei Stufen bis zum Jahr 2020 rund 7,5 Prozent mehr Lohn. Die unteren Gehaltsgruppen bekommen zudem eine Einmalzahlung in der Höhe von 250 Euro.
    Die ist weit von der ursprünglichen Forderung der Gewerkschaften von 200 Euro pro Monat entfernt. Dagegen hatten sich vor allem die kommunalen Arbeitgeber gewandt mit dem Argument, man brauche das Geld, um Fachkräfte anwerben zu können.
    "Dies haben wir erreicht, indem wir in allen Entgeltgruppen gerade am Anfang deutliche Verbesserungen erzielen konnten", erklärte der Verhandlungsführer der kommunalen Arbeitgeber, Thomas Böhle.
    So sollen die Einstiegsgehälter in allen Entgeltgruppen bis 2020 um zehn Prozent angehoben werden, um den öffentlichen Dienst attraktiver zu machen. Die Kosten über die gesamte Laufzeit belaufen sich auf 7,5 Mrd. Euro für die Kommunen und auf den Bund kommen laut Seehofer Mehrausgaben von 2,2 Milliarden zu, wobei der Abschluss zeitnah auch auf die Beamten übertragen werden soll.
    Probleme finanzschwacher Kommunen
    Der Deutsche Städtetag hat den Tarifabschluss im öffentlichen Dienst als vertretbar bezeichnet, sieht allerdings Probleme auf finanzschwache Kommunen zukommen. Davon sprach am Morgen im Deutschlandfunk auch der Sozialwissenschaftler Reinhold Schnabel von der Universität Essen Duisburg:
    "Für einige Kommunen ist es viel zu viel. Die werden also stark einsparen müssen. In anderen Kommunen ist es von der Arbeitnehmerseite her einfach viel zu wenig , weil im freien Markt die Löhne ja wesentlich höher sind."
    Strukturschwache Städte mit hohen Sozialausgaben und Defiziten könnten den Abschluss nur schwer verkraften, sagte Städtetags-Präsident Markus Lewe. Bernd Riexinger, der Parteichef der Linken, spricht von einem erfolgreichen Kampf der Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst, mit einer guten Erhöhung in diesem und im kommenden Jahr. Allerdings sei die Laufzeit von 30 Monaten zu lang und die Aufwertung gerade der unteren Lohngruppe sei ausgeblieben.