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Pegida
Sorge vor Missbrauch der Anschläge

Erstmals seit den Anschlägen von Paris wollen die Anhänger der islamfeindlichen Pegida-Gruppierung heute Abend wieder auf die Straße gehen, auch Gegendemonstrationen sind in vielen Städten geplant. Politiker und Künstler warnen die Veranstalter vor einer Vereinnahmung der Anschläge für ihre Zwecke.

12.01.2015
    Aufnahme von einer Pegida-Kundgebung am 5. Januar
    Aufnahme von einer Pegida-Kundgebung am 5. Januar (imago stock&people)
    Französische und frankophone Karikaturisten veröffentlichten am Sonntag ein Flugblatt mit dem Titel "Pegida, verschwinde!". "Wir lehnen es ab, dass Pegida das Gedenken an unsere Kollegen vereinnahmen will", sagte ein Mitorganisator der Nachrichtenagentur dpa. Pegida stehe für all das, was die ermordeten Kollegen der französischen Satirezeitschrift "Charlie Hebdo" durch ihr Werk bekämpft hätten. "Wir, die französischen und frankophonen Zeichner, sind entsetzt über die Ermordung unserer Freunde. Und wir sind angewidert, dass rechte Kräfte versuchen, diese für ihre Zwecke zu instrumentalisieren", heißt es in dem Flugblatt. Auf Facebook veröffentlichten sie mehrere Karikaturen zu Pegida.
    Beitrag von Karikaturisten gegen Pegida / Caricaturistes unis contre Pegida.
    Pegida will bundesweit demonstrieren
    Die Anhänger der islamischenfeindlichen Pegida-Bewegung wollen heute wieder bundesweit auf die Straße gehen. In Dresden, wo die selbsternannten "Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes" vor einer Woche 18.000 Menschen mobilisiert hatten, sowie in vielen anderen Städten sind Gegenaktionen geplant. Dabei wollen Bürger für Weltoffenheit eintreten und dagegen protestieren, Terror islamistischer Extremisten gegen Zuwanderer und gegen den Islam zu instrumentalisieren. Demos gegen Pegida sind unter anderem in Hannover, Düsseldorf, Schwerin, Hamburg, München und Berlin geplant. Bereits am Samstag hatten in Dresden 35.000 Menschen ein eindrucksvolles Zeichen gesetzt und für Weltoffenheit und Toleranz demonstriert.

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    Die Islamwissenschaftlerin Lamya Kaddor beklagt "blanken Hass", der ihr seit dem Terror von Paris entgegenschlage. Im "Kölner Stadt-Anzeiger" führt Kaddor dies besonders auf ihre Kritik an der Pegida-Bewegung zurück. "Mit ihrer Islamfeindlichkeit bedient sie exakt den Radikalismus, gegen den sie sich angeblich wendet. Pegida und Salafismus treffen sich in ihren extremistischen Ideen, auch wenn sie aus entgegengesetzten Richtungen kommen", sagte Kaddor. "Die normalen, friedlichen Muslime geraten dazwischen wie in einer Schraubzwinge."
    Eine ähnliche Kritik formulierte der Islamwissenschaftler Bassam Tibi im Deutschlandfunk: "Der größte Schaden dieser Pegida-Bewegung ist Ausgrenzung der Muslime und durch Ausgrenzung der Muslime unterstützt Pegida die Islamisten. Wenn Muslime ausgegrenzt werden, dann werden sie anfällig für den Islamismus."
    Empörung in der Politik
    In Dresden wollen die Pegida-Anhänger wegen der Terroropfer von Paris mit Trauerflor aufmarschieren. Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) reagierte auf die entsprechende Ankündigung mit Empörung. "Wenn die gleichen Leute, die vor einer Woche die Presse als Lügenpresse beschimpft haben, sich heute einen Trauerflor anlegen, dann ist das an Heuchelei nicht zu überbieten", sagte er im Deutschlandfunk.
    CSU-Chef Horst Seehofer forderte, die allwöchentlichen Pegida-Aktionen bis auf weiters auszusetzen. "Ich möchte die Verantwortlichen (...) auffordern, dass sie jetzt, wo die ganze Welt trauert und schockiert ist über die Vorgänge in Paris, auf absehbare Zeit ihre Demonstrationen absagt", sagte er in der ARD. Zuvor hatte Bundesinnenminister Thomas de Maizière der Pegida-Bewegung vorgeworfen, die Terroranschläge von Paris politisch zu missbrauchen.
    (nch/bor)