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Öffentlicher Dienst
Neue Streikrunde eingeläutet

Im Tarifkonflikt des Öffentlichen Dienstes erhöhen die Gewerkschaften den Druck auf die Länder. Heute soll an Kitas, Schulen und Hochschulen gestreikt werden. In insgesamt acht Bundesländern sind angestellte Lehrer und Erzieher dazu aufgerufen, die Arbeit niederzulegen.

Von Susanne Arlt | 11.03.2015
    Ein Verdi-Plakat mit dem Text "Streik" hängt an einem Metallzaun.
    Bei einer ersten Streikrunde im Öffentlichen Dienst hat die Gewerkschaft Verdi Ende Februar unter anderem die Potsdamer Verkehrsbetriebe bestreikt. (dpa / Ralf Hirschberger)
    Demonstrant: "Wir sind die Guten, ohne den Öffentlichen Dienst würde dieser Staat vor die Hunde gehen..."
    Im Gegensatz zu den Angestellten scheint dies im Tarifkonflikt des Öffentlichen Dienstes der Länder bei den Arbeitgebern aber noch nicht so richtig angekommen zu sein. In den Verhandlungen herrscht derzeit Stillstand.
    Damit sich das ändert, lassen die Gewerkschaften vor der dritten Verhandlungsrunde Anfang kommender Woche jetzt noch einmal ihre Muskeln spielen. In allen Bundesländern legen ab heute Beschäftigte der Straßenmeistereien, Universitäten, Landesämter, Kitas und Schulen die Arbeit nieder. In Berlin werden auch Polizisten und Feuerwehrleute in den Ausstand treten - vorausgesetzt sie sind Angestellte und nicht Beamte.
    Der Beamtenbund drohte vorab sogar schon mit dem Abbruch der Gespräche, sollten die Arbeitgeber nicht in der kommenden ein akzeptables Angebot vorlegen. Soweit wollte Verdi-Sprecher Jan Jurczyk nicht gehen, betonte aber, die zögerliche Haltung der Arbeitgeber wirke nicht gerade deeskalierend.:
    "Weil erstens noch kein Angebot für eine Entgelterhöhung vorliegt. Zum zweiten aber: Die drohende Kürzung der Altersversorgung der Tarifangestellten der Länder sorgt dafür, dass viele sagen, das lasse ich mir nicht gefallen. Das ist ein Riesenmotivationsgrund. Wir sehen schon, dass die Arbeitgeber nicht gut beraten waren, dieses Thema mit aufzurufen."
    Gewerkschaften rechnen nicht mit Stillstand in Deutschland
    Sollten die Arbeitgeber aus dem bisherigen System für die betriebliche Altersversorgung aussteigen, müssen die Beschäftigten mit bis zu 20 Prozent Rentenkürzung rechnen, prognostizierte Verdi. Zu einem Stillstand in Deutschland werde es durch die dreitägigen Warnstreiks aber nicht kommen, sagte Jan Jurczyk. Zumal die Gewerkschaften regionale Schwerpunkte setzen. Die ersten Arbeitsniederlegungen beginnen im Norden, in den Städten Kiel, Schwerin und Berlin.
    "Das geht dann weiter am Donnerstag in Brandenburg, auch in NRW, was natürlich immer ganz wichtig ist in einer solchen Auseinandersetzung, ein so starkes und großes Bundesland. Zieht sich weiter über Niedersachsen, Bremen und findet dann sozusagen am Freitag noch einmal einen Abschluss im Süden in Baden-Württemberg und Bayern. Das sind quasi alle tarifangestellten Berufsgruppen, aber es sind definitiv jetzt noch nicht alle und auch nicht Hundertausende."
    Die Lehrergewerkschaft GEW rechnet dagegen bei den Lehrkräften mit einer größeren Streikbereitschaft als noch in der vergangenen Woche. Den Lehrern gehe es mit Blick auf ihre verbeamteten Kollegen nicht nur um mehr Lohn, sondern auch um eine bundesweit gerechtere Bezahlung, sagte die Berliner Landesvorsitzende Doreen Siebernik.
    GEW beklagt Verhältnisse wie 1870
    Für alle anderen Angestellten im Öffentlichen Dienst gibt es einen flächendeckenden Tarifvertrag. Nicht so für die 200.000 angestellten Lehrer. Sie werden bei gleicher Leistung von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich honoriert. Dass es für sie noch keine Entgeltordnung gebe, sei der wahre, tarifpolitische Skandal, meinte die Berliner GEW-Landesvorsitzende:
    "Dass die Arbeitgeber sich für die Angestellten weiterhin anmaßen, hoheitsrechtlich das regeln. Nach Gutsherrenart. Nach Bedingungen, die wir 1870 in Deutschland hatten. Und das ist einfach nicht mehr zulässig."