Donnerstag, 18. April 2024

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Panama Papers
Das Kapitalversteck hat eine Adresse

Der Skandal um die Panama Papers ging um die ganze Welt. Anfang April wurden unzählige Unterlagen der Kanzlei Mossack Fonseca öffentlich gemacht. Das Ergebnis: Viele Angehörige der internationalen Politik- und Geldelite parken ihr Vermögen in den Briefkastenfirmen Panamas. Die deutschen Länderfinanzminister suchen nun nach Lösungen, um der Geldverschiebung in Steueroasen ein Ende zu bereiten.

Von Anne-Katrin Mellmann und Brigitte Scholtes | 02.06.2016
    Ein Polizist steht vor einem Glasgebäude, der Zentrale der Kanzlei Mossack Fonseca in Panama City.
    Die Kanzlei Mossack Fonseca in Panama City wurde in Folge der Veröffentlichungen durchsucht. (dpa/picture alliance/EFE/Alejandro Bolivar)
    "Holen Sie sich die letzten Chancen", ruft die Verkäuferin von Lotterielosen auf einem Markt in Panama-Stadt. Fast alle greifen zu. Auch Textilienverkäufer Remigio López sichert sich ein Los. Der 71-Jährige hat gestern nur fünf Dollar verdient. Jeden Tag steht er in der drückenden Hitze unter einem Wellblechdach.
    "Von Montag bis Sonntag, sieben Tage in der Woche. Zu Hause bleibe ich nie, denn: Wenn ich nicht arbeite, habe ich nichts zu essen."
    Soziale Ungleichheit in Panama
    Das große Los hat er zwar noch nie gezogen, aber den Humor nicht verloren. Auf dem Weg zur Arbeit sieht der alte Mann jeden Tag das Bankenviertel mit seinen glänzenden Spiegelfassaden und Wolkenkratzern. Er ist überzeugt: Reiche aus der ganzen Welt könnten mit Panamas Hilfe Steuern sparen oder Geld waschen, weil alle Politiker unter einer Decke steckten.
    "Die Ungleichheit ist bei uns sehr groß. Die Reichen rauben uns aus, uns geht es schlecht. Hier gibt es viel Geld. Aber es gehört nur ganz wenigen."
    Diese wenigen sitzen in klimatisierten Büros hoch über der Stadt. Die Armut, in der 38 Prozent der Panamaer leben, bekommen sie nicht zu Gesicht. Anwalt Rodrigo Molino zum Beispiel: Er ist Chef einer Kanzlei, die ähnliche Offshore-Dienstleistungen anbietet wie Mossack Fonseca, er kennt seine Kollegen. Auch Molino empfängt vermögende Kunden. Die seien verunsichert wegen der "Panama-Papers"-Veröffentlichung und machten sich Sorgen um ihre Daten. Molino erklärt: "Wir tun nichts Illegales", und breitet wie zum Beweis stapelweise Gesetzestexte und Papiere auf dem Tisch aus.
    "Wenn sich jemand an uns wendet, um eine Briefkastenfirma zu gründen, muss ich wissen, wer das ist. Er muss Formulare ausfüllen. Mit der Zeit erkennt man schon am Geruch, woher die Leute kommen und was sie wollen. Trotzdem suchen wir genauere Informationen. Dafür gibt es genügend Hilfsmittel – Google zum Beispiel. Attraktiv für unsere Kunden ist, dass sie in Panama nur versteuern, was sie hier verdienen. Wenn ihre Firma Gewinne etwa in den USA macht, müssen sie die hier nicht mal angeben. Ich glaube, viele Länder wollen, dass wir unsere Steuergesetze ändern."
    Einfache Firmengründung
    Es sei aber falsch, Panama den Schwarzen Peter zuzuschieben. Das meint auch der Direktor der Canal Bank, Roberto Brenes:
    "Wir sind ein Steuerparadies, weil die Staaten der OECD die Hölle sind!"
    Da Länder wie Deutschland so hohe Steuern von ihren Bürgern verlangten, sei es völlig normal, wenn jemand woanders Möglichkeiten zur Steueroptimierung suche, erklärt der Bärtige im maßgeschneiderten Anzug. Panamas Steuergesetze zögen eben ausländisches Geld an, so Brenes.
    Dazu gehört: Firmengründungen sind relativ einfach. Der Finanzsektor, der vor fast einem halben Jahrhundert entstand, ist flexibel und arbeitet mit einer stabilen Währung – dem US-Dollar. Das ist besonders für die lateinamerikanischen Nachbarn attraktiv. Hinzu kommt Panamas Lage in der Mitte Amerikas.
