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Ostukraine
Wahl im Schatten des Krieges

Am Sonntag wählt die ukrainische Bevölkerung ein neues Parlament. Doch nicht alle berechtigten Bürger können ihre Stimme abgeben. Die von Russland annektierte Krim bleibt außen vor, und auch im Donbass bleiben die Wahllokale in vielen Stimmbezirken geschlossen.

Von Sabine Adler |
    Ein Mann sitzt am Stadtrand von Slowjansk vor seinem zerstörten Haus.
    Die Wahl in der Ukraine findet im Schatten des Krieges statt. (picture alliance / dpa / Andrey Stenin/RIA Novosti)
    Nicht alle wahlberechtigten Bürger können abstimmen, deswegen werden nicht alle der 450 Mandate vergeben. Die von Russland okkupierte Krim wählt nicht, und in der Ostukraine fehlen drei Millionen Wähler, 14 von 32 Wahlkreisen, fast die Hälfte. Ob und wo gewählt wird, hängt nicht zuletzt vom Frontverlauf ab, sagt Sergej Tkatschenko vom Komitee der Wähler im Gebiet Donezk.
    "In drei bis fünf Wahlbezirken haben mal die ukrainischen Kräfte die Oberhand, mal die Separatisten, und das weckt natürlich Befürchtungen."
    Trotzdem werden dort Wahlurnen aufgestellt. Wahlbeobachter Tkatschenko findet das falsch. Aus Sicherheitsgründen für die Bürger und Helfer in den Wahlbüros. Auch Zorjan Schkirjak, Berater des ukrainischen Innenministers Awakow, beschreibt die Lage als angespannt:
    "Es gibt die Gefahr von Provokationen. Ich würde nicht sagen, dass diese Wahl gefährlicher ist als die Präsidentschaftswahl, aber es herrscht Krieg. Ein Teil unseres Territoriums ist okkupiert von ausländischen Streitkräften und terroristischen Banden."
    Improvisierte Wahllokale
    Der Berater des Innenministers gibt sich entschlossen im Kampf gegen jede Störung der Wahl, woran er auch ganz persönlich interessiert ist, denn er tritt selbst als Kandidat an.
    Dort, wo die Machtverhältnisse unklar sind, hätten die Wahlen besser abgesagt werden sollen, denn in hastig improvisierten Wahllokalen Urnen aufzustellen, mache das Ergebnis unnötig angreifbar, findet der Wahlbeobachter aus Donezk, Tkatschenko.
    "Schon die Organisation hat gezeigt, dass dort nicht alles transparent zugeht. Weder Journalisten noch Wahlbeobachter können dort hingelangen, weil das lebensgefährlich ist. Bei der Aufstellung der Wahlkommissionen gab es Verstöße und große Verzögerungen. Es ist unklar, wie die Stimmzettel dorthin gebracht und abgeholt werden können, all das eröffnet viele Möglichkeiten für Manipulationen."
    Die Mehrheit der Mandate dürfte zusammenkommen
    In Donezk, Gorlowka und Jenakejewa ist die Situation noch immer unübersichtlich, eine ordnungsgemäße Wahl kann dort nicht mehr stattfinden, trotzdem hat die Zentrale Wahlkommission in Kiew die Abstimmung dort nicht abgesagt. 450 Abgeordnete gehören der Werchowna Rada an, also dem ukrainischen Parlament. Höchstens. Sind nach einer Wahl 300 Mandate vergeben, kann eine Legislaturperiode beginnen. Wenn also einige Wahlkreise der Ostukraine und die Krim nun bei der Wahl fehlen, ist noch längst nicht Gefahr im Verzug, denn über 420 Mandate kommen mit hoher Wahrscheinlichkeit am Sonntag zusammen.
    Ein weiteres Problem sind die Freiwilligenbataillone. Sie erfüllen Aufgaben der Polizei, denn die Miliz hat sich als nicht loyal erwiesen, als prorussische Kräfte Städte und Verwaltungsgebäude im Osten besetzten. Doch nun sind die Bataillone in einem Interessenkonflikt. Auf der einen Seite sollen sie die Wahllokale bewachen, auf der anderen Seite sind einige Kommandeure und Kämpfer selbst Kandidaten für die Werchowna Rada, wie Dmitri Jarosch vom Rechten Sektor.
    Sergej Tkatschenko findet, dass der Innenminister handeln muss.
    "Er muss eine klare Grenze setzen. Ein Bataillon darf nur dort Wahllokale bewachen, wo keiner der Kämpfer selbst kandidiert."
    Wahlbeobachter und Flüchtling
    Der Wahlbeobachter ist selbst ein Flüchtling, kann nicht nach Donezk, und sei es auch nur für den Wahltag selbst. Er steht als Aktivist der Wahlbeobachter-Organisation auf der sogenannten Schwarzen Liste der Separatisten. Dennoch hält er Wahlen zu Kriegszeiten für richtig.
    "Die Bürger in den zurückeroberten Gebieten, wo die Wahl gefahrlos stattfinden kann, stimmen nicht nur über ihre Repräsentanten ab, das ist eine Art Resozialisierung und gibt den Menschen das Gefühl, Teil dieses Staates zu sein."
    Der Donbass gehöre schließlich zur Ukraine.