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OSZE-Konferenz in Jordanien
Politik in Trippelschritten

Das Sterben in Syrien, die Flüchtlingsströme nach Europa, schwelende Konflikte im Nahen Osten - wohin Außenminister Frank-Walter Steinmauer auch schaut, herrscht Sprachlosigkeit. Beim Besuch einer OSZE-Konferenz in Jordanien appellierte er an die Länder des Mittleren Ostens, wieder ins Gespräch zu kommen. Doch allzu hoffnungsvoll klang er nicht.

Von Klaus Remme | 20.10.2015
    Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (l, SPD) und der jordanische Außenminister Nasser Sami Judeh stehen am 20.10.2015 zu Beginn einer Pressekonferenz in Amman (Jordanien) zusammen.
    Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (l, SPD) und der jordanische Außenminister Nasser Sami Judeh auf der Mittelmeer-Konferenz in Amman. (dpa / picture alliance / Bernd Von Jutrczenka)
    Wer immer wollte, konnte den Konferenzsaal verlassen und ein paar Schritte zum Toten Meer gehen, das israelische Ufer in Sicht, Jerusalem nur wenige Kilometer entfernt. Jordanien ist nicht das Epizentrum dieser Krise im Mittleren Osten, doch von Schockwellen des Syrienkriegs massiv betroffen. Nach Gesprächen in Teheran und Riad ist der Befund des deutschen Außenministers eindeutig. Die Lage ist düster, sagte er in seiner Rede vor Teilnehmern der OSZE-Mittelmeerkonferenz, und in einer anschließenden Pressekonferenz wurde er noch deutlicher:
    "Wir befinden uns hier am Tiefstpunkt der Erdoberfläche. Und das ist gleichzeitig eine Zustandsbeschreibung für die politische Situation in dieser mittelöstlichen Region, die uns alle betrifft. Nirgendwo sind die Folgen der verschiedenen Krisen im Nahen und Mittleren Osten so unmittelbar zu spüren wie gerade hier in Jordanien."
    Wohin Steinmeier schaut, es herrscht Sprachlosigkeit in der Region. Iran und Saudi-Arabien, sprachlos, Israel und die Palästinenser, sprachlos. Steinmeier zur Eskalation am Tempelberg:
    "Mein Appell geht an alle Verantwortlichen, jetzt kein Öl ins Feuer zu gießen, sondern mit Augenmaß zu agieren und zur Beruhigung der Lage beizutragen. Alles andere würde mit unabsehbaren Folgen den Konflikt nur anheizen."
    Frank Walter Steinmeier steht vor einer Herkulesaufgabe und anders als in den Vorjahren ist Deutschland durch die wachsende Zahl der Flüchtlinge ganz unmittelbar betroffen. Eine Krise, wie wir sie seit Ende des Zeiten Weltkriegs nicht mehr hatten, sagt er, er erinnert an den Kalten Krieg, die Blockkonfrontation und das geteilte Deutschland:
    "Genauso unmöglich wie damals Ende der 60er, Anfang der 70er-Jahre der Fall der Mauer schien, genauso erscheint heute ein Ende der Gewalt und ein Einstieg in eine politische Lösung des Syrien-Konflikts unmöglich und utopisch."
    Und dennoch, diese beiden Worte leiten normalerweise den hoffnungsvollen Teil der Reden des deutschen Außenministers ein, diese Worte fielen auch heute, doch sie wirken müde:
    "Und dennoch, ich denke, das ist die Aufgabe von Außenministern, dürfen wir nicht aufgeben, an Lösungsversuchen zu bauen. Das schulden wir den Menschen in Syrien und das ist im Interesse aller."
    Sein politisches Rezept für die Region lautet: Raus aus der Nullsummen-Logik, Sicherheit miteinander, nicht voreinander, immer im Gespräch bleiben, dranbleiben, sagte er heute wörtlich, konkrete Themen suchen, bei denen möglichweise gemeinsame Interessen bestehen. Es ist ein Minimalrezept, eine Politik in Trippelschritten, doch in dieser Region ohne Alternative, will man sich dem Massensterben entgegenstellen.