    Ein Containerschiff passiert den Panamakanal bei den Pedro Miguel-Schleusen (Archivfoto vom 03.09.2007).
    Panama boomt. Die "Panama Papers" sind hier in der Öffentlichkeit kaum noch Thema. (picture alliance / dpa / Alejandro Bolivar)
    "Der Schiffsverkehr durch den Panamakanal schafft enorme Werte. Wir sind ein internationales Drehkreuz. Das waren wir schon immer. Zuerst in der Kolonialzeit, dann durch den Bau der Eisenbahn. Nachdem der Kanal entstanden war, wurden wir ein wirtschaftlicher und finanzieller Knotenpunkt"
    … mit einer Kanalerweiterung, die gerade fertig geworden ist, und nagelneuem Flughafen, der bald eröffnet. Panama boomt. Die "Panama Papers" sind hier in der Öffentlichkeit kaum noch Thema.
    Dabei war das ein Donnerschlag, der um die Erde hallte: Anfang April wurden in einer global verabredeten Medienaktion unzählige Unterlagen aus der Kanzlei "Mossack Fonseca" öffentlich gemacht: Daraus ging unter anderem hervor, wie viele Angehörige der internationalen Politik- und Geldelite ihr Vermögen in den Briefkastenfirmen Panamas parken.
    Aufregung in Deutschland hält an
    In Deutschland ist die Aufregung über die Panama Papers noch nicht ganz verflogen. Der SPD-Bundestagsabgeordnete und Finanzexperte Lothar Binding zum Beispiel ist mit den Nachwirkungen durchaus noch beschäftigt. Viele Briefe habe er in den letzten Wochen erhalten, erzählt Binding. Die meisten begännen so:
    "'Ich bin ein korrekter Steuerzahler/ eine korrekte Steuerzahlerin' - und ich glaube, dass in diesem Fall weniger die Tatsache an sich, dass es Briefkastenfirmen gibt, gestört hat, als vielmehr die Dimension, dass die Dimension doch eine Größenordnung erreicht hat, die sehr viele Bürger ärgert, und natürlich fragen alle: Sind Sie erstens persönlich auch an solchen Modellen beteiligt? Und warum haben Sie vorher nicht mehr getan?"
    Und denen kann er nur so antworten:
    "Dass wir im Verlauf der letzten, sagen wir, 15 Jahre sehr viel haben tun wollen, dass aber sehr häufig auch die politischen Konstellationen nicht sehr günstig waren, um in dieser Richtung etwas zu tun."
    Aufklärung geht mühsam voran
    Soll heißen: Auch die große Koalition war in der Sache lange Zeit nicht motiviert. Aber nach den Steueraffären der letzten Jahre wie Swissleaks oder Luxleaks, allerspätestens nun nach den Panama Papieren, sollte auch der Politik klar geworden sein: Aufschieben gilt nicht mehr. Dennoch geht es nur mühsam voran: Zwar meldete sich Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble wenige Tage nach den "Panama Leaks" mit einem Zehn-Punkte-Plan zu Wort. Dabei warnte er aber erst einmal vor simplen Lösungen:
    "Einfach zu sagen, Briefkastenfirmen verbieten – das klingt schön, funktioniert aber gar nicht."
    Schäuble schlägt unter anderem vor, international vernetzte Firmen-Register zu erstellen. Die sollen die Hintermänner von Unternehmenskonstruktionen transparenter machen. Es gibt weitere Punkte auf Schäubles Liste, die auch SPD-Mann Lothar Binding gut gefallen, wie etwa eine Verschärfung der Verjährungsregeln:
    "Damit ist gemeint, dass der Beginn der Verjährungsfristen nicht zum Zeitpunkt der Tat entsteht, sondern erst zum Zeitpunkt der Entdeckung. Und damit hat man natürlich etwas mehr Zeit, die gesamten Dinge zu untersuchen. Die Überschrift, die mir auch gut gefällt, ist "Maßnahmen gegen die Geldwäsche", denn die spielt auch eine sehr große Rolle. Aber da fehlt es dann doch an einer Konkretisierung. Da gibt es eine ganze Reihe von Dingen, die gut klingen, die aber nicht so angelegt sind, dass sie wirklich scharf wirken."
    Forderung nach mehr internationaler Zusammenarbeit
    Vier der zehn Punkte Schäubles können im Inland umgesetzt werden – wie schärfere Sanktionen bei entsprechendem Fehlverhalten von Unternehmen, oder die Verjährungsbestimmung. Bei den übrigen geht es um globale Vernetzung und Austausch von Informationen, um weltweite Zusammenarbeit. Ob eine Kooperation mit den Briefkastenfirmen-Ländern realistisch ist, daran zweifelt jedoch Lorenz Jarass, Professor für Wirtschaftswissenschaften an der Hochschule Rhein-Main.
