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Olympische Winterspiele 2030
Japanisches Sapporo gilt als Favorit

Nach Olympia ist vor Olympia. Noch dieses Jahr könnte das IOC entscheiden, wo die Winterspiele 2030 stattfinden. Als Favorit gilt das nordjapanische Sapporo. Nur ist fraglich: Will die japanische Bevölkerung dies, nach den kontroversen Sommerspielen von Tokio, noch einmal?

Von Felix Lill | 19.02.2022
Diesen Blick wird es bei den Winderspielen 2026 nicht geben: Skisprung über den Hochhäusern der japanischen Stadt Sapporo.
Diesen Blick wird es vielleicht bei den Winterspielen 2030 geben: Skisprung über den Hochhäusern der japanischen Stadt Sapporo. (imago sportfotodienst)
"Was wir geerbt haben, wollen wir an die nächste Generation, an die nächste Welt weitergeben. Sapporos Lächeln wird zum Lächeln der Welt!" - Bilder von früher und heute auf dem Eis, aufrüttelnde Musik, freundlich lächelnde Menschen aus der Stadt. Der Werbespot will normale Menschen mit Weltklassesport verbinden, die Vergangenheit mit der Zukunft.
Gelingen soll dies durch die Olympischen und Paralympischen Winterspiele im Jahr 2030. Und geht es nach diesem Werbefilm, der gerade in Japan bekanntgemacht wird, soll das Event in Sapporo stattfinden.

Auch Ukraine, Vancouver, Spanien und Salt Lake City an Austragung interessiert

Für die Spiele vier Jahre nach den geplanten in Mailand werden gerade Bewerbungen gesammelt. Auch in der Ukraine, dem kanadischen Vancouver, in den spanischen Pyrenäen und dem US-amerikanischen Salt Lake City besteht Interesse.
Im vollbesetzten Stadion gibt es eine Show.
Abschlussfeier der Olympischen Winterspiele in Sapporo 1972. (picture alliance / ASSOCIATED PRESS)
Sapporo, das schon 1972 die Spiele veranstaltete, gilt als Favorit. Die Nachrichtenagentur Kyodo will wissen, dass das Internationale Olympische Komitee noch in diesem Jahr das Austragungsrecht nach Japan geben dürfte.

Sapporo soll barrierefrei werden

Die Zweimillionen-Metropole auf der Nordinsel Hokkaido gibt sich sportlich und gesund, umweltfreundlich, wirtschaftskräftig und barrierefrei: "Er hat mir Mut gemacht. Er hat meine Welt größer gemacht. Die Kraft des Sports macht die Zukunft stark", heißt es in einem weiteren PR-Film der Stadt. Er zeigt eine Rollstuhlfahrerin, wie sie ohne Probleme durch die Bezahlschranke einer U-Bahnstation hindurchfährt.
Und schnell wird klar, die Bewerber aus Sapporo sehen in der Sportveranstaltung längst nicht nur Sport. So erklärte ein Sprecher der städtischen PR-Abteilung namens Toyama vor kurzem: "Es ist nicht nur so, dass die Bevölkerung von Sapporo seit 2020 schrumpft, schon länger altert sie auch.
Was hat das jetzt mit den Olympischen Spielen zu tun? Nun, als Sapporo 1972 die Winterspiele veranstaltete, wuchs die Bevölkerung schnell an, daher wurden neue Wohnhäuser mit modernen Heizungen gebaut. Heute geht es darum, die Stadt auf für Sapporo typische Art barrierefrei zu machen, damit alle hier gut leben können."

Tokio 2020 hielt keines seiner Versprechen

Die Betonung auf Nachhaltigkeit und Erneuerung kennt man in Japan noch. Ähnlich hat sich die Hauptstadt Tokio positioniert, als sie Gastgeberin der Sommerspiele 2020 werden wollte. Nicht nur wegen der Pandemie wurde die Veranstaltung dann zu einer weiteren kontroversen Olympiaausgabe.
„Tokio 2020“, das pandemiebedingt erst im Sommer 2021 stattfand, hielt keines seiner vielen Versprechen: Für die Steuerzahler blieben sie nicht kostenlos; wegen des Zuschauerverbots gab es auch kaum Impulse für mehr Diversität und Internationalität. Rund 80 Prozent der Bevölkerung waren letztlich gegen die Austragung. Die Regierung aber zog sie durch.
"Als wäre nichts gewesen, soll jetzt einfach das nächste Großevent kommen. Ohne noch einmal darüber zu sprechen, was mit den Sommerspielen von Tokio falsch gelaufen ist", sagt die 70-jährige Yasuko Fukui, die in Sapporo eine Jazzbar führt.

"Lieber Geld für Fukushima"

An die Spiele 1972 hat sie gute Erinnerungen, die Stadt sei im Zuge der Vorbereitungen zu einer modernen Metropole geworden. Heute aber wäre das Event Geldverschwendung. Das sagt sie auch in Rückblick auf die Spiele von Tokio:
"Bei den Spielen 1972 gab es große Festivallaune. Die U-Bahn wurde neu gebaut, wirtschaftlich gab es Aufschwung. Aber heute finde ich, das Geld sollte lieber dafür verwendet werden, Fukushima wiederaufzubauen. Seit der großen Katastrophe vor elf Jahren gibt es immer noch viele Orte, die Hilfe brauchen. Die Spiele von Tokio hatten versprochen, dass sie dem Wiederaufbau in Fukushima dienen. In Wahrheit wurde er dadurch aber verzögert. So wäre es doch jetzt wieder.

50 Jahre nach den Spielen 1972

Im Gegensatz zu den Sommerspielen in Tokio behaupten die Bewerber aus Sapporo nicht, dem Wiederaufbau Fukushimas zu helfen. Historische Bezüge werden stattdessen auf andere Weise hergestellt. Am 3. Februar, einen Tag vor der Eröffnungsfeier der Spiele in Peking, verkündete der nordjapanische TV-Regionalsender HTB:
"Seit den Spielen von Sapporo 1972 sind genau 50 Jahre vergangen. Zu diesem Anlass, und in Hinblick auf die möglichen Spiele 2030, hat die Stadtregierung von Sapporo ein Monument errichtet. Im Odori-Park im Stadtzentrum ist das olympische Symbol der fünf Ringe errichtet worden."
Die Ringe stehen in einem Park in der Stadt
Zum 50. Jahrestag der Spiele von 1972 werden in Sapporo die Olympischen Ringe aufgestellt. (picture alliance / ASSOCIATED PRESS / The Yomiuri Shimbun)

Umfrage unter 17.500 Menschen aus Sapporo geplant

Ist Sapporo Feuer und Flamme? Umfragen haben im vergangenen Jahr eine gespaltene Stadt dokumentiert. Doch die Offiziellen geben sich Mühe. Ende letzten Jahres wurden Einsparungen im Budget um 20 Prozent angekündigt. Und Mitte des Monats sagte Sapporos Bürgermeister Katsuhiro Akimoto: "Wir haben im Jahr 2014 schon einmal eine Befragung unter 10.000 Menschen aus Sapporo gemacht. Und dies wollen wir nun erneut machen."
Bei einer solchen „Teilbefragung“ sollen ab März 17.500 Menschen aus Sapporo, Hokkaido und anderen Teilen Japans mit möglichst diversen Hintergründen per Telefon, Internet und auf der Straße befragt werden. Auf welche Weise man sich an das Ergebnis einer solchen Bürgerbefragung binden wolle, hat der Bürgermeister aber nicht erklärt.