Die österreichische Außenministerin Karin Kneissl zeigte sich bereits zu Beginn der Skripal-Affäre abwartend: "Von unserer Seite haben wir unser Interesse an umfassender Aufklärung kundgetan. Es ist unser Interesse einfach daran, dass der Sachverhalt klar dargestellt wird"
Die parteilose Kneissl, die das Außenministerium auf dem Ticket der rechtspopulistischen FPÖ leitet, betonte zwar die Solidarität Österreichs mit Großbritannien - zu möglichen weiteren Schritten wollte sie sich nicht äußern: "Wir werden den Fluss überschreiten, wenn wir dort sind."
Spätestens seit dem vergangenen Freitag ist aber klar, dass Österreich keine russischen Diplomaten wegen des Anschlags auf Sergej Skripal ausweisen wird. Das sagte Bundeskanzler Sebastian Kurz in Brüssel am Rande des EU-Gipfels: "Wir haben uns entschieden, das nicht zu tun, weil wir der Meinung sind, dass es wichtig ist Dialogkanäle aufrechtzuerhalten."
Sebastian Kurz ist seit dem Ende des vergangenen Jahres österreichischer Bundeskanzler - die außenpolitischen Leitplanken beschreibt er immer wieder mit einem Satz: "Unser großes Ziel als Österreich ist es, ein Brückenbauer zu sein."
Gute Kontakte auf politischer und diplomatischer Ebene
Auch im Vorliegenden Fall scheint er auf die Mittlerrolle Österreichs zu setzen. Jedes Land müsse die Möglichkeiten nutzen und einbringen, die es zur Verfügung habe. Und Österreich sei ein Land: "..mit traditionell gutem Kontakt zu Russland. Das heißt wir werden hier auf diplomatischer aber natürlich auch auf politischer Ebene unsere Möglichkeiten wahrnehmen, um hier auch auf Russland einzuwirken."
Das sieht auch Gerhard Mangott so. Er ist Russlandexperte und lehrt an der Universität Innsbruck:
"Kanzler Kurz versucht, Russland aus der Isolation gegenüber dem Westen zu führen und den Dialog wieder zu intensivieren. Es war je geradezu ein Problem, das die erste Sanktionsstufe der EU gewesen war, den institutionalisierten Dialog mit Russland abzubrechen. Aber gerade in Krisenzeiten sollte man mehr miteinander sprechen und nicht weniger."
An der Österreichern Regierung ist neben der konservativen ÖVP auch die rechst populistischen FPÖ beteiligt - wahrscheinlich die europäische Regierungspartei mit den engsten Kontakten nach Russland. FPÖ-Politiker waren in der Vergangenheit häufig in Moskau und auch einen Kooperationsvertrag mit der Partei Einiges Russland von Vladimir Putin hat die FPÖ unterzeichnet. Wird Österreich wegen der FPÖ zum Russlandversteher? Sebastian Kurz verweist auf den Koalitionsvertrag:
"Und in dem Steht alles niedergeschrieben, was es braucht, um ein starker ordentlicher aktiver europäischer Partner für alle anderen EU-Mitglieder aber auch, um ordentlich Außenpolitik zu machen."
Kein Sonderweg Österreichs
Die neue Regierung betont im Koalitionsvertrag die Neutralität Österreichs und kündigt an, die Entspannungspolitik zwischen dem Westen und Russland voranzutreiben - so können man die Sanktionen gegen Russland schrittweise aufheben. Russlandexperte Gerhard Mangott verweist darauf, dass man sich in Moskau sicherlich darüber freue, dass mit der FPÖ eine Russlandfreundliche Partei in Wien mitregiert.
"Aber man muss auch sagen, die Russlandpolitik der Regierung wird nicht von der FPÖ bestimmt. es gibt keinen Sonderweg Österreichs in den Beziehungen zu Russland. Es gibt keine Handschrift der FPÖ in der außenpolitischen Linie der Regierung."
Bei aller Dialogbereitschaft möchte Sebastian Kurz, dessen erste Reise außerhalb der EU Anfang März in den Kreml führte, unbedingt den Eindruck vermeiden, eine zu enge Beziehung zu Vladimir Putin zu pflegen. In Brüssel Betonte er am vergangenen Freitag: "Wir haben eine klare Haltung gegenüber Russland. Wenn immer sich Russland etwas zuschulden kommen lässt, dann werden wir klare Worte finden und das dementsprechend verurteilen."