    Warum sollen die Länder, die von diesen ganzen Verschleierungen, die von den ganzen Steuerhinterziehungen, die als Steueroase von dem aktuellen System profitieren, warum sollen denn diese Länder kooperieren? Die werden nur formaljuristisch kooperieren, wenn sie überhaupt kooperieren, und werden nur in ganz geringem Umfang Daten übermitteln, wenn sie denn überhaupt übermittelt werden.
    Der nordrhein-westfälische Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD).
    "Nicht reden, sondern handeln": Der nordrhein-westfälische Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD). (imago / Astrid Schmidhuber)
    Was die Politik in Deutschland machen kann, das steht diesen Freitag auf der Tagesordnung der Länderfinanzminister, die sich im brandenburgischen Neuruppin treffen. Internationale Abstimmungen – schön und gut, sagt auch Norbert Walter-Borjans aus NRW, zurzeit amtierender Vorsitzender der Landesfinanzministerkonferenz:
    Wir müssen jetzt ganz klar machen, dass wir jetzt auch auf der nationalen Ebene in Deutschland die Schritte, die wir selbst unternehmen können, glaubwürdig unternehmen. Nicht reden, sondern handeln, weil nur so andere dann auch sehen, wenn die ernst machen, dann müssen wir uns auch international ein Stück weiter bewegen.
    Banken in die Verantwortung nehmen
    Erst diese Woche sagte ein Vertreter des Bundesfinanzministeriums zum Bundestagsausschuss für Finanzen: Wenn sich die Länderfinanzminister einig seien, könne der Bund im Herbst ein Gesetz vorlegen, das zum Sommer 2017 durch den Bundestag gehen könne. Die Länderfinanzminister hatten bei ihrer Sitzung im April zu mehr Transparenz bei finanziellen Auslandsbeziehungen aufgefordert, auch zu schärferen Sanktionen für Steuerbetrug, erklärt Walter-Borjans:
    Das fängt damit an, dass beispielsweise Banken, die Beihilfe leisten zur Steuerhinterziehung, nur belangt werden können über einzelne identifizierbare Mitarbeiter, aber nicht als Unternehmen insgesamt. Ich finde, das muss dringend anders werden. Wir haben auch heute schon die Regelung, dass jeder, der in Deutschland lebt, mit seinem Welteinkommen steuerpflichtig ist. Aber wenn man sich überlegt, dass das in Deutschland eine Ordnungswidrigkeit ist, die mit höchstens 5000 Euro bestraft wird, dann weiß man, dass das für jemanden, der sich dieses Instruments bedient, eine lächerliche Androhung ist. Solche Dinge, die müssen klar verschärft und verstärkt werden.
    Das könnte, so spekuliert man, sogar bis zur Aufhebung des Bankgeheimnisses reichen. Wichtig wäre Walter-Borjans außerdem die Behandlung von Lizenzgebühren: Das sind etwa solche Gebühren, die internationale Konzerne wie Starbucks, Google oder Apple nicht dort zahlen, wo sie erwirtschaftet werden, also etwa in Deutschland, sondern irgendwo im steuergünstigen Ausland.
    "Dann kann Deutschland hier Grenzen einziehen. Das machen andere Länder auch, dass man Lizenzen nur bis zu einer gewissen Höhe von der Steuer absetzbar macht. Und damit wird auch sichergestellt, dass Gewinne zu einem zumindest erheblich höheren Teil da versteuert werden, wo sie auch entstehen."
    Gewinne an der Quelle versteuern
    Die könnte man an der Quelle besteuern. Doch dagegen wehrt sich der Bundesfinanzminister noch. Denn wenn Deutschland diese Lizenzgebühren an der Quelle besteuerte, würden andere Länder diese dann auch bei sich einführen. Das sei ein schlechtes Geschäft - meint Schäuble.
    "Das ist eine Milchmädchenrechnung", wettert aber Steuerexperte Jarass:
    "Denn ein immer größerer Teil der weltweit erwirtschafteten Schuldzinsen und der weltweit erwirtschafteten Lizenzgebühren bleibt ganz und gar unbesteuert, weil sie eben in Steueroasen gezahlt werden, und dort bleiben sie endgültig unbesteuert. Der Ansatz, auf die anderen mit dem Finger zu zeigen und zu sagen, ihr seid ganz böse Steueroasen, der ist sozusagen zwar in der Öffentlichkeit gut verkaufbar. Aber jeder, der sich ein bisschen mit der Sache beschäftigt, weiß: Wir in Deutschland könnten Maßnahmen ergreifen, die dem deutschen Fiskus mehr Steuerertrag bringen, und die die Steueroasen letztendlich austrocknen würden."
