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Vorwürfe gegen RBB-Intendatin Patricia Schlesinger
RBB setzt Untersuchungskommission ein

Beim RBB herrscht Unruhe. Der Intendantin und dem Vorsitzenden des Verwaltungsrats wird Vetternwirtschaft vorgeworfen - und auch bei einem Abendessen soll es Unregelmäßigkeiten gegeben haben. In der Belegschaft sorgen die Vorwürfe für großen Unmut.

Von Sebastian Engelbrecht | 13.07.2022
Der Fernsehturm des RBB in Berlin
Die Freienvertretung des RBB warnt vor schlechter Stimmung im Sender (IMAGO /Eibner)
Der Verwaltungsrat hüllt sich in Schweigen. Wie er auf die Vorwürfe gegen seinen Vorsitzenden, Wolf-Dieter Wolf, und gegen RBB-Intendantin Patricia Schlesinger reagiert, bleibt der Öffentlichkeit verborgen. Nur ein Mitglied redet. Sabine Jauer, Vorsitzende des Personalrats, hat Sitz und Stimme im Verwaltungsrat. Sie sagt, was sie in dem mächtigen Aufsichtsgremium des RBB gefordert hat.
"Ich habe Herrn Wolf gestern aufgefordert, sein Amt ruhen zu lassen. Ruhen zu lassen bis zur Klärung der im Raum stehenden Vorwürfe. Wir denken im Personalrat, das täte der Sache im Moment nur gut, würde der Sache nur gut tun, wäre ein wichtiger Schritt, ein wichtiges Signal."

Vorwürfe gegen Intendantin "giftig fürs Klima" im Sender

Ursprünglich enthüllte das Online-Portal "Business Insider", was jetzt für Unruhe beim RBB sorgt: Beraterverträge für ein Bauprojekt des Senders und eine angeblich veränderte Gästeliste auf der Rechnung für ein dienstliches Abendessen in der Privatwohnung der Intendantin.
Christoph Reinhardt, Vorsitzender der Freienvertretung bei dem Sender, empfindet die Veröffentlichungen als "giftig für das Klima" im Haus: "Es kommt auf den Anschein an, der erweckt wird: Die da machen sich die Taschen voll. Und das kommt bei den Freien nicht gut an, kann ich sagen."

Intendantin und Verwaltungsratschef im Fokus

So soll der Verwaltungsratsvorsitzende des RBB, Wolf-Dieter Wolf, zugleich Aufsichtsratschef der Messe Berlin, dem Ehemann von Patricia Schlesinger lukrative Aufträge zugespielt haben. Der ehemalige "Spiegel"-Journalist Gerhard Spörl soll als Berater und Autor 140.000 Euro von der Messe erhalten haben. RBB-Sprecher Justus Demmer hält das weder juristisch noch moralisch für problematisch.
"Da ist die Verbindung, dass es sich um den Ehemann der Intendantin handelt. Der RBB hat in diesem Geschäft gar keine eigenen Aktien. Wir sind weder Vertragsnehmer noch -geber."
Zugleich soll Intendantin Schlesinger ihrerseits drei Berater für Bauprojekte des Senders engagiert haben, unter anderem für den Bau eines "Digitalen Medienhauses". Diese Berater sollen Geschäftsbeziehungen zum Verwaltungsratsvorsitzenden Wolf unterhalten, der auch Immobilienunternehmer ist. Der Sprecher des Senders, Justus Demmer, hält auch das nicht für anrüchig, denn:

Vorwürfe der Vetternwirtschaft

"Wir sind der festen Überzeugung, dass es keine Geschäftsbeziehungen zwischen unserem Verwaltungsratsvorsitzenden gab und Beratern, die uns unterstützen hier beim Immobilienprojekt im RBB, als die Verträge geschlossen wurden."
Den Vorwurf der Vetternwirtschaft, das gegenseitige Zuspielen von Beraterverträgen - auf der einen Seite für Wolfs Geschäftspartner, im Gegenzug für Schlesingers Mann - weist der RBB als „Unterstellung in aller Form zurück“.
Schließlich die privaten Abendeinladungen bei der Intendantin. Hier sollen Gästelisten des Catering-Dienstes nachträglich gekürzt worden sein. Die Gesamtsummen der Rechnungen soll aber unverändert geblieben sein.

Geschäftsleitung verspricht transparente Aufklärung

"Wir sind öffentlich-rechtlicher Rundfunk. Wenn Sie jemanden zum Essen einladen wollen, müssen sie sagen: Wen haben sie eingeladen, wen wollen sie einladen? Und dann wird danach bei der Abrechnung gesagt: Wen haben Sie eingeladen? Und da wird nichts rumgestrichen. Es sind ja auch alle Gäste anwesend. Also wie soll man da im Nachhinein einzelne Leute rausnehmen?"
Die Geschäftsleitung des RBB beteuert, man werde die Vorgänge mit "größtmöglicher Transparenz" aufklären. Man habe die Revision und die Compliance-Beauftragte gebeten, alles zu prüfen. Diese wiederum hätten angekündigt, eine externe Anwaltskanzlei einzubeziehen.

Personalrat bemängelt Umgang mit Belegschaft

Die Personalratsvorsitzende Sabine Jauer ist mit den Reaktionen der Geschäftsleitung nicht zufrieden. Sie bemängelt auch, Intendantin Schlesinger habe auf einer Belegschaftsversammlung zum Thema "mit Drohungen und Anwürfen ein Klima der Angst" erzeugt.
„Es gibt eine pauschale Zurückweisung der Vorwürfe durch die Intendantin, und es gibt gleichzeitig eine Art Generalverdacht gegen alle im Haus. Wenn die Intendantin von Illoyalität spricht, nach außen und nach innen, das irritiert die Leute, manche schüchtert es sogar ein."

Gehaltserhöhung der Intendantin wirft Fragen auf

Zornig sind viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Senders auch, weil der Verwaltungsrat unter Führung von Wolf-Dieter Wolf der Intendantin kürzlich eine Erhöhung Ihres Gehalts um 16 Prozent auf 303.000 Euro genehmigt hat. Freienvertreter Christoph Reinhardt: "Da fragen wir uns natürlich: Warum wird denn nur bei uns gespart und nicht da, wo man vielleicht noch mehr herausholen könnte?"
Angesprochen auf diese Kritik reagiert RBB-Sprecher Demmer ganz kurz: "Die Intendantin hat das Gehalt, das sie hat. Sie macht das öffentlich. Wir sehen, dass es dazu Diskussionen gibt, aber das würde ich dann erst mal nicht weiter kommentieren."