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Papst in Bolivien
Franziskus fordert humanere Haftbedingungen

Für einen Papst ist es ein ungewöhnlicher Aufenthaltsort: In Bolivien besuchte Franziskus auf eigenen Wunsch das berüchtigte Gefängnis Palmasola – mit einer klaren Botschaft im Gepäck.

10.07.2015
    Bolivianer stehen in La Paz, Bolivien, und warten mit Schildern auf die Ankunft von Papst Franziskus.
    Papst Franziskus wurde in Bolivien begeistert begrüßt. (picture alliance / dpa / Georg Ismar)
    Bolivien ist die vorletzte Station von Franziskus Südamerika-Reise – und zum Ende seines Besuches stand für den Papst in Bolivien ein ungewöhnlicher Termin auf dem Programm. Im größten Gefängnis des Landes in Santa Cruz de la Sierra sprach das Oberhaupt der katholischen Kirche zu mehreren tausend Häftlingen und dem Gefängnispersonal und mahnte einen humanitäreren Strafvollzug in dem südamerikanischen Land an. Haft müsse ein Teil der Wiedereingliederung in die Gesellschaft sein, anstatt einer Ausschließung gleichzukommen. Franziskus appellierte an die Wärter: Sie hätten die Aufgabe "nicht zu erniedrigen, Würde zu verleihen und nicht zu demütigen, zu ermuntern und nicht zu betrüben", so der Papst wörtlich. Das Personal solle die Einteilung in moralisch Gute und Schlechte zu überwinden. Nötig sei eine Logik, "die darauf ausgerichtet ist, dem Menschen zu helfen".
    Umarmung für Gefangene
    Franziskus umarmte Gefangene und küsste Kinder von Inhaftierten, die ebenfalls in Palmasola leben. Drei Häftlinge schilderten ihm ihre Lebensgeschichte, darunter ein verurteilter Mörder. Ein anderer sagte, in dem Gefängnis herrsche "Sodom und Gomorra". Es sei ein völlig rechtsfreier Raum.
    In der Gefangenensiedlung Palmasola im gleichnamigen Ortsteil von Santa Cruz de la Sierra sind etwa 5.000 Menschen inhaftiert, zum Teil noch ohne Urteil als Untersuchungshäftlinge. Die Justizanstalt ist wegen Gewalt- und Drogenexzessen sowie teils katastrophaler Bedingungen berüchtigt. Ein Grund dafür ist die Überbelegung: Auf rund 40 Quadratmetern schlafen bis zu 50 Häftlinge.
    Ein Lastwagen fährt am 09.07.2015 in das berüchtigte Gefängnis Palmasola in Santa Cruz, Bolivien.
    Ein Lastwagen fährt am 09.07.2015 in das berüchtigte Gefängnis Palmasola in Santa Cruz, Bolivien. (Georg Ismar/dpa)
    Weiterreise nach Paraguay
    Den Besuch hatte sich das Oberhaupt der katholischen Kirche selbst gewünscht. Die letzte Station von Franziskus Reise ist morgen und übermorgen Paraguay. Der frühere Präsident des Landes, Fernando Lugo, erwartet vom Besuch des Papstes für sein Land eine reinigende Wirkung, "so etwas wie ein Zeichen für Demut und Bescheidenheit". Er sagte im Deutschlandfunk, schon der Lebensstil von Franziskus sage mehr als viele Worte. Es sei besonders wichtig, dass der Papst selbst aus Lateinamerika komme. Er kennt die Armut auf dem Kontinent, die durch ein skandalös ungerechtes System entstanden sei.
    (jasi/tzi)