    Warum solche Maßnahmen nicht kommen, darauf hat NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans eine einfache Antwort:
    "Das Problem ist, dass erkennbar bei der Austrocknung des Sumpfs Frösche mit am Tisch sitzen und mit entscheiden, und das wird dazu führen, dass man eben ohne das Ausschöpfen der nationalen Möglichkeiten nicht weiterkommt."
    Mehr Transparenz in der Bilanzierung der Unternehmen wäre international ein großer Fortschritt. So müssen die Unternehmen etwa in Deutschland – anders als von Juli an in den USA vorgeschrieben – noch nicht offenlegen, welche Gewinne sie sie in den einzelnen Ländern jeweils erwirtschaften und entsprechend versteuern. Doch die "Frösche" am Tisch, die hier mehr Transparenz verhindern und dafür sorgen, dass Gewinn- und Steuerdaten nicht herauskommen -, das sind etwa die großen Wirtschaftsprüfer, die auch die Politik beraten, erklärt Markus Meinzer vom Netzwerk Steuergerechtigkeit.
    "Der Grund, warum sie nicht bisher in den Jahresbilanzen auftauchen müssen, hat schlicht und ergreifend damit zu tun, dass die Standardsetzer bei den Jahresabschlüssen, die darüber entscheiden, welche Daten da hineingehören, just zu guten Teilen aus den Wirtschaftsprüfungskanzleien bestehen, die dann am Ende die Steuersparmodelle an Konzerne verkaufen und damit ihr Geschäftsmodell im Grunde betreiben."
    Unternehmen sollen nationale Gewinne veröffentlichen
    Die OECD empfiehlt nun, diese Daten den jeweils nationalen Steuerverwaltungen zur Verfügung zu stellen. Die Europäische Kommission möchte diese Berichtspflicht bisher aber auf die in der EU ansässigen Unternehmen beschränken - ein enttäuschender Vorschlag, meint Markus Meinzer.
    "Das ist in etwa so, als würde man eine Gurtpflicht einführen mit großem Trara und großer Ankündigung, aber diese letztlich auf Innerortschafts-Verkehrswege beschränken und außerortschafts weiterhin keine Gurtpflicht erforderlich machen."
    Kritiker wie Meinzer oder Jarass verlangen, dass nicht nur Steuerverwaltungen die Daten darüber bekommen, welche Gewinne ein Unternehmen in welchem Land erwirtschaftet, sondern auch die Öffentlichkeit. Das fände auch SPD-Finanzexperte Binding hilfreich:
    "Denn andere Länder brauche ich immer, wenn ich mich meinem eigenen Staat gegenüber unfair verhalten will, und da muss man auch noch nicht einmal nach Panama gehen."
    Einfache Steuervermeidung in Luxemburg und den Niederlanden
    Da reicht der Weg nach Luxemburg, wo Steuerzahler und Steuerbehörde vereinbaren, wie viel an Steuern zu entrichten sind. Oder der in die Niederlande: Dort kann man eine GmbH gründen, in die man ein Patent legt. Zu dessen Nutzung zahlt man die berühmten Lizenzgebühren. Das ist derzeit ein besonders gern beschrittener Weg zur Tarnung der Gewinne. Erst diese Woche wurden die Niederlande von der NGO Oxfam zum "Europäischen Champion" in der Erleichterung von Steuervermeidung ausgerufen.
    Kritiker und NGOs fordern außerdem, dass die Bekämpfung der Geldwäsche effizienter werden muss. Die EU hatte im vergangenen Jahr zwar in der Geldwäscherichtlinie beschlossen, öffentliche Register einzuführen, in denen die Eigentümer bzw. die Nutznießer von Unternehmen und Trusts verzeichnet sind. Doch diese öffentlich zugänglich zu machen - auch dagegen wehrt sich die Bundesregierung bisher.
    Die SPD hat zur effizienteren Bekämpfung der Geldwäsche zudem vor einigen Tagen eine "Beweislastumkehr" gefordert. Soll heißen: Wer Vermögen aus sogenannten unsicheren Quellen verlagert, der muss erst einmal Steuern zahlen und dem Fiskus nachweisen, dass es nicht aus kriminellen Geschäften wie dem Drogenhandel stammt.
    Die Veröffentlichung der Panama-Papiere hat also in Deutschland zumindest zu einer Belebung der Diskussion geführt, welche Mittel im Kampf gegen Steuerverschleierung und Geldwäsche sinnvoll sind.
    Aufregung in Panama hat sich gelegt
    In Panama Stadt, vor dem Bürogebäude der Anwaltskanzlei Mossack Fonseca, gehen zwei sehr aufmerksame Wachmänner auf und ab. Der Zutritt ist verboten, ein Interview gibt es nicht. Nur noch Touristen fotografieren das unscheinbare Haus. Die weltweite Aufregung nach der Veröffentlichung der Panama Papers hat sich gelegt. Aber immer noch reagieren die meisten Einheimischen verärgert auf das Thema.
    Der Ökonom Francisco Bustamante arbeitete bis vor kurzem für die Regierung und sorgte dafür, dass sein Land im Februar von der Grauen Liste der Länder verschwand, die Geldwäsche ermöglichen. Er findet, die Dokumente sollten "Mossack Papers" heißen, schließlich habe Panama seine Hausaufgaben gemacht. Der Vorwurf, eine fehlende Steuermoral begünstige die Steuerflucht hierher, sei falsch:
    "Wer das Steuersystem umgeht, zeigt fehlende Verantwortung als Bürger. Wenn wir nicht zahlen wollen, dann, weil wir unseren Politikern nicht trauen. Wenn du hier Steuern zahlst, denken die Leute, dass die Politiker dann mehr für sich ausgeben. Ein Drittel der erwirtschafteten Einnahmen geht an den Staat. Das ist sehr viel, aber leider ist der Staat ineffizient. Generell sind Staaten ineffizient, überall auf der Welt - auch der deutsche."
    "Wir stellen uns unserer Verantwortung"
    Die Regierung Panamas residiert in der herausgeputzten Altstadt Casco Viejo. Die Vizeministerin für multilaterale Angelegenheiten, Maria Luisa Navarro, hat früher in einer Bank gearbeitet. Ihre Stimme wird lauter nach der Frage zur Verantwortung Panamas:
    "Für uns ist es unglücklich, dass unser Land über lange Zeit in allen internationalen Medien als verantwortlich für einen internationalen Betrug dargestellt wurde, der doch das Problem aller ist. Wir stellen uns unserer Verantwortung. Wir arbeiten nicht erst seit einem Monat, sondern seit sehr vielen Jahren daran, internationale Transparenz-Standards zu erreichen. Panamas Finanzsystem wurde wegen seiner großen Wettbewerbsfähigkeit und Transparenz international sehr geschätzt. Das ist für uns das Wichtigste."
    Das Bild zeigt zahlreiche Hochhäuser am Meer. Direkt an der felsigen Küste sind Villen mit blauen Pools.
    38 Prozent der Menschen in Panama leben in Armut. In den Bürotürmen der Kanzleien und Banken von Panama-Stadt bekommt man davon nur wenig mit. (RODRIGO ARANGUA / AFP)
    Daran arbeiten – bedeutet: mit verschiedenen Ländern bilaterale Abkommen zu unterzeichnen, wie etwa ein Doppelbesteuerungsabkommen mit Deutschland. Ein weiteres zum Datenaustausch soll folgen. Panamas Wirtschafts– und Finanzminister, der früher für beim Offshore-Dienstleister Morgan&Morgan arbeitete, reist derzeit viel um die Welt.
    Panama hat nur etwa so viele Einwohner wie Berlin, das stärkt Verbindungen – und begünstigt Korruption. Nirgends ist die Anwaltsdichte so hoch: 27.000 gibt es. Wer etwas zu sagen hat, stammt häufig aus dem Finanzgeschäft. Ramon Fonseca von Mossack Fonseca ist ein Freund des Präsidenten. Die Zeitungen im Lande gehören Unternehmern und Ex-Präsidenten.
    "Alle stecken unter einer Decke"
    Alle stecken unter einer Decke – so hatte es Textilienverkäufer Remigio auf dem Wochenmarkt ausgedrückt. Was macht man in einem solchen System? Man spielt mit. Sein Los war leider eine Niete. Aber, er hat ja seine Tochter:
    "Meine Tochter hat studiert und arbeitet jetzt in einer Bank. Sie verdient gutes Geld dort und darum wird es auch mir gut gehen. Gerade hat sie ein Haus gebaut. Ein großes Haus."
    Dem Finanzsektor gehört die Zukunft. Und den Anwälten, die sich neue Dienstleistungen für ihre reiche Kundschaft ausdenken werden. Wie Autohändler, die auf andere Marken umsteigen, werden sie verschmerzen, wenn niemand mehr Briefkastenfirmen kauft.